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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 31.12.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192712319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19271231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19271231
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-12
- Tag 1927-12-31
-
Monat
1927-12
-
Jahr
1927
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dir zum neuen Jahr" spielten Im alten Ronk karten. Volte Kräfte am Werte, diese Wehen zur dauern-- solche an „schlechte Eheleute", an die einen ivunderllchen Mann hat", Kurt Schlau, stud. g«rm. et. hist. den Vollskrankheit förmlich zu pflegen. Jeder Stand schimpft über den anderen, der Schimpfende mit Schwelzerlandschaften, geschmackvollen Zeich nungen und guten Versen an; der Preis schwankt« zwischen 2 dis 8 Groschen das Stück; Bilder auf Bändern und in Blumensträußen kamen sogar bis mls 2 Taler. Welchen Wert man damaV aus Neujahrskarten legte, mögen jene gußeisernen Was uns not tut, das ist ein heiliger Schwur auf Ehrlichkeit und Wahr heit unter einander und ein Bekennt nis zu vertrauender Liebe für ein ander. „Zwischen uns sei Wahrheitl Was gelten soll, muh wirken und muh dienen!" Dieses Goethewort muß die Losung sein, mit der wir den Weg ins neue Jahr be ginnen wollen. Wenn in der Silvesternacht die Kerzen der deutschen Weihnachtsbäume in leuch tendem Glanze sich selbst verzehren, so sollen sie uns ins Herze brennen das Wort Friedrich Halms: „Wenn du mit Falschen falsch erst bist, wie lange bleibst du mit dir selbst noch ehrlich?" Und mit ! dieser ernsten Mahnung Im Heiden wollen wir „Werde, was du noch nicht bist, Bleibe, was du jetzt schon bist. In diesem Bleiben und diesem Werden Liegt alles Schöne hier auf Erden." K. Lgt. Glückwunschformeln. Münzen mit dem doppel- besichtigen, vor- und rückwärtsschauenden Janus- kopf und einem kräftigen „Faustus annus", zier liche, sogenannte Neujahrskampen aus Ton mit einem um den Rand laufenden „Glück und Heil Noch zur Zeit des jungen Goethe herrscht« der geschriebene Neujahrswunsch; aber er war die ihre wichtige P«rson dem Landesfürsten in angenehme Erinnerung bringen wollten, konnten hatte Neujahrskarten in Holzschnitt ersonnen; Ende des 18. Jahrhunderts bemächtigte sich die Jn;- dustrie des Gebietes und stellte Neujahrskarten fn jeder Art und für alle Fälle passend her. nicht nach den Sternen greifen, die vielmehr ge tragen sind von vernünftiger Erkenntnis des Mög lichen im Einzelfalle und die beseelt find von Grillparzers schlichtem Spruch: Das Lesen von Inseraten hat sOon an» manchen Brotenoerber einen Bermögens- erwerber gemacht fühlt sich stets lm Nachteil dein Beschimpften gegenüber, hinter jedem Verständi'gungswillen wird eine Arglist vermutet, durch eigenen Fleiß er worbener Vorteil wird als Diebstahl gebrand- markt, wohlgemeinter Rat wird frech verhöhnt, ehrlich« Ucbcrzmguug wird gelästert, wo freudige dige Bejahung das Richtigste ist, erklingt ein trotziges Nein, wo gegenseitige Achtung und Er kenntnis aufkommen wollen, wird Verachtung und Beschuldigung bewußt geschürt. Und das alles geschieht von und unter Menschen, die eines Stammes sind, die gemeinsam eine Not zu tra gen haben und die — das muß Immer und immer wieder gesagt werden — auf einander an gewiesen sind! Soll auch dieser Jahreswechsel wieder im Zei chen der Gedankenlosigkeit stehen? Wollen wir auch diesmal wieder mit dem Munde uns ein ander „Glück und Segen" wünschen und im Herzen den Haß sitzen lassen? Oder soll diesmal die Phrase verdrängt werden durch die Vernunft und Ehrlichkeit? „Vernunft Hai jeder, und wie wenige sind vernünfti g", sagt Ernst von Feuchtersleben. Muh das immer