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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 29.11.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192711291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19271129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19271129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-11
- Tag 1927-11-29
-
Monat
1927-11
-
Jahr
1927
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mäler von Ministern und andere» offiziellen Per sönlichkeiten gehalten worden sind, sowie in aii- derweittgen Kundgebungen des französischen Mini sters Barthou und des belgischen Ministerpräsi denten Iaspar sind diese Verleumdungen noch- mals öffentlich in der denkbar schroffsten Form ausgesprochen worden. Der in Aussicht gestellten Untersuchung der sogenannten „Kriegsgreuel" durch eine neutrale Kommission, der die deutsche Regierung bereitwillig zugestimmt hat, hat sich die belgische Regierung nachträglich entzogen und damit zu erkennen gegeben, das; sie nicht wagt,, es aus die Ergebnisse dieser Untersuchung an- kammeu zu lassen. Der Untersuchungsausschuss des Reichstages hat sestgestellt, dass der belgische Volkskrieg eine Tat sache ist, die durch nachträgliches Ableugnen nicht aus der Welt geschafft wird. Er hat ferner fest gestellt, dass dieser Volkskrieg in völkerrechts widriger Weise und vielfach mit einer unmensch lichen Grausamkeit geführt morden ist. Die belgischen Zeitungen vom August und September 1914 haben zahlreiche Mitteilungen gebracht, in denen solche Taten verherrlicht worden sind. Diese Zeitungen hat dis belgische Negierung neuerdings aus allen Sammlungen zurückgezogen. Die im Volkskrieg von den Belgiern verübten Grausamkeiten sind durck eidliche Vernehmungen vieler Zeugen erwiesen: Gefangene und Verwun dete sind verstümmelt, viele Soldaten meuchlings erschossen, Truppenteile zuerst freundlich ausge nommen und dann hinterrücks überfallen worden. Selbstverständlnb bat dies Repressalien hervor gerufen, die völkerrechtlich erlaubt sind. Dass Repressalien geacn solche Untaten bei der dadurch unter den deutschen Soldaten entstandenen gro ssen Erbitterung Härten mit sich brachten, ist durch aus erklärlich. Äehuliche Erscheinungen hat bis her noch scder Volkskrieg gezeigt. Verantwort lich hierfür ist der, der den Volkskrieg entfesselt hat. Solche Grausamkeiten, wie sie auf belgische» Denkmälern in verhetzender Form dargestellt worden sind, haben sich deutsche Soldaten jedoch nicht zuschulden kommen lassen. Der Deutsche Offiziersbund wird in einer Reihe von Aufsätzen in der Bundeszcitschrift seine vorstehende Erklärung ausführlich begründen und den Beweis für die Nichtigkeit seiner Behaup tung erbringen. MsfchGtWWg S« DsilWe» GM«WastsbimSes Hamburg, 28. 11. Zur diesjährigen öffent lichen Ausschusssitzung des Deutschen Gewerkschafts bundes (christlich-nationale Gewerkschaften) sind fast alle Reichs- und Landtagsabgeordneten der dem Deutschen Eewerkschaftsbund angeschlossenen Verbände anwesend. Der Hamburger Senat war durch Bürgermeister Dr. Schramm und die Sena toren Dr. Matthaei und Neumann und Deutsch österreich durch den Nationalrat Drerel, Wien, vertreten. Der 1. Vorsitzende des Deutschen Gewerk schaftsbundes Ministerpräsident a. D. Dr. ehren halber Stegerwald gab einleitend einen kurzen Aeberblick über die wirtschaftliche Lage und über die politischen und gewerkschaftlichen Verhältnisse. Nach der Verlesung der eingegangcnen