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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 08.10.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192710084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19271008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19271008
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-10
- Tag 1927-10-08
-
Monat
1927-10
-
Jahr
1927
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2. Beilage znni Frankenberger Tageblatt Nr. »3« Tonnab-nd, de» 8. Oktober LV«7 83. Jahrgang SSSSSSSSSSSSSMSMWWSSWSSSSSSSSSSSSSMSSSWS»SSSSS^»SSWMMMMWSWWW» Von Drinnen Berlin, erste Oftoberwoche 1927. Wenn inan denen glauben will, die nicht dabei waren und die nachher darüber geschrieben haben, ist die diesjährige Tagung in Gens wiederum «in „großer Fortschritt" in der Friedensfrag« ge- gewesen. Nicht, daß England ein Schiff weniger baut oder gar daß Frankreich einen einzigen Sol daten entläßt; nicht daß Griechenland das auf der deutschen Werft bestellte Kriegsschiff „Sala mis" mit gutem Geld bezahlt, oder daß Rumänien sich mit Ungarn einigt — nein, nein, solche letzten und heftigsten Konsequenzen des Friedens- regiments kann man wirklich noch nicht erwarten! «Aber — Stresemann und Briand haben herzlich miteinander gefrühstückt und sich nahrhaft um armt — oder vielmehr, sie haben nahrhaft ge frühstückt und sich herzlich umarmt. Am Schlüsse der Genfer Begebenheiten nämlich. Die Berichte find demgemäß an Themse und Seine und Spree erfreulich ausgefallen. Je nun, wir haben die Berichte aus dem Hauptquartier im Kriege erlebt und gewürdigt; wir werden die Berichte aus dem Hauptquartier des Friedens, die wir jetzt er leben, auch nicht mehr überschätzen. Wir sind überzeugt, der Friede ist — wenn auch noch nicht wngekommen auf dem Zentralbahnhof der Ge schichte, so doch — mit D-Zugsgeschwindigkeit unterwegs. Ueberall ist Ruhe, herrlichste Ruhe, so gar in der belgischen Franktireur-Frage. Bloß in Makedonien kracht, knallt und erplodiert's in einem fort. Komitatschis werden jeden Tag verhaftet und tragen, wie andere Leute Uhr und Hausschlüssel Lei sich haben, Revolver, Bomben und Höllenmaschinen Lei sich in den Hosentaschen. Dafür geht die Mode um den alten Olymp herum, auf dem die Götter ehemals nackt einher schritten, nicht von der weiten Hose ab. Die übrigens bei uns auch wieder Mode wird. Und solcher Inhalt der Komitatschi-Hosen war der selbe vor Jahrzehnten, ist derselbe trotz Genf, und wird derselbe bleiben. Daran werden Adria- Kongress« ebensowenig ändern wie Proteste in Belgrad und Athen. In Genf, so hört man immer wieder, Ist Unbeschreibliches getan. Die Menschheit singt sich Friedenslieder, Die Erde hört es staunend an. 'Ne Ruhe wie in Katakomben: Ein schöner, ew'ger Friede — bloß In Makedonien platzen Bomben; Da unten ist der Teufel los. Wenn brav vergessend Kampf und Siegen ,Jn neuer Weltbeglückung Bann Sich weinend in den Armen liegen Der Briand und der Stresemann; Wenn schwärmend Rußland mit Italien Schon Schwüre tauscht und Freundeskuß — Da kracht dort unten In Thessalien Noch immer der Revolverschuß. Wenn einig Heiden, Juden, Meisten Bemüht sind um der Menschheit Wohl Und eingeschworene Faschisten Nur deutsch parlieren — in Tirol; Wenn ew'gen Frühlings süßer Duft noch Umgaukelt Städte, Berg und See, Dann werden