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Reise. Aber ihr gutes Herz war nun auch gleich voll ehr- licher, barmherziger Hilfsbereitschaft. Wie wollte sie dis Freundin pflegen und trösten, wie wollte sie ihr helfen, über ihren Kummer hinweMkommen, so gut es ging. Und das Kind? ' Sie konnte Gonda verstehen, datz sie ihr Geheimnis ihrem Gatten vorenthalten hatte, aber um so mehr bedauerte sie Gonda. Es erschien ihr unerhört grausam, datz diese fern von dem geliebten Gatten ihrem Kinde entgegensehen sollte. Ihr war, als falle ein Schatten über ihr eigenes Glücks empfinden. Warum mutzte Gonda schuldlos so entsetzlich leiden? Sie liebte ihren Mann, trug ein Kind von ihm unter dem Herzen und mutzte ihn doch an eine andere ab treten. Datz sie das über sich vermocht hatte? Dorit fühlte, datz sie dazu nicht imstande gewesen wäre. Sie hätte um ihre Liebe und um ihr Recht gestritten, so lange noch Atem in ihr gewesen wäre. Aber Gonda war eben anders geartet, sie war so eine ferne, stille Seele, dis in einem solchen Falle eben dazu bestimmt war, wehrlos zu leiden. Blatz und betrübt sah Dorit noch in ihrem stillen Eckchen, als plötzlich Frank Herold vor ihr stand. „Ich habe Sie im ganzen Speisesaak gesucht, Juffronw van der Straaten. Einen Grutz von Mynheer van der Straaten und er kann vor einer halben Stunde nicht hier sein. Ich habe mich erboten, Sie gleich davon zu benach richtigen." „Ich danke Ihnen, Herr Direktor. Hier ist Ihre Post." Sie reichte ihm das grotze Kuvert mit seiner Post. „Dielen Dank — aber — wie sehen Sie aus? Was ist Ihnen Betrübliches geschehen?" fragte er besorgt, als er in ihre trüben Augen sah. Sie seufzte tief auf. „Ich habe sehr schlechte Nachrichten erhalten von meiner Freundin." Er stutzte. ,Bon Frau Gonda Ralfner?" Sie nickte betrübt. ' „Ja, von ihr." Betroffen sah er sie an. „Darf ich wissen, was geschehen ist?" Sie wollte nun in ihrer raschen, impulsiven Art berichten, hielt aber plötzlich inne. „Ach nein, erst müssen Sie mir Ihr Ehrenwort geben, bah Sie mit keinem Menschen darüber sprechen werden, welches Geheimnis ich Ihnen anvertrauen werde. Es ist Gondas Geheimnis und sie will auf keinen Fall, datz jemand darum erfährt," Sein Gesicht wurde noch ernster. „So will ich es lieber auch nicht wissen." „Doch, Cie müssen darum wissen, und Gonda will, datz ich Sie und meine Ellern einweihe, aber sonst darf kein Mensch davon erfahren. Gonda kommt mit dem nächsten Dampfer." Seine Augen leuchteten auf. „Endlich einmal! Das freut mich herzlich. Also das ist das grotze Geheimnis? Kommt Herr Ralfner auch mit? Doch sicher?" Sie schüttelte betrübt den Kopf. „Das ist das Eeheimms natürlich nicht. And das ist eben das Schlimme, datz Gonda allein kommt. Aber nun erst einmal Ihr Ehrenwort." „Dessen bedarf es nicht; was Sie mir anvertrauen, ist mir auch ohne Ehrenwort heilig. Aber ich gebe es Ihnen selbstverständlich." „Ich hätte es Ihnen auch gar nicht erst abverlangt, aber ich darf nicht sprechen ohne diese BorsichtsmaMegek. And nun setzen Sie sich erst einmal hierher, ganz nahe zu mir, damit ich nicht so laut zu sprechen brauche." Nur zu gern kam er ihrem Wunsche nach und nahm in einem Bambussessel Platz, dicht an ihrer Seite. „So, nun bitte, sagen Sie mir, was Sie bedrückt, Iuffrouw van der Straaten. Ihr sonst so frisches, heiteres Gesicht ist so blatz und traurig. Was ist mit Frau Ralfner geschehen?" Dorit wischte hastig ein paar Tränen fort. „Denken Sie sich, Herr Direktor, Gonda wird sich von ihrem Manne scheiden lassen." Er sah betroffen auf. „Nicht möglich!" „Doch, es ist leider möglich, wer« es auch unerhört ist." „Aber, was liegt denn da vor?" Handarbeiten Es gibt Dinge, über die man verschiedener Meinung fern kann, wenn jedoch zwei solche verschiedenen Meinungen mit einander verheiratet sind, so wird die Sache schwierig. Und wie oft, ja meist, ist