Volltext Seite (XML)
FWRkWbMM Erzähler KnLerhalLttngsheilage znm FraNkerBerssr Tageblatt M. M MlttWsch. ds» 2L. ZezeNber IM Äsvenve HsMSB Von Hedwig Courths-Mahler Copyright 1927 by Karl Köhler L Co^ Berlin-Zehlendorf. 22 Nachdruck verboten Bernd Ralfner hatte einige Tage in einer qualvollen Der- fasjung durchlebt. Die Gewißheit, daß ihn Nita belogen und betrogen hatte, war eine furchtbare Ernüchterung für ihn. Es graute ihm vor dem nächsten Zusammentreffen mit ihr, das einen Bruch kaum vermeiden lieg. Deshalb tat er vorläufig nichts, um ein solche; Zusammentreffen herbei- Aiführen. Er war auch nicht wieder in das Theater gegangen, denn er wollte nicht sehen, wie Rita mit, Hans Jansen hielte und Liebesszenen mit ihm aufführte. Es wurde ihm in diesen Tagen ganz klar, daß seine Ge fühle für Rita nur auf Aeugernchreiten basierten. Jetzt, nach der Ernüchterung, legte er die kritische Sonde au an, seine Gefühle. Und immer klarer wurde es ihm, daß eine Ehe mit Rita undenkbar geworden war für ihn. Eine Frau, die ihn mit solcher Virtuosität belog, hatte seine Hochachtung ver scherzt, und eine Frau, die er nicht achtete konnte nicht seine Gattin werden. Zn dieser Zerissenheit seiner Gefühle war es ihm unbe greiflich, wie er Ritas wegen Gonda hatte von sich gehen lassen. Jetzt grübelte er auch darüber nach, wie raffiniert es Rita verstanden hatte, ihm den Gedanken an eine Schei dung von Gonda nahezulegen. Oh, sie hatte ihn mit ihrer kühlen Nirenhaftigkeit einfach um den Verstand gebracht. Und er war so töricht gewesen, sich einzubilden, daß er Liebe für sie empfand. Nein, es war nicht Liebe gewesen. Die Flamme, die sie in ihm entzündet hatte, war keine reine Flamme gewesen. Er wurde sich klar darüber, daß Rita ihm eine Komödie vorgespielt hatte, wenn sie ihn an ihre Liebe glauben lieh. Hätte sie ihn geliebt, dann hätte sie ihn nicht so schamlos belügen können. Gab es überhaupt eine wirkliche Liebe aus der Welt? In seinem Herzen wollte sich etwas regen, das diese Frage trotz allem besahen wollte, aber er hörte nicht auf diese Stimme in der Bitterkeit seines Empfindens. So gingen fast acht Tage hin, ohne daß er etwas von Rita sah unfo hörte. Aus der Zeitung ersah er, daß sie mit HanI Hansen am nächsten Abend das letzte Mal austreten würde, weil er nach Berlin zurück mutzte, wo ihn andere Aufgaben er warteten. Er beschloß zu warten, bis der große Künstlers abgereist war, ehe er eine Aussprache mit Rita herbciführte. Seltsamerweise schien auch Rita das Bestreben zu haben, einem Zusammensein mit ihm auszuweichen. Auch an dem Hamlet-Abend hatte sie sich nicht bei ihm gemeldet. Und das war ihm nur lieb. So hatte er Zeit völlig ruhig zu werden und sich zu fassen. Rita hatte in all dieser Zeit kaum, an Beriid gedacht, all ihre Gedanken gehörten jetzt Hans Jansen. Und Frauen ihres Schlages denken immer an sich zuerst, wenn es heißt, Entschlüsse zu fassen. Sie machte sich nicht den geringster; Vorwurf, datz sie mitleidlos seine Frau verdrängt hatte. Es war zwischen ihr und Hans Jansen fest beschlossen, datz Rita sogleich mit ihm nach Berlin ging. Sobald sie dort angekommen waren, sollte die Trauung zwischen ihnen statt finden. Hans Jansen, der verwöhnte Liebling der Frauen, wollte freiwillig seine Freiheit hingeben, um Rita an sich zu fesseln. Sie verstand es immer üneder, ihn mit ihrer nirenhaften Kühle an sich zu fesseln, wie sie vorher Bernd an sich gefesselt hatte, trotzdem sie jetzt selbst Feuer ge fangen hatte. Aber sie war klug genug, sichln sagen, datz sie Hans Jansen nur dann festhalten konnte, wenn sie ihm immer wieder etwas zu erobern gab. Einer Auseinandersetzung mit Bernd wollte sie oül.ii aus dem Wege gehen. Sie wollte ihm einfach, ehe sie Hamburg verließ, ein Schreiben zugehen lassen, in dem sie ihm ihre Verlobung