Häuser in die Luft noch Gesprengt in der Chalkidike. Ja, wenn, durch Sternen^Sturz verdorben, In tausend Jahr'n die Erde ruht; «nv L»ra«Aen Wenn längst der letzte Mensch gestorben, Und keiner Gut' noch Böses tut; Wenn Zank und Kämpfe und Verdrösse Verlobt, wie Haß und Nefl> und Gier — Hört man noch — Buml — Revokverschüsse Im Vilajet von Monasttr ... Das ist meine persönliche Ueberzeugung. Und wenn alle Bestien der Welt Ruhe geben — nebenbei bemerkt, der Duce Italiens hat sich jüngst im Löwenkäfig photogrgphkeren lassen und bewiesen, daß diese Bestken schon auf dem Wege zur Kultur sind ... wenn sie satt sind; — wenn der Pazifismus auch ohne Hilfe der Lumpen, die ihr Vaterland «in bißchen denunzieren und verraten, auf der ganzen Linie gesiegt hat — da unten, in Macedonlen nämlich, da „gibt's kaa Ruh' net". Vorerst ist allerdings auch außerhalb Makedoniens noch mancherlei Unruhe zu bemerken. Denn die letzten Hoffnungen und Bemühungen um den ewigen Frieden schweben noch. Schweben wie der Münchener Oberlehrer Carl Weber, von dem jetzt auf dem Kongreß für wsychologische Forschung in der Pariser Sorbonne der Freiherr Schrenck-Notzing berichtet hat: Vor Mitgliedern der Münchener philosophischen Fakultät habe Carl Weber sich anderthalb Meter über den Boden erheben können, wobei sein Körper in horizon taler Lage in der Luft schwebe. Ein Versuch sei gemacht worden, in dessen Verlauf Weber, nach dem er sich vom Boden erhoben und in der Luft geschwebt, sich auch noch überdies etwa «inen Meter weit fortbewegt habe. Das Phänomen habe ungefähr 25 Sekunden gedauert. — Nun seh' sich einer so ein Pech der Menschheit an! Kaum ist das Flugzeug endlich erfunden, das — nach Jahrtausenden der Versuche und großer Opfer an Leben und Kraft und Geld — Men schen vom Boden hebt und durch die Luft trägt, da macht der Oberlehrer Carl Weber so was ganz alleine — ganz ohne Apparat oder, wie der Zauberkünstler zu sagen pflegt, wenn er mit Aga, der schwebenden Jungfrau, die Panoptikum besucher düpierte: ohne Präparation, ohne dop pelten Boden! Bei der Gelegenheit mag daran erinnert sein, daß schon nn Jahre 1751, — zwei Jahre nach Goethes Geburt, zur Zeit, da dl« Enzyklopädisten Diderot und d'Aleinbert ihre Ar- bei begannen und Wieland in Deutschland seine Romane schrieb, — sichere Kunde von einem Flieger von London her durch die Länder Europas ging. Der Mann hieß oder nannte sich Garibaldi Volante, wollte aus Civita Vecchka stammen, war damals SO Jahre alt, also in einem After, in dem man gewöhnlich seine Versuche von d«r Lust auf die Erde überträgt, und angeblich ein Mitglied der Gesellschaft Jesu. Nach dreißigjäh- riger beständiger Arbeit, so hieß es, habe dieser Mann einx Maschine erfunden, welche von der Figur eines Adlers sei, und durch die er fich ver mittels gewisser Triebfedern in die Lust schwangen, und mit vieler Schnelligkeit davonfliegen könne. Er habe schon Proben von der Wirklichkeit der Eigenschaft seiner Maschine gegeben, indem er von Calais nach Dover, von Hydeparc nach Windsor und von da wieder zurückgeflogen sei. Diese Reise von vierzig Merlen habe er in zwei Stunden vollbracht ... Schon vier Wochen später hieß es, mau habe nichts mehr von dem Signor Volante gehört. Bis heute auch nichts mehr. Aber jetzt — schwebt der Oberlehrer Carl Weber ohne Apparat in der Luft — ob in