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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 15.09.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192709158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270915
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270915
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-15
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
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z« «letzlitrzohlui, am l. Atob« Am 1. ONo-er tritt, wi« schon früher mtta«t«iU, ein« Erhöhung d«r Miet« uno der Mietzinsfteuer «In. Erster« beträgt zurzeit 65 v. H., letzter« 45 v. H., «uiammrn allo 110 v. H., vom 1. Oktober ab tritt eine Stetaeruna von iurarlamt 10 v. H. ein. Da- von entfallen 4 v. H. auf di« eigentliche Miete, während 6 v Die Miete le . L. aus dir Mi«t,in,st«uer «ntsallen. bst stellt sich also von dtrsem Termin ab au» 6» v. S. und die Miet,In,st«uer am 51 v. H. Wir geben nachstehend «ine tabellarische Uebersicht, jo daß jedermann leicht in der Laae ist, auezurech- nen, war «r am 1. ONober zu zahlen hat. Bei einer Jahres- Miete elnscht. Mietzinssteuer Davon «n aussicht tfallen vor- lich auf Mietzins steuer friedensmiete 12°/,d. Fr.-M. rein.Miete von PM. RM. 69°/„RM. 51 "/„RM. 1 0,10 0,0575 0,0425 2 0,20 0,115 0,085 8 0,30 0,1725 0,1275 4 0,40 0,23 0,17 5 0,50 0,2875 0,2125 6 0,60 0,345 0,255 7 0,70 0,4025 0,2975 8 0,80 0,46 0,34 9 0,90 0,5175 0,3825 10 1,00 0,575 0,425 20 2,00 1,15 1,725 0,85 30 3,00 1,275 40 4,00 2,30 1,70 50 5,00 2,875 2,125 60 6,00 3,45 2,55 70 7,00 4,025 2,975 80 8,00 4,60 3,40 90 9,00 5,175 3,825 100 10,00 5,75 4,25 200 20,00 11,50 17,25 8,50 300 30,00 12,75 400 40,00 23,00 - 17,00 500 50,00 28,75 21,25 600 60,00 34,50 25,50 700 70,00 40,25 29,75 800 80,00 46,00 34,00 900 90,00 51,75 38,25 1000 100,00 57,50 42,50 Aus meinem Leben Bon Fedor Chaljapin. Vorbemerkung der Schrift leitung: Der große, weißhaarige Chaljapin, einst der Stern der Kaiser lichen Oper in Moskau, heute ebenso der Stolz Sowjetrußlands, feiert immer noch in der ganzen Welt Triumphe. Die nach folgenden Aeußerungen dieses bedeutend sten Baßbaritons der Gegenwart dürften daher allgemeines Interesse erwecken. Mein Leben ist wie ein vom Gebirge berab- stürzsnder Wasserfall. Es ist schwer, aus oiesem fließenden Strome einzelne Tropfen herauszu- findsn, um sie zu analysieren. Ich bin 52 Jahre alt und kann mich heute über nichts beklagen,- doch kann mir mein jetziger Wohlstand keinen einzigen der in Hunger, Not Md Elend verbrachten Tage meines Lebens aus Kein Gedächtnis bringen. Ich gedenke der alten Zeiten und sehe mich so klar in den verschiedenen -ergangenen Verhältnissen, als ob sie sich erst gestern ereignet hätten. Ich bin Bauer und habe nie geleugnet, einer zu sein. Auch auf der Bühne, wo mir Tausende von Zuschauern lobend Beifall klatschen, vergesse fch nicht, das; ich der Sohn, der ehrliche Sohn eines Bauern bin! Nur ein einziger Mann ist mir bekannt, der ebenso fühlt wie ich; diesen Wann traf ich in meinem fünfzehnten Lebens jahre. Ich hatte mich damals bei einem der Theater von Tiflis als Chorsänger gemeldet, pnd zwar gerade in der Zeit, als sich meine Stimme änderte. Man nahm mich nicht auf, sondern wark mich aus dem Theater heraus. In Tränen, verzweifelt sah ich, wie man einen anderen, neunzehn Jahr, alten Burschen aufnahm, obwohl er wirklich nicht singen bannte. Fünf zehn Jahre später, als ich den Schriftsteller Marim Gorkij in Nischni-Nowgorod kennen lernte und ihm meine Geschichte erzählte, brach er in Trä nen aus, küßte mich