so sein? Man verschanze sich nicht hinter die Ausrede, daß die „Zeit" und „die Verhältnisse" die Men schen einander entfremden. Wie antwortet auf solch Beginnen schon Altmeister Goethe? „Was Ihr den Geist der Zeiten heißt, das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln." sociusotesl Leipzig. Gin Neujayrsruf an alle, die suten Willens sind? Vernunft oder Gedaitkenlofigkeit am Jahreswechsel? goldhelle Mondlicht aus de» blauleuchtenden Dächern der Häuser am Markt, das glückliche Kinderlach«». Manch kleines Lied von blühenden Rosen und einem süßen, fernen Mädchenmund bat sich da verstohlen in meine Feder geschlichen . . Und nun ist alles vorbei l Goldene Journalistenzeit, wie im Fluge bist du mir entschwunden. Schon braust ein ganz anderes Leben wieder um mich. BnMbemützteS Studententum hat mich gefangen genommen. Kommersgesang und Schläger klang klingen mir in di« Obren. Ernstes wissenschaft liches Arbeiten führt den Geist weiter. Nie aber werd« ich dich vergessen, du Zeit meiner ersten journalistischen Tätigkeit Und wenn alle Tage im Leben denen gleichen, die ich in der Frankenberger Redaktionsstube verlebte, dann will ich's frohen Herzens ausrufen: vivant >hr. Dies« so hatte . „ . lfassustgen, j dem oben aufgedruckten Vers. Eine Wiener Firma zeigt 1790 ihre reichhaltig« Auswahl in Neujahrskarten an; die Liste um-- . , fasst 145 Nummern, die mit über 16 000 ver- Neujahrskarten zeigen, wie sie vor etwa hundert Wedenen Versen zu haben waren. Da gab es Jahren eine Berliner Eisengießerei herstellte und solche an „schlechte Eheleute", an „eine Frau, von denen man eine kleine Sammlung im Ber- die einen nmnderlichen Mann hat", an ein „jun- kiner Kunstgewerbemuseum findet. Die Biedek- ges", ein „schönes" unko an ein „schönes und meierzeit erfreute sich an harmlosen Ziehkarten; tugenhaftes Mädchen", an „eine Schwester, die zog man eine verborgene Klappe aus der Kalrte, sich gern schminkt", und dergleichen mehr. Dies« so hatte inan eine herzerfreuende Ergänzung zu Meist schlechten Verse prangten in Eins die teils als „satyrische, komische, scherzhafte Ani- Szenen, Blumenranken und ähnliches darstellten. j In meiner buntbehangenen Studentenbude sitze Ich zu Eine Leipziger Firma bot gleichzeitig künstlerische, später Nachtstunde vor dem bücherbcladenen Schreibtisch, von guten Künstlern in Kupfer gestochene Karte!« Die Arbeit will mir heut« nicht recht gelingen. Verwirrt zu allerlei trüben Gedankengespinsten verleiten und mir die Nächte damit unleidig machen will . . . Währenddessen fällt mein Blick von ungefähr auf die ZeitungSblätter, die mir heute aus der Heimat geschickt wurden.FrankenbergerTageblatt. Langsam legeich die Feder weg, stütze den Kops in die Hand und blicke lange, lange auf di« BIätt«r, die mir den ganzen Nach mittag so hübsch von meiner kleinen, trauten Stadt er zählt haben . . . Jetzt weiß ich aber auch, waS mir bisher im Unter bewußtsein gespukt und mich vom rechten Nachdenken abgehalten hat. Teures Heimatblatt, du hast mein! ganzes Herz gefangen genommen und eS in die Zelts zurückgelenkt, wo ich voll Freude noch deinen Inhalt iormen und dich liebevoll ausstatten Helsen durste. Da» Schicksal hat mich von dir hinweg in di« große, wIL« Stadt getrieben. Schon hatte ihr bunte» Treiben die Weh^ mutSspuren, die mir der Abschied von dir i,S Hertz eingedrückt, leise zu verwischen begonnen. Nu« abe, kommst du >u mir, liebes Heimatblatt, und wieder «r- sühle ich alle die Traurigkeit, die mich bewog, al» ich von dir ging Bewegt streiche ich über da» Papier. Da steigt hellste» Erinnern rosig und weh In mir empor.' Nun komm, guter alter Mond, und sei mir ob meine» Groll» nicht böse — bitte, bitte, träume mit mir? Ach wie unendlich