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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 25.06.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192806251
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280625
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-06
- Tag 1928-06-25
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Monat
1928-06
-
Jahr
1928
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«oldstanlen In zrankelch Da« Stabttiflerunqs - Gesetz amh vrm Senat angenommen Bari«, 25. 6. TU. (Fimftoruch) Der Senat nakm nach einer längeren Aussprache das Stabili sierungsgesetz in der Gekamtabstlmmunq mit 256 gegen 3 Stimmen an. In der Einzelabstimmung wurden die 12 ersten Artikel ohne Aussprache, der letzte Artikel über das Abkommen mit der Bank von Frankreich mit 246 gegen 35 Stimmen angenommen. Der Hauptberichterstatter der Finanzkommission be zeichnete die Revalorisierung als die einzige mit der Würde des Staate« zu vereinbarende LSlnna. Die Bemerkungen verschiedener Redner, die Stabili sierung sei ein »schädlicher Bankerott", riefen Poln» rar« auf den Plan, der sich gegen derartiae Be hauptungen verwahrte. Er betonte, Frankreich stabi lisiere uusschliehlich aus eigenen Mitteln. Die Bank von Frankreich habe 2l0 Millionen durch die Opera tionen verloren. Mit der Annahme des Gesetzes in der Nachisitznng des Senats und seiner Verkündigung im ausnahms weise am Montag erscheinenden „Staatsanzriger" treten das Gesetz und der neue Goldfranken in Kraft. Gleichzeitig verlieren alle bis heute geprägten fran zösischen Gold- und Silbermünzen ihren gesetzlichen Kurswert. Englische PreMlMMN London, 25. 6. TU. (Funkspruch.) Die heutigen Morgenblätter beschäftigen sich in Leitartikeln mit der am Sonntag erfolgten Stabilisierung des Fran ken«. Die.Times" schreibt, daß sie einen großen Erfolg darstelle. Sie schließe einen Zeitabschnitt In der Finanzgeschichte Europa« ab. Damit sei der unglückseligen Herrschaft des Paviergeldes ein Ziel gesetzt worden. In weiterem zollt das Blatt Poln- ear« Tribut für »diese einzig dastehende Leistung". Der »Daily Telegraph" schreibt. Poincarö habe nach dem Urteil fast aller Sachverständigen das Nichtige im rechten Augenblick getan. Politische Nachrichten Die neuen Frane» km nenen Reichstag. Dem neuen Reichstag werden 32 Frauen als Abgeordnete angehören. Don ihnen sind neu gewählt: Studien- rat Annagrete Lehmann, Berlin (Dn.); Dr. Hertwig» Bünger, Dresden (D.Vp.); Marie Kuhnert, Berlin, Adele Schreiber-Krieger, Berlin, Schriftstellerin Marie Reese-Hannover, Angestellte Klara Weich, München, Prof. Anna Siemsen, Jena. Nanni Kur fürst, Kiel (Soz.): Angestellte Overlach, Berlin (Kom.). Bon den weiblichen Abgeordneten gehören 2 der Deutschnationalen Dolkspartei, 2 der Deutschen Volkspartei, 3 der Zentrumrpartei, 2 der Deutschen Demokratischen Partei, 20 der sozialdemokratischen Partei und 3 der Kommunistischen Partei an. Japanische Lruppenzurücknahme aus der Mand schurei. Wie au» Tokio gemeldet wird, hat die javanisch« Regierung beschlossen, einen Teil der Mandschureitruppen zurückzuziehen, da sich die Lage in der Mandschurei wesentlich entspannt habe. Aus Heimat und Vaterland Frankenberg, 25. Ium 1928. Nach Marini... Die Johannisfeuer sind erloschen. Die Ver bundenheit mit der Urzeit unseres Volkes, die ihre Flammen in stiller Sommernachtsstunde offenbaren, ruft Erinnerungen wach und stärkt iZukunftshoffnungen zugleich! Jsts doch in erster Linie deutsche Jugend, die von Jahr zu Jahr in immer größerer Anzahl sich vor den brennen- Hotzstößen versammelt und von den himmelan- strebenden