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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 04.08.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192808043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280804
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280804
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-08
- Tag 1928-08-04
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Monat
1928-08
-
Jahr
1928
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Reichskanzler Müll« gegen eine »owaialpoM Reichskanzler Müller l-tÄ sich in Beantwortung einer Frage: „Soll Deutschland jdolonialpolitik treiben, gegen jede aktive deutsche ZdvloniasiwliiA ausgesprochen. Entscheidend für diese Ablehnung sind dem Reichskanzler sogenannte „praktische" Erwägungen, in erster Linie der Kapitalmangel der deutschen Wirtschaft. Aber diese Begründung ist nicht die einzige. Nicht weniger wichtig ist dein sozialdemokratischen Kanzler, das; Deutschland an der kolonialen „Ausbeutung" fremder Völker un beteiligt bleibt, um sich dadurch Ansehen und Absatz bei den nach Selbständigkeit drängenden Kolonialvölkern zu sichern. Auch von der Ueber- embme eines Kobrnialmandales durch Deutschland will Herr Müller nichts wissen: Deutschland soll vielmehr in der Mandatskommission des Völker bundes sich der Völker in den Mandatsgebieten annehmen, um — abermals sein Ansehen und seins Ausfuhr zu heben. Herrn Müller genügt völlige Gleichberechtigung für die Angehörigen Deutschlands in den Kolonien und Mandatsge bieten. Hierzu schreibt die Deutsche Kolonial-Kefslb- schaft: „Die Erklärung des Reichskanzlers ist von außerordentlicher Tragweite, daß man die Frage stellen muh: Hat Hermann Müller diese Erklä- rmrg abgegeben als Vertreter der Politik seiner Partei oder als Vertreter der Politik der Reichs regierung? Wie stellt sich das Reichskabinett, wie stellt sich der Außenminister zu dieser Er klärung des Führers der deutschen Politik? Bil ligt der Reichstag eine Politik der Negierung, die einen endgültigen Verzicht auf die Eeltond- machuarg der deutschen kolonialen Rechtsansprüche und die aus kolonialer Eigenarbeit der deutschem Volkswirtschaft erwachsenden Vorteile bedeutet? Der Reichstag wird sofort nach seinem Zusam mentritt im Herbst eure klare Antwort der deut schen Regierung verbürgen müssen. Lambach Der Augtst-lltenansschuß des Wahlkreises Ost- sachfen Ler Deutschnationa-n Bollspart«! gegen den Ausschluß Lambachs. Dresden, 3. 8. Der Angestelltenausschutz des Wahlkreises Ostsachsen der Dcutschnatianalen Volkspartei nahm in seiner letzten Sitzung aus führlich zu dem Ausschluß des Abgeordneten Lam- Lbach aus der Partei Stellung. Alle Anwesen den gaben ihrer Entrüstung über dieses,'den: Bestand der Partei gefährdenoe Vorgehen des! Landesverbandes Potsdam Ausdruck und stimm ten einmütig einer Entschließung zu, die folgendes besagt: Die Angestellten des Wahlkreises Ostsachsen der Deutschnationalen Volkspartei empfinden den Ausschluß Lambachs als eine gegen tue Arbeitnehmerseite der Partei gerichtete Kampf ansage. Die Verlautbarungen der Gegner Lam bachs, also der Anhänger der Gcistesrichtung Hugenberg—Bang, in der Presse lassen erken nen, das; die von Lambach zur Debatte gestellte Frage ihnen willkommener Anlatz war, offen gegen den Sozialpolitik«! Lambach vorzugehen. Diese Gegner Lambachs haben ja schon so oft in ihrer Press« ihre ablehnende Haltung gegen über der von der Partei getriebenen Sozial politik Ausdruck gegeben, so daß der Mantel,' den sie heute ihrem Vorgehen gegen Lambach! umhängen, außerordentlich