Be- grühungsteleg ramme des Reichsarbeitsministers, des Neichsvcrkehrsministers und des preussischen Wohlfahrtsministers nahm Professor Dr. Theodor Brauer, Karsruhe, dar Wort zu einem Vor- trag über das Thema: „Wirtschaftlich« Entwicklung und Lohnpolitik". Professor Dr. Brauer führte u. a. aus: Letztes Ziel aller Lohnpolitik müsse sein, die Interessen der Arbeit und damit aller durch Arbeit an der Gewinnung des Wirtschaftsvertrages Betet- ligten in den Mittelpunkt der Wirtschaft zu stellen, im Gegensatz zu den heutigen Zuständen, wo das Interesse des Kapitals, d. h. das In teresse der durch Besitz an der Unternehmung Beteiligten im Mittelpunkt der Wirtschaft stehe. Für die Lohnpolitik im eigentlichen Sinne kämen vor allem die grossen Schichten der vertretbaren Arbeit aller Grade in Betracht. Zwei grosse Probleme, die Ordnung des Arbeitslebens inner halb der Werkstätte und die Herstellung einer -Verbindung zwischen dem Arbcitsleben und dem ? Leben ausserhalb der Werkstatt verlangten nach ' Lösung in allen Industriestaaten. Beide Pro bleme böten aber ungeheure Schwierigkeiten. Anschliessend an diesen Vortrag sprach General sekretär Bernhard Otto über die Sozialversicherung als lohnpolitischcs Problem. Er erörterte zunächst eingehend die politischen Probleme der Sozialversicherung und betonte, dass die Gcsamtposition der Arbeitnehmerschaft ohne Sozialversicherung wesentlich schwächer wäre als sie heute sei. Der Wille zur Selbsthilfe und zur Mitverantwortung stehe höher als Staatshilse. Die sozialen Beiträge seien durchaus nicht so hoch, als man es vielfach hinstelle. Den Kri tiken gegenüber der Sozialversicherung könne man nicht zustimmcn, denn die Sozialversicherung zeitige keine moralischen Schäden und beeinträchtige die wirtschaftliche Entwicklung Nicht. MrstanÄsWW des Deutschen KandGstts-- und Gewerbe- kamMertages Der Vorstand des Deutschen Handwerks- und Eewcrbekammertages hat in den Tagen vom 22. bis 24. November eine Sitzung in Magdeburg abgehalten. Ein Teil der Beratungen betraf innere Verwaltungsangelezenheiten. Fenier nahm» der Vorstand Berichte über den Stand der Ar beiten im Reichswirtschaftsrat zu dem Berufs ausbildungsgesetz und zu der Handwerksnovelle entgegen. Zu den wichtigsten grundsätzlichen Fra gen dieser Beratungen nahm der Vorstand des Kammertages Stellung. Es wurde ferner Bericht erstattet über den Verkauf der Arbeiten des Reichs wirtschaftsrats zum Steuervereinheitlichungsgesetz. Der Vorstand des Kammertages hat hierzu in nachstehender Entschliessung Stellung genommen: „Der Vorstand des Deutschen Handwerks und Eewerbekammertages nimmt mit grösstem Bedauern Kenntnis von den Beschlüssen des RWN. zum Entwurf eines Steuervereinheit- lkchungsgesetzes. Dem Reichstage gegenüber spricht der Vorstand die Erwartung aus, dass bei den weiteren Beratungen dieses Gesetzes sowohl der Gesichtspunkt der Verwaltungsver einfachung, wie auch die Bedürfnisse der Wirt schaft mehr als bisher berücksichtigt werden. Dabei ist in erster Linie die Wiederherstellung des Neferentenentwurfes zu fordern, darüber hinaus aber die Berücksichtigung der von den Spitzenorganisationen des Handwerks vorgetra- gcnen Verbesserungsvorschläge." Des weiteren wurde von der Verwaltung des Kammertages berichtet über den Stand der Ar- beiten für die Errichtung eines Instituts für Handwerkswirtschast. Der Vorstand genehmigt« die Fortführung der Arbeiten für die Einrichtung und weitere Ausgestaltung dieses