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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 30.07.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192807300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280730
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280730
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-07
- Tag 1928-07-30
-
Monat
1928-07
-
Jahr
1928
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Mafseubetrieb auf dem SchüHenpla« Die Stadt im Aeftfchmmk — Mne stark besuchte Gauversammlung Gläuzeuder Verlauf des Kommerses Oin stattlicher Kesizug — Das Volksfest in vollem Gange Seit Sonnabend abend prangt unsere Stadt im Festtagskleid zu Ehren der in großer Zahl nach hier gekommenen Schützen aus dem großen Mulden-Zschopautaler Schützengau. Ehrenpforten am Bahnhof, große Fahnenmasten in der Bahn hofstraße mit wehendem Fahnentuch und eine große Reihe prächtig geschmückter Straß n geben Kunde von der allgemeinen Teilnahme aller Kreise unserer Stadt an dem Fest. Die erste Zusammenkunft war die am Sonn abend nachmittag tagende Gauversammlnng, die der Gauvorsteher Schlabach, Rochlitz, mit Morien herzlicher Begrüßung nach 3 Uhr er öffnete. Für die Frankenberger Schützen entbot Hauptmann Berthold den Anwesenden einen ebenso herzlichen Willkommengruß und wünschte dabei denr Feste einen frohen Verlauf. In dem danach voni Gauvorsitzenden erstatteten Bericht über das verflossene Geschäftsjahr wurde zunächst der in dieser Zeit zur Großen Armee abberufenen Kameraden gedacht, die durch Auf stehen von den Plätzen geehrt wurden. Dem Gaue gehören zur Zeit 39 Gesellschaften an. Von den Vorstands- deschlüssen im letzten Jahre wurden als besonders bemerkenswert nochmals erwähnt die Verpflich tung der Gesellschaften, alljährlich bis zum 1. Ok tober dem Gaue den Zeitpunkt ihrer Schützen feste bekanntzugeben, damit nach Möglichkeit das Zusammentreffen mehrerer Fest: an einem Tage vermieden wird. Weiter hat man sich dahin ge einigt, den Titel Gauschießmeistcr einzusühren. Neu geregelt wurde die Gauschießordnung und die Festlegung der Eauschießpreise. Nach Erledigung des Jahresberichtes schritt man zu den Wahlen. An die Stelle des von seinem Amte zurückgetrenenen bisherigen zweiten Vor sitzenden Büchner, Geringswalde, dem für seine treue Mitarbeit gedankt wurde, wählte die Ver sammlung den Kameraden Bär, Mittweida. Erster Schießmeister wurde Kieß el, Rochlitz. Die diesjährige Winterhauptversammlung soll in Bur kersdorf, das nächstjährige Gauschicßen in Col ditz statffinden. Nach Erledigung verschieden« interner Angelegenheiten wurde die Versammlung mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland ge schlossen. Am Abend fand im Tanzsalon der Vegrüßungskommers statt, der außerordentlich gut besucht war und der in prächtigster Stimmung verlief. Direktor Berthold eröfffrete den Abend und bat nach einem kurzen Willkommengruß den Ersten Bür germeister unserer Stadt, der auch den Ehrenvorsitz des Festes führt, die Leitung des Abends zu über nehmen. Erster Bürgermeister Dr. Irmer er klärte sich dazu bereit und dankte der gastgebenden Scherbenschützengesellschaft für die llebertragung des Ehrenvorsitzes. Direktor Berthold nahm dann Veranlassung, die Vertreter der auswärtigen und hiesigen Gesellschaften, sowie eine große An zahl Ehrengäste und die Mitglieder der am Abend mitwirkenden Vereine zu begrüßen. Buchhändler Morgenstern sprach sodann mit außerordent