Flammen ihre Herzen zur Höhe tragen läßt. Was braucht unsere Zeit mehr als eine Jugend, die deutsch MM und deutsch denkt, deren Herzen erfüllt sind van eenem Verlangen nach innerer Läuterung? Mit Freuden ist es daher zu begrüßen, daß die alte deutsche Sitte der Johannisfeuer immer mehr wieder aufge- grissen wird. Wogegen man sich aber mit aller Entschiedenheir wenden muß, das ist der Versuch sattsam bekannter „Jugendsührer", diese alte kem- deutsche Sitte in frivoler Weise für ihre blöden nichtsnutzigen, volksoerhetzenden und Kinderfeeken vergiftenden Zwecke auszunutzen. . . Am Morgen des gestrigen Tages begann die Sonne in königlicher Schönheit ihren Tageskauf. Was ihr unterwegs an trüben Wollen begegnete, das mußte bald wieder ihren sieghaften Strah len weichen. Der Tag blieb herrlich, bis die Nacht ihn in ihren sternbestickten Btantek nahm.. Man sagt voin Sommer, daß er jauchzendes Leben sei und Höhepunkt jenes rätselvollen Ge schehens, dessen letzte Ursachen dem forschenden Auge entzogen bleiben, dessen Anblick uns aber dazu zwingt, ei» vernunftgemäßes Walton über menschlicher Kräfte zu verspüre»! In Sonder, heit lehrte uns dies dor gestrige Johannistag, der auch die stillen Hügel unseres Friedhofes! wieder in leuchtende Blumenbeete verwandelte, und der mit diesen Zeichen dankbaren Gedenkens die Welt der Toten mit der Welt der Lebenden verband. Zur Johannisfeier am Abend hatte sich wiederum eine sehr' stattliche Gemeinde im Friedhöfe eingefunden, dis mit großer Andacht und innerer Anteilnahme den geistvollen Wor ten unseres Oberpfarrers Ludwig und den weihevollen Gesängen des Franken bergen Sängerbundes folgten. Auf der Höhe des Jahres, inmitten der Tage des „jauchzenden Lebens" — eine Stunde der Besinnung auf die Vergänglichkeit aller Dinge und eine ernste Mah nung zur Erfüllung unseres Lebenszweckes, zur Erkenntnis von dem Siim des Daseins! Wo diese Lebensaufgabe und diese Erkenntnis getragen ist vom christlichen Geiste, da wird man auch den Fragen der Vergänglichkeit sieghaft gegenüber stehen und vom Johannistag den Willen mit ins weitere Jahr nehmen: „Ich muß wirken, solange es Tag ist. . .!" Auf einen Schönheitsfehler auf unserem Fried hof sei bei dieser Gelegenheit mit aufmerksam gemacht, womit nicht gesagt sein soll, daß solcher lei Dinge nur bei uns festzustellen sind. Auf so manchem Grab kann man unter sorgsam ge pflegten Blumen, hinter liebevoll betreuten Grab steinen — Konservenbüchsen sehen, die ab und zu wohl als Blumenvasen benutzt werden, meist aber als „Reserve" beiseite gestellt werden. .»Junge Schnittbohnen" oder .Leipziger Aller lei" und wie die schönen Dinge alle heißen mögen, wirken auf Gräbern reichlich pietätlos. So viel Müssen die lieben Toten doch wert sein, daß man für Blumen anständige Behälter ver sorgt und nicht Konservenbüchsen oder zerbrochene Tassen und dergleichen. In schön gepflegtem Zustande zeigte sich am gestrigen Sonntag den Besuchern der Pkatzmusik unser Friedenspark. Die Stadt hatte in der vergangenen Woche die Rasenflächen mit der Maschine bearbeiten lassen, nun breiten sich unter den prächtigen Bäumen saubere Rasenteppiche aus. Es muß immer wieder betont werden, daß wir auf diesen schönen Schmuckplatz inmitten der Stadt recht stolz sein können und alle Veran lassung haben, ihn vor Verunzierungen ftr jeder Weise zu schützen. Die Leipziger Sänger, die am Sonnabend in unserer Stadtkkrche ein auch von der auswärtigen Presse glänzend besprochenes Konzert gaben, sprachen sich recht lobend über den guten Eindruck aus, den ihr Einzug in die Stadt durch die Humboldtstraße und am