das gerade auf dem Gebiete der Hand arbeiten der Fall. Wenn es besonders gut geht, so ist es dem Manne ein ästhetischer Genuß, wem: die Frau (wie sagt man doch) mit anmutigen Handbewegungen die Nadel durch den feinen Stoff zieht, oder irgend etwas Lehnliches tut. In vielen Fällen reicht sein Verständnis und sein dem- entsprechend großmütiges Anerkennen der Handarbeiten aber nicht so weit, und es gibt mehr oder weniger harmlose Zu sammenstöße. In heutiger Zeit ist die Berechtigung der Handarbetten ganz gewiß gegen früher aufs äußerste einzuschränken. Die Frau, die einerseits klagt, daß sie vor lauter Arbett, die veränderte Lebensbedingungen ihr aufzwingen, zu nichts kommen kann, was ihr Freude macht und sie weiter bringt, benutzt in vielen Fällen einen großen Teil der wenigen freien Stunden dazu, mehr oder weniger unnötige Handarbeiten herzustellen, anstatt diese Zeit zu ihrer geistigen Wetterbildung, zur Vertiefung ihres Wissens und zum Durchdenken so vieler brennender und sie ganz nahe angehender Probleme zu be nutzen. Wenn es nicht die pekuniäre Lage unbedingt erfor dert, alles nur irgendmögliche im Hause herzustellen, so ist es ein Unrecht, an sich und der Familie, Dinge, die man ohne weiteres und verhältnismäßig billig kaufen kann, unter einem viel zu hohen Aufwand an Zeit und Kraft selber machen zu wollen. Daß ein gewisses Maß seine Berechti gung hat und im Wesen der Frau wohl begründet ist, ist ganz selbstverständlich. Aber das sollten dann nur Arbeiten sein, die wirklich Wert haben und sich in ihrer Eigenart von allen billig käuflichen ohne weiteres unterscheiden. Gegen solche wird auch der handarbeitfeindliche Mann, wenn er einigermaßen einsichtig ist, nichts einzuwenden haben, sofern sie im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten an Zett bleiben. In wie vielen Fällen aber sind Handarbeiten nichts als ein Familienschreck, der von Mann und Kindern mü Recht ge fürchtet fft. Wie sollte man in der gemütlichen Stunde beim Nach mittagskaffee sich auf diese Weise beschäftigen wollen. Ent weder leidet das Gespräch, oder man kommt zu nichts, meist wird das erstere der Fall sein. Solche Stunden sollen ein Einschnitt sein, eine Ruhepause im Leben des Tages, und es ist ein böses Zeichen für eine Frau, wenn sie auch dann das dringende Bedürfnis hat, sich zu beschäftigen, wenn sie nicht einmal eine Hal' e Stunde lang sich in einen ruhigen Rhyth mus schwingen lassen kann, und dadurch auch die andern, die es vielleicht gerne wollen, nicht zu einer solchen Ruhe kommen läßt. Gerade hier sollte sich die Frau zu einem guten Teil den Maßstab des Mannes zu eigen machen, sie kann nur Gewinr davon haben, für sich und ihre Kinder, für Heim und Familie. Sie soll nicht von vornherein Meinung gegen Meinung stellen, sondern willig nachprüfen, wie weit das ihr so not wendig Erscheinende wirklich notwendig ist. AMMW so» rsssisHm MHtem Im Kiub erzäblte ein Gutsbesitzer ans der Provinz, der sehr auszuschneiden pflegte, während des Efens von einem in der Wolga gefangenen Stör und übertrieb seine Länge. »Direkt vor meinem Hause", log er, »zogen meine Leute den Stör au» dem Wasser. Sie werden er mir nicht glauben, aber ich ver sichere Sie, er reichte von hier . . . bis . . ." Der Gutsbesitzer streckte seinen Arm in der Richtung zum entgegengesetzten Ende der langen Tasel aus, wo der bekannt« russische Fabeldichter Krylow saß. Krylow rückte mit seinem Stuhl beiseite und sagte: »Erlauben Sie, datz ich Platz mache, um Ihren Stör durchzu- lassen." Der Besitzer des Hauses, in dem Krylow wohnte, schte einen Miew'rtrag auf und legte ihn dem Dichter vor. In dem Vertrag stand unter anderem, daß Krylow verpfl'chkt sei, vorsichtig mit dem Feuer umzngeden. Sollte ltdoch, war Gott verhüt«, durch seine Unvorsichbskeit das Hans in Brand geraten, dann habe er den vollen Wert der Hauser, nämlich