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Nichtamtlicher keil. ^ 2SL, IS. Dezember 1812. Aus dem englischen Buchhandel. (VI ogl. Rr. 184.» In meinem letzten Bericht über den englischen Buch handel machte ich darauf aufmerksam, daß die deutsche Sprache im Auslande und besonders in England allmählich an Boden verlöre und das Interesse an der deutschen Literatur überall abnähme. Meine Wahrnehmung findet eine über raschend schnelle Bestätigung in dem Artikel »Tke die^Ioet ok vsrman« in der vor kurzem erschienenen ersten Nummer der neuen Wochenschrift »Lvorz-mrni«. Obwohl sich der Ver fasser des Artikels nicht genannt hat, ist es doch kein Ge heimnis, daß der Redakteur des Blattes, Professor Sarolea, dessen Schreiber ist. Der Artikel führt aus, daß das Studium des Deutschen mehr und mehr in Großbritannien zurückgehc, und viele höherenSchulen es aus ihremLehrplanentfernthättcn. Die schottischen Universitäten, die sich mit Recht oder Unrecht rühmten, den Engländern voraus zu sein, haben keinen offi ziellen Lehrstuhl der deutschen Sprache; Oxford erhielt einen solchen nur durch die opferwillige Großmut eines deutschen patriotischen Kaufmanns. Das Erlernen der deutschen Sprache »bezahle sich nicht, weder im Geschäftsleben noch im Staats dienst«. — Ein Leser erwiderte in der nächsten Nummer, daß die moderne Technik sich besser bezahle und das Studium des Deutschen verdränge. Sonderbarer Weise habe man in Eng land von den deutschen technischen Errungenschaften keine hohe Meinung, obwohl die meisten »Textboolcs« aus dem Deut schen übersetzt oder adoptiert seien. Im Gegensatz dazu ist ein stetes Fortschreiten der französischen Sprache zu konstatieren, auch wendet sich das Interesse der Engländer mehr und mehr der französischen Literatur zu. Der Export der französischen Bücher, Zeitschriften und Zeitungen ist unbedingt ge stiegen und noch im Steigen begriffen. Inwieweit die »Latente Oorüiale« damit zu tun hat, läßt sich schwer fest stellen. Die Frage ist nun, zu untersuchen, wie das Deutsche wieder mehr die Gunst des englischen Publikums gewinnen kann, und was die Unpopularität der deutschen Sprache ver schuldet hat. Diese Fragen haben weder der Artikelschreiber, noch seine Korrespondenten zu beantworten versucht. Die politischen Mißverständnisse zwischen den beiden Völkern scheinen sich aufzuklären, und es ist zu hoffen, daß dann auch in England sich die Erkennntis Bahn bricht, daß eine gegenseitige Wür digung der Literatur und Sprache in beiden Ländern das beste Mittel ist, die neue Freundschaft zu befestigen. Die Ver- ständigungshefte von »Nord und Süd« haben hier festen Fuß gefaßt, und die englische Sonderausgabe wurde viel gekauft, so daß eine zweite Auflage in Aussicht genommen ist. Nebenbei werden Versuche gemacht, die gebildeteren Engländer für die deutsche Literatur zu interessieren. Zwei deutsche Theatervereine geben regelmäßig Vorstellungen neuerer deutscher Komödien und Dramen, die auch in englischen Kreisen freundliche Anerken nung finden. Aber alle diese Bestrebungen berühren doch nur einige Schichten der Bevölkerung Londons, während die große Masse des britischen Volkes diesen Bestrebungen kalt oder ab lehnend gegenübersteht. Der deutsche Verlagsbuchhandel kann hier viel helfen, indem er die alteingesessenen Sortimenter in London nach Kräften unterstützt und sie in den Stand setzt. Verlangtes schnell zu liefern. Auch sollte ein Export- rabatt aus fest Bestelltes bewilligt werden. Dagegen sollte sich der deutsche Verleger hüten, Bücher an unbekannte Individuen und Firmen zur Besprechung oder zur Ansicht zu liefern. Meist werden diese Bücher hiesigen Anti quaren zu Spottpreisen angeboten und dann wieder an die Kunden weit unter dem Ladenpreise abgegeben, ohne daß der Verleger irgendein Äquivalent dafür erhält. Die mit solcher Nichtachtung behandelten deutschen Werke bestärken das hiesige Publikum nur