Friedenspark vorbei auf sie gemacht hat. K. Lgt. * Nachrichten ans den BetriebsVerlen Die seit Sonnabend von den Betriebswerken in verschiedenen Gemeinden der Umgegend abgehaltenen Kochvorträge mit dcrelektrischen Sparküche „Elektro» Oekonom" finden ungeteilten Beifall der zahlreichen Besucher. Sellen wohl «ft ein Vortrag für die Haus wirtschaft mit io viel Interest« ausgenommen worden, wie der über den »Elekkro-Oekonom". Die Bor» tra««dame, Frau Dr. Dücker, verftebt e« in bester Weise, dir Zuhörerschaft mit ihren Ausführungen zu kesseln, um Ihrem Bortrag mit Aufmerkiamkelt zu folgen. Die Hausfrauen sind begeistert von der darpelegten, praktisch vorgesührten vielseitigen Ver wendbarkeit d«, Oekonom mit seinen Hilfsgeräten, den Schnellbraipkannen. al» Koch-, Brat- und Back herd, als Heißwasserspeicher usw. Die zur Verteilung gelangenden Kostproben der damit herg«stellten Sveisen überzeugen die Belucher von der Leiftuna«- fShigkIt des Apparate«. Für die Hausfrauen aller Stünde, der Geschäftswelt, wie der Landwirtschaft, erweist sich der Nektro-Oekonom al« wahrer Helfer, der sie von der Kücke befreit, Zeit und Arbeit spart und di« Gesundheit der Familie durch wohlerbalien« und gänzlich erschlossene Speisen fördert. Heute Montag wird der Vortrag abend« 8 Uhr Im Gasthof Peterhänsel Sachsenburg und morgen Dienstag nachmittag 3 Uhr und abends 8 Uhr im »Roß' Frankenberg abgehoben. Men Inter essenten, besonders den Hausfrausn, sei der Besuch dieser b^richen Veranstaltung bestens empfohlen. Amtliche Mitteilungen aus der Aatssltzung vom 2». Juni 1928 Der Rat 1. erhält von der Art und Zahl der im Jahrs 1927 vorgcnommenen Lebensmittekunter- suchungen Kenntnis. Doroenommen wurden folgende Untersuchungen: Fleisch und Fleisch- waren 22, Fischwaren 2, Milch 84, Käse 2, Speiseöle und -Fette 6, Mehl und Erzeugnisse daraus 15. Gewürze 5, Essta 4, Zuckerwaren 14, Frisches Obst, Gemüse, Pilze I, Gemüse und Fruchtdauerwaren 1, Branntwein 1, Kakao 1, zusammen: 158, von denen 58 — 36,71 — gegen 144 Proben mit 51 — 35,42 °/g Beanstan dungen im Jahre 1926 Anlaß gegeben haben; 2. beschließt ») in Abänderung des Natsbeschlustes vom 6. Juni 1928, Zustimmung zum Stadtverord netenbeschluß, den 1. Nachtrag zum Ortsgesetz über Erubenräumung und Dünger abfuhr in der Stadt Frankenberg vom 6. Juli 1926 betr., der eine 50vrozenttge Er- Höhung der bisherigen Gebühren und der aus der Stadihaupllaste zu bewilligenden Beihilfe zu den Räumungskosten an wirb lchaftltch fchwacke Hausbesitzer und an solche mit geringer Mieteinnahme, vorsteht, zu er klären, b) in Frankenhausen 20 Plätze für erho lungsbedürftige Kinder zu belesen, o) in den außerordentlichen Haushaliplan 1928^29 16000 NM. anteilige Kosten zu dem ungefähr 24 000 NM. betragenden Gesamtaufwand zur Regulierung der Bahn-Unterführung der TaIstraKe einzustellen, 6) ein Berechnungsgeld von 300 RM. als Ver gütung für eine Garderobefrau für das städtische Flußbad bereitzustellen. Zu Punkt 2° und ä ist die Entschließung der Stadtverordneten erforderlich. Insgesamt beschließt der Rat in 32 Angelegen heften. s Ans dem Pfarramt. DIeBibekftunde am kommenden Mittwoch fällt wegen auswärtiger Kon ferenz de« Herrn Oberpfarrer Ludwig aus. f- Spielende Kinder auf der Straße. Auf der Herrenstraße in Chemnitz lief am Freitag abend ein 4jähriges Mädchen einem Ball nach und geriet dabei in ein Kleinauto, dessen Kotflügel das Kind zu Boden warf, so daß es (blut überströmt aufgehoben werde» muhte. Es wurde dem Stadtkrankenhaus zugeführt, wo es bedenk lich darniederliegt. f Ein schlechtes Beeren- und Pilzjahr? Aus dem Erzgebirge wird berichtet, daß die kalte Nacht zum 1. Juni auch den Waldbeere» er heblichen Schaden zugefügt hat. Die Herdel- beerevnte müsse als vernichtet gelte». Auch die Preißelbeere» haben nur spärliche Blüte» «M gesetzt und brauchen nunmehr Wärme, wenn sich die Beers» entwickeln und zur Reife kommen soll sitz Die Himbeere verspricht «ine gute Evnt«. Votz Pilze» ist noch keine Spur zu sehen. Demgeg.