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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 21.08.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192808213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280821
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280821
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-21
-
Monat
1928-08
-
Jahr
1928
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gewesen sei, wenn Sackten nicht im Frühjahr 1927 durch den Fnlanzausglcich geschädigt worden wäre. Dazu sei die Lohnsteuersenkung gekommen, die für Sachsen einen Ausfall von 18 Millionen Mark gebracht habe. Die übermäßige Besteue. rung habe zur Kapitalarmut geführt, das Spar- kasscnvermögen Sachsens habe erst den Stand von 1880 erreicht. Das Handwerk sei eine beacht liche Stütze der finanzielle» Leistungen von Reich, Staat und Gemeinden zum Zwecke der Volks- wvhlfahrt und Kultur. Eristenzfragen des Handwerks und di« Stärkung seines Einflusses in der heutigen Wirtschaftspolitik behandelte dann Obermeister Kuntzsch. Es liege, so führte er aus, im Staatsinteresse, wenn das Handwerk erhalten werde. Das Handwerk fühle, das; es Rücksicht nehmen müsse auf die Allgemein- intercssen des Volkes und trage ihnen bei seinen Forderungen Rechnung. Reich, Staat und Ge meinden mühten doch froh sein, wenn es noch einige selbständige Berufe gebe, die nicht dem großen Ncichsversichernngsapparat zur Last fielen. Die Gemeinden dürften nicht Selbstzweck sein, sondern hätten der ganzen Bevölkerung zu dienen, zu der auch da; "Handwerk gehöre. Gegenüber der Lehrerschaft müsse festgestellt werden, daß man eine bessere Ausbildung in der Volksschule erreichen müsse. Von den Gewerkschaften unter scheide sich das Handwerk dadurch, daß es den Klassenkampfgedanken ablehne. In der großen Politik fordere das Handwerk Aufhebung der Rheinlandbesetzung und Einschränkung der Rüstun gen des Auslandes. Der berufliche Zusammen schluß genüge aber nicht, es mühten auch die ungeheuren wirtschaftlichen Kräfte des Handwerks zusammengesetzt werden. Diese Zusammenfassung müsse folgenden Leitsätzen erfolgen: Restloser beruflicher Zusammenschluß auf der Grundlage der Selbstverwaltung nach der vom Neichsverband des deutschen Handwerks auf gestellten Neichshandwcrksördnung. Zusammen fassung der wirtschaftlichen und finanziellen Kräfte im Handwerk auf genossenschaftlicher Grundlage. Ausbau und Förderung der sozialen Telbsthilfe- vrganisationen des Handwerks und der Jnnungs- kränkenkassen. Zusammenarbeit der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Spitzcnorganisationen in der Form der Arbeitsgemeinschaft und unter Anerkennung und Förderung des Berufsstands gedankens im Dienste des Handwerks, um den Einfluß auf die Gestaltung der deutschen Wirt schaftspolitik zu stärken. Die Stellung des Handwerks zur Sozial politik und Jugendfrage behandelte dann Syndikus Dr. Kunze. Er führte aus, daß die heutigen Sozialgesetze keine Rücksicht auf die individuellen Verhältnisse Ler ländlichen und Kleinbetriebe nehmen. Es könne von einer modernen Zwangsbewirtschaftung des Lohnes, der Arbeitszeit und der Leistung ge sprochen werden, die sich auf die Rentabilität katastrophal auswirke. Die Jugendfrage stehe heute im Vordergrund der sozialpolitischen Be strebungen. Das Ueberwiegen der theoretischen gegenüber der praktischen Seite in der modernen Nachwuchserziehung finde nicht den Beifall des Handwerks. Das Bestehen einer spezifischen Be wegung des Handwerks in der Sozialpolitik müsse auf Grund der Werkgemeinschaft besaht werden. Diese verlange eine selbständige Stellung des Handwerks in der Sozialpolitik. Schließlich fand der Wille der machtvollen Versammlung seinen Niederschlag in einer ein stimmig angenommenen