fadenscheinig ist und < Eingeweihte darunter leicht die klirrend« Rüstung > der „Herr-im-Haus-Politiker" erkennen können. Wie konnte der Landesverband Potsdam an gesichts der Tatsache, daß von den Gegnern Lambachs nicht mrr ümerhalb der Partei, son dern in der breiten Oeffentlichkeit wiederholt gegen die ebenfalls zum Parteiprogramm ge hörige Sozialpolitik Stellung genommen — also gegen das Parteiprogramm gearbeitet wurde—, es wagen, einen so wichtigen Mann wie den! Abgeordneten Lambach, der mit seinen An-! Hangern gerade der Partei den Charakter der Volkspartei gibt, auszuschlietzen? Hier ist mit zunierlei Maß gemessen worden. Die Partei wird aber durch den Ausschluß Lambachs ihres Charakters als Volkspartei entkleidet und zu einer Klassenpartei erniedrigt. Dagegen nehmen die versammelten Angestellten, die sich dabei mit weiten Kreisen der Partei einig wissen, ent schieden Stellung. Die endgültige Entscheidung über den Fall Lambach liegt nun beim Partci- gericht. Don diesem erwarten die Angestellten den Widerruf der von dem Landesverband Potsdam gefällten Entscheidung. Ein deiMnationalsr Witt im BüsnMtlM Amt Berlin, 3. 8. Der T. D. N. Z. teilt urit: „Heute hatte der stellvertretende Vorsitzende der deutschnatioiurlsn Neichstagsfraktian, Abgeord neter von Lindeiner-Wildau, eine längere offizielle Unterhaltung mit dem Vertreter des erkrankten Staatssekretärs voll Schubert, Ministerialdirektor Kröpke, über außenpolitische Fragen. Hinsichtlich des Ausliefermrgsbc-c - er Vesatzungsbehvr- den aus Anlaß dec „ er Vorkommnisse wurde ihm erklärt, daß ,.äWe:e Aussicht auf befriedigende Veilcguilg dieses Zwischenfalles in naher Zeit, jedenfalls noch vor einem etwaigen Besuch des deutschen Außenministers in Paris, bestände. Mit Rücksicht auf hie^e Mitteilungen erklärte Abgeordneter von Lindeiner-Wildau, den seitens der deutschnitiona'cn Ncichstaasfraktion beabsichtigten Antrag ans Befassung parlamen tarischer Instcmzcu mit der Angelegenheit zunächst noch zurückstellen zu wollen. Die Fraktion behält sich vor, je nach der weiteren Entwicklung der schwebenden Verhandlungen auf einen Antrag auf Einberufung des auslvärtigen oder de; Ueber- wachungsausfchusscs zurückzukommen. Zu den Fragen der Ostpolitik wurde Herrn v. Lindeiner- Wildau erklärt, daß die stattgehabte deutsche De marche in Kowno keineswegs als Anzeichrn einer veränderten Einstellung der deutschen Ostpolitik zu werten sei. Dies gehe schon daraus hervor, datz in den letzten Tagen entsprechende Schritte auch gegenüber den in Betracht kommenden pol nischen Stellen erfolgt wären." Politische Nachrichten Auch England zu einem Abkommen mit Nan king b«eit. An« London wird gemeldet: In schrift licher Beantwortung einer parlamentarischen An frage stellt Außenminister Chamberlain fest, daß er bereit wäre, mit der Nankingregierung über ein Abkommen, ähnlich dem zwischen den Vereinigten Staaten und Nanking geschlossenen Vertrag, zu ver- handeln. Dem britischen Gesandten sei auch bereits eine diesbezügliche Anfrage der Nankingregierung zugegangen. Tschechisierung der Tabakindustrle. Wie dem Telunion-Sachlendicnst von der deutsch-böhmischen Grenze geschrieben wird, finden deutsche Arbeiter in den tschechoslowakische» Tabakfabriken keine Auf nahme, trotzdem seinerzeit eine strikte Weisung er- ganoen ist. daß in den deutschen Fabriken auch die deutschen Arbeiter gebührend zu berücksichtigen seien. Die tschechoslowakische Tabakregie weiß aber offenbar heute nicht mehr, was fie gestern zuaesagt hat So wird in der deutschen Tabaksabrik Zwittau in Mähren den deutschen