und gestand mir, daß er dieser neunzehnjährige Bursche gewesen sei, den man damals ausgenommen, doch kurze Zeit später gleichfalls hinausgeworfen hatte. Auch er hat seine Bauernabstammung nie verleugnet. Meine Laufbahn fing unglücklich an. Ich hatte mich in Baku einer französischen SchauspielertruPpe angeschlossen, fiel aber bereits nach zwei Wochen durch und wurde obdachlos. Das war mein erstes großes Unglück. Drei Wochen hindurch lebte ich von Tee und trockenem Brot, und um mich vor dem Verhungern zu schützen, mußte ich sogar meinen Rock verkaufen. Im bitter kalten Winter war ich gezwungen, auf harten Bänken zu schlafen. Ich sprang alle fünf Minuten auf, um nicht zu erfrieren. Zusammen mit drei anderen Unglücksgefährten schlich ich in einen leeren Zirkus, und unter einer alten Decke wärmten wir unsere kalten Glieder. Mich fror, daß ich es kaum mehr länger aushalten konnte. Als ich in den Straßen umherlief, stieß ich mit einem Schauspieler zusammen, dem es genau so era-ng wie. mir. Er war ein Mann voller Ein fälle. Wir gingen in Hotels, mieteten Zimmer, aßen und tranken, und wenn es zur Mrechnung kam, brannten wir stets durch. Das trieben wir so eine Zeitlang; dann verschwand auf einmal mein Freund und ließ mich in einem Hotelzimmer allein zurück. Der Wirt gab mir nichts zu essen und wollte mich, solange meine Rechnung unbe zahlt blieb, nicht .heranslassen. In der Nacht sprang ich vom Fenster herunter und flüchtete in die Steppe. Man wollte mich nirgends auf- neihmen, da man mich für einen Einbrecher hielt. Endlich gelang es mir, als Dockarbeiter bei der Firma Kaukcsucs u. Merkur eine Stelle zu er halten, wo man mir 30 Kopeken für den Tag zahlte. Ich war glücklich: doch sollte mein Glück nur von kurzer Dauer sein, denn die große Cholera-Epidemie brach aus. Tausende von Men schen starben täglich. Die Spuren dieser Zeit haben sich tief in meiner Seele eingeprägt. Auch mich hat man dieser schrecklichen Krankheit ver dächtigt. Umsonst beteuerte ich, daß mir nichts fehle. Ich wurde entlassen und strich um die Werft herum wie ein toller Hund; ich fand einen Revolver und richtete ihn gerade gegen mein« Stirn, als ein seltsamer kleiner Mann meinen Arm ergriff und mir den Revolver aus der Hand wand. Ich war hundertmal stärker als er, doch ich hatte keine Kraft, mich loszumachen. Aus Ueberdruß am Leben und den Menschen, aus Ueberdruß am Leiden wollte ich Selbstmord be gehen; da wurde er im letzten Augenblick vereitelt. Mein Netter war Professor Ussatosf, der mich nach seinem Hause geleitete. „Man sagt, daß Sie zu singen pflegen?" meinte er. „Singen Sie mir etwas vor!" — In diesem Zustand mußte ich ihm ein kaukasisches Lied vorfingen. Dann fragte ich ihn unbehilflich, ob ich Singen lernen dürfe. — „Ob Sie dürfen? Nein! Sie müssen! Es ist Ihre Pflicht!" Noch heute erinnere ich mich seiner Worte. Ich hatte noch nie eine so schöne Wohnung ge- sehen, wie die von Professor llssatoff. Ich kam mir sehr ungeschickt vor und war recht scheu. Später gab mir der Professor neue Klemer und führte mich zu Tisch. Ussatoff wandte sich an mich: „Chaljapin, schnüffeln Sie nicht mit der Nase!" — Ich schämte mich, doch ich hatte kein Taschentuch. Jetzt kann ich es schon eingestehen, daß ich das Tischtuch zu diesem Zweck be nutzte ... Dann habe ich mich verändert.. — Die Jahre liefen rasch dahin. 