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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Rr.^ " Somtag de« 5. August j-U LKGK VWSNO Roma« vo« I. Schueider-Foerstl eine kleine Promenad, bis die Nerven ein bisserl äuskobt habn. Dann fahrn wir das letzte Stückerll Du und ich, schau mMn wir hall wieder beisammenbleibn. wir zweil GWrt HM eh alles, was er gsagt hat!" Sie nickte und drückte den kleinen Hut fest auf ihr Blond haar. Dann lehnte sie den Kopf etwas zurück und starrte ins Leere. „Billen könnte ich ihn jetzt nicht mehr! Auch nimmer vor ihm knien! Aber sterben für ihn — das könnte ich noch!" „Mizzerl! So gern hast ihn!" Er nahm sie wie ein ver lassenes Kind in die Arme und wiegte sie hin und her. Kein Wort kam aus seinem Munde, als ihr die Tränen ununter brochen über die Wangen liefen. Eine nach der anderen rollten sie ihm über die Finger. Als sie ruhiger wurde, fahte er sie unter und Hrg mit ihr die Treppe hinab, den Hof hindurch auf die im Sonnen schimmer des Abends liegende Straße. Eng aneinandergedrückt schritten sie Hand in Hand in die glühende Lohe. Maria hob nach einer Weile seine Rechte an die Lippen. „Was machst denn närrisch, Mizzerl!" sagte Richthvfen verlesen. llrheberrechtsschutz durch Verlag von Oskar Meister in Werdau. 17 Nachdruck verboten ' „Und hast es doch nur ihm zu verdanken, daß d' nicht schon sek Wochen im Gottesacker draußen verfaulst!" „Dem Feßmann?" Hettingens Blick wurde drohend. „Ja, dem Feßmann! — Wann dir's noch niemand gsagt hat, dann sollst es von mir jetzt hören: drei Liter von seinem Blut trägst du in dir! — Die hat er sich wegnehmen lassen zu einer Transfusion, weil dich nur das hat retten können!" „Der Feßmann!" Hettingens Blick wurde unklar ver schwommen. „Schau Joachim, und das andere, das du ihm so als Schuld anrechnest, das war ein Zufall — ein ganz unseliges Mißverständnis! Nix weiter! Suchn is er dich gangen an dem Abend dort, und damit er ja nicht zu spät an Südbahn hof naus kommt, hat er jeden Patienten fortgeschickt zu einem Kollegen. Unglücklicherweise bist du selber auch kommen. Im Gang war s finster. Er hat dich nicht erkannt — sein Herz hat nicht daran denkt, daß er dich auf die Straß stellt, wie er dem Arbeiter gsagt hat, er soll zwei Häuser weiter gehn! — b°m,t er dich ja nicht verfehlt! — Wo ist da noch ein ^unkerl Schuld, Achim! Und wenn du trotzdem meinst, er hat dich beleidigt, wann einer mit seinem Blut was wett macht, das soll man dann vergessn sein lassn, mein ich! — Und so kenn ich dich doch nst, daß du nicht verzeihn könntest, um keinen Preis!" Hettingens Kopf war ganz herabgesunken. Mit beiden Händen zog er sich nach einer langen Weile Schweigens im Stuhle hoch. „Ich hotte keine Ahnung, daß ich es bin, der um Verzeihung zu bitten hat!" „Brauchst ihm ja nicht verratn, wer dir's gsagt hat. Der ist fähig und macht mir die schönsten Grobheiten. Nicht ein mal deiner Mutier hat man's mitteiln dürfn. Du wirst schaun, Alter, wenn du ihn siehst! Ganz grau und verbittert und wortkarg! — Geht alles auf dein Konto!" «Alles cmf mein Konto!" sagte Hettingen nach. Ms Richthosen ihn die Treppe hinabvegleitste, machte er ßch Borwürfe, so weiß und verändert stand Hettingens Gesicht vor ihm. „Nimm mir's nicht übel, Joachim, daß ich so En gredt hab!" „Nein! — Nur das: daß du so lange geschwiegen hast!" „Das hab ich ja jetzt gutgemacht! Es gibt vieles im Leben, das man wieder zurechtrichtn kann, wann man die geeignete Stund dafür nicht versäumt." Ws er zurückkam, stand