lichem Geschick einen vom Ehrenmitglied Ober lehrer Valtin verfaßten prächtigen Vorspruch, der das Niveau des Abends von Anfang an auf eine erfreuliche Höhe trug. Unter der Lei ¬ tung des Buch- und Musikalienhändlers Metzler sang im Anschluß daran der in stattlicher Anzahl vertretene Frankenberger Sängerbund in wir kungsvoller Forni „Das treue deutsche Herz" von Otto und „Nur die Hoffnung festgehalten" von Surläuly. Erster Bürgermeister Dr. Irmer lenkte danach die Aufmerksamkeit der Anwesenden aus die beiden großen Feste in Wien und Köln, die nach innen und außen kund tun wollen, daß wir als deutsches Volk als geschlossene Macht geeint dastehen wollen. Als Beweise deutschen Wollens müsse man die Berechtigung solcher Feste auch in unseren Tagen anerkennen. Man wisse genau, daß die deutsche Wirtschaft durchaus noch nicht auf der Höhe sei, man kenne die Sorgen und Nöte unserer Zeit, aber nurn habe auf der an deren Seite auch die Heilige Pflicht, unser Volk zusammenzuführen, und es sei tief bedauerlich, daß es immer wieder Kreise gebe, die diesem Wollen Knüppel zwischen die Beine werfen. Zu den großen Sänger- und Turnerverbänden geselle sich als dritter Bund mit gleich deutschen Zielen der Deutsche Schützenbund. Die Stadt Frankenberg sei stolz darüber, nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder einen Teil dieses Bundes, den Mulden- Zschopautaler Schützcngan, in ihren Mauern be grüßen zu können. Im Namen der Stadt hieß der Redner die Gäste herzlich willkommen in Frankenberg und schloß seine Worte mit einem Hoch auf den Deutschen Schützenbund. Der zweite Gauvorsitzende Bär, Mittweida, dankte für die Begrüßung im Namen der auswärtigen Schützen, die gern nach hier gekommen seien, um alte Ka meradschaften zu erneuern und neue zu knüpfen. Das Hoch dieses Redners galt dem deutschen Vaterland. Eauschießmeister Kieß el, Rochlitz, ließ die Stadt Frankenberg und ihren Ersten Bürgermeister Dr. Irmer hochleben. In rascher Reihenfolge wurde nach den Reden die Vortragsfolge erledigt, die neben einen: Violinsolo unseres Stadtmusikdirektors Nott und anderen musikalischen Darbietungen seiner Kapelle noch Volkstänze (von Turnerinnen des Turnver eins D.T. unter Spielwart Kindlers Leitung und Freiübungen der Men Herron vom Turnversin, die mich alle Scheibenschützen sind, brachte. Dieses Turnen der „Alten" wurde besonders viel beachtet, und den wackeren Turnern wurde lebhafter Bei fall gezollt. Mit Dankesworten an die Mitwirken den ufid einem Dank an die Damen, die den Mond durch ihre Anwesenheit verschönten:, wurde der Festkommers geschlossen. Der Sonntag machte zunächst gar kein freundliches Gesicht. Von früh an zogen finstere Regenwolken übe: die Stadt die sich auch durch den Weckruf und durch die Neveille nicht vertreiben ließen. Während des Vormittags fing es dann wirklich an zu regnen. Zeitweise regnete es richtige Bindfaden, die viel fach als ein Zeichen langen Regens angesehen wurden. Traurig ergab sich der Fahnenschmuck in den Straßen seinem Schicksal. Als aber kurz nach Mittag zürn Festzug gestellt wurde, da hörte es auf zu regnen und als der Festzug nach zwei Uhr vor dem Rathaufe stand, da brach mit einem Male die Sonne durch die Wolken und ließ sich dann bis zu ihrem Untergange nicht wieder verdrängen. So hatte der Regen am Vormittag nur eine hochwillkommene Abkühlung gebracht und den Staub Zelöfcht. Der Feftzug imponierte allgemreiu durch soine Länge. Zwei Herolde eröffneten ihn. Dann