1896 sang ich Boris Godunow von Mussogorsky in Moskau. Seit dieser Zeit habe ich die Welt bereist und ließ mich schließlich in Paris inieder. Heute, wenn ich an die Vergangenheit zurückdenke — und das geschieht sehr oft — will ich möglichst denen helfen, die sich in demselben Zustand befinden, in dem ich einst war. Ich widme mich viel meiner Familie und bin den Menschen gegenüber sehr zurückhaltend, be sonders fett man über meine Freundschaft mit der Zarin so viel geredet hat. Wenn Ihre Majestät in der Loge erschien, beugte ich stets das Knie vor ihr; ja, ich habe ihr sogar in geschlossener Gesellschaft vorgesungen. Das hat zu Redereien Anlaß gegeben. Die Intriganten des Zarenhoses haben dar Wohlwollen Ihrer Majestät mir gegenüber auf eine Unsinnige und unangenehme Weise mißdeutet. Das ist selbst- verständlich nicht bis zum Zaren gelangt, sonst wäre ich wohl schon längst in den Bkeigruben Sibiriens gestorben. Doch darüber spreche ich nicht gern. Ich habe einen einzigen wahren Freund, Marim Gorkij. Auch wenn wir kaum ein Wort reden, wenn wir zusammen sind, verstehen wir uns. In einem seiner letzten Briefe schrieb er mir folgendes: „Mein Fedor! Heute dachte ich daran, daß wir beide sterben können, da wir, glaube ich, doch schon etwas für die Menschheit geleistet haben." Es hat mir weh getan, daß Gorkij an den Tod denkt. Doch manchmal, in einsamen Stun den, wachen die bösen Geister auch in mir auf und weisen auf den Weg des Todes, dem ich aber noch nicht folgen will. Ich will noch singen und leben! Spul Skizze von Erich Makowski-Duisburg Der Schachmeister stand auf und wars mit einer unwirschen Handbewegung die Figuren um, daß sie dumpf über das Brett kollerten. Mit dem Problem kam er heute nicht vom Fleck, auch war er wohl nicht in der richtigen Stimmung«» gründ licher Denkarbeit. Gleich würde es Mitternacht schlagen. Er gähnte. Man suchte am besten das Bett auf. Obwohl das Zimmer schon dicht von blauen Schwaden erfüllt war, zündete er sich noch eine neue Zigarette an. Mechanisch nahm er das Zeitungsblatt vom Nebentilchchen, trat an'« Licht und überlas noch einmal die kurze Notiz, die ihm die Arbeit dieses Abends verdorben hatte. Dann warf er das Blatt auf die umgestürzten Figuren und sog hastig an seiner Zigarette. Nun, was war dabei? Ernst Tarkow kam also aus Amerika zurück. Die »Leonie" konnte jeden Tag einlaufen. Ernst brachte den Meistertitel mit. Der bisher ungeschlagene Amerikaner hatte sich ihm denken wüsten. Bravo, alter Jung«! Wirklich, er neidete ihm den Erfolg nicht. Es hatte seinerzeit ihrer engen Freundschaft nichts ge schadet, al« er dem Jungen, rasch Aufstrebenden nach zähem Kampf die Landesmeisterschaft hatte abtreten wüsten und er Zweiter wurde in dem Reich, das er jahrelang a!s unbestrittener Führer beherrscht hatte. Nach wie vor kam Ernst Tarkow jeden Dienstag und Freitag abend herüber in das Heim seines Freundes zur gewohnten Partie Schach, diesem feinen, ausgeglichenen Ringen, das beiden im Laufe der letzten Jahre zur unentbehrlichen Gewohnheit geworden war. Langsam und nachdenklich zerdrückt« der Meister den glimmenden Zigarettenrest in der überfüllten Schale. Damit wird es nun aus sein! Du wirst wohl nie wieder zu mir kommen, Ernst Takow. Ich kann Dir nicht helfen! Du hast nun den Titel, von dem auch ich einst träumte, ich aber erhielt inzwischen das Jawort der Frau, um die wir bis- her beide warben! Ich hätte hinter Deinem Rücken gehandelt, in Deiner Abwesenheit? Lächerlich! Man schmiedet das Lisen, solange es heiß ist. . . Und wenn Du etwa glaubst, sie, die im Mier bester zu Dir paßt, habe im Grunde auch etwas mehr für Dich übrig gehabt und sich nur in einem Augenblick der Verwirrung und Ratlosigkeit über rumpeln lasten, so ist das . . . Er trat an das nachtdunkle Fenster UnK sA hinau». L» wird ihn höllisch treffen, g«wth! Aber er wird sich fügen wüsten. Dem einen zerbrM dieser, dem anderen jener Traum. So ist d«D Leben ! . . . E« klopft hart und kurz. „Herein!" Der Meister fährt erstaunt h«rum und starrt die Gestalt an,' di« sich durch den blauen Rauchnebes nur undeutlich und schwach von der Tür abhebt.