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« trat an den Tisch der Freunde. Er begrüßte sie und setzte sich zu ihnen. wenigen Minuten kam der Kellner zu Walter und h EtdMßt von vterzis- tück so romanMk" , .^Keine Ahnung! Scheint ein Ausländer zu sein." Walter nickte, sprach mit den Freunden noch ein paar Worte. Dann erhob er sich und trat an den Tisch des Fremden. „Walter Freudenau" stellte er si.ch vor. „Sie wünschten mich zu sprechen'?" Der Fremde stand auf und erwiderte die Verbeugung, lächelte über das ganze Gesicht" „James Wild", stellte er sich vor. Beide nahmen Platz. „Mein Name scheint Ihnen unbekannt zu sein," sagte der Fremde in reinstem Deutsch. Nur an der Aussprache er kannte man den Ausländer. „Allerdings. Ich hatte noch nicht die Ehre." „O, dir Ehre ist ganz auf meiner Seite!" lachte der Herr und zeigte ein tadelloses Gebiß. „Ich dachte nur, daß Ihnen der amerikanische Impresario James Wild nicht ganz un bekannt sein könnte." „Es tut mir sehr leid, Herr Wild", bedauerte Walter liebenswürdig, „aber ich habe noch nie von Ihnen gehört. E, ist natürlich meine Schuld." „Das tut nichts! Tut gar nichts! Ich bin Impresario oder Manager. Ich durchreise ständig die Wett, und wenn ich tüchtige Kräfte finde, von denen ich mir etwas ver- wrech«, dann mache ich mit ihnen einen Vertrag und setze fie drüben durch." Walt« verbeugte sich. „Eine schätzenswerte Tätigkeit, die Ihnen gewiß Ichon M Dautbarleit eingetragen Lat." MuMer an. „O yes! Auch Dankbarkeit! Auch! Ö yes! Ad« auch möney! Ich bin Geschäftsmann, mein Herr." „Natürlich!" beeilte sich Walter zuzustimmen. „Umsonst ist der Tod." Der Amerikaner nickte, noch eine Nuance freundlicher. ,Zch möchte auch mit Ihnen machen ein Geschäft. Sie fallen mir. Ich möchte Sie managen in Amerika. Haben Walter lachte belustigt auf. ,Klette Sache, mein Herr! Aber ... wie dachten Sie mich denn drüben zu managen? Ms was? Auch als Stehgeiger?"' „Des! Wenigstens im Anfang!" „Daran liegt mir herzlich wenig. An sich ist der Gedanke, die Union einmal kennenzu lernen, für nach verlockend. Aber als Stehgeiger! Die Konzertlokale, Cefcs und so weiter haben überall große Aehnkichkeit miteinander. Es bliebe sich im Grunde genommen gleich." „Ich bitte Sie, mir einen Vorschlag zu machen. Sie ge- fallm mir. Ich habe es im Gefühl, daß mit Ihnen etwas zu machen ist drüben. Ich habe das in den Fingerspitzen. Sie haben die Art die gefältt bei uns drüben. O »yes, ich tariere richtig. Machen Sie mir einen Vorschlag. Sie haben damit eine große Chance. Es liegt nur an Ihnen, wenn Sie sich viele tausend Dollar verdienen wollen." Einen Augenblick lächelte Walter Freudenau noch, dann kam ihm ein Gedanke. ,Zch könnte Ihnen einen Vorschlag machen, Herr Wild!" „Bitte! Bitte!" Höchst gespannt hatte sich der Amerika ner vorgebeugt. „Würden Sie eine Stimmungskapelle managen, die aus russischen Aristokraten, in Deutschland lebenden Emigranten besteht?" „Erklären Sie deutlicher." „Es würde sich um eine Kapelle von zehn Mann handeln. Vier ehemalige russische Barone, ein ehemaliger Großfürst, ein ehemaliger Fürst, ein ehemaliger Preiz, zwei ehemalig« Grafen und ein ehemaliger russischer General. Besetzung: Zwei Geigen, Bratsche, Cello, Horn, Saxophon Flöte, Kla rinette und Schlagzeug. Meine Wenigkeit als Kapellmeister, auch als Violinist. Ich spiele außerdem noch sechs anders Instrumente." „Sind ... Sie russischer Emigrant?" Der Amerikaner sah prüfend auf den Musiker. „Ja! Ich hätte das Recht, mich Baron Walter von Freudenau zu nennen." „Hm! Ganz interessant! Eine Kapelle aus ruffischen Aristokraten. Originell! Interessant! War iwch nicht da. Wir hatten Kosaienchor-, russische Balaleikaspieler. Aber das war noch nicht da. Das wäre ein Gedanke. Sie sprachen von Stimmungskapelle. Würden Sie sich