kamen über 30 „Berittene", Mitglieder des hiesigen Reitoereiirs, und ihnen schlossen sich in langer Reihe hiesige Vereine und auswärtige SchtiHengeselkschastsn an. Ueberall wurde der Z>tg Mt großer Begeiste rung begrüßt, stellenweise wurde er von einem Blumenregen überschüttet. In allen Straßen standen dichte Monschenmauem«, die mit Beifalls kundgebungen nicht zu rückhielt sn. Vom Balkon des Rathauses aus begrüßte Erster Bürgermeister Dr. Irmer in erster Linie die auswärtigen Schützen, dankte ihnen, daß sie in stattlicher An zahl nach Frankenberg gekommen seien und dankte auch den Frankenberger Vereinen für ihre zahl reiche Beteiligung an dem Festzug. Soine Aus führungen über den Sinn des Festes und über die Art der deutschen Schützen ließ er ausklingsn in das Dichtermort, unter dem sich alle Kreise zu einem von echter deutscher Fröhlichkeit getragenem Feste zusammsnfindsn möchten: „Wir trennen euch-nicht nach Rang und Stand, Wir schauen errch nicht aus das Kleid! Ein freundlicher Blick und ein Druck der Hand, Lin fröhliches Wort, das ein Echo fand, Dis öffnen die Herzen uns weit!" Direktor Berthold hieß die Gauvereine im Namen der festgebendsn Gesellschaft willkommen und feierte den deutschen Schütze igelst und den Mulden-Zschopautaler Schützengau. Auf dem Festplatz entwickelte sich nach Eintreffen 'des Zuges ein Massenbetrieb, wie er stärker gar Nicht erhofft werden konnte. Die Schankzelte warm bis in die späten Abendstunden hinein dicht besetzt, an den vielen Glücksbuden wurden die Lose reißend begehrt, die Motorradbahn und eine sehenswerte Sporthalle wurden viel besucht, auch die „Bunte Bühne" war vielmals ausverkauft, kurz: der echte Schützonfestbetrieb war wieder im Gange, be günstigt von einem Wetter, wie es schöner gar nicht gewünscht werden konnte. An den Schießständon wurde von vier Uhr an fleißig geschossen. Die im Schaufenster des Herrn Maurer ausgestellten wertvollen Preiss spornten zu Höchstleistungen an. § Das Schnellfeuer-Eröffnungsschießc» hatte folgendes Ergebnis: 1. Winller, Geringswalde 38 Sch. 512 R. 2. Dir, Rochlitz 37 „ 496 „ 3. Heinz, Geringswalde 36 „ 475 „ 4. Römer, Mittweida 37 „ 450 „ 5. Börner, Fritz, Frankenberg' 36 „ 424 „ 6. Nitzsche, Arnsdorf 33 „ 412 „ 7. Börnert, Paul, Frankenberg 30 „ 410 „ 8. Kiesel, Rochlitz 32 „ 403 „ Der heutige Montag brachte am Vormittag wieder die übliche Armen spende im „Roß" und danach das Frühstück im Tanz salon. Darüber werden wir morgen berichten. K. Lgt. Aus Heimat und Vaterland Frankenberg, den 30. Juli 1928. Wider die Verunreinigung des Badelebens Unter dieser Uebers-Hrilt hat sich der Deutsche Frauen-Kampfbund (Geschäftsstelle: Eisenach, Neu landhaus) mit einem langen Ausruf an die Oeffent- lichkeit gewandt, der sich zunächst der Zunahme ge- Kinder Körperpflege ln unserer Zeit freut, dannatz« mit treffenden Morten das schamlose Treiben tnHW deutschen See-, Fluß- und »Familien'-Bädern Wir areifen ein paar Sätze heraus: »Di« heutigen Bademyüge dienen häufig ntchk deni gesunden Feingefühl und dem natürlichst Spiele dex Muskeln beim Schwimmen, sondern sie find auf gefaMachtig« Darbietuna de« Körper» berechnet. . . . Wo sich di« Riesenkästen de« mo dernen Solelleben« bis dicht an di« keusche Rein heit des gewaltigen Meeres herandrängen, wo der ganze mondäne Auszug eines materialistischen Zeitalter« sich nicht scheut vor der Größe der Ge walt der Natur — da fällt mit der Ehrfurcht vor der Natur auch die Ehrfurcht