- .Ern«, - Du?... Ja, bist Du denn „Heute ist Freitao, denke ich", sagt der Ankömm ling mit s Itsamer Stimme. Der ander« verstummt. Ernst Tarkow ist also da, WahrsL«tnlich Hai er bei seinem Eintreffen schon alles erfahren und sich, trotz der späten Nachtstunde; sofort zu ihm aufgemacht. Zu einer letzten Aus sprache, di« ja kommen mußte. Trotzig reckt «r sich auf. Aber d«r Besucher sitzt schon am Svi«lbr«tt, stellt die Figuren auf und nimmt eine Zigarette autz der Schachtel, gleichmütig, wie immer, al» hätte er sich am letzten Dienstag erst verabschiedet. „Weist beginnt." Sie sitzen und spielen, aber der Netter« ist nicht bei der Sache. In unruhig langen, nervösen Züaeis raucht er leine Zigarette. Seine Gedanken umkreisen den anderen, der stumm, schattenhaft, im blaukrau« selnden Dunst ihm gegenüber sitzt und nur zuweilen die lang«, weiß« Hand vorstreckt, um «inen Zug zu tun. Er wriß also noch nichts! Uebrigens doch «in wunderlicher Kauz, dieser Ernst! Kommt von Amerika, erscheint um Mitternacht zum Spiel und tut, als sei inzwischen nichts geschehen. Nun, marr kann ja darauf eingeben. Es hat sich also nicht« von Belang ereigne!. Der ein« gratuliert nicht zum Titel, der andere nicht zur Verlobung. Wir spielen noch einmal al» die Alten miteinander. Alles Un angenehme verschieben wir auf morgen. Also die letzte Partie, mein Junge! Er spielt sie schlecht, diese letzte Partie. Trotzdem ihm plötzlich brennender Ehrgeiz drängt, noch ein-, mal zu zeigen, was erk ann, daß er den Titel ebenso gut hätte g« „Ich nehme Dir die Dame", Ningt die rubigL Stimme seines Gegners. „Du hast nicht ausgepicht!" Wahrhafttg, die Dame ist hin! Er hoielt wie ein Anfänger. Nun wird er dieses letzte Mal doch noch' verlieren ... Jähe Wut kocht in ihm auf, «in blinder Drang, dem anderen den Triumph durch «in böses Wort zu verleiden. -Du irrst", sagt er betont und höhnisch. Ich nahm Dir die Dame!" Im gleichen Augenblick tut es Ihm leid. Er steht, wie es den andern trifft. Also weiß er es schon ! Er duckt die Augen förmlich auf da« Brett, unk dem weißen, starrenden Antlitz gegenüber zu entf rinnen. Da siebt er plötzlich noch eine überraschende' Gewinnmäglichkeit in seinem sonst so aussichtslosen Spiel. Wenn der Gegner — Noch einmal packt ihn die Leidenschaft. In hastigem Zug wirft er einen Springer zur Seite und gibt einem markiert«» Turm die Bahn zum Angriff frei. „Schach"! Die Hand gegenüber zieht mechanisch, zieht un sicher — spotnchlecht. In zwei, drei Zügen eilen die weißen Figuren zum Sieg. „Schach!" — Und nochmal«: „Schach — matt!" Laut und triumphierend schallt es durch den Naum und findet ein seltsames Echo. „Matt!" Schwach und gurgelnd wie das Röcheln, eines Sterbenden kommt es von den Lippen de» Gegenübers. Der Meister fährt entsetzt empor; blitzartig muß er daran denken, daß dieses Wort in der Sprach«' des alten Volkes, von dem das Spiel stammt, „tot" bedeutet: Der Schah ist matt — der König ist tot! „Was ist Dir?" sraat er, angstvoll vorgebeugt. Da sieht er, daß der Stuhl gegenüber leer ist . . . Die Wirtschafterin findet ihn morgens im Fieberwahn. Der Arzt hatte einen schweren Stand, aber langsam ging es dann bester. Nach längerer Z«it erst erfuhr der Genesende, daß die „Leonte" in jener Nacht mit sämtlichen Fahrgästen gesunken war. Zweiseltlg beschriebe«« Manuskripte müssen wir in Zukunft -er Satzschwierigkeiten «egen unbedingt ablehnen. Die Schrlftlettung. Vee Zpuk von l.m6enbeeg Roman von Otfrid v. Hanstein. Oop/riZttt 1925 bzc Karl Köhler 8- Co., Berlin-Zehlendorf. 