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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 04.08.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192808043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280804
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280804
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-04
-
Monat
1928-08
-
Jahr
1928
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der rückfällige Verbrecher, wem« er zum vierten Mal wegen desselben oder eines ähnlichen De liktes verurteilt wird, zeitlebens hinter Kerker- mauevn gesteckt. Hier sei cm einen Fall erinnert, der in doppelter Hinsicht die Barbarei der ameri kanischen Rechtsprechung und des Strafvollzugs charakterisiert. In Lansing im Staate Michigan hatte der Kaufmann Fred Palm einen Liter Whisky zum eigenen Gebrauch geschmuggelt, war aber darüber festgehalten und wegen Vergehens gegen das Dokstead Gesetz angeklagt worden. Las wahrhaft drakonische Urteil laute!« aus zrvei Jahre „Jackson Prison". Aber zum Unglück des Verurteilten entdeckte der die Schirelljustiz aus übende Richter in den Akten drei Vorstrafen wegen ähnlicher Vergehen. Das war ein zurei chender Grund, das Urteil in lebenslängliche Ge fängnisstrafe in Jackson Prison uinMwandeln. Geschehen in dem „freiesten" Lande der Welt, das sich unter dem Schutze des Prohibitions gesetzes zum Gipfel höchster Sittlichkeit erhoben Halt So etwa orakeln alle Schutzbedürftigen, die in der Prohibition das Mittel zur sittlichen Ee- lunoung eines Volles entdeckt haben. Wie der Fall Palm lehrt, hat sich gerade unter dem Pro- hibitionsgesetz die schlimmste Korruption und eine Rechtsprecherei herausgebildct, die jedem sittlichen Empfinden Hohn spricht. Aus vielen Nichterstühlen fitzen Männer, die fanatische Pro- Hibiticmisten sind und sich in ihrem Urteil allein vom Hatz letten lassen; kein Wunder, das; die Rechtsprechung zur Farce ausartet. Dies geht weiter aus der Veröffentlichung de; Justice De partment hervor, wonach feit dein Bestehen des Prohibttionsgesetze-s bei L33178 Anklagen wegen Vergehens gegen dieses Gesetz nur 9666 Frei- fprcchungen erfolgt find. 42 Millionen Geld strafe» und 22 500 Jahre Gefängnis wurden in einem Zeitraum von acht Jahren verhängt! Gäbe es in Amerika etwas wie eine öffentliche Meinung — von einem öffentlichen Gewissen kann schon gar nicht die Rede sein —, dann hätte schon längst mit der Nechtsbarbarei, die das ver hängnisvolle Erbe der Kviomaheit ist, aufge räumt werden müssen. Solange aber das er habenste wie das niedrigste Geschehen als Srn- fation bewertet und vom Viorerstandpunkt ge sehen wird, kann sich cm diesen Dingen nichts ändern. Amerika bleibt trotz seiner glänzenden Fassade Kolonialland, das die importierte Kultur des alten Kontinents in den schlimmsten Verzerrungen widerspiegelt. Ile ArbeittwsW (Von unserem Berliner Vertreter.) Wenn inan vor dem Weltkrieg in Deutschland einen Bettler traf, der behauptete, er finde kein« Arbeit, so konnte man tausend gegen ein; weiten, Latz der betreffende Mann überhaupt nicht arbei- ten wollte. Machte man dann die Probe aufs Erempel und gab ihm irgend eine Arbeit, so lief er bestenfalls nach ecingen Tagen davon. Die Erinnerung an jene schönen Zetten, in denen feder in Deutschland Arbeit fand, dec ernstlich arbeiten