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MN den Handflächen küffete er das Gewände ad, besüMe prüfend die dunstig dampfenden Mauern. Sie waren heiß und schlüpfrig. Er faltete die Finger zu einer Schale und fing die Tropfen auf, die heraussickerten. Sie waren wie laues Schwefelwasser, das mit Phosphor vermengt war, und schmeckten ekelerregend bis zum Brech reiz. Er setzte sich auf eines der wirr herumliegenden Fels trümmer im Schachte und dachte angestrengt nach, wie sich ihm das Rätsel am ersten lösen könnte. Der Geruch, welcher sich auf seine Atmungsorgane legte, betäubte fast. Schon heute mittag war einer der Arbeiter zu ihm gekommen und hatte über starkes Uebelsein geklagt. Das hing möglicherweise mit dieser mehr als eigentümlichen Ausdünstung des Berges zusammen. Er hatte erst die ganze Nacht herinnen verbringen wollen, aber es erschien ihm nun als zwecklos. Es war nicht das geringste zu sehen. Ins Freie tretend, warf ihn ein jäher Schwindel gegen eines der riesigen Sprengstücke, die sich hier zu meterhohen Haufen türmten. Er erhob sich taumelnd, mit einer tiefen Schramme, die ihm von der rechten Wangs dem Munde zu lief. Sie blutete nicht sonderlich stark, brannte nur unangenehm schmerzhaft. Mit einer wahren Verbissenheit schritt er trotzdem noch einmal der gähnenden Oeffnung zu. Nun erst recht! Er mußte doch daraufkommen l Wenn er seine Lampe holte? Seine Fahrradlaterne mit dem großen Scheinwerfer bot genügend Helle. Dis Nacht war lange, und es störte ihn niemand bis zum Moraen. Mehr tastend, als im sicheren Schreiten, erreichte er die Baracke. Die Türe aufstoßend, verhielt er an der Schwelle den Fuß. Von einer der Kisten, die hier aufeinandergestapelt lagen, erhob sich Maria Richthofens schlanke Gestalt. Schweigend, mit hängenden Armen, ein tiefes Rot auf den Wangen, sah sie ihm entgegen. „Maria, wie konntest du das tun!" warnte er, peinlich berührt. Es war nicht ausgeschlossen, daß sich jemand in der Nähe befand, dann waren die Folgen für sie gar nicht auszudenken. „Ich wollte nur Abschied von dir nehmen! Ich reise morgen früh!" Ihre Stimme bebte in tränenverschleiertem Unterton. Ohne etwas zu erwidern, drückte er die Türe hinter sich zu und kam die wenigen Schritte bis zu ihr herüber. „Ich möchte kein Licht machen. Man könnte dich von draußen sehen. Vorhänge habe ich keine." Er sah dabei nicht nach ihr, sondern nach dem halberblindeten Fenster, das dem Bette gegenüber in die Holzwand eingefügt war. „Man darf es ruhig sehen, daß ich bei dir bin, Joachim. Ich habe sogar damit gerechnet." „Sprich keinen Unsinn, bitte," webrte er erregt. „Ich werde dich zurückbegleiten! Hoffentlich sieht uns niemand." „Bin ich dir lästig?" Keine Antwort. „Joachim!" Ihre beiden Hände lagen hilflos ohne jede Regung im Schoße verschränkt. „Ich habe mir die Knie wundgelegen vor Gott, daß er dich mir zurückgibt. Er hat mich nicht erhört. Nun will ich mir selber helfen. Laß mich bei dir bleiben. Nur ein paar Stunden, Joachim Mit hartem Griff hatte er ihre Arme untergefaßt und sie zu sich aufgerissen, noch ehe sie fertigzusprechen vermochte. Seine Augen brannten in solch verzehrendem Begehren in die ihren, daß diese sich senkten in unerhört würgender Scham. „Hab' Erbarmen " Sie lag in seinem Arm wie in Eisenklammern. Immer enger preßte er sie an seinen Körper. „Du! Weißt du, was du gesagt hast? Weißt du das? Ich bin nur ein Mensch, Maria! Kein Gott! Hast du das bedacht, als du zu mir kamst? Nun mußt du die Folgen tragen." Sie fühlte ihr Gesicht weit zurückgedrängt und wie sein Mund den ihren suchte und daran haften blieb. Sein hastig jagender Atem mengte sich mit dem ihren. Mit geschlossenen Augen wartete sie. bis er sie verderben würde. Aber im selben Momente lockerte sich der Griff, mit welchem er sie umfaßt hielt. Mit klaren Augen, nur ein wundes Zucken um den Mund, sah er auf sie nieder. „Geh! Ich weiß nicht, ob es dein oder mein Engel ist, der mein Blut im Zaume hält. Vielleicht sind es beide gemeinsam." Und als sie wie erstarrt keiner Bewegung fähig war, strich er gütig über ihr Blondhaar. „Hast du noch immer nicht genug von mir? Nun, wo du gesehen hast, was ich für einer bin. Erst wollte ich dein Geld und in der vergangenen Minute hätte ich beinahe vergessen, daß du nicht mein Weib bist! Solch einen Menschen hättest du zum Mann bekommen, Maria! Geh, Kind, eh es zu spät ist!" Sie ttgle M nicht.' ' - „Komim" mahnte er bittend. „Ich bringe dich nach Haufe. Nimm erst noch meinen Mantell Du frierst sonst." Eine unerklärliche Schwäche machte sie taumeln. Halt suchend, fiel sie gegen eine der Kisten und schlug an die eisen besetzte Kante derselben. Er kniete schon vor ihr, fühlte warmes, riefelndes Blut, das seine Finger glitschig machte und über seinen Aermel rann. In dem Dunkel, das m dem Raume herrschte, konnte er nur tasten. Er griff nach seinem Mantel und zerrte ihn vom Haken, ihn ihr als Kissen unter das Haupt zu schieben. „Ich hole Wasser, Maria!" Er fuhr aus den Knien auf und drückte auf den Knopf seiner Taschenlampe. Mit geschlossenen Augen, bis in die Lippen verblaßt, lag sie vor ihm. Als er die Türe ausriß, um nach dem Brunnen zu laufen, der in dünnem Strahl Wasser aus einem Holzrohr spie, prallte er mit Diebow zusammen, der eben eintreten wollte. „Da bist du ja, mein Lieber," sagte dieser erfreut. Sie duzten sich seit Tagen. Alles Blut drängte Hettingen mit jähem Schüsse nach dem Gehirn. Blitzschnell überlegte er. Maria hilflos liegen lasten, durfte er nicht, sie konnte sich möglicherweise ver bluten. Er wußte nicht, wie weit es fehlte und ob die Schramme gefährlich war. Ebensowenig durfte Diebow um ihr Hiersein wissen. Ihre ganze Weibesehre stand auf dem Spiel. „Es ist nett, daß du kommst," würgte er mit Mühe heraus und zeigte bittend nach einer roh gezimmerten Bank, welcher die Hütte als Lehne diente. „Ich hole nur eben noch den Krug mit Wasser für morgen zu meiner Frühtoilette! — Dann komme ich, und setze mich zu dir." „Wollen wir nicht lieber hineingehen, Achim? Cs ist ziem lich kühl berauben." (Fortsetzung folgt.) WM LMM 1^0 ui SMMW I?» MMN MI« MM« IMMUWMÜ 46S72K? 97 « 4SA6KI' N6S5 frankreick srs-M' DU MMMMM DMMMM