der Mathe- mattkstund« vor seinen Schülern vom Katheder duvch di« Obertertia oder bloß zuhause übersti Eßtisch durch's Speisezimmer, das sagt Schrenck- Notzing nicht. Und nicht nur der Signor Volante von anno dazumal, sondern Junkersflugzeuge und Lindbergh, der kühne Pilot, und die Bagdad- Flieger und alle andern sind geschlagen. Hoffent lich kommt er recht bald nach Berlin und pro duziert sich hier. Tin sreischwebender Oberlehrer — übrigens heißt er hier „Studienrat" — f«hlt durchaus. Und die Saison kann nicht als regulär eröffnet gelten, ehe nicht diese Sensation hier funktioniert. Jnsonsten stehen wir schon mitten drin, in der Saison. Ein paar neue Theater, «in paar neue Tanzsäle, ein paar Dutzend neu« Schlsmmerlokale sind bereits eröffnet. Und — was nicht fehlen darf — gegen alle dr«i, die Theater, di« Tanzsäle, die Schlemmerlokalc, er heben sich schon puritanische Stimmen. Aber warum soll man in den Theatern nicht Ausländer spielen, die zuhause nicht aufgeführt werden? (Es ist doch bekannt, daß sich das Ausland seinerseits um deutsche Komödien geradezu balgt und reißt.) Und warum soll man die Schlemmer — wenn sie's können — als unmoralische Menschen betrach ten. Im Gegenteil. Mich reizt's gewissermaßen als Auftakt zur „Saison" — mal ein logisches Lob der Schlemmerei zu verfassen... Ward es gselehrt nicht und gedichtet Von edlen Meistern Immerzu: Wer eine gute Tat verrichtet, Den lohne schönste Herzensruh? Und während sich die andern plagen, Strömt ihm als holden Zeitvertreib Ein wonnig himmlisches Behagen Zum Schlummer lockend durch den Leib. Antwort erbitt' ich ohne Flaus«, (Und bloß kein „aber" hinterdrein!) Tritt nicht nach gutgewähltem Schmaust Inst ganz dieselbe Wirkung ein? Ist jedem, der mit solchen Fragen Sich ernst beschäftigt hat, nicht klar: Daß stets nn wohlversorgter Magen Noch Quelle des Behagens war!? Wenn ich den Salm, den delikaten, In Hollands Tunke froh genoß; Wenn ich den saft'gen Schöpseirbraten Mit Rauenthaler mild begoß; Und wenn dem weißen Fleisch der Put« Gefolgt das kühle Pückler-Eis, Deucht's meinem Leib, daß ich das Gute Getan mit wohlberat'nem Fleiß. Und wie ein Braver, treu und bied«r, Der Tat den guten Vorsatz eint, Sprech' ich: „Hier eß ich morgen wieder, Weil mir's ein guter Ausschank scheint!" Denn eins bleibt klar kn all dem vielen, Was unser Missen noch verhüllt: Schön ist's, al» guter Mensch sich fühlen, Der gegen sich die Pflicht erfüllt! Diogenes. El« al» Nahrungsmittel Bei der wichtigen Rolle, die das Hühnerei im Haushalt spielt, ist es geradezu erstaunlich, eine wi« große Fülle von irrigen Ansichten über die Bedeutung des Eies als Nahrungsmittel und über die zweckmäßigste Art seiner Zubereitung sich allmählich im Volke einyenkstet hat. Dies« falschen Ansichten, die sich teils in einer zu geringen Bewertung, teils auch in einer WertüberschLtzun« des Gies und seiner Bestandteile äußern, finden sich sogar kn Büchern, die der Volkraufkläruckg oienen soffen. Bekanntlich besteht ein Ei in der Hauptsack« aus der Kakkschale, dem „Weißen" de» Eies un» dem gelben Eidotter. Der Gehalt an wertvollen Nahrungsstoffen wird Leim Ei im affgemrinen überschätzt; denn mrr ein Viertel seines Bestand teiles sind tatsächlich eigentliche Rahrungsstoffe und zwar kommen etwa davon 14 v. H. auf das Eiweiß, das fich sowohl im „Weißen" als