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zapan dementiert sonderbare »erWe London. 21.10. Da, japanische Außenministerium dementier», nach Meldungen au» Tokio, osfiziell da« Gerücht, wonach der japanische Ministerpräsident Tanaka den Abschluß eines Offenllv- und Delenstv- Bündnisses mit Deutschland und Ruhland auf einer dem früheren japanisch-englischen Bündnis ent- sprechenden Basis plane. Die javanilchen Zeitungen batten behauptet, daß die Norbereitunaen für den Abschluß eine« solchen Bündnisses bereite getroffen würden. Schlechte Aarsichten für da» Schulgesetz (Eigener Informationsdienst.) «:rlin, 24. Oktober. Nach zuverlässigen Informationen werden die Aussichten für das 'Zustandekommen des Reichs schulgesetzes augenblicklich in volkspurteilichen Krei sen sehr ungünstig beurteilt. Dieser Pessimismus ist vor allem auf die überaus nervöse Stimmung zurückzuführen, die nach der Note des Reparations agenten überall zutage tritt. Durch sie ist die Kosten frage des Schulgesetzes plötzlich in den Vordergrund gerückt worden, die volksparteilichcn Vertreter im Bildungsausschutz wollen über diesen Punkt ganz genaue Aufschlüsse haben; von deren Ausfall wird ihre weitere Stellungnahme abhängig gemacht. Die BesatzanasveMlnderung im englischen Lichte London, 24. 10. (Funkspruch.) Die von der deutschen Regierung am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Einzelheiten über die Verminde rung der Besatzungsarmee werden von englischer Seite dahin ergänzt, daß zwei Bataillone In fanterie bereits zurückgezogen sind, während eini Bataillon des Lanrester Regiments in der ersten Woche des November folgt. Diese drei Ba taillone werden durch nur zwei abgelöst. Da neben sind 400 Mann, die vermischten Verbänden angeboren, wie Signaltruppen und Militär- polizei zurückgezogen werden. Völlig geräumt werden Geilenkirchen, wo belgische Truppen stan den und Idstein, in der britischen Zone. Aus dem Bezirk von Euskirchen werden etwa 700 Mann aus Koblenz und Ehrenbreitstein 1470 und aus dem Gebiet Diez an der Lahn 1496 zurückgezogen. Entsprechend den Verminderungen in anderen Städten und Benrken soll die Ee-' samtverminderung auf 8326 Mann gebracht wer-^ den, während die restlichen 1674 Mann, die die Besatzungsvcrminderung auf die zugesagte Höhe von 10 000 Mann bringen, sobald als möglich zurückgezogen werden sollen. MerWer Empsans General Keyes in Boston Dentsch-SsterreWsch« Beratungen Wer dar neue Strasgesetzdutz Berlin, 23. 10. Heute traten in Berlin die Vertreter der beiden zur Beratung des Straf gesetzentwurfes eingesetzten Sonderausschüsse der deutschen und österreichischen Volksvertretung zu sammen, um sich über die Schaffung eines ein heitlichen Strafgesetzes für beide Länder und die Methoden der Gemeinschaftsarbeit zu verständigen. An diesen Beratungen nehmen teil: für Oester reich der Präsident de- Nationalrates Dr. Wa ber, ferner der Eeneralberichterstatter sür den Strafgesctzentwurf, Professor Dr. Nintelen und Dr. Eisler. Für Deutschland die Abgeordneten Professor Dr. Kahl, Emminger und Dr. Ro senfeld. Die Vertreter beider Länder verstän digten sich nach eingehender Beratung über alle auftauchenden Fragen. Sie werden den Straf- gesctzausschüssen der beiden Parlamente Bericht