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Beilage zum Frankenberger Tageblatt «r. »15 Mittwoch, den 14. September 1V27 8«. Jahrga«- z-rdemMn d« ««««- orsaalsatloneli D«r Landesverband Sachsen im Bund Dänischer Mietervereine e. B., Sid Dresden, hat auf seiner Verbandstagung am Sonntag nach- strhende Entschliesiung gefakt: Ab 1. April 1927 ist der Miet,in« aus 110 Pro,, «höbt worden, ab 1. Oktober 1SS7 soll er auf >LÜ Pro,, steigen. Die Erhöhung sollte di« Alt- mieten an die Neubaukosten angleichen und da« PrivaÜapItal zur Errichtung von Neubauten an- relzen. Diese Annahme hat fick als Trugschluß erwiesen. Die Spanne zwischen der Mmiete und Len Neubaukosten hat sich vielmehr seit 1. April 1927 noch wesentlich erhöht. Nach der Steigerung am 1. Oktober wird da« Verhältnis noch schlimmer tverden. Das Prtvatkapital wird sich allo noch «oeniger dem Wohnungsbau zuwenden: außerdem verringern die steigenden Neubaukosten die Zahl her Neubauten und vergröbern damit wieder die Arbeitslosigkeit. Di« sächsische Mieterschaft fordert deshalb die sofortig« Wiederaufhebung der Steige- runasvcrordnung. , Dl« Mieterschaft erwartet vom Sächsischen Land tag auch, bah er von der Regierung die Wieder- aufhebung der Lockerungsverordnung vom 6. April 1927 fordert, ehe in Sachsen dieselben katastrophalen Wirkungen eingetreten sind, die die preußische Hirt- ßefer-Derordnung bereit« hervorgerus«n hat. Wenn ln Berlin Leute über 2009 Läden und Gewerbe» iäums leer stehen, so bedeutet das die Vernichtung von mindest ne ebensoviel selbständigen Eristenzen und gliichzeitig die Brachlegung eines wichtigen Bestandteiles unseres Volksvermögens durch über» mäßige Mietforderungen. Auch hierin liegt wieder «ine Quelle neuer Arbeitslosigkeit. Der Meckien- durgische Landtag hat aus düsen Gründen soeben «de Lockerung des Mieterschutzes abgelehnt. Die selbe Stellung muß Sachsen einnehmen. Me Besoldlmgrresorm vor dem RetchskadineN Berlin, 13. 9. Das Reichskabinett trat heute erneut zusammen, um die Beratung der Besol dungsreform fortzusetzen. In der Hauptsache handelt es sich um die Besoldungsfragen der Reichswehr, die im Einvernehmen zwilchen Reichs wehr und Finanzministerium nicht in die all- gemerne Besoldungsordnung eingefügt worden ist, sondern gesondert behandelt wird. Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers fand ferner eine Ministeibesprechung statt, in der die Mage des Postfinanzgesetzes erörtert wurde. Be kanntlich bestehen besonders seit der letzten Tarif vorlage der Reichspost Bestrebungen, eine Aen- derung des Postfinanzgesetzes herbeizuführen. Auch im preußischen Kabinett ist die neue Be- foldungsordnung behandelt worden. Di« Gesamt- mehrkosten werden sich doch in Preußen erheblich Höher stellen als ursprünglich vorausgesetzt wurde, nämlich auf 150 Millionen Mark jährlich. Preu- Hen würde also annähernd denselben Mehrbetrag «usbringen müssen wie das Reich. Auch Reichs- ^inangminister Dr. Köhler nahm an dieser Sitzung Die neuen Gehaltrstufen der Reichsbeamlea Berlin, 13. 9. Die „Vossische Zeitung" ver- jhfsentlicht aus dem noch vom Reichskabinett end gültig zu billigenden Entwurf der Befoldungs- Mforiy für die Neichsbeamten die Gehaltsskala, »ie die 13 bisherigen Besoldungsgruppen bei- Dehältz aber durch Einfügung von Untergruppen Erheblich erweitert worden ist. Gruppe 1 (Hetzer, Hauswarte, Postbote») Jahresgehalt 1500—8100 M., Disnstdauer 20 I., Gruppe 2 (Botonmeister, Amtsgehilfen, Post schaffner) Jahresgehalt 1500—8200 M., Dienst- dauer 20 I., Gnippe 3 (Betriebsassistenten, Ober- botenmeister) Jahresgehalt 1600—2300 M., für Amtsgehilfen Zulage von 800 M., Dienstdauer 20 I., Gruppe 4 (Kraftwagenführer, Kanzlei- assistonten) Jahresgehalt 