Instituts. Hier- über wird demnächst von der Verwaltung des Kammertages eine besondere Denkschrift vorgekegt werden. Schliesslich wurden noch Massnahmen zur Vereinfachung der laufenden Verwaltung, der Ab haltung von Ausschuss- und Vorstandssitzungen im Interesse der Ersparnis beschlossen. Politische Nachrichten «in Bekei-iaung-vrozetz des RelchObankprSsl- denten Dr. Schacht. Bor der dritten grossen Straikammer des Landgerichts 3 in Berlin fand am Montag vormittag die Bernfungsverhandlung de« Beleidigunasprozesse« statt, den der Relchrbonk- präsident Dr. Schacht gegen die Führer eine« Auf- Wertungsverbandes, den Vrovinziallandtagsabge- ordneten Beer und den Fabrikanten Roll, ange- strengt hatte. In der ersten Instanz waren die Hauplangellagten Beer und Roll zu je zwei Mo naten Gefängnis wegen Beleidigung verurteilt morden. In der jetzigen Verhandlung, die heute forigeseht wird, wird Reichrbankpräsident Dr. Schacht ebenso wie in der ersten Instanz als Zeuge ver nommen werden. Von der Verteidigung der An geklagten wurden verschiedene Beweisanträge ge stellt, die jedoch vom Gericht abgelehnt wurden. 8500 Hindenburabegnadkqungen in Preussen. Wie ans dem vreuhilAen Justizministerium nmge- ! teil« wird, hat die sogenannte Lindenburgamnestie in Vreussen bis zum Sonnabend voriger Woche 8500 Einzel-Begnadigungen ergeben. Dies« Be- gnadiaungen erstrecken sich sowohl auf Erlass wie auf Ermäkioung von Straten. Neu«« Filmverbot im besetzten Gebiet. Nach einer Mitteilung des Reichskommissars für die be schien Gebiete bat di« interalliierte Rheinlandkom mission den Film .Das Feldgericht von Gorlice" für das besetzte Meb'et verboten. Meuternd» Mannschaft eines norwegischen Dampfers. Aus Oslo wird gemeldet: D'e Besatzung des norwegischen Dampfers .Newa" soll na<b hier eingegangenen Berichten an der tzoitenaner Schleuse gemeutert haben. Die berauschte Mannschaft stürzte sich aut den Kaoitän und brachte ihm sowie einem Matrosen schwere Schnssverletzungen bei. Die deutsche Küstenpolizei soll die Meuterer bereits ver haftet haben. Vor der Ernennung von vier neuen Kardi- nälen. Der Korrespondent de« .Echo de Paris" in Roin me'det die bevorstehende Ernennung von vier neuen Kardinalen, darunter zwei Franzosen, Monsignore Lep'cier vorn Servitenorden und Man- signore Bille'. Erzbischof von B-samon. Weiter werden den Purpur erbalten der kanadische Prälat Monsianor, Rouleaur, Erzbischof von Quebec und der spanische Monsignore Segura, Erzbischof von Buroo«. Neubildung der rumänischen Regierung erlt nach der Eenfer Tagung? Nach einem „Matin"- Tetearamm au» Bukarest sind auch di« Aussichten , Titule-ms, eine Negierung der nationalen Einigkeit zu bilden, gering. Fall« auch diet-r Versuch m'ss- singen sollte, mit der na'ional-n Bauernpartei zu einer Einigung zu gelangen, werde vorläufig nur eine Umbildung der Regi-rung erfolgen. Dtulesm werde da« Auswärtige Amt behalten, sich sofori nach Genf begeben und nach seiner Rückkehr erneut mit der Bauernpartei verhandeln. Dte Belagerung Tschntschau« durch chinesische Nordtruppen. Wie au« P king berichtet wird, herrschen in der seit mehr al« einem Monat von Nordtruppen belagerten S'adt Ttchuttchaus furcht bare Zustände. Zahlreiche Personen sind bereit« Hungers gestorben. Ein europäischer Missionar ist der einzige Europäer in der Stadt, der den VM mundeten und Kranken noch sachgemäss Hilfe letsteA kann. Der Befehlshaber der Gchansitruppen lediA die Uebergab« der Stadt nach wie vor ab. Dsa