erstatten. Darauf werden beide Ausschüsse über die Zusammenarbeit zu beschlietzen haben. SMmM SKlutzsitzung des Reichstag» Die Nationalsozialisten gegen die Sozialrentner! Die erste Lesung eines Gesetzentwurfes zur Aenderung des Neichsversorgungsge- setzes wird darauf fortgesetzt. Nach kurzer , Aussprache wird die Vorlage dem Ausschuss für Kriegsbeschädigten-Fragen überwiesen. Auf der Tagesordnung stehen dann Interpel lationen der Sozialdemokraten und des Zentrums über den mitteldeutschen Bergarbeiterstreik. Reichsarbcitsminister Dr. Brauns weist dar werden von der gegen stimmen Tagesordnung abgesetzt. Da- nur die Sozialdemokraten und berlain und den Unterstaatssekretär im Kriegs ministerium Ormsby Gore. Die offiziellen Ver handlungen über die Neuregelung der Beziehungen. zwischen England und dem Irak, werden am Dienstag beginnen. König Feisal gab gestern eine Erklärung ab, die besagt, daß beide Re gierungen die englische, wie auch die Jrakregie- rung sich über die Notwendigkeit einer Revision des vor nahezu vier Jahren abgeschlossenen Ver- Nach weiterer Aussprache stellt Präsident Löbe fest, daß infolge des Widerspruchs der Neichsregierung die Besprechung der Interpella ¬ tionen nicht erfolgen könne. Auch die kommunistischen Anträge auf Ge währung von Erwerbslosenunterstühung an die streikenden Bergarbeiter und das kommunistische Mitztrauensvotum gegen den Rcichsarbeits- mintster England und der Irak , — -.0 » London, 22. 10. (Funkspruch.) König Fei- Tagesordnung fal empfing gestern u. a. Außenminister Cham-' -"am wenn Neuyork, 21.10. General Aeye wurde heute bei seiner Ankunst in Boston von den militärischen und' auf hin, datz der Schiedsspruch gestern gefällt städtischen Bebörden keierlichst begrübt. Während der worden sei und datz er in den nächsten Stunden Fortekommandant, Generalmajor Melton Brown, die Mitteilung der beiden Parteien zu dem ^schuhe Schiedsspruch erwarte. Falls nicht beide Parteien! fichtiamm des Technischen Ge^ den Schiedsspruch annehmenwerdeersich noch neral Heye noch verschiedene militärische Emrich- heute über dre Frage der Verbindlichkertserkla- tungen in Boston besichtigen. Auch in Boston, rung zu entscheiden haben. wandte sich General Heye in einer Prelse-Erklärung- Abg. Dr. Scholz (D. Vp.) betont, datz nach gegen die Gerüchte von deutschen Geheimrüstungen, dieser Erklärung es in diesem Augenblick durch aus verfehlt wäre, die Dinge im Reichstag zu j behandeln. Er beantrage für die Regierungspar- j teien die Absetzung der Interpellationen von der träges einig seien. Die Frage des Eintrittes des Irak in den Völkerbund, werde während Kommunisten. seiner Anwesenheit in London erörtert werden. Es folgt die erste Beratung des Abkommens Er glaube, der Irak habe sich soweit stabilisiert, mit der Regierungskommission des Saarge- dah der Eintritt in den Völkerbund erfolgen b i e ts über die Sozialversicherung im Saargebiet, könne. Die Frage der allgemeinen Wehrpflicht', Abg. Stöhr (Natsoz.) verlangt Hilfsmaß- im Irak habe mit den bevorstehenden Verhand- nahmen für die 46 000 armen Sozialversicherten jungen nichts zu tun, da sie ausschließlich der an der Saar. Entscheidung der Jrakregierung unterliege. Die Vorlage wird in erster und zweiter Le- sung angenommen. Gegen