wollte, hat es mit sich gebracht, datz auch heute noch sehr viele Menschen, die das Alte, aber leider Gewesene nicht so leicht vergessen können, immer wieder aufs neue 'behaupten, dis vielen hunderttausende Arbeitslosen hätten über haupt nicht die Absicht und dm Willen zur Arbeit. Diese alte, von bedeutenden Volkswirt- schaftkevn zu tausenden Malen schlagend wider legte Einsicht wurde — mit tiefem Bedauern müssen wir diese; feststellen — auch bei der kurzen Julitagung des -neuen deutschen Reichs tages von einigen Rednern vertreten. Das schal lende Gelächter, das ihre Ausführungen begleitete, mag diese Volksvertreter eines Besserem belehrt Haben. Ein großer Teil ihrer Wähler im Reich aber wird, dessen sind wir gewiß, dieserhalb noch lange -nicht zu besserer Einsicht gekommen jsein und nach wie vor alle Arbeitslosen als Faulenzer ansehsn, an die unsere edle, vornehme, menschenfreundliche und so unglaublich reiche (!) deutsche Republik das Geld mit vollen Händen hiirauswirst. Tief bedauerlich ist die Tatsache, datz diese Ansicht noch bei vielen unserer Volksgenossen vorherrscht, aber leider ist sie nicht zu ändern, ebenso wie die unbestrittene Wahrheit, datz die schönen Zeiten von Anno Dazumal endgültig vorüber sind. Es wäre vielleicht ernstlich an der Zeit, wenn sich die gesamte Oeffentkichkeit, und nicht nur diese, sondern noch besser jeder denkende Deutsche — und das wollen wir doch schkicMch alle sein — ein wenf» aber desto energischer mit deni Arbeitslosenelend, dem schwärende» Ge schwür cm unserm Doftskörper, beschäftigt. Auch wir wollen heute einmal die Hand an diese offene Wunde legen. Wie kommt es beim eigentlich, datz wir so viele Arbeitslose in Deutschland Haban? Für diese Frage gibt es -nicht nur eine, sondern hundert Antworten. Die Hauptschuld tragen dis durch das Versailler Eewaltdikta-t durchgeführte Eut- mttttarisicrung Deutschlands, die durch den Krieg verursachte Abdrängung Deutschlands vorn Welt markt und die fortschreitende Anrerrkamsierung der deutschen Industrie. Eine andere Frage, die oftmals gestellt wird, lautet: Wieviel Ar beitslose haben wir denn eigentlich? Dir von Zeit zu Zeit veröffentlichten amtlichen Statistiken geben augenblicklich als Airtwort auf diese Frage etwa dreiviertel Millionen am. Hierbei mutz man jedoch berücksichtigen, datz dieses mir die soge nannten HauptunterMtzuugsenipfänger sind, also ohne Angehörige gerechnet. Dazu kommt noch, datz diese Zabl auch -nicht die wegen allzu langer Arbeitslosigkett aus der Arbeitslosenversicherung Ausgesteuerten und zur Zeit Wohlfahrtsunter stützung beziehenden, sowie die überhaupt nicht zur Kontrolle geheirden Arbeitslosen enthält. Die eigentlich richtige Zahl der in Deutschland vor handenen Arbeitslose» ist also weit größer, als die vom statistischen Reichsamt jeweils veröffent lichte. Wieviel Arbeitslose wir zur Zeit insge samt haben, über diese Frage schweigen sich unsere Behörden trotz aller Aufforderung zur Bekanntgabe vermutlich mit voller Absicht aus. Wovon alle diese Arbeitslosen leben? Nun, in den meisten Fällen von der an sie gezahlte» Un terstützung, die für die einzelne Person je nach Alter und Aufe-rthaltsort zwischen 40 und 60 Mark im Monat schwankt, wozu dann noch die Familisnbeihilfon treten, die je nach der Grötze der Familie 10 bis 20 Mark