Entschließung, in der es u. a. heißt: Reich, Länder und Gemeinden müssen auf die Wesensart des Handwerks weit mehr Rücksicht nehmen als bisher, und endlich durchgreifende Maßnahmen zur Förderung und zum Schutze der Handwerkswirtschaft treffen, zu denen das Handwerk eine Reihe grundsätzlicher Forderun gen aufstellt, die durchzuführen nur erreicht wer den kann, wenn die Reparationslast auf ein trag bares Maß herabgesetzt wird. Gerechte Berücksichtigung der Leüensnotwendig- keitcn des Handwerks gegenüber d r übermäßigen Einsckmtzung der qcwerksckzaftlichon und groß kapitalistischen Kräfte; Schutz der Privatwirt schaft als der allein möglichen Grundlage einer gesunden Wirtschaft, weitgehende Vereinfachung dec Gesetzgebung und Verwaltung unter Ab lehnung einer überspannten Zentralisierung; sparsamste Wirtschaftsführung der öffentlichen Körperschaften und Abbau aller Regiebetriebe, soweit es sich nicht um öffentliche Versorgungs» betriebe handelt; gerecht« Verteilung und Sen kung der auf ein unerträgliches Maß gestiegenen Steuerlasten, vornehmlich der Neal- und Son derst euern; Regelung de; endgültigen Finanz ausgleichs unter Einführung de; Zuschlagsrechte- zur Einkommen- und Körperschastssteuer an Län der und Gemeinden; Entspannung der Sozial- lasten durch Vereinfachung der sozialpolitischen Gesetzgebung; Abkehr von dem unseligen Sche matismus in der heutigen Sozialpolitik; gesetz liches Verbot der Schwaz- und Pfuscharbeit; Ablehnung jeder Zwangsversicherung und Er haltung der Jnnungskrankenkassen; Erhaltung der Meisterlehre im Interesse der Herstellung deutscher Qualitätsarbeit. Dcn machtvollen Abschluß des 5. Sächsischen Handwerkertages bildete ein Massenaufmarsch und eine Massenkundgebung am Sonnabend nachmit tag am Völkerschlachtdenkmal, an denen 2000 Fahnen teilnahmen. Ueber 20000 deutsche Hand werker leisteten am Fuß des Nissenmals den Schwur der „Ewigen Treue dem Handwerk, wir wollen Freiheit und Recht". MwirWMW BnNslsungen der MWsNdst Von der Presfefiells des Verbandes der Sächii- schen Grund- und Hausbcsitzervercine wird uns mit- geteill: Die Deutsche Neichspost übergab in diesen Tagen ihrem Kundenkreis ein sicherlich in einer Auflage von unzähligen Millionen Exemplaren und darum mit erheblichen Unkosten gedrucktes Flugblatt, in dem darauf auimsrksam gemacht wird, daß unvor schriftsmäßige Briefumschläge unwiderruflich nur bis zum 30. September dss. Js. benutzt werden dürfen. Als solche bezeichnet die Reich-post die jenigen Umschläge, die Reklamen und Absender angaben auch in einer das linke Drittel der Vorder seite überragenden Weise führen oder die bei Auf drucken auf der Rückseite nicht mindesten« einen 2V- Zentimeter breiten Naum am oberen Rande aufweisen. Sicherlich wird niemand der Deutschen Neichspost das Recht nehmen wollen, auch technische Formalitäten des Brief- und Schriftverkehrs zu regeln. Dabei sollte aber die Neichspost peinlichst den Eindruck vermeiden, als ob gerade sie einen Anspruch au? peinlichste Innehaltung an. Pedanterie grenzender Vorschriften geltend machen dürfte. Die Reichsvostreklamen ließen lange Zeit verspüren, daß die führende deutsche Verkehrsanstalt auch anders kann. Zudem scheint die Neichspost, wie die An- kündkgung beweist, über die technischen und wirt schaftlichen Möglichkeiten ihres Kundenkreises absolut tm Unklaren zu fein. Sie wendet sich vorwiegend an Behörden, Genossenschaften, Firmen, Gesell schaften, Körperschaften, Vereine, Angehörige freier Berufe und Gewerbetreibende und glaubt, daß gerade diese Kreise in der Lage sein werden, in knapp sechs Wochen ihren gesamten Vorrat an Briefumschlägen aufzuarbeiten. Nicht selten haben Firmen und Verbände und andere Institute viele Zehntausende von Briefumschlägen vorrätig, die