43 Nachdruck verboten. Staatsanwalt Möllenhof lächelte überlegen: „Eben das Mädchen war unser bester Beweis. Sie wissen, daß er sie in jedem Falle hypnotisiert hat, ebenso wie voraussichtlich Roland. Das Mädchen ist wahrscheinlich außerordentlich sen sitiv. Im ersten Augenblick hat sie ihn erkannt, denn Sie alle haben gesehen, daß sie mit einem Jubelschrei an seine Brust stürzte. Er hat sie in dieser Minute von neuem hypnotisiert. Misten Sie nicht, daß bei sehr empfindlichen Menschen »in einziger Blick — ein Strich mit der Hand des gewohnten Hypnotiseurs genügt, um sogleich den Schlaf zu "bringen? Er hat sie — vielleicht sogar, ohne es zu wollen, beeinflußt — deshalb schlug sie um und brach sofort ohnmächtig -oder — im magnetischen Schlaf zusammen." Hammacher nickte: „Nicht unwahrscheinlich — damit hätten wir den ersten positiven Beweis von der suggestiven Kraft dieses Bill Jefferson, wie aber erklären Sie sich den Umstand, daß in Leipzig —" Möllenhof fuhr fort: „Ich will einem so ver dienten Manne, wie es Herr Dr. Schlüter ist, gewiß nicht zu nahe treten, aber — einer Hyp nose gegenüber ist unter Umständen auch der Veste wehrlos." Schlüter sah auf. „Cie meinen —?" „Ich wiederhole — ich bin überzeugt, daß Sie selbst, verehrter Herr Doktor, der festen Meinung sind — Mir wäre es vielleicht nicht anders gegangen." Professor Frankhofer, der als stummer Zeuge allem beigewohnt, wandte sich an Hammacher: „Darf ich mir als Nervenarzt, der sich sehr viel auch mit solchen Dingen beschäftigt«, ein Wort erlauben?" „Bitte, Herr Professor!" „Wir haben noch Miß Ethel und Mr. Hamil ton hier. Ich habe oft seltsamen Experimenten beigewohnt, bei denen Medien in den magne tischen Schlaf, wie Sie es nennen, fielen. Solch ein schlafendes Medium ist natürlich überaus sensitiv und empfindet es sogleich, wenn eine andere Kraft in ihre Nähe kommt. Solange sich an ihrem Lager nur neutrale Menschen auf halten, damit meine ich solche, die selbst keine suggestive Wirkung auszuüben imstande sind, lie gen sie ruhig und verfallen bisweilen in ihre somnambulen Zustände. Tritt aber ein andrer Mensch, von dem ebenfalls diese uns vorläufig nur in ihren Wirkungen bekannte Kraft ausgeht, in ihren Kreis, so pflegen die Medien zu leiden, in Krämpfe zu fallen und ich möchte sagen, in ihren: Körper entsteht gewisseermaßen ein Wider streit zwischen den beiden, nennen wir es einmal Nervenströmen, die auf sie einwirken. Es ist ja so eigentümlich und für uns normale Menschen kaum faßbar, was diese Sensitiven empfinden. Die Seherin von Prevorst behauptete ja in ihren letzten Jahren, hauptsächlich von den Nerven ausstrahlungen gesunder Menschen ihre eigene Lebenskraft zu erhalten und es ist erwiesen, daß sie sich jedesmal wohler fühlte, wenn ein Nerven gesunder längere Zeit an ihrem Bett war, wäh rend dieser selbst sich nach solchem Besuch matt fühlte, als habe sie von seiner Kraft etwas zu sich hinübergezogen. Ich möchte vorschlagen, wir bitten Hamilton, Miß Ethel einzuschläfern. und dann führen nkir Jefferson, ohne daß sie davon wußte, an ihr Bett und veranlassen ihn, wo- möglich ihre Hand zu erfassen. Ich glaube.be stimmt, hat er in der Tat die ihm durch den Verdacht zugeschriebene außergewöhnlich« sugge stive Kraft, dann muß fie es fühlen." Hammacher nickte. „Gewiß! Mein