monatlich aus machen. Das; die Arbeitslosen mit einer der artigen 'Unterstützung keine großem Sprünge machen können, Regt klar auf der Hand. Sie reicht in den meisten Fällen nicht einmal dazu hin, die Ernährung sicherzustellen. Für die Auf bringung der Miete, Beschaffung von Kleidern usw. mutz in den meisten Fällen das zuständige Wohlfahrtsamt -noch besonders Sorge tragen. Davon, wieviel Elend, Kummer und Sorge, wie viel Mitzhelligkeitsn, Zank, Nerger und Explosiv stoff aller Art durch eine längere Arbeitslosigkeit des Ernährers in dle vom UWlück betroffene Familie getragen wird, kann sich nur der einen Begriff machen, der diese Misere, die wir keinem unserer Leser gönnen, selbst durchgemacht hat. Für die Uebersührung der Arbeitslose» in eine -neue Beschäftigung sollen die öffentlichen Arbeits nachweise sorgen. Sehr interessant und empfeh lenswert wäre es, wenn die öffentlichen Arbeits nachweise dazu gezwungen wären, über ihre Tätig keit in der Oesfontlichkett Rechenschaft abzulegen, und zwar so, datz aus der Statistik die genaue Zahl der bei dem Arbeitsnachweis eingetragenen Arbeitslosen und die in einem gewissen Zeit abschnitt vermittelten Stellen gesondert nach den einzelnen Berufen ersichtlich ist. Man würde dann auch einen Einblick darin gewinne-«, wie unsere Arbeitsnachweise überhaupt arbeiten. Bisher hat man hierüber keine authentischen Zahlen gehört, trotzdem «mederholt öffentlich danach gefragt wurde. Man schweigt sich einfach — ob wohl weislich, wollen wir dahingestellt sein lassen — hierüber aus und läßt die Karre laufen wie sie eben läuft. Am allerschlimmston daran sind bei all diesem Elend die älteren arbeitslosen kaufmännischen An gestellten, und vor allem die älteren arbeitslosen Angehörigen der freie» Berufe, unter letzterem besonders die sogenannten ^Intellektuellen, die einen große.« Teil der geistigen Elite Deutschlands in sich schlretze-n. Was hier Mr Zett an geistiger Kraft brach liegt, die bei gutem Willen der zu ständigen Behörden sehr wohk zum Nutzen der Allgemeinheit verwandt «verden könnte, läßt sich gar -nicht ausdenken. Es wäre gelinde gesagt, geradezu eine Kulturschande, wenn diesem für Deutschland entehrenden Zustand nicht bald ein Ende gemacht würde. Dringend notwendig ist vor allein ein Gesetz, datz alle diejenigen, die Arbeitskräfte benötigen, dazu gezwungen würden, sich neben anderen Mög lichkeiten Mr Erlangung einer Arbeitskraft Meist der öffentlichen Arbeitsnachweise zu bedienen und erst dann, wenn diese versagen, die Erlaubnis er halten, sich auf andere Weise Arbeitskräfte zu beschaffe««. Donn könnten auch die öffentlichen Facharbcitsnachwcise -nicht mehr mit der viel ge hörten Ausrede kommen, sie könnte» keine Arbeits kräfte vermitteln, da sie -nicht müßten, wo Bedarf an solchen vorhanden ist. Ein solches Gesetz mög lichst bald zu schaffen, ist unbedingte Pflicht unserer Negierung. Sie könnte sich hierbei auf den Willen einer großen Mehrheit sowie auf die Tatsache -stützen, datz die Stellenvermittlung fettens der öffentlichen Arbeitsnachweise sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeit nehmer vollkommen koste «Eos «A'olgt. Das, was jetzt in dieser Beziehung besteht, ist eine Lücke im Gesetz, die möglichst sofort geschlossen werden mutz. Kommt dis WrWmg? (Von Miseren« Berliner Vertreter.) Berlin, 