die sofortige Vor nahme der dritten Lesung erhebt Abg. Stöhr (Natsoz.) Einspruch mit dem Hinweis darauf, datz er nicht genügend Redezeit gehabt habe. Im Hause entsteht eine ungeheure Erregung, die sich in Entrüstungsrusen gegen die National sozialisten Luft macht. Der Präsident stellt fest, datz, wenn die Vorlage heute nicht verabschiedet wird, die armen Sozialrentner des Eaargebiets bis zum Ja nuar nicht in den Genuß der Erhöhungen treten können. (Lebhaftes Hört, hört!) Auf die Vorhaltungen des Präsidenten erwidert Abg. Stöhr, datz er trotzdem an seinem Wider spruch festhalte. Die Abgeordneten der anderen Parteien geben ihrer Empörung in lauten Zu rufen Ausdruck. Der Präsident stellt fest, datz es in der Geschichte des Reichstages noch nicht vorge kommen sei, datz jemand ohne jeden Grund in dieser Weise die Verabschiedung einer Vorlage verhindere, die armen Sozialrentnern einen Vor teil bringen solle. Die Oesfentlichkeit müsse auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht werden. (Leb hafte Zustimmung.) Abg. Koch (Dem.) stellt fest, datz die über große Mehrheit des Hauses in dem Vorgehen der Nationalsozialisten einen ungeheuer lichen Mißbrauch der Rechte einer kleinsten Minderheit sehe. Dieses Vorgehen müsse in der schärfsten Weise gebrandmarkt werden. (Lebhafte Zustimmung.) Abg. Leicht (Bayr. Vpt.) betont, es sei ein Trauerspiel, das von einer verschwindend klei nen Minderheit des Reichstages hier aufgeführt werde. Den Schaden hätten die armen Saarleute zu tragen. Damit ist diese Angelegenheit erledigt. Die dritte Lesung kann nicht erfolgen. Das Haus vertagt sich. Der Präsident schlägt vor, die nächste Vollsitzung am 22. November abzuhalten. Das Hans beschließt demgemäß. , Der Are» beendet Schiedsspruch von den Bergarbeitern ange nommen, von den Arbeitgebern abgelehnt. Halle, 22. 10. Die Abstimmung über die Annahme oder Ablehnung des Schiedsspruches in der Bergarbeiterdelegiertenvcrsammlung hatte folgendes Ergebnis: 381 Ja-Stimmen, 36 Nein- Stimmen und 3 weitze Zettel. Vom Deutschen Braunkohleuindustrieverein wird mitgcteilt, daß die Arbeitgeber beschlossen haben, den Schieds spruch im Braunkohlentarifstreit abzulehnen. Bei dieser Sachlage wird mit der Verbindlichkeits- erklärung des Schiedsspruchs gerechnet. Für verbindlich eMört Berlin, 22. 10. Das Reichsarbeitsmini sterium teilt mit: Der zur Beilegung der Lohn streitigkeiten im mitteldeutschen Braunkohlenberg bau am 21. Oktober gefällte Schiedsspruch ist vom Arbeitgeberverband abgelehnt und von den Arbeitnehmerverbänden angenommen worden. Die Arbeitnehmer haben die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches beantragt. Dem Antrag ist vom Reichsarbcitsminister entsprochen worden. Aussperrung in der Tabak-Zndustrie? Berlin, 22. 