Arbeitern die Aufnahme verweigert. Don der Direktion der Landskroner Tabakfabrik wurde bei dem Ersuchen um Arbeiteraufnahme die Auskunft erteilt, dies könne solange nicht aeschehen, als nicht das Verhältnis 65 Prozent zn 35 Prozent (Tschechen und Deutsche) erreicht sei. Mussolini untersagt Herabsetzung der Arb-its- löhne. In einem Rundschreiben, dos Mussolini an die Präfekten und der Generalsekretär der faschisti schen Partei an die Provinzialverbände gerichtet haben, untersagen beide in bestimmter Form jede Herabsetzung der Arbeitslöhne. Mussolini untersucht die „Jtalia"-Katastrophe. Mussolini empfing am Freitag morgen nach seiner Rückkehr nach Roni den Luftfahrtunterstaatssekretär Balbo und den Marineunterstaatslekretär Siriannt zur Berichterstattung über das »I!alia"-Unternehmen und seinen unglücklichen Verlauf. Zunächst wurde Zappis Bericht besprochen. stur Setmal und Vaterland Franknderg, 4. August 1928. Der Blsvevlops Die Symbolik eines Topfes pflegt durch seinen Inhalt bestimmt zu werden. Zu sprichwörtlicher Bedeutung hat es jener Topf gebracht, in dem «LgeiMch jeder sein Huhn haben sollte. Zeitge mäßer aber und von zeitgemäßem örtlichem In terne ist der Topf, dessen Mfgabr für den Städ ter rn der „Plantage vor den« Fenster" hinreichend gekennzeichnet ist. Der Blumentopf also. Auch die Symbolik des Blumentopfes hängt von seinem Inhalt ab. Und so kommt den« Blumentopf vor dem Fenster und auf dein Bal kon eine mehr als alltägliche Bedeutung zu. Er ist, so überstiegen es auch klingen mag, Weltan- schauungsdotünkent. Bekundung kultureller Höhe und Eigenart. Jmienkulturträger. Gewachsener Lebensstil. Selbst wenn es nur eingebaute Ger- anienenken find. Denn nicht die Maße und die Gestehungskosten sind das entscheidenoe Moment, sondern die seinen Kleinheiten in dem Gesamtbils, dir oft deutlicher roden als sie prahlenden Farben der Vlüteirsträuße. Die graue Wand eines Hinterhauses steigt steil himmelan. Hoch oben ziehen die Wolken wie hinter einem Pappenausschnitt vorbei. In Dach nähe hängt der einzige grüne Kasten. Selbstgc- zimmekt melleicht. Sieht sich fast wie ein ver- lr?tcs Schwalbennest an. Die eine Geranie blüht gerade. Knallrot. Wie der Tropfen einer Seele, die sich verbluten will vor Sehnsucht nach weiten Wiesen und Wäldern. Wenn in Mondnächten oas bleiche Licht der silbernen Sichel traumversponnene Fäden über das kleine Blumenbrett breitet, dann klingt eine leise, versonnene Melodie auf, in der Wehmut zitiert und Lust zu sternenweitem Wan dern. Als ob ein Volkslied von irgendwo her gezogen käme. Manchmal sagt ein Vorübergehender: „Sieh mal, wie hübsch!" Und hierin liegt die Symbolik des Blumentopfes. Daß das Leben nicht mir Schattenseiten, sondern auch Sonncnflecken hat, wenn man fie rechtzeitig entdeckt und sich nutzbar macht. Zas Schützen- und BEsW erlebte am gestrigen Freitag seinen Rekordbesuch! Neben einer regelrechten Völkerwanderung in den Abendstunden wurde der Platz von einer förm lichen Rad-. Motorrad- und Auto-Invasion heim- gesucht. Einen derartigen Fahrzeugpark hat man in Frankenberg wohl noch nicht erlebt. Ter Be trieb auf dem Platze war ganz enorm. Unauf hörlich schob sich die Monge zwischen die Buden hindurch, mitunter mußte man um ein schritt weises Fortkoinmen kämpfen. Dis Fieranten aller Art hatten einen guten Erntetag! In den ver schiedenen Zelten war ein leerer Stuhl ein Er eignis! Das Feuerwerk, das nach Vs 12 Uhr abgebrannt wurde, übertraf alle Erwartungen, das donnerte und leuchtete, datz es eine Lust war. Selbst dem Monde wurde es unheimlich, so daß er sich hinter finstere