vor einander hin. Die heutige schamlose Ausmachung des Bade- lebens, wie sie sich in manchen Badeorten und auch an vielen Flußläufen zeigt, ist die trostlos» Folae. Wie sehr aber reißen die Schamlosigkeiten der Erwachsenen schon im Kind jene letzten Schranken, des Feingefühls nieder, die für den wrrd«ndeG Menschen so notwendig find. Was soll denn eigentlich aus Kindern werden, die zusehen, wi» sich die erwachsene Frauenwelt in fast gänzlich entblößtem Zustand zeigt, wie auch die Männer welt kein Bewahrungsaefühl mehr kennt? Jal wenn noch über dem Ganzen die Unbewußtheit reiner Naturfreude lagerte! Das Kind aber sieht im Gegenteil ganze Gruppen zusammenge», lagert im leeren Geschwätz und Getändel oder in Koketterie oder Liebelei. Ls kommt noch dazu, daß viele Körper kein schönes Bild geben und ost ekelerregend häßlich sind. Wollen wir denn" noch das letzte Zartgefühl im Kinde ganz zer treten? .... Abscheulich ist es, daß in den See bädern des Auslandes bei schamlosem und dreistem Benehmen am Strande fast immer darauf zu schließen ist, daß die Menschen, die sich dazu her geben, deutsch sprechen..." Der Aufruf schließt mit den dringenden Bitten: »Boykottiert diejenigen Bäder, die der Sittenlosig keit Vorschub leisten. Wehrt euch gegen die Ent artung, die an vielen Orten Platz greift! .... Wir bitten die gesamte Oeffenllichkeit, uns bei dieser Arbeit durch beständige Berichte und durch energische Unterstützung unserer! Forderungen zu helfen." Opfer des Verkehrs Rabenstein. Beim Herabfahren einer sehr steilen Straßenstrecke stürzte der aus Röhrsdorf gebürtige 18 jährige Herbert RInner plötzlich mit seinem Fahr rade und blieb bewußtlos liegen. Er mußte mit schweren KopGerletzungen dem Rabensteins* Kran kenhaus zuaeführt werden. Oberlungwitz. Vor der Fabrik von Friedrich Tauscher A.-G. fuhr der Kraftwagen eines Lim- bacher Kaufmanns infolge scharfen Rechtsfahrens auf den FiGsteig, wobei drei Personen umgefahren wurden. Während zwei mit nicht unerheblichen Veinverletzungen davonkamen, erlitt die dritte Ver letzungen der Wirbelsäule. Gersdorf. In der Nähe der Heuschkelschmiede fuhr der aus Oelsnitz kommende Bäckermeister Schulter ans Hohenstein-Ernstthal mit einem auf der falschen Straßenseite fahrenden Radfahrer zu sammen, wobei Schuster mit voller Wucht auf die Straße stürzte und besinnungslos liegen blieb. Seine Maschine wurde vollständig demoliert. Der schuldige Radfahrer, der unverletzt blieb, bat sich feig in der allgemeinen Aufregung aus dem Staub» gemacht. Pockau. Auf der Fahrt nach seiner Arbeitsstelle In Chemnitz überschlug sich der 23 jährige Sobn des h'esigen Hausbesitzers Clausnitzer mit seinem Motor rad und zog sich neben einer Gehirnerschütterung einen Schädelbruch zu. sodaß er in das Marien berger Krankenhaus gebracht werden mußte. * Windhose im Erzgebirge Jahnsdorf. Eine Windhose, die am Freitag 22 45 Uhr hier auftrat, hat in dem ganzen Orts schweren Schaden angerichtet. Besonders schwer Der Hann, 6en ilie Veli nickt sali Ein Roman von Traum und Sein von Hanns Marschakk. CopzriZkt Novissima-Verlag, Berlin. 