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Frankenberger Erzähler Mittwoch, d« 2. November Nr. 88 Copyright 1927 by Kari Köhler L Co., Berlin-Zehlendorf. Nachdruck verboten 8 Irrende Herren Do« Hedwig Conrths-Mahker „Nein, ich habe mir das überlegt, es soll doch lieber eia Jong werden. Wir brauchen einen Jong als Erb« für die Firma Gooden. So ein ruhiger Jong, das ist auch was Schönes für die Mutter. Ein Prachtjong wird das werden, Mevrouw Gonda, auf den wir stolz sein können. Aber tüchtig Milch und Sahne trink«, daß es ein kräftiger, starker Jong wird." Diese Ergüsse der alten Maritje wechselten noch viele Male vb. Einmal war sie für einen Junge», das andere Mol für ein Mädchen. Und die Hauptsache war ihr dabei, dah Gonda von ihrem Schmerz abgelenkt wurde und darauf zu achten begann, dah ihre Gesundheit für das Kind ebenso wichtig war, als für sie selbst. Mit einem geduldigen Lächeln schmcktr sie brav - alles hinunter, was Maritje au Leckerbissen, an M8ch, Sahne und Liern «mgeschleppt brachte. And körperlich begann sie sich dabei wirklich etwas zu erhol«. Ader ihre Serie blieb krank. Die Sehnsucht nach Bernd fräst darin wie ein schleichendes Gist und lieh sie nicht Mr Ruhe komm«. Sv warm fast zwei Wochen vergangen, seit sie in Amsterdam weilte. Da kam eines Tages ein Brief von ihrer Jugend, sreundin, Doritje van der Straaten. Dieser Brief war ihr von Hamburg aus nachgesandt worden. Doritje van der Straaten weilte mit ihr« Eltern sät einigen Jahr« auf Java. Cie war mit Gonda zusammen zur Schule gegangen, hatte mit ihr dieselbe Pension besucht und hatte auch Gondas Hochzeit mitgemacht. Doritjes Vater war, wie Mynher Goo den, ein niederländischer Kaufherr und hatte, gleich diesem, graste Besangen auf Java. Die Govdenschen mch dir van der Straatsch« Plantagen grenzt« sogar dicht aneinander. Aber während Gondas Vater doch di« Firma in Holland von Jahr zu Jahr vergrößert hatte, war Mynher van der «straaten darauf ausgewesen, sä« Geschäfte ganz nach Java zu verlegen und sich in Holland von der Kim» Goo- dm vertreten zu lass«. Dafür hatte dann Umher van der Straaten die Doodenschm BefiAmge» auf Java ein wmig mit unter Aufsicht, und vor all« Ding« erledigte er die Gvodschen Geschäfte auf Java mit. Sv waren M»sch« dm beiden Firmen wechselseitige Beziehung« mtstand«, was für beide Firmen sehr vorteilhaft und wichtig war. Gonda wußte außerdem, daß ein äußerst tüchtiger Plamag-adttätor ihre Interessen auf Java vertrat. Don der Tüchtigkeit Direktors Herolds war auch Bernd fest überzeugt. Doritje und Gonda waren all« die Jahre io rege« Vries- wechsel gedlieb« und wenn Bernd crmnal in dm Briesen seiner Fra« an Doritje van der Straaten hätte »es« können, dann wäre er wohl noch mehr erstaunt gewesen, al» de« Ausfindcn der Randbemerkung in Goethes ,Hn»sr. D«m auch Doritje war ein geistig lebhaftes Geschöpf und m der Literatur st, g«l besagen wie Gonda selbst. Außerdem aber ,var Dorttje ein sehr lustiges und übe,mutiges Edchen, und Gonda und sie hatten sich nmner m all« Dmgm prächtig ergänzt. Doritje van der Straaten» Brief cm Gonda lautet»: „Meine herzliebe Gonda! Ich ämk Dtrvi-ie Mck für Dein« lebt« ausführlich« Brief- Es «st wirklich «m Wund«, daß Du, d^doch gewiß von ihrem jung« Gatt« sehr in An spruch genommen ist, ganz abgesehen noch von Deinem Haus- halt und Dänen geselligen Verpflichtungen, «och so viel Zeit für Däne Freundin Doritje aufbnngst, um gelegentlich schön, aeittio« Episteln mit ihr zu tauschen und sie über alles auf dem Laufenden zu hakten, was