Maria an den Schreibtisch gelehnt und sah ihn aus glanzlosen Augen an. „Ich möchte henn- „Dir danken für deine Geduld und unverdiente Ist»«!" wgr die Erwiderung. Es fiel kein weiteres Wort mehr, bis sie nach Hause kamen. * * * Im Wohnzimmer Dr. Leßmanns beleuchtete die seiden befranste Stehlampe den kleinen runden Tisch mit dem weißen Damasttuche und den beiden Gedecken. Sattfarben glänzten die Mahagonimöbel auf. Frau Brunhilde horcht« nach dem Nebenraume, welcher Feßmanns Ordinations zimmer war. Immer noch Arte sst ihn sprechen. Der Arbeitslosigkeit der früheren Lage war eme Ueberlaftung gefolgt, die sie täglich mehr in Sorge versetzte. Die Gesundheit ihres Mannes stand auf dem Spiel, und es machte den Anschein, als ob er oieselbe mit Gewalt unter graben wollte. Endlich hörte sie drüben eine Türe gehen. Dann öffnet« sich die zum Nebenraume, und Feßmann stand auf der Schwelle Mit einem gütigen Nicken sah er zu seiner Frau hinüber, welche die Vorhänge übereinanderrauschen lieh. „Es ist etwas spät geworden, Hilde! Es ist nicht Zotig, daß du mit dem Abend- und Mittagbrot immer wardst, bl ich mich zu Tische setze." Ohne etwas zu erwidern, ging sie zu ihm, nahm sein« rechte Hand an ihre Wange und schob ihm dann de« bequemen Stuhl, in welchem er zu sitzen pflegte zurecht. i Er hatte kaum die Hälfte seines Bratenstückes zerschnitten, ' als draußen die Kiin^l arrschlug. Voll Sorge Wate d«« junge Frau in sein müdes Gesicht. „Ich werde der Schwester ! sagen, daß du nicht mehr zu sprechen bist!" ' „Nein!" Das Besteck zur Seu« legend, faltete er di« Serviette zusammen und ging nach seinem Arbeitszimmer hinüber, in das er den späten Gast hatte treten hören. Im Lichtkegel der großen Schreibtischlampe stand Joachim Hettingen, machte einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm die Rechte entgegen, die, ohne von einer anderen gefaßt zu werden, in der Lust hängen blieb. : „Hans!" j „Lu wünschest?" ! „Ich bin gekommen, dir Abbitte zu leisten!" Es erfolgte keine Antwort. Mit auf dem Rücken ver schränkten Händen lehnte Feßmann gegen die Türe. Di« : weißen Striche in seinem Haare blitzten silbern auf, der Schatten, der zur Hälfte über sein Gesicht fiel, lieh die beiden Furchen, die sich zu den Mundwinkeln herabzoaen, noch ! härter und tiefer erscheinen. Mit einem musternd kühlen Blick ! glitt sein Auge über Hettingen hin. , „Hast du mir noch etwas zu sagen? — Sonst tonnen wir die Unterredung als beendet betracht««." > „Hans, ist das alle Lieb«, ine du noch für mich hast?" „Ja!" Der harte Zug in Fehmanns Gesicht verschärft« j sich um ein Merkliches. „Es wundert inich überhaupt, woher ! du den Mut nimmst, noch einmal zu mir zu kommen, nach i allem, was zwischen uns-neiden vorgekommen ist!" - „Dir das abzubitten, bin ich doch hier! Genügt dir das ! nicht?" „Nein!" - „Hans!" „Du hast etwas zerschlagen in mir, das ni« wieder auf erstehen wird! Beim' e dich nicht werter!" Er legte die Hand auf die Klinke, aber iwch ehe er sie niederdrücken konnte, hatte Joachim sie gefaßt. ' „Hans — wenn es wirklich so ist, wie du sagst, dann laß mich dir wenigstens bekennen: Ich bereue aus ganzem Herzen, dich in einer Stunde verkannt zu haben, in der ich vor Schmerz der Glieder und Verzweiflung der Seele keines klaren Gedankens mehr fähig war. Ich sehe, daß ich kein Recht mehr habe, dich um etwas anderes zu bitten, als ein paar kurze Worte, daß du mir vergibst! Tüe wirst du doch noch für mich finden können!" i Leßmanns Bück blieb kühl-und wemn ermunternd. -Du