54 Nachdruck verboten. Es war eine wilde, sturmgepeitschtr Woge, auf- xrwühlt, schreiend, keuchend, alles mit sich reißend, die durch die Straßen raste, sich über alle Plätze ergoß. „Weiter! — Vorwärts!" Wer nicht Schritt hielt, wer auch nur euren Augenblick stehen blieb, um Luft zu holen, wurde beiseite gedrängt, gestoßen, umgeworsen, getreten. Von allen Seiten raste die Menge heran, aus allen Straßenkreuzungen kam sie, stieß zusammen mit anderen, ballte sich, wurde zu einem unent wirrbarer! Knäuel. Hinein in das Zentrum der Stadt ging es. Die am Negierungspalast aus gestellte Postenkette wurde durchbrochen. „Lanis Carlson!" heulte es. „Lanis Carlson!" meldete der Funke rund um die Welt. Tie Villa Eric Chiltons lag wie ausgestorben. Ter Lautsprecher, der eingestellt gewesen war, halt- den aufhorchenden Beamten ebenfalls Lanis Carlsons Worte verkünde!. Sie hatten sofort das Haus verlassen und waren auf Wagen in die Stadt zurückgeeilt. Unterwegs hielt sie ein joh lender Mensckenhaufen auf. Im Atlantic-Hotel war Madame Jolanthe Marazeth auf- und abgcschritten, äußerlich gleich gültig und unbewegt, innerlich erregt. Cie wartete auf den Anruf aus der Villa des Minenbesitzers. Er kam nicht. Statt dessen ver- nahm sie auf einmal die Worte aus dem Laut sprecher, der in der großen Halle des Hotels aus gestellt war. Bleich und gefaßt hatte sie durch die große Drehtür das Hotel verlassen, war draußen in einen Wagen gesprungen, den ihr der Gouverneur zur Verfügung gestellt hatte, und war, selbst das Steuer in dar Hand, nach der Zentrale gejagt, aus der die Funkmeldungen aufgegebsn wurden. An der Universität saß sie plötzlich eingekeilt in eine riesige Menschenansammlung. Alle Schreie, Rufe und Signale verklangen vergebens. Man machte keinen Platz. „Der Ansager, der den Nachtdienst versah, ist bewußtlos aufgesunden worden! — Er hat von unsichtbarer Hand, wahrscheinlich von Lanis Carl son selbst, einen heftigen Faustschlag gegen die Schläfe bekommen, der ihn vollständig betäubt hat! — Sodann hat sich Lanis Carlson Zutritt zum Ssnderaum verschafft, hat die Stromzufüh rung hergsstellt, was für jeden Laien sehr leicht ist, da die einzelnen Schaller genau bezeichnet find, und hat die Rede gehalten!" Die lauschende Monge, die sich in allen Straßenzügan zusannnengestaut hatte, vernahm die Worte, die soeben vom Präsidenten der Polizei höchstpersönlich bekannt gegeben wurden. Im Osten war es bereits hell geworden. Ein glutroter Streifen zog sich über den Himmel. In don Straßen erloschen die Laternen. In don Lüften heulte es auf. Ein Flugzeug raste sehr niedrig über das Häusermeer der City dahin. Es beschrieb grosze Schleifen, umflog meh rere Male don Rcgierungspalast und wandte sich dann denr Hafen zu. ! Das Knattern des Motors war weit über die Stadt zu hören. Während noch die Menschen menge dem Lauf des Flugzeuges folgte und Meinungen austauschte, raste em zweiter Appa rat durch die Lust heran. Jin immer Heller wer denden Tageslicht erkannte man ein Militär flugzeug. Dicht neben dem Beobachter saß ein Mann anr Maschinengewehr. Nus don Lautsprechern klang wieder die Stimme auf: „Ein führerloses Flugzeug gleitet über Buenos Aires dahin. Wir haben soeben festgestellt, daß es der Apparat 150 l) ist, der startbereit auf dem Flugplatz stand. Es ist die Maschine des Minen besitzers Eric Chilton, der seinen auf heute früh verschobenen Flug nach Rio antreten wollte. Der Motor des Flugzeuges war bereits angclassen. Der Führer wartete in der Halle. Lanis Carlson hat unsichtbar die Maschine bestiegen und fliegt nun über Buenos Aires. Ein Militärflugzeug hat die Verfolgung ausgenommen." Die beiden Apparate befanden sich bereits weil außerhalb der Stadt. Jetzt hörte inan iu der stillen, klaren Morgenluft deutlich das Arbeiten des Maschinengewehres vom Militärflugzeug. „Tack-tack-tack-tack!" peitschten