10. Nach einer Meldung der Morgenblätter haben Tarifkommission und Vor stand des Neichsverbandes deutscher Zigarrenher steller e. V. beschlossen, allen in der Tabak- industrie beschäftigten Arbeitern und Arbeiter- innen am Sonnabend, 'den 29. dieses Monats zum 12. November dieses Jahres zum Zwecke einer Aussperrung zu kündigen, und zwar des wegen, lyeil ein Teil der Zigarrenarbeiter, und zwar in Leipzig, Breslau und Bünde in West falen in einen tarifwidrigen Streik cingetreten ist. Politische Nachrichten Boyer» vereinfacht seine Staatsverwaltung. Wie die „München-Augsburger Abendzeitung" er« fahren haben will, wird die voraussichtlich noch im Laufe dieser Woche dem Landtag zugehend« Vorlage der bai-rrischen Staaisregierung über die Vereinfachung der Staatsverwaltung in Bayern die Aufhebung sowohl des Sozial- als auch des Handelsministeriums vorsehen. Die beleidigte Familie Erzberger. Eine Ber liner Korrespondenz meldet aus Ravensburg (Württemberg): Die Familie Erzberger hat wegen der Schrift „Versailles", von Nowak, in den letzte» Tagen eine Reihe von Besprechungen mit Anwälten hier und in Stuttgart gehabt. Die Absichten der Familie sind unbekannt. In der Nowäkschen Schrift mar nichts enthalten als die Feststellung, datz Erzbergers Schwäche, Nach giebigkeit und sein politischer Dilettantismus uns in das Elend des Versailler Vertrages gebracht haben. Hanka» bricht mit Nanking. Wie aus Hong kong gemeldet wird, hat die Hankauregierung allen ausländischen Konsuln ihres Hoheitsgebietes mit geteilt, daß sie den Bruch mit der Nankingregie- rung endgültig vollzogen hat, da die Nanking regierung das letzte Abkommen mit Hankau nicht innegeholten haben soll. Mazedonischer Appell an den Völkerbund. Aus Belgrad wird gemeldet: Das mazedonische Ko mitee hat an das Sekretariat des Völkerbundes ein Memorandum gerichtet, in dem gegen di« Verfolgung der bulgarischen Elemente in Süd- slawien Klage geführt wird. Der Völkerbund wird gebeten, im Interesse der Bedrängten einzu greifen. Das Memorandum ist dem ständigen Vertreter Südslawiens beim Völkerbund zur Rück äußerung der südslawischen Negierung ausgehän digt worden. Aus Heimat und Vaterland Frankenberg, 24. Oktober 1927. Amtl. Mitteilungen aus den Ratssitzungen vom 5. und 12. Oktober und der Schulbezirke- vorstandssitzung vom 5. Oktober 1927 Es wird 1. von der Bevölkerungsbewegung im Mo nat September Kenntnis gegeben. Zu verzeichnen sind: 17 Geburten, 116 Innige, 8 Todesfälle, 101 Wegzüge, so datz die Benölkerungszahl Ende Sep tember 14149 tgeaen 14123 im August) betrug; 2. es werden belchlossen: a) die im Entwuri vorliegenden Bestimmungen über die Entlobnung weiblicher Ange stellter in Gast- und Schankwirt- ichaften in der Stadt Frankenberg, b) die im Entwurf vorliegende Sparkasjen- ordnung der Stadt Frankenberg, v) der im Entwurf vorliegende, mit der Ober postdirektion abzulchlietzrnde Hauptverlrag, so wie der mit den beteiligten Gemeinden abzu- lchließende Nebenvertrag, wegen Betrieb« Ider Kraftpostlinie Frankenberg — Lim bach, ck) die Beseitigung der an die sogenannte Seebergrührsahrt angeschlagenen, an der Ecke Töpferstratze und Seegafse befindlichen Pumpe, v) von den auswärtigen Schülern und Schülerinnen der Volksschule ein Ein trittsgeld von 3 RM. und ein jährliches Schulgeld von 6 RM. zu erheben (Schul- bezirksvorstand), k) von der Anbringung von Warnungs- schildern sür KraftfahrzeugfS-re? mit dem Hinweis auf die Schulen, in der Humboldtstraße, nach wie vor abzusehen; 3. bewillint: «) 60 RM. zur Anbringung einer Lampe in der Siedlung Lützelhöhe, b) 2150 NM. zur Erweiterung de« Leitungs netzes und der Stratzenbeleuchtung in der Siedlung Reichrheimstätte. Zu Punkt 2d und « und 3b ist die Entschließung der Stadtverordneten ettorderlich. Insgesamt beschließt der Rat in beiden Sitzungen in 68, der Schulbezirksvorstand in 3 Angelegenheiten. Tekampktes Nück Originalroman von I. S ch n eid e r-F o er stl. Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Osk. Meister, Werdau. 24 Nachdruck verbo'en. Rolf stand hoch aufgerichtet und bezwang mit feinen Augen die Fäuste, die über ihm schwebten. „Vater, warum wollt ihr nicht Frieden halten? Warum wollt ihr Gesetze stürzen, die von alters- her bestehen? Warum soll es nicht mehr Herren und Knechte geben wie seit Jahrtausenden? Wenn ihr hungert, sagt es ihr, und sie wird sorgen, daß ihr satt werdet. Wenn ihr krank seid, wird sie euch ihre Hand nicht verschließen, und wenn ihr alt werdet, nicht aus den Wohnungen werfen. Aber ihr müßt Gerechtigkeit walten lassen und sie nicht als Vampyr betrachten, der euch aus saugt. Auf diese Weise züchtet man den Haß und zuletzt wächst er so groß, daß ihn keiner mehr zu bändigen vermag." Machatizka hatte seinen erregten Händen eine Beschäftigung gegeben. Sie hielten das Bein kleid, daß es nicht über die Hüften fiel. Dabei kniff er die Augen ein und maß den Sohn zwi schen Mitleid und Verachtung. „Du — du—" Dann ein spöttisches Lächeln. „Wenn ich nicht wüßte, daß du noch niemals dein Gesicht nach einem Mädchen gewandt hast, würde ich denken, du bist verliebt in sie." „Vater!" Maß und verfallen stand Rolfs Antlitz unter dem dunklen Haar gezeichnet. Seine Hände umspannten die Lehne am Stuhle der Mutter. „Hab' ich's getroffen?" höhnte Machatizka. „Es gibt solche Narren, die nie ullssen, was sie wollen und meinen, Himmel und Erde könnten Zusammenkommen, trotz der Weite, die dazwischen liegt!" „Vater!" Rolfs Arme hingen wie gelähmte Flügel an seinem Körper herab. Machatizka sah das leichenblasse Gesicht vor sich und lenkte ein. „Ich wollte dich nicht kränken — nur warnen, wenn du etwa blind gewesen wärst. Du wirst Steine genug auf deinem Weg finden, welchen du auch gehst, und mich soll's nicht wundern, wenn du mich eines Tages ver leugnest und dich schämst, in nffr deinen Vater zu sehen." „Ich werde dich nicht verleugnen, noch mich deiner schämen," kam es ruhig. „Gute Nacht, Mutter." Rolf neigte sich über das verhärmte Frauengesicht und küßte es. Dann reichte er dem Vater die Hand über den Tisch. „Gute Nacht." Wortlos sahen die Eltern ihn aus der Türe gehen. Der alte Machatizka strich über das graumelierte Haar seines Weibes und tätschelte ihr ungeschickt über die Wangen. „Es ist alles verfehlt! Alles verfehlt! Dein Leben und meines und nun das seine auch! Von allem anderen zu schweigen!" Sie griff nach seinen ungeduldigen Händen. „Wenn ich mein Leben für euch zum Opfer bringen könnte!" Ein schwerer Seufzer hob seine Brust. „Es ist zu spät, Hermine! — Alles zu spät! Mir ist nicht mehr zu helfen und ihm auch nicht. Wir sind alle in die Irre gegangen. Er am meisten! Er liebt " „Wolfgang — wen liebt er?" „Mes, was ich hasse!" Tin sekundenlange« Zucken ging über Machatizkas Gesicht. Dann knöpft« er das Beinkleid fest, schlüpfte in seinen Rock und verließ das Haus. Wie angstverhetzte Vögel flatterte das Gelb und Rot der herbstlichen Bäum« durch die klare Luft des Oktobertages. Die Buchen standen wie weingefüllte