3. August. Amerika hat sich lange bemüht, in Abrüstungs konferenzen, die jetzt -noch und gewiß zu stark gerüsteten Mächte, die zumeist sich zu den Sieger- staaton zählen, zur Abrüstung zu bewegen. Mle bisherigen Konferenzen, aber sind ergebnislos verlause-«. Zumeist war es der englische Einspruch gegen die Mrüstung der Flotten, dann aber auch die französischer EinmÄide gegen die MAi- täreinschränkuug, die den guten Willen Amerikas hinderten. Man gelangte nicht MM Ziele. Frei lich war es immer auffällig, datz in der Zeit, da die Nbrüstungsdebatte ging, gerade -neue FlottonbauplSne bekannt wurde». Auch Amerika «nachte keine Ausnahme, rechtfertigte sich aber damit, datz für die neue-« auf Stapel gelegten Kriegsrieson alte außer Dienst .gestellt würden. Alles ging, -obwohl -offensichtlich eine Vermehrung der Flotte vorgesehen war, unter dem Deckmantel der ModernisieruM. - Es ist lange still geweson. Man hat schließ lich den Kellogg-Pakt als den vom amerilmrsichE» Außenminister gefundene» Ausweg angesprochen, der die an dein Pakt beteiligte-« Staaten ge radezu verpflichten sollte, von weiterer Rüstung abzusehen. Logisch war es jedenfalls, wem« die Ansicht sich durchzusehen begann, falls ein Pakt jeden Krieg verhindere, sei Mich jede Rüstung überflüssig und dis Zeit der illbrüstung gegeben. D-er englische Autzonminister hat aber die Begeiste rung, die aufzu flamm en begann, und besonders vo-n den Mächte«« genährt wurde, dis durch eine Abrüstung am wenigsten betroffen waren, sehr bald eiligedämmt. Er erklärte, datz man nicht zu grotze Hoffnungen aus den Kellogg-Pakt setze-« dürfe. Schließlich verstieg er sich sogar zu dar Warnung, niemand könne wisse-«, welche Rück wirkungen dieser Pakt zeitigen könne. Wollte man feinen Pessimismus teile», so «nützte der Kellogg-Pakt nur ei-« Fetzen Papier sein. Jeden falls mutz Chamberlain diese Ansicht haben, da sich -nur daim das englisch-französische Seeab- rüstungsabkommc-n verstehen lässt. Es wäre sicher lich -nicht -nötig gewesen, einen neuen Seeabrü- stu-ngs-Vorfchlag auszuarbeiten, wenn der Kel- logg-Pakt die Wirkung hätte, die ihm untergelegt worden ist: die'Sicherheit gegen den Kr^. W^e« Land wäre ja angesichts einer solchen Sicherung in der Lage, die Abrüstung ohne Rücksicht auf den Nachbarn zu bestimmen und sie nach Bekirn vo.'zunehmcm. DM nun doch nach dein eiigllsckp französischen Willen ein neuer Ftottsilabrsttungs- Vorschlag diskutiert «verden soll, setzt de-« Kellogg- Pakt in seiner Endwirkung beträchtlich herab. Mai« könnte fast zu der Ueberzsugung kommen, englische Rivalität suche ebenfalls -nach eilten«- Wetterfolg. Amerika hat ihn im Kellogg-Pakt die Abrüstung wird eine Selbstverständlichkeit, England erscheint in der Geschichte als das Land, gegen die Flottcnabrisiung, so unternimmt. es wonigstons des Prestiges wegen, ebenfalls etwas für den Weltfrieden zu tun. Wohlgemerktzu dieser Ansicht «nützte man kommen und aus de» wiederholten Warnungen« Chamberlains . vop Ucberschätzung des Kellogg-Paktes den Schlug ziehen, als ob ein Wettlauf um die Ehre des Friedonsstifters omgesetzt habe. Es wird sich je denfalls erst dann, wem« der Kellogg-Pakt un terzeichnet ist und feine Bedeutung voll gewür digt werden kann, erweisen-, ob dec englisch-fcmr- zösische Fkoüenabrüstungsvvrfchlag überhaupt