schön und reich war doch dir Zeit, die ich al» angebender Journalist verbringen durfte: Erste» frühling-starkes Schassen und Erleben im e>> wählten Berni. Großes heilige» Mlücksrmvstnden, so viele» stolze Jugendhosfen, da» ich um da» Journalisten dasein gelvonnen, jetzt schon in Erfüllung gehen zu sehen. Seliger Kanivf und goldener Friede. wie nie st« mein Inneres entflammten und mit Ruhe erfüllten. Wie war mir da die Arbeit Lust und Freudei „Genug kann nimmermehr genügen". Da» war mein jubelnde» Wahlspruch. Da» Leben ist doch unsagbar süß, wenn man »inen ""eruk hat, der einen Io glücklich und zu frieden stellt, baß man mit ihm jede Minute seines Lebens aussüllen möchte. DaS aber ist ja in erster Linie de» Journalisten Bestimmung Du interessante? Journalistenleben, wie habe ich dich liebgewonnen! Groß, schön und machtvoll, verant wortung-reich und streng bist du, voller Selbstzucht. Erlebens, Idealismus. Dem Künstlerbernf bist d» am engsten verwandt, weil du — wie er — Mensche» mit angeborenem Talent forderst, solche die der Himmel schon in der Wiege mit zarten Banden au dich kettete. Mir ward da» große Glück, meine erste journalistisch« Tätigkeit in einer Kleinstadtredaktion ausüben zu können. Wie Biele» und Verschiedenste» ist hier aus mein emvsängnissreudige» Gemüt hereingestürmt, hat mich- reifen lassen und dem Träumer und Phantasten bet» Weg »ur Wirklichkeit des Leben? gewiesen! Theater und Konzert, bunt aneinandergereihte Versammlungen, und Vorträge, Feste und frohe Fahrten, geschichtlich« Darstellungen und mein Steckenpferd: luri che Stimmungs bilder — dies und über dieS habe ich geschrieben und dabei die tiese Wahrheit des Goethe-Worte- erkannt: „G eist nur hinein in» volle Menschenleben, «in jeder lebt's. nicht vielen ist's bekannt, und wo ihr'» packt, dä ist's interessant " Was ich immer Neues und Bedeutungsvolles, Gute» und Schlechtes erfahren, wurde in der Redaktion er zählt und besprochen, und jedes Ding wurde hier zum guten Ende gesührt. Liebe kleine RedaktionSstubek Du bildest einen Mittelpunkt für meine Heimatstadt. Und in all deiner Bedeutung bist du doch fo schlicht, so einfach. Alt« wertvoll« Zeitungsbände aus vergessene» Jat-rbunderten blicken bedächtig von den mächtige» Regalen herab. Wie gern, leidenschaftlich gern habe ich diese inhaltsreichen, interessanten Bände durchstöbert und die letzten zwei Jahrhunderte an mir vorüberzieh«» lassen! Gewelkte Stunden waren «» für mich, al» ich die Kriegsnummern durchlas, die von Einheit und Baterlandliebe, Kamp? und Sieg, Opfersrcudigkeit und Treue «in herrliches Zeugnis abgeben, aber auch laut« Klagen reden von Vater, Sohn, Bruder und Verlobten, die aus den Schlachtfeldern starben, auf daß wir lebten . -. Jedes Stück der Redaktionsstube ist mir lieb und wert geworden und steht jetzt deutlich vor meinem geistigen Auge. Und ich werde wieder ganz traurig, daß all da» Schöne so bald ein Ende genommen hat. Der Mond scheint immer noch und wirst geisterhaftes Licht auf m ine alten Quellenbücher. Ich starre lange darauf, bis der Mond laut auflacht und mich fragt, ob ich dtnfl nicht wisse, weshalb er so deutlich auf die vergilbte» Blätter zeige. — Ach ja, mein alter Freund, es ist doch garnicbt lange her, da schrieb Ich in den Abendstundey Mussolini gegen den Geburten- MgW« Da die Geburten In diesem Jahr« in Jialie» erheblich znrückgegangen sind, kündigt „Popoly d'Jtalia" Regierungsmaßnahmen zur Verhinderung «Iner melieren Bevölkerungsabnahme an: DI« Italienische Regierung könne nicht untätig zusehen, bis kein Geburtenüberschuß mehr vor» Händen sei, war bei der ungestörten ForthtzunD der gegenwärtigen Verhältnisse in zwei Jahr zehnten der Fall wäre. Italien brauche für sein« Machtenisaltung