Kelche am Saum der Wälder. Die Moldegg hatte einen feinen, hauchdünnen Schleier umgeworfen. Sie fror, und die Wellen gurgelten flinker als sonst, als hätten sie das Bedürfnis, sich zu erwärmen. Der Park, der sich um das Herrenhaus zu Elisental zog, brannte in allen Farben. In das Rot der Blutbuchen mischte sich das Gelb der Birken. Die satten Farben der Herbstblumen, welche die Rondelle schmückten, glichen riesigen Sträußen, die zwischen das Grün des Rasens geflochten waren. Seit einer Stunde lehnte Rolf unter den Wei den, die das Ufer säumten und ihm einen will kommenen Schutz gegen unberufene Blicke gaben. Mit verschränkten Armen starrte er nach dem Herrenhause, in welchem soeben ein Licht aufblitzte. Mit Heller, heißer Flamme strahlte es durch die hohen weißen Scheiben. Dahinter, hoben sich in greifbarer Deutlichkeit zwei Gestalten ab. Ein Maim und ein Mädchen, die beide über einen Tisch geneigt standen. Die Decke, die darüber gebreitet lag, mochte von dunklem Sammet sein, denn sie erschien als riesig schwarzer Flecken, auf dem die weißen Hände der beiden lagen. Rolf sah zwei Köpfe, die sich gegeneinander beugten. Dann hoben sich die Hände des Mannes und wölbten sich nm den blonden Kopf des jungen Weibes. Rolf riß den Nock auf und taumelte wie im Wirbel gegen den Stamm der Weide in seinem Rücken. Er hob den Kopf nicht mehr und hielt die Augen geschlossen, nur ein paar Blutstropfen sickerten von den Lippen auf das Kinn und von dort Welter hinab. Das schwarz« Tuch des langen Gewandes verschlang sie spurlos. Nach einer Weile klang von der Brücke her ein Hupensignal. Er hörte es, aber es war ihm, als töne es von weit her und sei ihm völlig fremd. Langsam setzte er die Füße in Bewegung. In seinem Kopfe war völlige Blutleere. Er wußte nicht, wohin er wollte, aber nach einer Weile stand er vor dem eisernen Parktore und legt« die Hand auf die Klinke. Mitleidig deckte dis Nacht ihre Fittiche um ihn, als wäre er ein Teil ihrer selbst. Erst als die weiße Helle, welche durch die Schei ben rann, seine Gestalt beleuchtete, trat er hastig in den Schatten einer Blautanne, die auf den Rasen verstreut standen. Dann hob er neuerdings die Füße und ging die Stufest hinauf. So ost ein Blatt raschelte, das der Sommerwind dorthin getragen hatte, schrak er zusammen. War er zu laut gewesen? Die Flügeltüren öffneten sich. Maria trat über die Schwelle. Das Licht der großen Stehlampe fiel in weitem Bogen um ihre Gestalt. „Ist jemand hier?" Er regte sich nicht, stand ganz bewegungslos, keine drei Schritte von ihr, an die Terrassenbrü stung gedrückt und hielt den Atem an. Sie ging weiter, kam an ihm vorbei und streifte seine Hände. Ein leiser Schrei — dann erkannte sie ihn. „Rolf!" Sie tastete nach seinen Fingern, aber er hatte sie bereits hinter seinem Rücken ver schanzt. „Wer war bei dir?" fragte er tonlos. Mein Onkel! — Komm Rolf, hier ist kei, Platz, sich auszusprechen." Sie bog ihr Gesicht gegen das seine, das er hastig zur Seite wandte^ als ihn ihr Atem berührte. Nur mit Widerstreben folgte er ihr die Stufen hinauf. Dann hielt sie ihn plötzlich zurück, schlüpfte in das Zimmer und schaltete die groß« Lampe aus, daß nur noch ein weiches, gelbes Licht den Raum erkenntlich machte. (Fortsetzung folgt.)