Wolken verkroch. Desto glanzvoller erhellten farbige Leuchtkugeln und goldener Sternenrogsn dir Nacht. Tausende waren Zeuge dieses imposanten Schauspiels. SLaaMchs KrastVMerMM UMerrberg- Chemmtz Aufhebung des Nmsteigeverkehrs Ab Sonntag, den 5. August, Umleitung von der Weltinhöhe über Niederwiesa. Neue Haltestellen: Eiienbahnbrücke am „Lamm", Niederwiesa; am „Weißen Meg" (Beutenbergaukgang); Ecke Dresdner und Margarethenstraße. Abfahrts- und Ankunsts zeiten, sowie Fahrpreise wie bisher. Wünsche für dsn MMrfaWlan der krastWagenlinien Zur Zeit sind die Vorarbeiten für den Anfang Oktober in Kraft tretenden Wint«sahrpkcm für die Krastwagenlinien im Gairge. Wünsche seitens des die Liirisu benutzenden Publikums über evtl. Aenderung der bisherigen Fahrzeiten werden um gehend,_ spätestens bis 7. August an den Ver kehrsausschuß (Tageblatt-Verlag) erbeten. « h Die nächste Tuderknlose-Beratungsftuud» für Frankenberg findet am Dieurtaa, de» 7. Anaust, nachmittags von 6—7 Uhr im Krankenhaus statt. f Wieder Sommerwärme in Sicht. West- und Mitteleuropa werden in den nächsten Tagen cvic- der unter den Einfluß des nach dem Kontinent vorstotzenden Azorenmarimums kommen. Dieses! wird nordostwärts fortschreitende Aufheiterung unö Erwärmung bringen, wobei sich auch m Rord- deutschland Temperaturen von hochsommerliches Ausmaßen einstelleir werden, die in, südlichen! Mitteleuropa, von Gewitterstörungen abgesehen»! überhaupt keine wesentliche Erniedrigung finden dürften. Ueber die Dauer und die Stabilität; der sich ausbildeirden Hochoruckweiterlage läßt sich im Augenblick Sicheres jedoch nicht sagen. ch Trostlose Erntmussichtec, für das obere Vogt land. Eine Tagung des Sächsischen Landbundes fand in Annaberg statt. Aus dsn erstattete!» Berichten der Vertreter war, wie berichtet wird/ zn ersehen, datz dis Ernteaussichten für das obere Vogtland infolge der anhaltenden Trockenheit geradezu trostlos sind. Die anwesenden Ver treter der Behörden erklärten, der Regierung Bericht zu erstatten lind sie um schnelle Hilse zk veranlassen. Außerdem regten sie eine gemein schaftliche mehrtägige Besichtigung der besonders geschädigten Fluren an. f Sternschnuppen. Wer jetzt in den Abend stunden den nordöstlichen Himmel länger im Auge behält, wird Gelegenheit haben, eine Reihe von Sternschnuppen zu beobachten. Es handelt sich um die schon seit Jahrhunderten in den Chroniken erwähnten „Feurigen Tränen des Heiligen Lau- rcntins". Verfolgt man die Lichtspuren der Stern schnuppen rückwärts, so scheinen sie sich nn 'Bild» des Perseus zu schneiden. Nach diesem gemein-^ samen Schnittpunkt oder Ausstrahlungspunkt wer-, den die Sternschnuppen wissenschaftlich Perseidew genannt. Sie leiten ihren Ursprung von dem, Kometen 1862 Hl her, in dessen Bahn sie wan dern. Die Höhe des Aufleuchtens dieser Stern-I schnuppen wurde zu 115 Kilometer und die oeS Verlöschens zu 90 Kilometer gefunden. 's Trüber Frühherdst? Seit Beginn dieses IalH res haben wir einen Ueberschuß an Sonnenschein gegenüber normalen Jahren von nicht weniger als 264 Stunden zn buchen. Dieser außergewöhn liche Umstand legt die große Wahrscheinlichkeit nahe, daß wir in der Folgezeit, und zwar bÄ Jahrcsschluß, einige Monate mit einer ausge-i sprochenen Sonnenscheinarmut zu erwarten haben! dürften. Ein Ausfall an Sonnenschein geht aber Hand in Hand urit einer Herabsetzung der Luft- tcmperatur, so daß die betroffenen Monate auch zu kalt ausfallen müssen. Ob nun diese Zeit nahe bevorsteht oder sich mehr auf die letzten Monats des Jahres erstrecken wird, läßt sich mit Bestimmt-,' heit natürlich nicht sagen. Es wird jedoch auft Grund gewisser Anhaltspunkte vermutet, datz be reits die zweite Augusthälfte, namentlich äber der September in Frage kommt. Die Witterungs-. aussichten für diesen Monat wären demnach nicht die günstigsten. 