den Bevölkerungszuwachs, wes halb die Regierung sich nicht mehr auf die Be kämpfung aller künstlichen Mittel und erotischen Gewohnheiten zur Geburtenverhlnderung be schränken könne, sondern eingehend» Maßnahmen zur Gedurtenvermehrung ergreifen werde. Mr große Familien werden Belohnungen, Steuer' «rlsichftnmatn und St,uBb«srtiuna«n «jnarsührt- zu Volk. Es isi, als habe der Teufel die Hand zierlicher, einfacher, natürlicher geworden. Goethe Im Spiele und handle nach dem Dichterwort: selbst verwandte viele Laune auf die Neujahrsp „S ucht nur d I e M en sch en zu.v e rw irren, wünsche, mit denen er in der ersten Zeit den sie zu befriedigen ist schwer". (Goethe.) Weimarer Freundeskreis bedachte; zu den mun- - Gewiß: „jedwede Zeit hat ihr« We- teren Versen fehlten meist auch die launigen hen"; es scheint aber, als seien im deutschen Zeichnungen nicht. Allmählich hatte man an yn-rk- m-k- Br-K-n IStellc des Brieses die einfache Karte, an di« Stelle bombastischer Feierlichkeit den Humor ge fetzt; zierliche Randzeichnungen, Bilder, Blumen schmückten die Karten jetzt. Schon Albrecht Dürer Reujahrsbetrachtungen Wiederum ist ein Jahr in das Meer de-« .Ewigkeit versunken, und wir schließen dmnit einen ^Zeitabschnitt, nach dem wfr gewohnt sind, auf Ms, was nn- und anderen begegnet ist, zurück- zublicken und gleichzeitig vorwärts zu schauen. Der Schluß eins; solchen Zeitabschnittes ist und war von jeher eine natürliche Veranlassung, der gewissen Vergangenheit zu gedenken und an die ungewisse Zukunft erinnert zu werden. Freilich mögen djie Empfindungen, mit denen man heute in den vergangenen Abschnitt des Lebens und in das letzte Jahr zurückblickt, bei den einzelnen sehr verschieden sein, doch haben' «vir einiges ohne Ausnahme umeinander gemein. Schwerlich gibt es auch nur einen unter uns, Hem nicht manche Tage und Stunden wie Helke Lichtpunkte erschienen und ihm mannigfache Freut- den, die er in ihnen genossen hat, zurückriefen, denn ganz freuden- und genußleer ist selbst das Leben des Unglücklichen nicht. Aber schwerlich waren auch selbst die Glücklichsten immer glück lich; selbst in den vollsten Freudenbecher mischte sich mancher' bittere Tropfen; und recht viels Mögen auch in dem vergangenen Jahre den vollen Becher des Leids getrunken haben! Dari» wären wir also wohl alle einig — und es ist ja! auch die alte, tausendmal gemachte und wiederholte Erfahrung, — daß unser Erden- feben ein steter Wechsel von angenehmen und Unangenehmen Empfindungen bleibt, und daß wir !d«r reinsten und höchsten Freude nicht längest tzewiß sein können, als wir sie wirklich genießen, Aber in der! Art, dis dustchlebten Tage und Stun- d«», die freudigen wie die traurigen, anzns*hen> darin macht sich ein« desto größere V«. Wedenheit geltend. Einige mögen die Summ« s im geräumigen Privaikonlor aus alten Stadtchroniken . - . !ab — und di« sahen genau so vergilbt aus wi« mein« und zerstreut rück« ich di« alten Schweinslederbande bin Studienbücher und her, fache in Kälten und Fächern bernm und b«. ihr seligen Dämmerstunden, die ihr vor den Fen- de? trauliche» Raumes herauszogt, wie schön li-i" bruAdurch die Fenster, seltsam- S^ sriedvoll wart ihr. O sagt, ist's jetzt noch imme» L? den Wdndeu auf und nieder und huschen mir frech duschen Stern« am dämmernden Himmel, da» übers Gesicht. Zornig fahre ich den Mond an, ob er, - --- mich etwa auch — wie meinen lieben Hermann Löns — Sitz»tst<rg«d<mktn am Rddakti»ns-Schr«iblisch. And wieder gilt es, den letzten Punkt hinter das letzte Wort des letzten Zeitungsblattes vom alten Jahre zu setzen. Da eilen die Gedanken unwillkürlich zurück zum ersten Strich fürs erste Blatt vor Jahresfrist und verweilen hier wohl ein wenig bei den „Vorsätzen", die