noch Gegenstand internationaler Konferenzen zu ssm braucht. Nach den Angaben des englischen Außem Ministers hat es de» Anschein, als ob der jetzt ausgebrütete Vorschlag die Schwierigkeiten be seitigt, die auf der letzten Washingtoner Konfe»' renz vorhanden waren. Das Programm der Llbrüftung soll klar und jeden« angenehm abgest stimmt fein. Ein Kommpromiß sei gefunden, hsitzt es, das den Völkerbund sehr bald beschäftigen könne und jedenfalls die Zustimmung aller Mächte finden nlüfse. Nun gehört aber Amerika, mit dein England auf dem Wasser augenblicklich in allein starker Rivalität liegt, den« Völkerbünde nicht cm. Mast hat nicht erfahren, wie die Beteiligung Ameri kas zu einem Flottenabrüstungsabkomnien gedacht ist. Freilich liegen bereits amerikanische Presse- Aeußerungen vor, aus denen die Ansicht zu lesen ist, Amerika halte ««eue Konferenzen für gänzlich überflüssig, da es den Kellogg-Pakt anders als Chamberlain auffasse. Amerika werde in Kon»! scqueuz diese's Paktes von sich aus beträchtliche Nüstungseinschränkungen vornehmen und es er warte auch, datz ander Mächte ihm folgen. Wie diese Angelegenheit «miterläuft, können wir als Desinteressierte beobachten, dein« uns berührt ein Flottenabrüstungsabkommen garnicht, eine Ab rüstung aber insofern, als wir abgerüstet sind und selbstverständlich Interesse haben, auch bei den anderen Mächten einen Abbau der Kriegs absichten zu finde««. Für «ins bedeutet ein stark gerüstetes Laud immer eine Bedrohung, wenn auch — wie leider früher in Deutschland — die Auf fassung propagiert wird, ein scharf geschliffenes, Schwert verbürge den sichere«« Frieden. Soweit mau übersehe«« kann, wird der Frieden nur von den Ländern bedroht, die mit dein scharfen- Schwert rasseln können. Eine Bedrohung mutzte auch daun angenommen werden, wenn tatsächlich der Kelloggpakt unterzeichnet ist und zum Friedest verpflichtet. Das märe ja der Widerspruch, daÄ wäre die Mißachtung eines Vertrages, wenn wei ter alles beim alten bliebe und erst «reue Verhand lungen notwendig erscheinen,. um der Unterschrift unter den Kelloggpakt Genüge zu geben. Wir halten es ai« der Zeit, datz Amerika ein deutlicherer Dolmetscher des Kellogg-Paktes wird, datz Kellogg einmal seine Stimme erhebt und der Welt sagt, was der Pakt bezweckt, ob tat sächlich in ihm noch so viele Hintertüren vorhan den sind, datz Chamberlain von Ueberraschungen und Ueberschätzungen sprechen darf. Eines ist ge-' witz: wir als abgerüstetes Land haben diesen Pakt zu wörtlich genommen, wir habe«« ihn als eine Kulturerrungenschaft begrützt, die eine neue friedliche Welt aufrichten soll. Während des an-, dere Länder zwischen den Zeilen zu lesen streben und Möglichketten ergründet zu haben scheinen, dis den Pakt im Ernstfälle illusorisch machen. Dev Friede«« ist doch wohl sehr schwer zu erlangen, er mutz durch viele Konferenzei« und' viele Verträge umgeben sein, er «nutz eine vielfache Sicherung Hadem HMM-r MchWWchkMge Frankenberg, 4. August 1928. Der Kerbst meldet sich — Erntezeit nnd Ernte- gcdimle:« — Eine 70jährige Erinnerung — Nach klänge vom Schützenfest. Nun ist er da, der Monat dec grotze» Ernte! Draußen vor den Toren der Stadt werden in diesen Wochen die goldenen Teppiche des reifen Getreides verschwinden. Jeder neue Svrmen- morgen bedeutet ei» fortschreitendes