belagernden Truppen sollen giftige Gase verwendet» „Unruh«, an der Grenz« de« Irak-Gebiet«« Nach Berich»« au« Baira haben bewaffnete WW Hab trupp, de« Scheich, Friial el Dowish die KoS weit-Grenz« überschritt«». Die Irak Negierung Has den an der Grenz« wobnenden Stämmen Unters ftützung in Aussicht gestellt. Englische Miliiä»flug5 zeuge haben tm Grenzgebiet de« Irak einen stän digen Beobachtungsdienst eingerichtet Aus -elmat Wd Vaterland Frankenberg, 29. Dezember 1S27. Sefsnet die FMer „Bei der Kälte" — —, sagt der Berlins» und hält die Feilster hübsch geschlossen. „Es sein so schon genug Fliegen in der Stube" heisstss auf dem Lande. „Schliessen Sie doch das Fen« ster! Es zieht!" wird man oft auf der Eisens bahn gemahnt. Fast überall zeigt sich dasseib« Bild: selbst im Hochsommer die Fenster zu! - Stecke doch einmal den Kopf früh in eins Schlafstube oder tritt unmittelbar nach beendigte« Unterrichtsstunde in ein Schulzimmer! NiechsH du denn nichts? Freilich, die Luft riecht, ist giftig» und schädlich, und wer dauernd solche verdor bene Luft cinatmet, muss schliesslich krank werden. Dabei ist die Luft unser notwendigstes Nay^ rungsmittel. Wir können tagelang ohne Nah« rung leben, müssen aber elend ersticken, wenn miss auch nur für einige Minuten die Lust fehltA und dieses wichtige Nahrungsmittel geniesse» wip nicht ungestraft längere Zeit in verdorbenem ZuH stände. Kein Wunder, dass bei der Angst vo« der frischen Lust die Lungenschwindsucht ür Deutschland, wo jeder siebente Mensch daraiif stirbt, so ungemein verbreitet ist. Hunderte voll Millionen gehen der deutschen Landwirtschaft jährlich verloren, weil man das Vieh nicht gc-z nügend an die frische Luft und an die Sonu» bringt. Bei der, man möchte sagen, krankhaften Schci» vor frischer Lust wird schon der Säugling plan^ mässig von ihr abgesperrt. Das schwächt sein» Widerstandskraft, und wie leicht fällt er dam» einer Kinderkrankheit zum Opfer. Deshalb solttech in den Wohn- und Arbeitsräumcn während dev besseren Jahreszeit den ganzen Tag dis Fenster? offen stehen. Im Winter aber sollte man wenigs stens alle zwei bis drei Stunden Fenster mm Tür öffnen, damit die verdorbene Luft abzicheih und frische eindringen kann. „Dass wir uns deiL Tod holen!" meinen viele. Aber so schlimm iH es nicht! Während dieser kurzen Zeit kann maH die Arbeit unterbrechen und umhergehen, und da« Zimmer wird nach dem Durchziehen sofort wiederck warm werden. * t Ebenso wichtig ist die Lüftung des Schlafs zrmmers, in dem man ein volles Drittel seines Lebens verbringt. Zum Schlafen sollte man da< her den grössten und hellsten Naum im Hauss' wählen und ihn stets gehörig lüften. Man sollt« aber unbedingt auch nachts dafür sorgen, dass) frische Luft in die Schlafräume dringen kann» Wer zu ängstlich ist, im Schlafzimmer selbst ein«' Fensterspalte aufzulassen, sollte wenigstens ims benachbarten Raum die Fenster geöffnet' und übey Nacht die Verbindungstür offen lassen. Hat mail so dauernd frische Luftzufuhr, erwacht man mor-i, gens viel frischer und ausgeruhter. AUMAMNgl Lssioktixsn 8m auob bitts rmsvro Dor veräsa Lio älo Lrrv'i^isso orstor (jslitütskakrikon vorümleu. Das uostroitiß pcöllto, im goiEu Dsntsoksu Roiokv mit an orstor 8tsllo stoboucko Zxosial-ttoscbäkt kür vodts VlsikristaUv in bat soiven bsroits oröllnst. kokt«, ist vaek vis vor ckss sebönsto ^oiknaokts^ssobsalc. ^onn 8is äariu sin« ^usvakl sskon vollen, vis 8io sio voller in Odemnits noak in llor paaren vollen »all broitsn Dm^oban^ von Okomnitr ein Lvsitss Nal Lvllsn vvrckon, üavn müssen 81« äirokt «u uns kommen, ^ugsräsm: llor Nams klokt» kürzst kür I». OuaiissRitsn. — ^kislsüksu» fickte, Lkmitr, KöMlr. 