4 Sckwnt die seltenen Schmetterlinge! Recht selten sind die bumen Falter geworden. Atan mich schon besonderes Glück haben, einem lieblichen Apollo oder einem Schwalbenschwanz zu begegnen. Bär und Totenkop' find so gut wie verlchwunden. Diese bedauerlichen Verluste find besonders dadurch ein- getreten, daß man namentlich die bunten Schmetter linge als Vorlagen zur modernen Zeichenmethod« verwendete, und gerade hier mußten die seltensten und schönsten Arten herballen. Gänzlich geschont sollten werden: Apollo, der Segelfalter, der Schillers kalter, der Totenkopf, die Nachtpsauenauoen, dis Ordensbänder und die Bären. f Kirschen «nd saure Milch! In Peraun starS eine Arbeiterin, die aut K'ttch-n s anre M ich ge-' trunken halte, unter gräßlichen Qualen. -UtsterMßut « etwas nie Geweseim»; « WNa^,berühnlter Dichter!" 1kn>d nach einer Weile leise und müde: „Ich darf doch mit Dir nach Hause?" Der Abend. Das übliche, große Premieren- publftum, gelangweilt, gezwungen. In der Log« bangte dir Mutter. Er richtete sich im Bette auf und flüsterte müh sam: „Nur für Dich, mein Liebchen, mrr für Dicht fchaft, tobte durch Nacht und Tag, verliebte sich mehrere Male und begann — -nach scheinbaren Mißerfolgen — zu trinken. Ms er aus dem Rausch erwachte, sich einer zerrüttenden Gesundheit und ungeheuren Schul den gegenüber sah, überfiel ihn die alte Träume rei: gehetzt, mißachtet, voll Wut gegen alles Lebendige vernichtend durch die Welt zu gehen. Und mit einem Male nahm die gärende Maste feste, klare Formen an. Was in abertausend Eit zelheiten durch das Hirn gegangen war, was er so ost verarbeitet hatte, fügte sich plötzlich zu einem mächtigen Körper, einem Drama. Er schrieb. Mit zitterndem Leib in den Kaffee häusern, über die Marmorpkatte gebeugt, be rauscht, todmüde des Nachts in seinem Zimmer. Da wurde der Wcmdermensch geboren, dem seine Mutter in einer irren Nacht in seinen Armen stirbt, aus deren erstarrendem Munde er wilden Has; und wütende Anklagen gegen das Vater land in sich herüber saugt. Der, in die Heimat gelangt, als Fremder überall auf Mißtrauen stößt und argwöhnisch beobachtet wird, der kämp fend zwischen Liebe und Verachtung sein Heimat land verläßt, um in der Fremde wieder ruhig zu werden. Es wächst der Haßgedanke in ihm, den in der Fremde die Abneigung seines Volkes nicht ruhen läßt, der in furchtbarem Kampf mit sich selbst zu der Ueberzeugung gelangt, sich und seine Mutter rächen zu müssens bis er, überwältigt von der Größe seines eigenen Planes, am Morgan des Kampfbeginnes gegen sein Vaterland zu- sammenbricht imd im Rausch stirbt. Ende. AK er den letzten Federstrich getan hatt«, Seme Mutter kam. Er weinto und streichelte sie, als müßt« er sie wie früher um Verzeihung lütten. Sic aber koste ihren grossen Jungen, und ivährond die Angst um ibreu abgezehrten, einge- fakbmon Sohn ihr fast die Sinne raubte, fache sie immer und immer wicAr: „Jetzt bist Du ein SGWsM Skizze von Fritz Semper. Wann ihm die Idee gekommen, er vermochte es selbst nicht zu sagen. Es begann, daß in ihm, der aus gut bürgerlichem Hause stammte, mit einem Male eine unbezwingliche, jähe Sehnsucht mach leidendem, wildem Wandern aufging. Eines Tages verschwand er aus Haus und Schule. Er wurde zurückgebracht. Gebändigt, geschla gen, mit zertretener Selbstachtung lebte er ein schweigsames, wiederuni heftig sprudelndes