auch im „Gel ben" des Eies vorfindet, und etwa 11 v. H. apf das Dottersett. Der ganze übrige Rest, also dreiviertel seines Gesamtbestandes, besteht ab«« aus Wasser. Wenn man berücksichtigt, daß Met heute einen ziemlich hohen Preis haben und man für weniger Geld eine ihnen an Nährwert gleich« Menge Fleisch oder Milch erhalten kann, so sind sie auch keineswegs billige Nahrungsmfit«l. Ein sehr beliebtes Mittel, „gute" Eier von „schlechten" zu unterscheiden, ist das Eintauchen itzl eine etwa zehnprozentig« Kochsalzlösung: tauchen sie in dieser Flüssigkeit unter, so find fi« gut, schwimmen sie dagegen, so sollen sie angeblich ver dorben sein. Aber auch diese Annahme ist irrig. Das spezifizierte Gewicht einer zehnprozentigen Kochsalzlösung beträgt nämlich 1,05 und das eine« Lies in ganz frischem Zustand etwa 1,06—1,07; letzteres ist also etwas schwerer als die Flüssig keit und muß infolgedessen untergehen. Nim ver dunstet aber von dem im Ei in reichlicher Menge enthaltenen Wasser täglich etwas durch die poröse Kalkschale hindurch. Das Ei wird also jeden Tag leichter, bis es nach zehn Tagen nur noch ebensoviel wiegt oder gar schon spezifisch leichter geworden ist als die Kochsalzlösung. Das Ek muß nunmehr natürlich in der Flüssigkeit schwim men. Man kann aber ein solches zehn Tage alte« Ei doch unter keinen Umständen als schlecht bezeich nen, da es, abgesehen von dem geringen Wasser verlust, die eigentlichen wertvollen Nahrungs bestandteile, das Eiweiß und das Fett, in unge schmälerter Menge und der gleichen Qualität ent hält. Allenfalls könnte nach längerem Aufbe wahren vielleicht der Geschmack des Eies etwa« gelitten haben, nicht aber sein Nährwert. Natür lich schwimmen auch faule Eier in der Kochsalz lösung. Allo das Kennzeichen für da» Verdorben- sein eines Eies ist das Schwimmen in der Koch salzlösung auf keinen Fall. Ebenso verhält es sich mit der Prüfung der Eier auf ihre Durchsichtig keit hin, daß ein Ei um so weniger durchsichtig ist, je mehr Wasser es infolge von Verdunstung durch di« poröse Kastschal« hindurch verloren hat. Eine vielerörterte Frag« ist auch die, ob man Ei«r weich oder hart genießen solle. Di« Volks- meinung behauptet, daß Eier roh als Trinkeier genossen und allenfalls noch im sogenannten pflaumenweichen" Zustand am leichtesten verdau lich seien. Ein« nähere Prüfung dieser Frag« ergibt aber, daß auch diese Ansicht irrig ist. Denn im rohen Zustand stellt das Ei einen zähen Schleimklumpen dar, der den Verauimgssäften nur eine verhältnismäßig kleine Oberfläche für ihre Einwirkung darbietet. Wird das Ei dagegen völlig hart gekocht, und dann mit großer Sorg falt klein gekaut, so entstehen Taufende von klein sten Partikelchen. Di«se bieten nun den Ver- daunngssäften eine so große Angriffsfläche dar, daß sie in vollkommenster Weise verdaut werden. Am bekömmlichsten ist also das hartgekochte Er in feinverteiltem Zustand. Lrkampktes 6luck Originalroman von I. Schneider-Fverstl. Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Osk. Meister, Werdau. 