es Neues und Interessantes in Europa gibt- Dcs sei Drr als blonderes Verbimst a» gerechnet. Und zur Beiohmrug oll Drr mm auch eine aus. tülrrlichc Antwort werd« über alles, was es hier Jnterrlla». Gonda sah gramvoll vor sich hin. „Er hat eben die andere lieb, Maritje, dafür kann er doch nicht. Aber das ist noch nicht alles, was ich dir zu sagen habe, ich mutz dir noch etwas anderes anverlraum, aber ehe rch das tue, mutzt du mir versprechen, dah du keinem Menschen verrätst, was ich dir sagen werde. Es muh Geheimnis bleiben." Maritje versprach, und Gonda wußte, dah sie sich darauf verlassen konnte. Und da beichtete sie ihr, daß sie Mutter sein würde und dah ihr Mann nichts davon wisse und auch nichts davon erfahren dürfe. Maritje war nun noch viel aufgeregter und drang zunächst in Gonda, sie müsse ihrem Manne sofort schreiben, dah sie Mutter würde. Er müsse das auf alle Fälle wissen, dann werde ihm die dumme Liebe zu einer anderen Frau schon vergehen. Aber Gonda wußte das besser und blieb fest.' „Er darf es nicht wissen, Maritje, denn er liebt die andere so sehr, daß er unglücklich wird, wenn er sie nicht besitz« kann. Und siehst du, dann würden wir beide so unglücklich, aks ich es jetzt nur allein bin, denn nie könnte er mich lieben, auch wenn er mich um des Kindes willen wieder Heimrufen würde. Und ich bin auch zu stolz, als daß ich mich als lästige Fessel dur sein Leben schlepp« lass« möchte. Das hat Gonda Gooden, Mynher Goodens Tochter, nicht nötig, begreifst du das nicht, Maritje?" Da wurde die Akte still. Ja, das begriff sie nun mit einem Make. Der Stolz der alten Dienerin auf ihre Herr schaft half ihr zu diesem Verständnis. Nach einer Weile sagte sie, ihre Bewegung bezwingend: „In Gottes Nam« denn, Mevrouw Gonda, Sie werd« Ihr Kind auch allein zu einem rechtschaffene» Menschen er. j zieh«. Das Haus Gooden braucht einen Erben. Blag d«r ' Mynher Ralfner sich von der anderen Frau einen Erb« schenk« lass«. Ihr Kind bleibt der Erbe unseres Hauses. Es geschieht dem Mynher Nalfner schon recht, dah Cie ihm nicht sagen, dah er ein Kind haben wird. Dazu sind wir viel zu stolz, ihm mit unserem Kinde nachzulaufen." Und Maritje spann eifrig Zukunftspläne für Gondas Lind. Es war« kühne, stolze Pläne. Sie sah es schon mit flinken Füßchen durch das alte Patrizierhaus huschen, sah er zur Lust und Freude seiner Mutter und aller anderen Menschen heranwachsen. Nur wusste sie nicht, ob es ein Junge oder > Leber ein Mädchen werd« sollte. „Ein Nemes Meisje — o ja — das ist etwas Schörg und Liebes und Liebes für die Mutter, so etwas zum i Hätscheln und Kosen. Aber ein Jong? Ja, ein Jong, dar ist auch etwas Herrliches, so ein stolzer Jong, ein echter Good«, vielleicht ist em Jong dach noch besser, Btevrouw Gonda," sagte sie eifrig. Und Gonda lieh sie schwatzen und wurde ein wenig ab- gelenkt von ihrem Leide. Maritze aber konnte die halb« Nacht nicht schlafen, erst nicht über das Herzeleid ihrer jun^n Herrin und dam, über die Frage, ob ein Mässe oder «in Jong das Best« sä. Am nächsten Tage kam sie mit strahlendem Gesicht zu Gonda gelaufen und sagte mit hämischer Vertraulichkeit: „Es muh ein Meisje werden, Mevrouw Gonda, es muh. i Don einem Meisje hat die Blutter viel mehr, und wie wir es herausputzen werden, das PüppchenI Ein schön« Mässe muh es werd« und alle werd« nach ihm schau«." Gonda lächelt« matt zu dies« Worten und war doch der , treuen alten Seel« so dankbar, weil sie dadnrch von ihrem, Schmerz ein wenig abgelenkt wurde. . , « Am nächst« Tag« aber trat Marille mit >