Aufräumen der Aecker. Da ists, als zöge voi« de» Feidern her auch ein leiser Hauch verschwindender Som- merpoesie in die Stratzen der Stadt. I» den Gürten vor und hinter den Häusern und in de» Laubenkolonien verspürt man .schon sott einiger Zett das langsame Verblassen der Natur. Die Falben der Blume» werden bleicher, die Schatten der Nacht huschen früher als in den letzte» Woche«« über kahle und welle Beete, Erdspinne» ziehen ihre ferne» Fäden über dürre Vlummstengll hin weg, in denen in Millionen Tropfen der nasse Dust der Nacht glitzert... In dem gleichen Matze, in "ein die Natur ihr Aussehen verändert, bekommt auch das Lebm in der Stadt eil« ganz anderes Gepräge. Fast stts, als ändere sich von ganz allein die Farbe der Häuser und Stratzen. Besonders in den Morgen- und Abendstunde«« ists, als wollte das schimmernde Gold des kommenden Herbstes und das farbige Bunt seiner liedorsesigen Trabanten sich leise in die Häuser stehlen, um hier dem «neusn Morgen sütz entgegen,>usch'ummcrn. Tie Ferien bummler und Sommerfrischler kehre» heim, die Schuljugend xrlebt sicherlich mit schinerzlichem Empfinden das Ende der goldenen Ferienzeit, aus den Auslag;» der GstckMshäuscc,ve,rschwch,dq».die Sommersachen, die Obstläden füllen sich mit dem gereiften Kernobst, das zu frohen« Schmause ein ladet und dessei« würziger Duft die Simre be rauscht. Heber Stoppelfeldern stehen grotze Pa pierdrachen, die die Phantasie ihrer jugendliche»! Bastler zu den gewagteste«« Plänen anregsn. Mit wenige«« Worten, ob «non es nun wahr haben will oder nicht, aber es ist so: „Es herbstest schon!"... Etwa gegen das Erde des neuen Monats bekommt man schon wieder Interesse an Vereins- und anderen Veranstaltungen, Konzert-- unternehmungon und Theater lasse» ihre Pro- gramme hören und bald wird es allabendlich in den Sälen der Städte wieder klingen und singe» zu „ Stiftung?-" und anderen hochwichtigen Festen... Dom Monat August aber erwarte«, «vir zu nächst noch eine möglichst ausgedehnte Serie schöner Sommerabende. Was er da uns an seinen ersten Tagen ii« dieser Beziehung bescherte, das waren glatte Versager. Gerade in diese«, Wochen bietet ein schöner Mond auch in den Mauern der Städte seine besonder«» Reize. Wer da bei einen« kleinen Vuinmel durch die Stratzen Ohren hat zu höre««, der hört das Lied der Schnitterinnen an die Fenster und Türen klopfen, als wollten sie dem Städter sagen, datz alles Hasten und Jagen «rach irdische«« Gütern, nach Geld und Reichtum vergeblich ist, wenn sich nicht draußen auf dm Feldern das Wachse» und Ver gehen nach des Ewigen Rat in urewigem Gleich maß erfüllt und datz Stadt und Land für immer miteinander verbunden sein müssen, das; eines den anderen schützen und ehren mutz, datz beide zu sammen das Leben «md seine Nöte nur durch treue Arbeit meistem können... In diesen Tagen jährt es sich zum 70. Male, datz Sachsen und ganz Mitteldeutschland von Hneiy. großen Hpchwplscr heinMsucht wnrdW,, In de» Tagen vom 31. Juli bis 2. August 1858 standen grotze Teike Mitteldeutschlands unter Wasser, beträchtliche Werte cm Häusern und cm Feldfrüchten wurde«« dadurch vernichtet. Sind wir in diesem Jahre — im Gegensatz zum Vor jahre — von solche«« Katastvophoir erfreulicher weise bisher verschont geblieben, so sind es Heuer die schweren Eismbahmmfälle, die «licht nur