vielleicht um einige Millimeter den Vorschriften der Neichspost nicht gereckt werden. Sollen diese Be stände, die allein in Sachsen wertmäßig sicher eine stattliche Summe darstellen, der Retchsvoft zuliebe in den Papierkorb wandern oder wird den Kunden der Neichspost zugemutet, sie mit zweifellos recht erheblichen Unkosten, wo es angängig ist, umkleben zu lassen? Die Reichspost wird der Beantwortung dieser Fragen schwerlich entgehen können. Jeden falls wird sie nicht umhin können, wenn ihr der Vorwurf, den Anlaß zu einer unerhörten Vergeu dung gegeben zu haben, erspart bleiben soll, den Termin von: 30. September mindestens auf das Jahresende hinauszuschieben und die Unwiderrus- lichkeit ihrer Ankündigung fallen zu lallen. — Der Grund dieses Vorgehens der Neichspost scheint uns darin zu liegen, daß diese die Reklame non Ge schäftsleuten unterbinden will, nur, damit sie selbst dadurch Platz für ihre eigen« Reklame gewinnt, um so den Geschäftskreisen desto schärfer Konkurrenz machen zu können. Schließlich sollte man meinen, daß der Briefumschlag Eigentum des Absender» oder des Empfängers bleibt, also die Post gar nicht» angeht. Darum ist es al» skandalös zu bezeichnen, in welcher Weise ost die Poft den umstrittenen Naum aus dem Umschlag zur ihrer Reklame au»- nutzt. Jüngst erst erhielt ein Freund unserer Zei tung eine Todesanzeige in einem mit dem Alten burger Skatwenzel abgestempelten Umschlag. Das kommt bald einer Verhöhnung gleich. Ein Skat wenzel auf einem Trauerbrief!! Ein solche» Ver fahren der Poft ist nur zu sehr geeignet, da» tiefste Empfinden des Staatsbürgers zu verletzen. Und dazu ist die Post doch wirklich nicht da, ganz im Gegenteil. Die Schristleitung. Aus Heimat und Vaterland Frankenberg, 21. August 1928. f Vorsicht bei Einschreibebriefsendungeil. Wie die Handelskammer Leipzig erfahren hat, ist die Deutsche Reichspost mit Wirkung vom 1. Mai dazu übcrgegangen, zwecks Ersparnis von Ar beitskräften die Kontrollmahnahmen für Ein- schrcibescndungon weiter abzubauen. Die «Zäh lung der Einschreibebriefe soll in Wegfall ge kommen sein und diese sollen jetzt mit anderen Postsachen zusammen in demselben Postbeutel be fördert werden. Auch sei bis zum 1. Mai die Unterbringung der Postsachen in dem betreffenden Postbcutel von einem zweiten Beamten kontrol liert worden, was jetzt gleichfalls in Wegfall gekommen sein soll. Hierdurch werde die Fest stellung des Verlustes und de; Täters erschwert. Tie Post erfahre vielmehr von dem Verlust ledig lich durch die Reklamation des Interessenten. Nach Mitteilungen einer Versicherungsgesellschaft sollen diese Maßnahmen zu einein Anwachsen der Schäden bei Einschreibesendungen geführt haben. Bekanntlich versichern die Banken ihre Postwert- scndungen bei privaten Versicherungsgesellschaften auf Grund von Valoren Generalpolicen. Wäh rend vor dem Kriege Sendungen mit beträcht lichem Mert unter Einschreiben auf den Weg ge bracht wurden, in der Kriegs- und Nachkriegszeit die Beträge wegen der mangelnden Sicherheit wesentlich herabgesetzt werden mußten, werden heute Einschreibesendungen, wenigstens bis zu einem gewissen Betrage, wieder in Versicherung genommen, was für die Versicherten große Vor teile bietet. Die Versicherer glauben jedoch, die jetzige Handhabung nicht aufrecht erhalten zu können, wenn die gegenwärtige Regelung bei der Post weiterbestehen bleibt. Diese würde vielmehr dahin führen, daß entweder die Zulas sung von Einschreibebriefen für Wertpost ganz oder teilweise wieder unterbunden wird, oder daß die Prämiensätze für Einschreibesendungen erhöht werden. ^Wozu haben wir Anschlagtafeln? Eine An schlagtafel, oder eine Plakatsäule, die irgendwo m der Stadtmitte ihr Dasein verträumt, täglich ihren Geschäften nachjagende Menschen