einmal näher aus sprechen?" „Gern! Verstehen Sie richtig, eine Stimmungskapelle, die eigene Konzerte gibt, die in den größten und frequentiertften Lokalen der vornehmen Wett spielt. Wir spielen alles und reißen alles mit. Wir fangen mit Beethoven an, steigen herab bis zum Jazz, bringen die Stimmung bi; zur Siede hitze und enden beim sentimentalen Volkslied als Ausklang. Stellen Sie sich ein Bild vor: Die Bühne ist leer, oder auch das Podium. Die Musiker stehen unter den Gästen. Plötz lich tritt der Kapellmeister aus das Podium und will diri gieren. Kein Mensch sitzt oben. Alles sieht gespannt denkt: Was wird daraus werden? Der Kapellmeister läßt sich von dem lächelnden Publikum nicht stören. Er klopft, als ob er die Kapelle vor sich habe. Das Gelächter wird stärker. Da erhebt er den Taktstock! Und ... die Musik beginnt. Ja! Sie beginnt wirklich. Die Musiker, im Saale verstreut, haben ihre Instrumente hochgeriffen und spielen mitten unter dem Publikum, gehen dann durch das Publikum auf die Bühne, setzen sich auf die Plätze, und ruhig wird das Stück zu Ende gespielt. Donnernder Beifall. Nur ein kleines Scherzchen, aber ich glaube, wenn die Kapelle ein Dutzend solcher harmlosen, aber netten Scherze einflicht, ich glaube beinahe, daß eine solche Kapelle, richtig gemanagt, ein Bom benerfolg werden kann. Ich könnte Ihnen eine ganze Serie solcher Scherze erzählen. Daß jeder der Spieler sein In strument virtuos beherrscht, ist selbstverständlich." Der Amerikaner nickte. Er sann nach und sagte dann langsam: „Ihr Gedanke ist gut. Ich will ihn mir über legen. Vielleicht lassen Sie mir zehn Minuten Zeit." „Gerne!" Die Pause war sowieso um. Walter erhob sich, verbeugte sich kurz, und betrat das Podium. (Lortleüun» säst«: „Der Herr dort am zweiten Tisch vom Fenster rechts möchte Sie gern einmal ein paar Minuten sprechen. Ueberrascht sah der Stehgeiger auf den Kellner. „Was will er denn?" Spach machen!" „Bist du nicht neugierig wer eigentlich der Herr Freudenau ist.... m»d wie « «efchaut?" ..Nicht eme Idee! Der kann mir den Buck^ herunter- rutschen und, wenn es ihm Spaß macht, wieder hinauf. Er wird mit seine» oierziztausend Mark auch kein Verlangen habe«, mich kennenzulemen." 2. In Leipzig gibt es ein Cafe, das im Vokksmund de» Ramen „Größenwahn" trägt, Legt am Augustusptatz, der ja bekanntlich der größte Platz im Jnnem einer Stadt in ganz Europa ist. I» dem bewußten „East: Größenwahn" spielte unser Freund Walter Freudenau. Er war allseitig beklebt. Seine kraftvolle und jugend- frische Erscheinung wirkte auf alle ebenso gut wie sein pracht- vages Spiel. Er «ar ein Gei wie es nicht pieke gibt, einer, der die mit ihm nitti^ ein Geiger, der über den volle verfitzte, der das Streben cckker Geiger bleutet. Walter Freudenau hatte beschloßen, den Rest des Mo nats — es waren nur noch drei Älge — weiter als Steh geiger zu wirk«,. Und heute, also am Tage nach Empfang der Erbschaft, stand er wiÄ>er cm seinem gewohnten Pka^ und gab eben ein Solostück, den berühmten „Kauanenvo- »m besten. Das Publikum raste vor Beifall und schrie: „Da capo!" Und Walter Freudenau mußte noch eine Zugabe spielen. Er wählte ein ganz einfaches, schwermütiges russisches Wie genlied. Mes lauschte begeistert. Auch dir beiden Getreuen Heino und Mar, die unweit des Podium« saßen, wurden, wie st, ost, von der Kunst des Freundes eingefangen. And noch ein anderer lauschte andächtig. Ein öfterer Herr mit glattrasiertem Erficht und scharfgeprägten Zügen.. Schon beim Kanarienvogel" hatte er verwundert ausgeblickt and dann andächtig gelauscht, aber das russische Wiegenlied schien ihn geradezu zu begeistern.. Unter ungeheurem Applaus endete Walter. Auch der Glatt rasierte klcttschte in die Hände, daß es dröhnte. Eine weitere Zugabe war jedoch nicht zu erzielen. Raule!