Leben. In einsamen, selbst grüblerischen Stunden entstan den in der Folge seltsam bewegte, traumgleichr Gedichte und Novellen, die er versunken — heiß liebte und — erwacht — verlachte und zerriß. Des öfteren noch verließ er den Heimatort, um sich nach längerer oder kürzerer Zeit freiwillig wieder cmzufinden, abgemagert, zerrissen, mit müden Gebärden und Blicken. In den Nächten schrieb er. Es war merkwürdig, daß er, den eine übergute, liebende, verständnis volle Mutter pflegte, in seinen Erzählungen und Gedichten diese gütige Frau in den Schmutz zog, sie sterben ließ, ihr fluchte. Kam der Mutter solch eine leidenschaftlich häßliche Arbeit in dir Hand und weinte sie, die alles, nur nicht das, verstehen und fasten konnte, so meinte er mit ihr und streichelte und tröstete sic. Um in der nächsten Nacht wieder über sie und ihre Liebe zu spotten. Er bestand das Abitur. Weniger durch klares Wissen, als durch einen meisterlichen Aufsatz und lebsnsfrische Uebersehungen. Seine Dahn schien ihm vorgezeichnet: philosophisch literarisches Studium. Er studierte Iura. Drei Wochem Dann geriet er in lockere Geselb umgeben von unpassenden Kulissen und in der verbrauchten Luft des vergangenen Absnds, spielte er in verzückter Raserei sämtliche Rollen für sich durch. Es war ein grausig schöner Anblick. Die Proben begannen. Er stand in den Kulissen imd achtete auf jedes Wort, jede Bewegung. Schrie auf wie ein getroffenes Tier, wenn ein Schauspieler seinen Gedanken nur durch ein« Hondbewegung eine andere Deutung geben wollte.' Seine Auseinandersetzungen mit dein Hauptdar steller, einem bekannten Künstler, nahmen der artige Formen an, datz der Schauspieler seine Rolle nicderlegte. Er übernahm sie an seiner Stelle. Dadurch wurde er ruhiger. Selbst embezogen in technische Fragen, selbst beteiligt an äußerlichen Einzelheiten, merkte er. daß er in manchem ge irrt hatte. Aber fein Spiel war groß und schön, und die übrigen Mitwirkonden wurden mitge rissen. Am Tage vor der Uraufführung war er mit seinen Kräften am Ende. Bleich, zitternd, ober klaren Kopfes übersah er nüchtern das Ver gangene und Kommende. Man trug ihn nach Hause und pflegte ihn die letzte Nacht. Eine Umbesetzung der Rolle war unmöglich. dsn Weg in die Oeffentlichkeit und sand ihn. Dem: sein Stück wurde angenommM. Aber die Proben verzögerten sich. Da ging spiele ich heute abend", er jeden Morgen, ehe der Betrieb einsetzte, und, Er spielte. Zögernd zuerst, dann sicherem ruhiger. Beifall. Er war unzufrieden und schal! sich feig. Dann versank er langsam, ganz langsam in de«! alten Rausch. Und wie er spielte! Rasend, hingo»' geben, mit verzerrten, Gesicht, abwesend. ' Der Beifall war ein Toben, er hörte-ihn nicht mehr. Er spielte, zuckend, fiebernd, nicht mehr Mensch. Die Menschen im Saale waren still. Sie hatte» feierliche Gesichter und sahen nicht zur BühnH- sondern hinauf in das Dunkel der Decke, woher eine Stimme zu kommen schien. Aus einer andere» Welt, klagend, verzweifelt. Und das Ende. Er lag über den Schanktisch, den Kopf nacht dem Boden,- Blut kam aus Mund und Nase «n» tropfte in dunklen Tropfen zur Erde. Seme Händ« griffen wild imd krampfhaft nach dein Leben, imd sein zerfurchtes Gesicht wurde mild und glatt/ Der imerbittliche Haß wandelte sich im Sterbci» zu stummen Flehen um Vergebung. An die Mutter, an die Menschen. Die Menschen im Saal blieben noch lange nach dem Ende. Aber keine Haitd rührte sich, mtd da Vorhang senkte sich nicht. Im Tode verstanden die Menschen den Dicht« und Schauspiel« rind sein Leben.
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