und baldig« Eheschließung mit Hans Jansen mit- teklte. Rücksichtslos und eigennützig wie sie war, fühlte sie sich in keiner Weise an ihn gebunden. Noch war sie ja tricht eine Frau, nicht einmal seine Braut, und was^sonst zwischen ihnen bestanden hatte, wollte sie einfach ignvfieren. Jederr- fals mutzte er sich damit abfinden, datz sie ihr Schicksal von dem seinen löste. Wieder satz Bernd Ralfner eines Tages in seinem Arbeits zimmer daheim. Er las jn der Zeitung, datz Hans" Janson gestern abend das letzte Mal mit Rita Hardy zusammen aus getreten sei, noch einmal in „Romeo und Julia", auf stür» misches Verlangen des Publikums. Der Kritiker erklärte sich völlig bezaubert, nicht nur von der Leistung Hans Jansens, sondern auch von der Julia Rita Hardys, die eins Leistung von ungeahnter Schönheit geboten habe. Es hieß wörtlich in dieser Kritik: ' / „Erst jetzt, da Fräulein Hardy unser Theater verläßt, hat man erkannt, welche gottbegnadete Künstlerin sie ist. Es wa« i Herrn Jansen beschieden, dieses köstliche Talent zur vollen l Blüte zu bringen, und wir können nur wünschen und hoffen, l datz wir die junge Künstlerin nicht zum letzten Male auf ! unserer Bühne gesehen haben. Vielleicht kehrt sie noch zu? i weilen als gefeierter East an unsere Bühne zurück." Bernd starrte auf diese Zeilen herab. Seinetwegen hatte ! Rita den Vertrag mit dem Theater nicht wieder erneuert. - Wenn er jetzt davon Abstand nahm, sie zu seiner Frau zu - machen, dann mutzte er ihr dafür eine Entschädigung bieten. Aber nach diesen Erfolgen würde es ihr nicht schwer werden sofort ein neues Engagement zu bekommen. ! Ob sie nun heute endlich würde etwas von sich hören s lassen? Heute hatte sie doch nicht mehr im Theater zu tun, und Hans Jansen war wahrscheinlich auch abgereist. Heute würde es also zwischen ihr und ihm zu einer Aussprache kommen. Wenn sie nichts von sich hören ließ, würde er sich melden, denn ewig konnte er die Auseinandersetzung nicht hinausschieben. Er hatte kaum diesen Entschluß gefaßt, als der Diener ! eintrat und ihm einen Brief von Rita brachte, der soeben > von einem Boten abgegeben worden sei. Bernd riß, als er allein war, das Kuvert mehr mit einen« Gefühl des Widerwillens als der Sehnsucht auf und las: Lieber Bernd! Heute werde ich Dir wehe tun müssen, aber ich kann es leider nicht ändern. Jn der letzten Zeit ist mir ila» ' geworden, datz das, was ich für Dich empfinde, nicht dir . wahre Liebe ist. Ich habe erst in diesen Tagen eines unge- - heuren Erfolges erkannt, daß meine Kunst mir doch höher steht als alles andere. Und deshalb will ich meiner Kunst treu bleiben und kann Deine Frau nicht werden. Hans Jansen hat mir ein glänzendes Anerbieten gemacht. Ich werde zunächst in einem großen Film mit ihm zusammen die weiblich- Hauvtrolle spielen und werde auch ein EngagS- ! ment an einer großen Berliner Bühne annehmen, das mir in diesen Tagen unter glänzenden Bedingungen angeboten wurde. Meine Zukunft wird ganz dem Theater und dem ! Film gehören — und meine Dankbarkeit gegen Hans Jansen, ! der mich zu Vieser Vollendung meiner Kunst emporgehoben hat und der mir eine so glänzende Zuhmst garantiert, hat sich in eine echte, tiefe Liebe verwandelt. Ich weiß erst jetzt-, was Liebe ist. Und ich kann nicht anders, als i>m folgen. ! Noch heute reise ich mit ihm nach Berlin. Wenn Du diese Zeilen erhältst, bin ich bereits auf dem Wege dahin, Utzd ! in kürzester Zeit werde ich Jansens Fran. Suche mich zu vergessen, das ist das Beste, was ich Dir wünschen kann. Es ist über mich gekommen wie der Sturm wind, ich mußte tun, was meine Lieb: von mir verlangt. Dev zeihe mir, wenn ich Dir weye tun muh — ich wäre ja doch ! nicht die richtige Frau für Dich gewesen. Ich passe nicht . in den engen Rahmen einer stillen Häuslichkeit, rqch, Ehch