stets zur Jahreswende besonders hoch In Kurs stehen. Wie oft hat Im Laufe der Jahre doch die Feder schon für solche Tage über das Papier eilen und das zu Worten formen müssen, was aus Erfahrungen heraus sich ergeben hat, was das mitfühlende Herz empfand und wonach es in Stunden beschaulicher Ruhe sich sehnte. Wie die Bilder eines endlosen Filmes, so eilen KeMrslsrtes Plauderei von Bertha Witt. Seltei» wird man bei der heute alkgemein und selbstverständlich geübten Versendung jener kleinen Karten mit dem bekannten Glückwunsch-Ausdruck daran denken, daß auch dies kleine Dukoment gs- sellschaftlicher Höflichkeitspflicht seine Geschichte hat. Was frühere Jahrhunderte einführten und zu einen« alten, festen Brauch machten, erkennt Man unbewußt darin an. Der Neujahrswunsch war schon im Altertum eine allgemein geübte Pflicht; die Neujahrskarte freilich gehört erst einer späteren Zeit an. Bei den alten Völkern gab es sinnreiche Geschenke und persönlich ausgesprochene Glückwünsche; bei den Römern, die jene Neu!- jahrsverpflichtung vielleicht am eifrigsten ausübten, Geschenke mit ejngegrabenon oder ausgeprägten Glücks und des Unglücks werden mit jedem Jahre wiederkehren, und so bleibt es allerdings die Summe der Lebensphilofophie: Jeden Tag zu nehmen, wie er kommt, ohne der durchaus un gewissen und in vielen Fällen nach keinem Gesetz der Wahrscheinlichkeit zu berechnenden Zukunft, weder zu bang noch zu froh entgegenzusehen. Aber diese Lebeiksphilosophie wirkt erst dann wohltätig auf uns, wenn sie nicht sowohl — wie das bei vielen der Fall sein mag —, in eine gewisse Abstumpfung der Empfindungen oder in eine mürrische Unterwerfung unter die Gewalt eines blinden Schicksals, dem nicht zu widerstehn» sei, übergeht, sondern wenn sie sich mit der innigen Ueberzeugung verbindet, die der Dichter so schön ausdrückt: „Schmerz würdet unsere Freuden. Wir leben durch den Schmerz; Dis Güte des Mweisen Goß einen Tropfen Leides In einen Kelch voll Lust." Bei solcher Einstellung wird man Im Glück nicht sicher und im Unglück nicht untätig. Man be nutzt die guten Tage, um sich darin Kräfte zu! sammeln, dis bösen zu ertragen, und indem mau sie als Geschenke hinnlmmt, bewahrt man sich vor der mürrischer» Unzufriedenheit in den Stun den des Unglücks. Dann kernt man die ver gänglichen Dinge entbehren und nie seine ganz« Hoffnung, sein ganzes Glück in dem suchen, war di« Erde gibt und nimmt. Man erhöht seinen Sinn für das Unsichtbare unk Unvergänglich«. Man lebt in der Gegenwart für die Pflichten des Tages und ist darin wenigstens seiner Sache gewiss daß die Zukunft, wie dunkel sie auch sein mag, doch für di«, welch« di« Gegenwarts weise anwendrn, nie ganz nnMMH sein kam. die Jahresgeschehnisse an unserem geistigen Auge , . , . K. >. ... ... vorüber. Und zwischen den Bildern stehen die eine bedeutende Rolle. Sie erscheinen gewisser- Menschen, die mit ehrlich gemeintem Händedruck Maßen als Vorläufer der spateren Neujahrs-, zur gleichen Stunde vor Jahresfrist sich treue kosten. ! Weggemeinschaft gelobten und die wenige Tage Diese selbst ließen indessen noch lange aus sich danach schon alle guten Vorsätze über Bord warten. Noch das Mittelalter begnügte sich mit warfen, wenn die „Verhältnisse es so mit sich Geschenken und mündlich übermittelten Wünschen, brachten" bzw. wenn es galt, eigenen Vorteil zu Dann erst, als das Bürgertum in der Zeit der erringen. prunkvollen Renaissance seine höchste Höhe er- j Welch wechselvolles Erleb«» birgt doch so ein stieg, als man ffn feierlichen Zeremonien und ganzes Jahr journalistische Tätigkeit, die im wahr schönen Redensarten sich der Bedeutung seines sten Sinne des Wortes ein ständiger Dienst an Standes bewußt wurde, trat auch der geschriebene