^ über wird aus Srebenlehn genwldet, daß trotz der kühle» Wittermuz am Montag im Zölwald« schon Pilze gefunden worden sind. Opfer des Berl-hrs Wlesa. Vor einigen Tagen fiel der 20jährige Wiriichaltsgehilfe Rennert auf der Talttraße von seinem Rade und stürzte so unglücklich, daß er miß einem schweren Schädelbruch dem Annaberaer kenhaus zugeführt werden mußte. Dort ist er naH qualvollem Krankenlager jetzt verschieden. Neukirchen (Er,geb.). An der qesähriichen Kurve beim „Goldenen Stern" stieß am Freitag abend eich nach Stollberg zu fahrender Kraftwagen mit einem Motorradfahrer so heftig zusammen, daß der Kraft- radsahrer in schwerverletztem Zustand dem Stoll- berqer Krankenhaus zuacführt werden mußte. Ein an der Unfallstelle zufällig weilendes junges Mält^ chen erlitt einen Schlüstelbeinbruch. Die Schuld; flage bedarf noch der Klärung. Die Insassen de« Kraftwagens blieben unverletzt. Der verunolück« Kraftradfahrer ist von dem Auto etwa acht Meier weit sorlgeschleudert worden. z Stollberg. Im Ortsteil Gablenz lies das acht jährige Schulmädchen Mariechen Weißbach auf dem Heimweg vom Esientragen hinter einen« Geschirr! her und (prang plötzlich zur Seite. In diesem Augen blick fuhr ein Kraftwagen vorüber, der das Kind erfaßte und 10 Meter weit mitfchleifte. Das unglück liche Kind erlitt schwere innere Verletzungen und mußt« dem Krankenhaus zugeführt werden, wo man an seinem Aufkommen zweifelt. - / h Niederwiesa. Die unentgeltliche Mülle cf beratungsstund« für Säuglinge und Kleinkinder: findet In Niederwiesa Zugleich für den Ort Brauns; darf am Mittwoch, den 27. Juni, nachmittag« 2 Uhr iin Rathaus statt. ) — Chemnitz. Bei dem am Sonntag int Chenmitz abgehaltenen Ekternratswahlon wurden in Chenmitz 278 Vertreter der christlichen und? 170 der weltlichen Schule bei einer Wahlbeteil^ gung von 461/4 "Prozent gewählt. Im Vorjahrs entfielen auf die christlichen Vertreter 27S, auf die weltlichen 174 Sitze. Die Wahlbeteiligung) betrug damals 48 Prozent. — Oberlungwitz. Drei aus Wernigerode im Harz gebürtige Radfahrer durchfuhren dieser Tags unseren Ort auf der Fahrt nach Karo, die in dreh Monaten beendet sein soll. Die Asrikafahrer wollens auf der 10000 Kilometer langen Strecke ihren- Untsrha" cnrch den Vertrieb von Postkarten ver^ dienen, . sie von keiner Seite Unterstützung er kalten. Sie sind Mitglieder des Radrennklubs in' Halberstadt. — Zschopau. Verunglückt ist Freitag abend auf der Waldkirchner Straße oberhalb dep Wartburg ei» 18 Jahre alter Radfahrer aus Witzschdorf. Der Fahrer kam in schnellem Tempo» aus der linken Straßenseite gefahren und stieß! mit voller Wucht auf ein ihm entgegenkommend^ Frankenberger Auto. Durch den AnpraH wurde bei dem Auto an der linken Seite der Kotflügel, der Scheinwerfer und die Windschutz scheibe beschädigt. Der Fahrer selbst wurde cm fünf Meter weit fortgeschleudert und hat zwei, schwere Kopfwunden, einen Beinbruch und eines BrustgueMumg erlitten. Er wurde von der Arb eiter-Samarrter-Kolonne in das Zschopauerf Krankenhaus überführt, wo er seinen Verletzungen noch am gestrigen Abend erlegen ist. — Dresden. Bei der am Sonntag staftgesun- denen Elternratswahl an den hiesigen Volksschulen wurden 677 christliche und 428 weltliche Vertreter gewählt. Da« bedeutet eine Verstärkung der christ lichen Mehrheit. Bisher war das Verhältnis 660: 436. Der kiann, 6en 6ie ^ell oicdi ssb Ein Roman von Traum und Sein von Hanns Marschall. Lop/ri^kt bzz Nooissima-Verlag, Berlin. 