die Schüsse durch die Luft. Das erste Flugzeug senkte sich und ging tiefer und tiefer. Jetzt war es den Blicken der Menge entschwunden. „Sie haben ihn!" Die Masse riß vorwärts in die großen, breiten Hauptstraßen, erkletterte Laternenpfähle und Masten. „Beide Maschinen sind auf freiem Felde unweit vom Südbahuhof niedergegangen. Der Apparat 150 O ist stark beschädigt. Lanis Carlson ist auf die Stadt zugcflogen!" sang die Stimme in den Lautsprechern. Die Menge ergoß sich über die großen Straßen und den Kai nach dein Südbahnhof hinunter. Weiter und weiter strömte die Masse. Durch die Calle Pedro de Mendoza fuhr lang sam, ganz langsam ein schwarzlackiertes Auto. Der Chauffeur des Wagens saß neben der Dame, die ohne Hut, nur mit einem leichten Schal um die Schullern, das Steuer in der Hand hielt und aufmerksam die Straße beobachtete. Die Morgenröte am Himmel war verschwunden. Glutrot stand die Sonne wie ein feuriger Ball im Osten. In einer Hausmsche, in die Ecke gedrückt, ganz am Ende der Calle Pedro de Mendoza, wo in der Ferne schon das freie Feld zu erblicken war und die Häuser nur noch vereinzelt standen, lehnte ein Mann im dunklen Anzug. Er hielt einen Hut in der Hand und sah mit müden Augen auf den Wagen, der langsam näher und näher kam. Als er dicht vor dem Hause war, trat er aus der Nische heraus und verneigte sich. „Inge von Brogade! — Schwarz wie die Nacht und träumerisch wie Märchen aus alter Zeit sind deine Augen!" sagte er laut. Mit einem Kreischen faßten die Bremsen die Näder des Autos. Der Mann lächelt«. „Du bist nicht Inge von Brogade! — Ich weiß, daß du es nicht bist! — Wärest du blond und zart, durchsichtig wie das Firmament, könntest du die Frau sein, die mich still auf allen Wegen begleitet hat: — Ruth Bryon! —" Der Chauffeur erhielt von der Dame einen Stoß, daß er fast vom Sitz gefallen wäre. Mit einem Sprung stand Madame Jolanthe Mara zeth auf denr Bürgersteig, dicht vor Lanis Carlson. Ein Revolver, zierlich gearbeitet wie ein Spielzeug mit einem Griff aus Perlmutter blitzte in ihrer Hand auf. „Ich weiß — daß du nicht gut bist!", sagte Lanis Carlson leise und sah ihr traurig in di« Augen, auf deren Grund ein Funke zu glimme«, schien. „Kannst du dafür, daß du so bist? — Wir können alle nicht dafür. Jeder ist, wie ihn Gott geschaffen hat! — Jeder geht sein Leben, das eine' vorgeschriebene Bahn ist und vollendet es? — Wer wagt es, über den anderen zu Gericht zu sitzen? — Wer hat den Mut, den Stein auf den andern zu werfen? — Unsere Sehnsucht treibt uns hinaus t — Wehe denen, die nur ihrer Sehnsucht leben,, die nur ihre Wünsche erfüllt sehen wollen, di« nicht an die Pflicht denken — da — zu sein!" „Ich bin Jolanthe Marazeth! — Dein Lebe» liegt in meiner Hand. — Deine Erfindung ist ver nichtet, wie ich sehe! — Man hat sie durch schossen!" „Du bist —" Ein Heulen und Brausen drang die Straße her* auf. Steigerte sich, kam näher und näher! -- Aus allen Seitengassen brach die Menge hervor und strömte auf die beiden zu. „Lanis Carlson!" Das Schreien erfüllte die Luft, wuchs <nh orkanartig. „Gib mich frei! — Ich muß zurück! — Es gibt Pflichten!" „Du kommst nicht mehr frei!" Dis Waffe funkelte in der Morgensonnc. „Laß mich!" „Zu spät!" „Es ist — nie zu spät!" Lanis Carlson bäumte sich aus, erhob die Arm« Mm Himmel, sein Atem ging stoßweise. „JeA jetzt - ich -!" ' / „Vorsicht! Vorsicht!" (Fortsetzung folgt.)
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