38 L LimmiÄi'. 18. kekampfter 6lück Oriainalroman von I. S ch n e i d c r--F o er st l. Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Osk. Meister, Werdau. 52 Nachdruck verboten. Ilnd dann kain endlich der Augenblick, in wel chem Marias Lberschlanle Gestalt ans dem Kraft wagen stieg und über die Kieswege des Gartens dem Hause zuschritt. Gertraud von Dürnfeld vermochte sich nur mit äusserster Willensanstren gung zu fassen, als sie die Hände ihres Kindes zwischen den ihren fühlte und die geliebte Stimme hörte, nach der sie sich zwanzig Jahre lang ge sehnt hatte. „Seien Sie mir von Herzen willkommen, Frän- lein Molton," war alles, was sie über die Lippen brachte. Maria sah, wie die Augen der Frau in ver räterisch feuchtem Glanze aufleuchteten. Ihr Gesicht bekam einen wehmütigen, kindlichen Aus druck. Dann suchte sie in ihrem Erinnern: Mann und wo hatte sie diese Züge schon einmal ge sehen? Eie konnte es nimmer finden. Es gab auch so viele Aehnlichkeiten in den Gesichtern der Menschen, dass es meist nicht glückte, sie zu ent rätseln und auseinander zu haitsn. Sie gab sich demnach auch keine Mühe, weiter darüber uachzugrübeln. Mit offenem Staunen trat sie wenige Minuten später in die ihr angewiesenen Zimmer. Da« war keine herkömmliche Hotelschablone. Das war ein harmonisch abgestimmtes Ganzes ein Heim, so fürstlich in seiner Art, dass sie mit Schrecken überlegte, was dieser Lucus hier kosten würde. Hatte der Onkel denn nicht gewusst, wo- hin er sie schickte? Iedonsall« hatte er die Pew- sion noch von seiner Offizierszeit her in Erin- »erring, sonst hätte er sie nicht gerade hierher empfohlen. Eine Pension zweiten Ranges hätte ebensolche Dienste getan. Sie durfte ihr Budget nicht zu sehr belasten. Wenn sie Elisental wieder in die Höhe bringon wollte, musste sie sparen, so viel ss ging. Zu allererst an ihrer eigenen Person. Nun, man würde ja sehen, wie die erste Wochenrechnnng hier ausfiel, rind danach wollte sie ihr Bleiben richten. Die alte Martha hatte es übernommen, Zimmermädchendienste zu tun. Dem gesamten Personal, auch dem Chauffeur und dem Gärtnerburschen, war gesagt worden, dass niemand der jungen Dame verraten dürft, dass man sonst keine Gäste hier aufzunehmen pflege. Der Chauffeur erhielt ausserdem die Weisung, wenn das gnädige Fräulein selbst zu steuern oder allein zu fahren wünsche, sollte er es ohne jede Einwendung gestatten. Martha hals dem Gaste beim Auspacken und Verstaue» der Gar derobe. Wiederum empfand Maria ein Gefühl der Beklemmung. Aus den Schränken und Schub fächern schlug feiner Blütenduft, als hätte eben ein anderer erst seine Dinge daraus genommen. „Ich bin mahl der einzige Gast hier?" fragte sie die Alte, die sich am Toilettentische zu schaffen machte. „Ja, gnädiges Fräulein, vorläufig schon. Erst für die nächsten fünf bis sechs Woche» haben wir dann das Haus wieder voll. Es ist sehr ruhig jetzt." Das Zimmermädchen würde sicher auch Be scheid wissen über den Preis, dachte Maria und liess die Frage sofort darauf folgen. Marthas Gesicht brannte dunkel auf. Sie beugt« sich verlegen über eines der Schubfächer. „Dar kann ich nicht sagen, Fräulein Motto». Madame wird das schon noch mit Ihnen ver einbaren." Als Maria beim Abendtisch Frau von Dürn feld gegeiütb ersah, sagte