11 Nachdruck verboten. Sie drückte yzit einer unsäglich müden Bewe gung den Hut tiefer ins Gesicht und wandte fich der Türe zu, die nach dem Parke ging. „Hier nicht!" sagte er barsch und schlug die Portieren zu seinem Arbeitszimmer zurück, um sie eintreten zu lassen. Sie begriff. Er wollte nicht, daß sie noch ein mal mit dem Kinde zusammsntraf. lieber seinem Schreibtisch hing noch ihr Bild in schwerem, dunstem Rahmen. Ihr Blick blieb für eine Se kunde daran hängen. Er sah es und sagte mit einem leichten Zucken um den Mund: „Es ist um des Kindes willen. Ein Bild der toten Mutter — weiter nichts." Sie verhielt den Schritt und suchte nach seinen Augen. -„Und die anderen alle? Was hast du denen gesagt?" „Die anderen? Mit Ausnahme meiner beiden Brüder find sie affe von deinem Ableben ver ständigt worden." Er stützte sie rasch und begleitete sie zur Türe, die nach der großen Halle führte, durch welche die Gäste zu kommen und zu gehen pflegten. Dor ihrem Micke verschwamm alles in grauen pogenden Nebeln. Seine Jugendtrophäen an den Wänden — die breiten gezackten Wedel der Fächerpalmen — die hohen geschnitzten Stühle mit den sattgrünen Gobelinbezügen. Di« Türe zum Speisezimmer stand offen. Silberblitze kamen von dem Nickel und den Bestecken auf dem blütonweißen Damast. Dort an dem Mit« lelplatz hatte sie immer gesessen und ihr gegen- Eber der Mann, den sie einmal so über alle» ««liebt Chatte . Sie begriff sich nicht mehr. Wußte nicht, wie es möglich gewesen war, daß sie von hier fort in die Arme eines anderen flüchtete, in der Leidenschaft und dem Taumel ihrer zweiundzwanzig Jahre — —. Nun war es zu firät. Keine Reue, keine noch so große Demütigung brachten ihr das Ver lorene wieder. Sie floh davor wie vor etwas Entsetzlichem, das ihre Gedanken verwirrte. Im Parke sah sie noch einmal den blonden Lockenkopf ihres Kindes aufleuchten. Die Kleine flog in die Arme Moltons, der sie hochhob und mit ihr zwischen den Bäumen verschwand. Das Nattern des Autos, das sie gcmq N hatte, war schon längst am Waldsaume veruuugcn, als der Kommerzienrat scharfen Blickes die Straße hinabspähte. Dann ging er Hand in Hand mit Maria hinüber nach der Fabrik, um sie mit kn sein Büro zu nehmen. Er wollte sie jetzt nicht allein im Park lassen, auch nicht unter der Aufsicht ihrer Erzieherin. Eine Mutter, die, um ihr Kind zu sehen und es zu küssen, sich vor einem Manne auf die Knie warf, war zu allem fähig. Und sie war einsam, und die Einsamkeit zei tigte Entschlüsse, die gefährlich waren. Es war besser, das Kind blieb einige Tage ausschließlich in seinen Händen Und in seiner Obhut. Wochenlang kam er in der Folge dutzend Male des Tages aus der Fabrik herüber, um nach ihr zu sehen. Das Parktor blieb Tag und Nacht versperrt. Jeder Fremde mußte sofort Lei ihm gemeldet werden. Erst im Winter, als Gertraud Dümfeld weder ihren Besuch wiederholt, noch etwas von sich hatte hören lassen, wurde er wieder ruhiger. Aber er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, stündlich im Herrenhaus« anzuläuten. Da mußte dann Klein-Maria ans Telephon kommen und sagen, wie es ihr gehe und was sie treibe. Das Kind empfand dies äl» einen Riesenspaß. Dem Vater aber gab die Helle, frohe Stimme jedesmal neue Beruhigung und Schaffensfreude. Die Jahr« gingen in ununterbrochenen: Gleich- noch erhöht wurde. .Nicht? Der Kommerzienrat begriff nicht, was d«i Bruder zu seinem Nein veranlaßt hatte. „Ich Maria kam die Treppe heraufgesprungen und. Die Kleinen kleidete dies lange wallende Ge- zog Rolf Machatizka, den sie vom Garten her«! wand ganz entzückend, während es den Großen aufgeholt hatte, mit sich fort. „Komm doch, eine gewisse, beinahe priesterhafte Würde gab§ Rolf! Nicht wahr, Onkel Abt, er darf jetzt noch die durch das fleckenlose Weiß des niederen Steh- mit uns nach der Stadt fahren und bis zum, kragens, der sich über das violette Rändchen hob, Abend bleiben. Papa bringt ihn wieder!