der Allgemeinheit .ist, die manch glanzvolles Glückwunsch hervor, und zwar zunächst in Form Aeußere entstehen, leuchten und vergehen sieht langatmiger, schwülstiger Neujahrsbriefe,. Im 16. und die, beständig zwische n den Dingen stehend, und 17. Jahrhundert erlebt er seine Glanzzeit: ' die man Weltgeschichte in» Großen und Heimat- Fürsten schrieben und empfingen phrasenreiche geschehen im Kleinen nennt, bester als andere Briefe dieser Art, die in alten Nrlefsammluu- menschliches Wollen und Wägen, Raten und Taten gen ein wichtiges Kapitel für sich bilden. Liselotto beobachten und bewerten kann. Und von dieser von der Pfalz bedauert aufrichtig die Kürze der Warte aus muh es einmal ausgesprochen werden: Neujahrswünsche im damaligen Frankreich, denen Unendlich viel wird im deutschen Volle im Laufe in Deutschland endlose bombastische Episteln ge- eines Jahres in Parteien, Verbänden und Ver- genüberstanden. In ihrer Anhänglichkeit an die einen ehrlich (und auch mit Nebenabsichten) ge- Heimat erscheinen ihr diese als eine geheiligt« sucht und geforscht nach dem Zauberschlüssel, der herrliche Sitte, die sie zu ihre» Genugtuung im das von allen Kreisen mit großen Worten ge- fremden Lande nicht verlernt hat. Damals fin- zimmerte Tor zur wahren Volksgemeinschaft öff- gen auch die Zeitungen an, ihren Lesern all- nen soll. Und keinem will es gelingen, dies Klem- iährlich einen gedruckten Neujahrswunsch zu ent- od zu finden, weil Mißtrauen und Haß bieten. Namentlich Leute von amtlichem Rang, jeden ehrlichen Willen zur befreienden Tat lm Keime ersticken. Dieses Mißtrauen und dieser Haß des Guten de« Vergangenheit nach der Meng« der Stunden berechnen, die sie in sinnlichen Ge nüssen, in rauschenden Lustbarkeiten, bei wohh besetzten Tafeln verbrachten; andere mögen den Gewinn in Anschlag bringen, wozu ihnen di« Zeitumstände, hohe Preise, erfolgreiche Handels- unternehmungen usw. Gelegenheit gaben. Da gegen wird einer anderen Klasse vor allem die erhaltene Gesundheit und ihr schönstes Besitztum, die muntere Tätigkeit und Fähigkeit des Geistes zu den Geschäften des Berufs, das Gelingen dieser Geschäfte, oder der ungestörte Besitz der Familienglückseligkeit, Erhaltung von Gatten und Kindern, Genuß treuer Freundschaft und die Menge der durch sie erheiternden Stunden, det Zuwachs an Kenntnissen und nützlichen Fertig keiten als das eigentliche Gute im Leben e«-! scheinen, worüber sie manche äußeren Uebel, manche häuslichen Sorgen, manche Entbehrungen leicht vergessen. Wenn es aus der anders« Seite für viele Men schen kein größeres Unglück gibt als sich die sinn lichen Genüsse versagen zu müssen, oder irgend einen Verlust an Geld und Kut zu erleiden, so werden wieder für andere fehlgeschlagene Pläne zum Nutzen der Allgemeinheit oder Familienkum mer die größeren Uebel sein, an die sie nicht ohne Kummer zurückdonksn. Es gibt gewiß viele, denen die letzte Sonne des vergangenen Jahres darum besonders dunkel entschwunden ist, weil ie fo manche teure Verbindung zerrissen hat, weil ich so manchs; geliebt« Auge auf immer ge- chlossen hat, mit dem man vor einem Jahre noch di« neue Sonne begrüßt hatte. Gewiß sind in so manchen Häusern leere Stellen, und dis Leere um uns wird zur Leere ft, uns, wenn wir such«», was nicht mehr zu sind«» ist. Erfalaustgen von diesen, ewigen Wechsel des angenehme Erinnerung bringen wollten, konnten fangen an km erbärmlichsten Stadtklatsch, den sich nicht genug tun, Unmenge» von Papier mit gewissenlose Menschen kolportieren, und fressen Ihm, ,» b-d-s-n. lich »b« D-r-f- Md s-nd. N, hin««, di- PIM-'lchmkÄFL M«, di! den Parlamenten und darüber hinaus von Volk 8,--»«» „reisen, die vielmebr ae-
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