diese wie zufällig: „Der Herr Abt hat gewünscht, dass die Rech- nungon an ihn geschickt werden." Sie sah den unbefriedigten Blick ihres Kindes, und dass diese noch Zweifel in sich trug. „Meine Gäste be zahlen durchschnittlich zehn Franken am Tage," erklärte sie. „Jetzt, da ich Kas ganze Haus leer habe und froh sein muh, wenn ich wenigstens einige Zimmer abgebe» kann, habe ich den Pen sionspreis auf die Hälfte herabgesetzt." Sie bemerkte das befreite Aufatmen der jun gen Brust und muhte das Zimmer fluchtartig verlassen. Sie belog ihr Kind. Muhte er tun, wenn sie das Versprechen, das sie dem Abte gegeben, halten wollte. Jeder Tag, beinahe jede Stunde würden ihr einen solchen Betrug zur Pflicht machen. Wie sollte sie das Monate hinaus ertragen können? Im fürchterlichen Widerstreit ihrer Gefühle und ihres Herzens sah sie noch bis spät in die Nacht an ihrem Schreibtisch und sann und dachte und fand keinen Ausweg. Sie muhte warten, wie ihr Kind über sie ent schied und muhte nehmen, was es ihr zu geben gewillt war: Hah oder Liebe! Nach Tagen empfand Maria, dah die Wahl gerade dieser Pension von seiten des Onkels die denkbar beste gewesen war. Sie blieb völlig un gestört. Niemand zwang sie zu sprechen, wenn sie nicht selber wollte. Keiner kam in ihre Zim mer, sie speiste allein oder mit Fran pon Dürn feld, je nachdem sie den Wunsch äuherte, für sich zu bleiben oder Gesellschaft zu haben. Was mau ihr nur an den Auge» absah wurde zur Erfüllung. „Es ist ganz wie zu Hause," schrieb sie in ihren: ersten Briefe an Mt Guntram. „Ich bin zur Zeit der einzige Gast hier und werde dem entsprechend verwöhnt. Ich danke dir van Her zen, verehrter Onkel, dah Du mich so gut unter gebracht Haft. Frau von Dürnfeld ist eine sehr siebenrwürdlge Dame. Ich finde sie riesig an genehm, nicht im geringeren neugierig oder zu-, dringlich und doch teiinahmsvoll, wenn ich abf und zu einmal das Bedürfnis habe, mit ihr ztt reden. Bitte gib mir Nachricht, wie es in Elisen tal steht, ob Bergmann mit den Leuten aus-' kommt und ob doch alle Obdach und zu essstt haben. Hast Du das Marmorkreuz für Rolf in Auftrag gegeben, wie ich Dich gebeten habeH Zur Aufstellung desselben möchte ich gerne z>E Hause sein. Du wirst es mir gewih nicht ab«, schlagen, wenn ich Dich bitte, es persönlich zN weihen." „Von Rolf weiter kein Wort," dacht« Abt Guntram. „Also hat sio nicht verwunden." , Marias Wangen begannen voller zu werden. Ab und zu ging sogar ein Lächeln über ihif Gesicht, wenn sie sah, dah alle- im Hause lies müht war, ihr den Aufenthalt so schön als^ möglich zu gestalte». Hin und wieder ging si< sogar hinunter zu den Sportplätzen und satt dem Tun und Treiben zu. Aber nie kam ihr dev Wunsch, mit dabei zu sein. Das war vorüber/ Einmal kam sie mit leichenblassem Gesicht nacht Hause. Frau von Dürnfeld war erst wortlos vor Schrecken, dann fragte sie erregt: „Was ist gewesen?" > Maria schüttelte den Kopf und zwang sich ztt einem Lächeln. „Ich habe jemand gesehen dei^ einem andern ähnlich war!" „Und dieser andere war der Mann, den Sitz geliebt haben, Kindl" „Ja! — Wer sagte Ihnen davon?" „Abt Guntram schrieb es mir," sprach Fratt von Dürnfeld teilnehmend. Der Ausdruck, der in dieser Minute übrir Marias Gesicht ging, nahm der armen Muttep dis ganze Nachtruhe. Aber sie hatte kein Rechts ihr Kind zu trösten. Gin paar banale Wort* war alles, was sie ihc geben durste. (Fortsetzung folgt.)
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