25 Nachdruck verboten. Als der Kapitän in den kleinen Speisosaal trat, saßen seine elf „Familienmitglieder" be reits beim Frühstück. Er nickte ihnen freund lich zu, schritt langsam nm den große» Tisch herum und betrachtete aufmerksam jeden Fahr gast. „Was mustern Sie un« so sonderbar?" fragte eine junge Dame, die eine Studienreise nach London machte und deren Mittel wie bei do» anderen gleichfalls nicht für einen größersn Dampfer ausreichten. Holm Nagers verzog das Gesicht zu einem verschmitzten Lächeln und kraute seinen Bart: „Tja, sehen Sie, mein Fräulein! — Das ist ein sehr schwieriger Fall! — Es gehört zu meinen Gepflogenheiten, jede» Morgen meine Passagiere anzusehen, ob nicht einer von ihnen krank oder gar verschwunden ist!" „Sie haben Glück, daß Sie keinen Ucbersee- bampfer von 40600 Tonnen fahren, Sic wür den mit der Musterung nie fertig werden!" lachte die Dame. „Nichtig!" nickte Holm Aagers. „Aber was sagen Sie nun dazu, mein Fräulein, men» ich soeben ein Telegramm von der Kopenhagener Polizei erhalte» habe, die mir mitteilt, daß sich auf mcftrem Kasten ein ausgemachtes Filou von Hochstapler befindet, den ich in Ketten gelegt bei der Rückkehr auslkefer» soll?" Elf Paar Bestecke sielen klirrend aus die Tel ler zurück. Atte; sah de» Kapitän sprachlos an. Holm Aagers weidete sich ay den Gesichtern. „Ein Hochstapler auf dem Schiff? — Ein richtiger Verbrecher? — Ein kanggesuchter Ver brecher?" Die Fragen klangen ^nacheinander. Holm Aagers schmunzelte und seine kleine» Aeuglein wanderten immer noch von einem zum andern. „Aber nein, wie romantisch," flötete eine Frauenstimme. Sie gehörte einem jungen Mäd chen, das nach London zu feinem Bräutigam fuhr. „Kann man ihn nicht sehe», diesen großen Unbekannten? — Ich habe noch nie eine» rich tigen Verbrecher von Angesicht zu Angesicht ge sehen !" „Vorläufig noch nicht!" grinste Holm Aagers. „Wir müssen ihn ja erst suchen!" Das brachte alles zur Besinnung und von diesem Augenblick cm beobachtete ein Passagier den ander» mißtrauisch und ließ ihn nicht aus den Augen. Konnte man wissen, ob der von der Polizei gesuchte Gauner nicht hier neben einem am Tisch saß und mit aller Seelenruhe früh» stückte? „Erzählen Sie bitte, wie sieht er denn aus?" erkundigte sich ein junger Mann, von dem alle wußten, daß er nach Amerika auswandern wollte. Er war klein und schmächtig und hatte ein blas- ses Gesicht, aus dem zwei wasserblaue Augen schwärmerisch in die Welt lugten. Und da kam dem Kapitän eine Idee. Er ließ sich auf einem Stuhl nieder und sagte sehr ernst: „Die Polizei hat depeschiert, daß der Kerl sich unter den« Vorwande auszuwandern auf ei» Schiff geschlichen hat — natürlich mit falschen Papieren — und daß er sehr klein ist, einen dunklen Anzug trägt und es meisterhaft versteht, mit seinen unschuldigen blauen Kinderaugm höchst harmlos in die Welt zu gucken!" Mles sah auf den junge» Mann, der über imd über rot wurde imd nervös mit seinen Frirgem an seinen« schwarze» Jackett herunter fuhr. Im nächsten Augenblick hatte sich eine große Kluft zwischen ihn« und de» anderen Passagiers» gebildet. Alle waren abgerückt von ihm. Nur das junge Mädchen, das nach London fuhr, um den Bräutigam zu besuchen, sah mit unverhohlener Bewunderung und schwärmerischer Hingabe zu ihm hinüber. — Ms der junge Mann an, Nachmittag auf den, Deck zwischen Ballon und Kisten einsam nieder