unter dem reisende«« Publikum eine wohl zu verstehende Unruhe Hervormfen. Es mutz in der Tat alles getan werden, und dies ohne Rücksicht aus die dazu erforderlichen Kosten, das ohne Zweifel etwas erschütterte Vertrauen zu unserer Eisen bahn wieder restlos herzustellen. Mit Redensarten «Vie der von der „Periodizität der Unglücks fälle" kam, man da verflucht wenig anfangen. Gerade in diesen Wochen des zurückflutenden Fcrienverkehrs müssen alle Anstrengungen gemacht werden, diese bedauerliche „Periodizität" endlich einmal abzubrechen! Weniger geräuschvoll wie die beiden großen Feste in Köln und Wien ist i» den letzten Tage«, in Altenburg ein Kongreß vonstattsn gegangen, dessen Jnterossongenreinde aber der der Turnst und Sänger nicht viel nachsteheir wird an Zahl und vielleicht auch cm — Begeisterung! Es han delt sich um den Skatkongres;, auf dem mit vielem Aufwand ai« Lungenkraft und Redegewandtheit eine neue Skatordnung aus der Taufe gehoben wurde. Nun wird mm, überall in Stadt und Land nach dieser neuen Regel spielen und be rechnen. Vielleicht wirds da bei do«« Hitzköpfen — wo gäbe es die nicht «mier den Skatern — erst noch Differenzen geben. Mit der Zeit wird sich aber auch das klären und dann wird man das „Gut Blakst' nrtt der gleichen Begeisterung wie ehedem sagen... Frankenberg hat in der vergangenen Woche .wieder sein „Schützen- und VMsM" gehabt, das, von, Wetter ausgezeichnet begünstigt, einen, recht erfreulichen Verlauf nahm. Die Versucht gewisser Kreise, die nur von Hatz und Bruder kampf leben können, denen ein gesittetes Zusam menleben aller Vokksteile schließlich den Verlusts! ihres sich selbst gegebenen Führerglorienscheins ein-c bringen würde, habe«, kläglich Schiffbruch gelitten.' Es war in diesem Jahre zu erwarten, datz di«! großen Feste in Wien und Köln, und daneben das Arbntersängerfest in Hannover und das Ar- Letterturnfest in Dresden, die auch bei »ns Hun derte von Familien der Stadt entführten, sowie die allgemeine wirtschaftliche Lage sich in irgend einer Form zum Schützen- und Volksfest geltens mache«« würde. Dennoch brachten die Haupttags — der erste Sonntag und vor allem der gestrige Freitag — einen Masscnbetrieb auf den, Fest platze, der Umsätze an allen Verkaufsständen u»8i i-n alle«, Zelten Mr Folge hatte und der sich nicht «in geringsten um die Haarspaltereien verantwort tungsloser Prinzipienreiter küminerte. Es handelt« sich beim diesjährigen Schützenfest um «in Gau» schieße», das Vertreter aus vielen benachbarte» Städten nach hier brachte. Da wäre es schon' besser gewesen, man hätte den auswärtigen Gästen das traurige Zeugnis der Gehässigkeit um jede» Preis nicht gegeben und sich selbst eine Blamogq erspart, obwohl sie ganz verdient war. Wohin soll denn dieser Weg überhaupt führen? Wenig« Tage nach einer öffentliche«« Danksagung für die; Unterstützung der Sammelwoche ciner linkseinge«, stellten Organisation diese Giftpfeiler an die gleichem Kreise die das Sammelwerk mit förderten. Wenn nun Gleiches mit Gleichem vergolten würde! DaH darf nicht sein, denn das wäre nur willkommenes' Wasser auf die Mühlen der Hctzapostel. Aust! diesem Grund« legen «vir diesen Fall zu der» übrigen und freue«« uns des guten Gelingens dieses, Schütze.»- und V.Msscsh:;. K. Lgt. j
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