vorüber- eiken sieht und nachts zur Zeugin zärtlicher Ge heimnisse sind, heißt immer ein Stückchen Ro mantik, wenn auch in der Fülle der angeblichen Plakate oft nichts von dieser Romantik zu spüren ist. Aber wir wollen heilte nicht nachspüren, wo die Romantik der Anschlagtafeln und -säulen steckt, wir wollen keine melancholischen Stimmungsbilder um sie spinnen, wir wollen auch keine Loblieder singen auf sie, wenn sie von bunten Plakatkleidern umgeben sind wie ein junges Mädchen im leuchten den Glanz eine; ersten FMhlingssonntaos — nein, wir wollen wissen, wozu wir eigentlich in unserem Städtchen Anschlagtafeln und Plakat säulen haben, wenn die Anpreisungen, kaum un geklebt, schon wieder heruntergerissen werden und die betreffenden Tafeln nichts weiter sind als ein Brett mit Papierfetzen? Won stört das denn, wenn bunte Plakate hineinleuchten in das Getriebe des Alltags? Ist es nicht schöner, irgend ein farbenfrohes Plakat, von geschickter Künstlerhand gefertigt, uns entgegenlachen zu sehen, als Papier- fetzsn, die von Mutwille und unverständlichem Zerstörungssinn zeugen? Wenn die Anschlag tafeln keinen Zweck haben und Bubenhände doch immer wieder frisch angekl bte Plakats abreißen, dann brauchen wir ja keine aufzustellen — das sieht schließlich immer noch schöner aus, äks wenn uns auf Schritt und Tritt zerrissene Plakate be gegnen. Der ventzünftige Mensch, der denken gelernt hat, überlegt sich, daß nicht nutz an dsq Herstellung, sonkem auch cm der Verbreitung von Plakaten und schließlich durch ihre Werbekraft wieder soundsoviele Menschen ihren Lebens unter-, halt verdienen — er wird sich wohl hüten, Pla kate abzureiße». Gegen die anders Sorte vop Menschen und ihre Dummheit kämpfe» ja dis Götter selbst vergebens, das hat Schiller schon gemerkt, als er seine „Jungfrau von Orleans" geschrieben hat! Hier helfen eventuell saftige! Polizeistrafen, wenn es gelingt, einen der Uebel, täter zu erwischen. Aus der Filmwett (Einsendungen der Lichtspielhäuser.) Welt-Theater. Von Dienstag bis Donnerstag der größt« Aufsehen erregende Sittenfilm „8 182 — Minderjährig". Die Tragödie der Fünfzehnjährigen. Ein Mahnruf an alle! Erschütternd und gewaltig an jedes Zer, appellierend, rollt sich hier die Tra gödie «Ines fünfzehnjährigen Mädchens ab, die al« Waise in Stellung ging, in Wirklichkeit aber in eine wahre Hölle geriet. Nieinand vergißt dieses gewaltige Filmspiel wieder, der mit Ernst und In teresse der wuchtigen Handlung folgte. 2m bunten Filmteil: „Ben Aliba hat gelogen", das tollste Sechsalter-Lustspiel mit Buster Keaton. „Rodeo. Mensch gegen Stier", das achte Weltwunder? „Opel-Wochenschau", das Neueste vom Tage. Nied rige Preise! Anfang 7 und chL Uhr. — Ab Frei tag: „Der Piccolo vom Goldenen Löwen". Turnen, Sport und Spiel Arbeiter-T«rn- und Sportverein Frankenberg. Gemischte Abteilung <l.—4. Schuljahr). Wie schon vor einiger Zeit angekündigt, wollen wir nächsten Sonntag, den 26. August, eine Wanderung unternehmen, an welcher natürlich auch die Ellern teilnehmen können. Alles muß spätesten« °/<8 Uhr am Bahnhof sein. Die Krwackienen lösen wann« tagskarte — nur für sich -- bis Niederwiesa. Von dort laufen wir nach dem herrlichen Zeisigwald. Nach hier abgehaltener guter Rast besteigen wir den Veutenbergturm, nm einen wundervollen Fern- bl'ck zu genießen. Das nächste und wichtigste Ziel unserer Wanderung ist das Luft- und Schwimm bad. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Er wachsenen werden erstaunt sein über die idyllisch angelegte und neuzeitlich ausgebaute Anlage. Allen Teilnehmern ist zu empfehlen, Badeanzug oder Sportlersachen mitzunehmen, denn dort kann sich jeder nach Herzenslust tummeln. Da soll es keine Langeweile geben. Nachdem wir dort einige Stunden verbracht haben, geht es auf dem kürzesten und sehr schönen Weg? nack Hilbersdorf, von wo aus die Rückfahrt 18.34 Uhr erfolgt. Auch die jenigen Eltern, die ihre Kinder allein an dieser keineswegs überanstrengenden Wanderung teil nehmen lassen, können ganz ohne Sorge sein, denn die Kinder befinden fick in guter Obhut. Frühstück müssen die Kinder mitbringen. Alles andere be- knmmen st«. Der Beitrag für das Kind beträgt 75 Psa. Aus der Kinderkasse gibt es dazu noch einen höheren Betrag, denn der in frischer Waldes luft erzeugte Appetit muß genügend gestillt werden. Um aber auch wirklich einen Tag der Freude zu haben, müssen wir un« vor allem ein recht sonnige« Wetter wünschen. Hoffen wir, daß uns dieses ver gönnt ist. Frei Heil zur frohen Fahrt! — Gleich- z-itig wird an die Eltern die Bitte gerichtet, ihrs Kinder zum regelmäßigen Besuch der Turnstunden anzuhalten und die monatliche Steuer (10 Pfg.) piinfilick zu begleichen. O. 2- Erwerbslose im Arbeitsnachweis-Bezirk Frankenberg 18. 8. 1928 Unterstützte Erwerbslose ohne Notftandsarbefier Zuschlags« empfänger männl. weibl. Z"s. Stadt 117 108 225 147 Land 22 9 31 24 Sa.: 139 117 286 171 Drei Worte aus Gold Skizze von Mar Geißler Wälder rauschten um de» Fluß. Auf de» Berge» ragten die Reste von Burgen. Und wenn Lcr Oststurm in de» Nächte» das Tal durch dröhnte — von der Nordsee her — oder der Mcststurm von der Irischen See herüber, dann schlugen diese wilden Sänger uni Schroffen und Forsten ei» Lied wie Schwertgeklirr u»d Wogen prall. Im Tale des Tweed und auf de» Heiden, die im Norden liegen, hatte vor Zeiten Heer wider Heer gestanden. Da war gegen die Iren gekämpft worden in hundert Schlachten; oder die Dänen waren ins Land gefallen unter Sven Kragebeen, unter Erymme Vorkenbart oder unter Harald Vlauzahn, der wie ein Eichbaum im Bügel stand. Wenn wilde Nächte da; Tal durch- donncrteii, dann war's, als ritten die alte» Necken ans ihren Gräbern und ließen wieder blasen zum Sturm. — Herr Walter lauschte diesen Weisen gerne. Er halte in jenem Tal ein Haus, das war in Efeu gewoben, von Angern Umschwünge» und in Wälder gebettet. Einst war die; Hans Abbots ford ei» Holzbauern! nslein gewesen; nun war's der heimelige Sitz eine; Mannes, der Vergan genheiten reden hörte im Rausche» der Rottannen und dem die Brunne» der Wälder Geheimnisse verrieten, die den Menschen gemeinhin verborgen bleiben. Herr Walter aber enträtselte ihre Sprache. Eines Tages saß er am Steintisch vor dem Hause in der Sonne. Da strich seine Tochter Daisy an ihm vorüber, hinaus auf die Au; denn sic wollte Väterchens Träume nicht stören. Sie war ein schlankes, blondes Mädchen, Augen und Herz voller Frühling. Herr Walter aber hatte diesmal nicht geträumt — er hatte gerechnet. Nun erhob er sich, legte den Arm in den seiner Tochter, ging mit ihr über den Anger und sagte: „Ich habe jeder deiner Schwester eine Mitgift von 4000 Pfund Sterling gegeben, liebe kleine Daisy". „Ja, Väterchen". Das klang so be hutsam, als habe Herr Walter schon nötig, am Krückstock zu staben; er aber zählte kaum 52 Jahre. „Und nun, da du an der Reihe bist, müßtest du die gleiche Summe bekommen, mein Kind." „Du sprachst einmal davon, Väterchen." — „Also wird cs so werden — falls e; dein Wunsch ist." Das Mädchen dachte: warum soll es denn nicht mein Wunsch sein? — „Nur", sagte Herr Walter, „ich habe das merkwürdige Gefühl, als dürfe ich das Geld jetzt nicht aus der Bank nehme». Man ist doch Teilhaber am Geschäft, weißt du..." Es klang, als taste er sich mit seinen Worten durch eine Finsternis. „Ah, wie ist mir denn? Mir ist, als hänge etwas in der Luft..." Er reckte sich, nur sich vor einem Drucke zu befreien. Durch die Augen flog ein Schatte»; sie warf einen Blick gegen den Himmel, aber der Himmel