in der Ansicht, daß die deutsche Literatur an sich belanglos und nichts wert sei. Die Schleuderei, die von Deutschland aus an hiesige Kunden betrieben wird und das Engros-Herübersenden von Rezensions-Exemplaren usw. an unbekannte angebliche Literaten, machen es unmöglich, daß die hiesigen deutschen Buchhändler bei den hohen Spesen, sich größere Lager hinlegen und genügend Absatz finden können. Neuerdings sind wieder eine Anzahl sogenannter »Buchhandlungen« gegründet worden, die sich an meh rere deutsche Verleger mit der Bitte gewandt haben, ihnen ihre Neuerscheinungen zuzusenden, da sie eine Liste neuerer Werke an die besten deutschen Kreise zu senden beabsichtigen. Ohne Zweifel werden viele Verleger auf diese Bauernfängerei hereinfallen, ohne daß sie ihre Bücher oder deren Geldwert Wiedersehen. Man erkundige sich vor dem Senden von Büchern bei einem Londoner Geschäftsfreunde oder bei dem Leipziger Kommissionär der betreffenden Firma, falls die Firma einen solchen hat, oder verlange vorherige Einsendung des Fakturenbetrags. Vor allem sende man nichts umsonst zur Besprechung usw. an diese Firmen. Alle besseren Firmen Großbritanniens gehören Fachvereinen an, und cs wäre wünschenswert, daß die Herren Verleger nur mit den Mitgliedern dieser Vereinigungen buchhändlerisch verkehrten, respektive mit solchen Firmen, die im Buchhändler-Adreßbuch genannt sind. Der Buchhandel ist ein Beruf voller Überraschungen und Unberechenbarkeiten im Vergleich zu anderen kaufmännischen Betrieben. Diese Behauptung wird durch Raymond Blayth- wayths Artikel in der »Lortmgbtlx Revie«-« vom November einmal wieder aus das glänzendste bestätigt. »Tbo komance ok tbk 8aleroom« beschäftigt sich mit der im Jahre 1744 ge gründeten Firma Sotheby L Co., die sich vor allem den Londoner Bllcherauktionen widmet. Mr. Blaylhwayth führt darin aus, daß der Wert der Bücher oft durch den Namen des Besitzers, dnrch Autographen berühmter Personen, Druckfehler und durch ihre Schicksale in einem Maße gesteigert werde, der in keinem Ver hältnis zu ihrem eigentlichen Wert stehe. Die Spekulation auf erste Auflagen von modernen Büchern, die z. T. besonders für diesen Markt hergestcllt und in beschränkten Auflagen ge druckt werden, scheint im Vergleich zu den Preisen, die Wiegen drucke usw. in Auktionen erreichen, eine kaum der Beachtung werte Spielerei. Selbstverständlich erreichten die ersten Bibcl- drucke in englischer Sprache, die ersten Shakespeare-Folios Vor zugspreise, die noch im steten Steigen begriffen sind. Historische und literaturgeschichtliche Manuskripte bringen oft unglaub liche Summen. So wurden bei der Versteigerung der »Ashbnrn- ham-Bibliothek« für die sogenannten »karrois Nanuseripts« L 33,217 — -1k 664,340 bezahlt. Der Brief Maria Stuarts an Karl IX. von Frankreich, in dem sie ihn bittet, sich für sie bei Elisabeth zu verwenden und Truppen nach Schottland zu senden, wurde von Quaritch mit L 715 — -1k 14 300 bezahlt! Mr. Tom Hodge, der Besitzer der Firma Sotheby, hat diese jetzt an die Herren Barlow, Hobson L Warre verkauft, bleibt aber selber an dem Geschäft als Leiter beteiligt. Die Ägyptologen Londons sind durch die Entdeckung einer Anzahl wichtiger Papyrus, die von Mr. Robert de Rustafjaell in Oberägypten ausgegraben und nach London gebracht wur den, in große Aufregung versetzt worden. Diese Papyrus ge hören angeblich der griechisch-ägyptischen Periode an. Die 17 Schriftstücke sind auf das beste erhalten und wahrscheinlich von großem historischen Werte. Die größte Rolle soll 50 eng lische Fnß messen und 1 englischen Fuß breit sein. Die Übersetzung dieser Dokumente ist in bewährte Hände gelegt, und cs dürften weitere Aufklärungen über die Urgeschichte Ägyp tens davon zu erwarten sein. Man vermutet, daß die von Manetho, der in dieser Periode gelebt haben soll, uns über lieferte ägyptische Geschichte jetzt in vieler Hinsicht ergänzt ! werden kann.