^' „Nein!" sagte Guntram schroff. „Wenn es dir nicht erwünscht ist," sagte Mol ton entgegenkommend, „machen wir nur einen steinen Abstecher zu Viktor nach Spiegelhütt«, soviel Zett haben wir gerade noch." „Ich wünsche auch das nicht!" sagte Gimtram kurz. Dann zu Rolf Machatizka gewandt: „Ich denke, du wirst für morgen noch zu studier« haben! — Empfiehl dich also!" (Fortsetzung folgt.) Keiner der Schüler hätte dieses Gewand missen — Sie sah ihm maßlos erstaunt mögen. Die meisten trugen es auch in den Ferien ins Gesicht. Der Ton — das Wort — die «der nahmen es nach ihrem Austritte zum Er- Knappheit, alles verblüffte sie. Das war noch - knnevn mit hinaus ins Leben. Ein Schüler von nie gewesen. ' St. Georgen zu sein, war Ehre, und man legte Rolfs Gesicht aber lohte glühend auf. Er war! ohne Ausnahme Wert darauf, da^ man auch kein Knabe mehr, sondern ein junger Mann von schon durch die Kleidung als zu st. Georgen zweiundzwanziq Jahren, den das Nein des Abtes gehörig erkannt wurde. zweiundzwanzig Jahren, den das Nein des Abtes wie ein Hieb getroffen hatte. Er las in dessen Augen alles. Bis in die letzten Tiefen der Seels sah er dem Abt, und empfand sine würgende Scham, daß Maria Hoch immer seine Hände umklammert hielt. Trotzdem wagt« er nicht, sich davon frei zu machen imd ihre Kinger gaben ihn noch immer nicht los. maße. Maria trat in ihr fünfzehntes! Jauchzte bringe ihn prompt zum Abendtisch!" sagte er über das Heute und freute sich auf das Morgen, ruhig. „Wir werden auch nicht kn eines der Der Winter brachte Schnee und Schlittengeklingel. Gasthäuser gehen, sondern in ein Kaffee oder Der Frühling Sonne und Blüten und der Som- zu einen: Glase Wein." mer Rolf Machatizka, der seine Ferien zu Hause, Eg war Molton eingefallen, daß Guntram sich verlebte und ihr unzertrennlicher Sprelgenosse ge-, ei„mal geäußert hatte, er liebe es nicht, wenn worden war. seine Schüler sich in den Gastböfen der Stadt Ber einem Besuche in St. Georgen hatte Abt „kgen, und wenn man das Kleid derselben zu Guntram gesehen mit welcher Andacht Marias, ^st den Straßen zu sehen bekäme. Blick an dem Gesichte des Jugendfreundes hing, s ^it diesem Kleide hatte es nämlich seine B-- „Ls wird Zeit, daß du deine Tochter kn eine wandtnis. Es wurde von alle:: Zöglingen der Pension gibst," sagte er zu Molton, der mit Anstalt getragen, die zu Studienzwecken dort ekn- lachenden Augen in den Klostergarten sah, wo traten. Ob es nun ein Eleve der ersten oder die Schüler sich mit Ballwerfen und Krocketspielen der letzten Klaffe war, immer erschien er kn dem vergnügten. s langen talarartigen Gewände aus schwarzem „Ich denke nicht daran," war die Erwiderung.' Dich mit einem' schmalen dunkelvioletten Strek- „Hast du etwas an ihr auszusetzen?" i ftn, der den Kragen säumte und an dem un- „Nichts — als daß du sie maßlos verwöhnst!" sichtbaren Knopfverschluß des langen Vorder- „Das ist sehr wenig und nicht ihre Schuld." teiles herablief. ------ - - - - Die Kleinen kleidete dies lange wallende Ge-
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