war blank. Wenn Herr Walter solch ein Vorgefühl hatte, dann kam das nicht aus einer Stinimimg, die der Wind herantrug und wieder verwehte. Was war das mit ihm? Er pflegte sonst nicht so tastend zu sprechen. Deshalb ward ihr wohl bange. Da sagte er: „Ich habe heute morgen meinen neuen Noma» zu Ende geführt." — „Hurra, „Quen tin Durward" ist fertig?" — „Ja, mein Kind", Herr Walter wie; seine Rechnung von vorhin auf, „und nun sollst du hingehen und ihn lesen. Ge fällt er dir, fv bringst du ihm zum Verleger: ich schenk ihn dir, und das Honorar soll deine Mit gift sein." Darüber ward ihr junges Herz wieder voll Sonne. Beflügelt eilte sie ins Turinzimmer, wo der Efeu um die Fonstersteine spann, und begann zu lesen. Sie zwang ihre Ungeduld durch die schleppende Breite de; Anfangs und dachte: „Es ist zum Verzweifeln — auch diesmal! Man könnte meinen: soll einer für solch ein Schreib werk über alte Herren einen Schilling bezahlen? Aber man kennt Väterchen: er bläst das Feuer in aller Gemächlichkeit an und bläst e; zu einem Brande, den die Welt mit berückten Augen an- staunt!" Also dachte sie, sammelte all ihre Sinne auf, und dann ermaß sie die Kraft, die in „Quen tin Durward" den Kampf Ludwigs XI. mit Karl dem Kühnen von Burgund gestaltet hatte zu einem Zeitbilde, wie e; nie in ein Dichtwerk ge bannt worden war. Freilich, daß Väterchen mit scinem Werk aus dem Efeuhaus zum Schöpfer des historischen Romans wurde, das erkannte sie nicht. Das aber erkannte der Verleger; denn er zahlte ihr für „Quentin Durward" 4800 Pfund Ster ling. Es dauerte nicht gar lange, da entlud sich das Wetter, das Herr Walter hinter den Wäldern geahnt hatte: das Bankhaus, dessen Teilhaber er war, brach zusammen; im gleichen Monate auch sei» Verleger! Traum und, Stille flohen vom Herdfeuer im Haus am Tweed. Das Rattern von Wage» zer brach Herrn Walters Waldheimlichkeit. Hartnäk- kige Gläubiger schlugen an sei» Tor. „Bildest du dir ein, du könntest hier dichten und träumen und hast uns zu Grunde gerichtet? Der eine deiner Gesellschafter von dec Bank ist geflohen, der an dere hat sich gehenkt. Dir aber walle» wir das Haus nehmen und den Wald und wollen deine Feuer auslöschen! So sollst du uns auskommen für unseren Schaden mit dem, was du hast. Es reicht nicht, o, e; reicht nicht, und.. ." „Wäre obendrein ein Dummheit!" sagte der Mann im Haus am Tweed. „Nennst du Gerechtigkeit Dummheit? Und Mi» willst du uns sagen? „Ich will euch sagen, daß ich euch alles bezahle." „Hört, hört! Weißt du auch, daß du in dieser Stunde eins Schuld hast, die 120000 Pfund Sterling übersteigt?" „Ich habe das rascher errechnet als ihr, mein» Freunde! Ich bin euch nach dem Gesetze nicht verpflichtet, aber ich bin es nach meinem Gewissens So laßt mir diese Klause am Tweed, und ich verspreche euch, ich bezahle euch im Laufs der nächsten fünf Jahre." „Was sagt er? Bezahlen will er uns? 120004 Pfund? Wäre das Dichte» ein besseres Geschäfts als das Bankhalten? Willst du uns mit Worten abspeisen? > „Nein, init Taten!" Sein Wort klang wi» guter Stahl. Und als sie ihm in die Auge» sahen^ fragten sie: „Bei Gott, kann solch ein Auge lü gen?" und trafen eine Abmachung mit ihm nach seinem Willen. Da blieb er — ein Einsiedler — im Haus an» Fluß. Er hörte die Stürme rauschen in den Nächten und enträtselte, was die Brunnen im Walde sprachen von schlafenden Vergangenheiten, Fünf Jahre verlor er die Welt aus dem Gesicht, Und als er den letzte» Taufender auf den Tisch seiner Gläubiger drückte, da hatte er den Völkern der Erde ein Werk geschaffen, das Jahrhundert» überdauerte. Bald darauf starb er. Er hatte sich zu Tode ge schrieben. Drei Worte aus Gold standen gpf seinem Grabstein: Sir Walter Scott.
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