lieber Herr Dr. Schlüter, viel leicht haben Sle die Wüte, da Ihnen ja die beiden näher bekannt sind, mit dem Herrn Pro- sessor das Nötige zu veranlassen. Ich werde in zwischen mit dem Staatsanwalt Möllenhof zu sammen die entschieden notwendige Leibesvisita tion vornehmen. Wir haben ja jetzt das Num- mevnverzelchnis der gestohlenen Noten — es wäre doch von großer Bedeutung, wenn es sich her ausstellen sollte, daß eine dieser Noten m seiner Hand wäre." Während Schlüter und der Professor in das Hotel „Stern" hinübergingen, um mit Miß Ethel und Hamilton zu reden, begaben sich Hammacher und Möllonhof zu Jefferson. „Nun? Bin-ich i ch oder bin ich ein anderer?" Hammacher fühlte das Lächerliche dieser Frage, und daß es noch lächerlicher wäre, zu antwor ten: „Wir wissen es noch nicht." Jefferson unterzog sich ohne jeden Widerstand der Visitation. Er hatte in seinem Mantel eine Brieftasche, die etwa fünfzigtausend Mark in Tausend- und Hundertmarkscheinen enthielt, aber von den gestohlenen war auch nicht ein einziger darunter. Das Hotel „Stern" war überfüllt. Unter den Fremden, die jetzt jeder Tag brachte, waren auch eine Menge von Menschen, die sich Spiritisten, Okkultisten und ähnlich nannten. Ernst forschende Männer und solche, die sich in Phantastereien er gingen. Hamilton war von ihnen umringt, ob gleich er sich möglichst stumm verhielt. Besonders ein jüngerer Herr erregte Aufsehen. Auch auf Schlüter stürzte er sogleich zu. „Schmidt! Dr. Schmidt! Vorsitzender der Spiritistischen Loge " r AstraNeib", Heraus geber mehrerer Facl ^.utcr. Ich bitte dringend, ziehen Sie mich zu Rate, ich glaube, Ihnen nützen zu können!" Ein anderer Herr trat heran: „Fischer! Ich möchte damz doch bemericn, daß wir ernsten Spiritisten den Schmidtschen Bestre bungen —" Es waren augenscheinlich zwei scharfe Gegner. Schlüter wehrte ab: ,,Meine Herren, wir Haven hier keine gelehrt« Disputation —" Schmidt rief erregt: „Aber eine Gelegenheit, wie sie nie wieder kehrt, der Oeffentlichkeit zu beweisen —" Fischer nickte: „Da haben Sie ausnahmsweise recht! Auf Beweise kommt es an." „Aber meine Herren!" Schlüter mußte fast grob werden, um die beiden abzuschütteln und mit dem Professor in Ethels Zimmer zu kommen. Die Somnambule war sehr blaß und schien körperlich zu leiden. „Herr Doktor, können wir nicht entlassen werden?" „Ich bitte Sie noch um einen Dienst!" Nach einer halben Stunde brachte das ge schlossene Auto Miß Ethel und Hamilton in den Hof des Amtsgerichtes. Die Polizei hatte auf geboten werden müssen, um das nachdrängsnd« Volk zurückzuhalten. Dr. Schmidt stand vor der Tür des Gerichts und hielt einen ziemlich wirren spiritistischen Vortrag. Das Zimmer des Landgerichtsrates, in dem ein Diwan stand, wurde verdunkelt und für di« Seance hergerichtet. Es kostete Hamilton nur wenige Striche, und Miß Ethel sank in den „mag- nitischen" Schlaf. Hammacher, Schöler und Schlüter siel auf, wie ihr edel geschnittenes Ge sicht, das im Leben von den nervös wechselnden Stimmimgon und von körperlichen Schmerzest entstellt war, sogleich den feierlich hoyeitsvslloN Ausdruck annahm. „Jetzt wollen wir Jefferson holen." Aber es geschah etwas Unerwartetes. Die Tür wurde aufgeristen, und Gerda Fronstey kam herein. Wieder von Tränen überflutet, f«W blaß und hochgradig erregt. „Herr Landgerichtsrat — Roland ist hier >— ich bitte Sie, ich flehe Sie an, lasten Sie mich zu ihm! Nur ihn sehen! Nur ihm sagen, daß ich ihn liebe, daß ich an ihn glaube — wie muß er leiden!" lFortsetzung folgt.)
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