hockte und auf's Meer hinaussah, hatte meinen Hellen Anzug angezogen. Erschrocken fuhr er auf, als er Schritte hörte. Das Mädchen war ihm gefolgt und hatte ihn ausfindig gemacht. Sie errötete, als sie vor ihm stand, spielte nervös mit ihrer Bernsteinkette, dis sie um den Hals trug und stellte ihn dam, zur Nede. Wer schon nach wenigen Minuten wandte sie sich von dem aus den Km'en siegenden Manne ab mit den Worten: „Sie sind der uninteres santeste und langweiligste Mann, den ich je ge sehen habe!" Hinter ihr her aber klang «in seltsames Lachon. Ms die sich verwundert umblickte, lag der junge Mann jedoch noch immer mif bei« Knien. Das Mädchen ging hinunter «md suchte die Kajüte des Kapitäns aus. Sie klopfte an und trat ein. Holm Aagers saß vor seinem in die Wand eingelassenen Tisch und sah ihr entgegen. Mit raschen Schritten trat sie auf ihn zu, stellte sich mit verschränkten Armen hin «md sah ihn lächelnd an. Und ehe er etwas sagen konnte, fragte sie: „Vin ich schön, Herr Kapitän?" Holm Aagers betrachtete verwundert das junge Mädchen und schmunzelte. „Hm! Doch! Donner und Doria! Verflucht schön!" Das Mädchen lachte. „Könnte ein Mann stolz sein auf mich, Herr Kapitän?" Holm Aagers nickte. „Ich bin heute ein alter Mann, liebes Fräulein, und ich glaube, früher waren die Frauen nicht so schön wie jetzt! Aber eines weiß ich bestimmt: Wenn ich heute ein junger Kerl wäre, dann würde ich durch ein Meer von Haifischen schwimmen, wenn ich zu Ihnen wollte!" „So!" Das jung« Mädchen wurde nachdenk lich. Dam« neigte es sich dicht an das Ohr des alten Seebären, so dicht, daß er ihn, heiß und kalt zugleich über den Rücken lief. „Ich glaube, Sie haben sich in Ihrer Vermutung getäuscht!" „In welcher?" fragte er erstaunt, ohne sich zu rühren. Das Mädchen wurde ungeduldig. „Nun, daß dieser junge Mann m dem schwarzen Anzug, der nach Amerika auswandern will, der groß« Un bekannte ist." „Dämmt!" Der Kapitän machte ein erstaunte«! Gesicht Mkd schlug mit der Hand aus den Ober schenkel. „Woher wissen Sie das?"" t „Ich habe mit ihm gesprochen!" flüstert« dass Mädchen. „Ich habe ihm gesagt, daß er be-: wunderungswürdig ist, habe ihm gesagt, daß ich ihn lieben könnte!" „Und — ?" „Er solle sich mir zu «kennen geben." „Hat er das vielleicht getan?" „Keine Spur! — Ich iväre mit dem Mann« rund um die Erde gereist. Ich hakte alles MÄ ihm geteilt, Not «md Entbehrulkgen und Ge^ fahren k" z „Und wollte er das nicht?" „Nein!" Das Mädchen stampfte mit ihre» zkeMchan Füßchen aus den Boden. „Er ist voH mir auf die Knie gefallen und hat gebsttE ich möchte doch glauben, daß er ein unschuldiger/ harnlloser Auswanderer wäre!" ( „Ach!" > „Ja! Und sehen Sie, Herr Kapitän, wen» er wirklich der Hochstapler wäre, hätte er sich von einer anderen Sekte gezeigt. Er hätte mich in feine Arme genommen und «richt wieder los-s gelassen, weil er hätte stolz sein müssen auf mein« Liebs. Ein Gauner fällt nicht vor einein Mäd-f chen auf die Knie nieder!" „Natürlich nicht!" Holm Aagers lachte, daß es dröhnend durch das Schiff klang und deH Offizier vom Dienst, der eben draußen klopfest wollte, erschrocken feine Hand zurückzog. . ! „Sie fanden den Keil als Hochstcqrler als« interessant?" erkundigis fick) Holm Aagers vnR wischte sich die Tränen aus de» Augen. „Ja! Und wäre er der Hochstapler gewusst^ hätte ich zu keinem Manschen hier aus dem Schiss etwas gesagt, auch nicht zu Ihnen soni dem hätte still sür mich behalten wie eist großes Geheimnis!" „Sieh mal einer an!" „Jetzt ist er natürlich langwellig und unaus stehlich!" (Fortsetzung folgt.)
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