1700—2600 M., Dienst dauer 20 I., Gruppe 5a (Assistenten) Jahres gehalt 1900—8700 Mark, Disnstdauer 20 Jahre, Gruppe 5b (Postbetriebssekretäre) Jahresgehalt 1700—2700 M., Dienstdauer 16 I., Gruppe 6 (Postsekretäre) 2200—3400 M., Disnstdauer 16 I., Gruppe 7 (Oberwerkmeister) Jahresgehalt 2400—3500 M., Disnstdauer 14 I., Gruppe 8 (MinisterialkanzleisekretLre) Jahresgehalt 8200 bis 4200 M., Disnstdauer 16 I., Gruppe 9a (Erpe- disnten der NeichsmittelVehörden) Jahresgehalt 3000—5700 M., Disnstdauer 20 I., Gruppe 9b (Obersekretäre) Jahresgehalt 2800—5000 M., Dienstdauer 20 I., Gruppe 10 (Amtmänner) 4800 bis 7000 M., Disnstdauer 12 I., Gruppe 11a (Negierungsräte bei Reichsmittclbehörden) 4200 bis 7800 M., Dienstdauer 20 I., Gruppe 11b (Zollräte, Amtsräte) Jahresgehalt 4800 bis 7600 M., mit Ministerialzulage 8400 M., D'enst- dauer 14 I., Gruppe 12q (Oberräte und Re gierungsräte bei Reichsmittelbehörden) Jahres gehalt 5400—9600 M., Dienstdauer 16 I., Gruppe 12b (Negierungsräte in Ministerien) Jah resgehalt 4800—8400 M., Oberräte-Zulage 1200 M., Gruppe 13 (Ministerialräte) Jahres- gehalt 8400—12 600 M., Dienstdauer 8 Jahre. Die Dienstdauer bezeichnet die Jahre, in denen das angegebene Höchstgehalt erreicht wird. Auf rechterhalten wurde auch das Prinzip der Ver zahnung, wonach ältere Beamte einer unteren Gruppe im Gehalt den jüngeren Beamten einer höheren Gruppe gleichgestellt werden. M fein« Spiegel Der „Bolksftaat" bringt unter der lleberschrift „Knechte des Hasses" folgende Ausführungen: „Der Landtag hatte bekanntlich während der letzten Etatberatungen den sehr vernünftigen Be schluß gefaßt, als Spruchkammervorsitzsnden bei den Versorgungsgerichten in Zukunft auch Nicht- juriftsn zuzulassen. Das Arbeitsministerium be rief hierauf einen alten erfahrenen Gewerkschaft ler, den wegen seiner 23er Zugehörigkeit ge maßregelten Genossen Franz zum Spruchkam- Meroorsitzenden in Zwickau. Mr die Sachsen- redaktkon der „Dresdner Volkszeitung" ein will kommener Anlaß, den Ministerpräsidenten Heldt, der mit dieser Berufung überhaupt nichts zu tun hat, in der bekannten schmutzigen Weise anzupöveln. Es wird gesagt, daß Franz „mit Hilfe seines Freundes Heldt soeben an die Fut- terkrrppe geschirrt worden sei". Franz sei in Zwickau zum Spruchkammervorsitzsnden und außerdem zum Regierungsrat ernannt, und zwar „unabsetzbar". Der Sachsenteil der „Dresdner Volkszeitung" ist heute längst unter das Niveau der Skandal presse herabgesunken; wer ernstlich im politischen Kampfe steht, sieht über diesen Schmutzhaufen hinweg. Immerhin gibt gerade diese Skandal notiz Veranlassung, einmal einen kleinen Aus schnitt bloßzulegen aus dem Kapitel: An sch ir ren an die Futterkrippe in der für den Dresdner Sachsenschreiber glor reichen Zeigner-Zeit. Dabei sollen nur einige, für die gesamte Arbeiterschaft unangenelM nachklingend« Vorgänge Herausgagriffen werden, um unseren Lesern zu zeigen, daß me Feder in der Sachsenredaktion entweder von Dummheit, Bosheit oder einem sehr schwachen Gedächtnis ge führt wird. Erinnert sei zuerst an di« Ernennung des Kom munisten Brandler zum Staatrkanzler, nach, dem sich der damalige Minister Liebmann mit Händen und Füßen gegen eine „Anschirrung" im Innenministerium gesträubt hatte. Als dann die ersten Marschschritte der Reichswehr in Dresden ertönten, riß der neue sächsische Staatskanzler aus „wie Schafleder". Wir denken weiter an die Be rufung des USP^Mannes Freund MM Ministe rialdirektor, obwohl der Herr von der sächsischen Verwaltung keine Ahnung hatte. Die SPD.- Männer Haufe, Schurig und Ludwig bekamen, um mit dem Sachsenschreiber zu reden, etwas „schmackhaftes Futter in die Krippe" durch ihre Ernennung zu Regierungsräten. Herr Haufe sitzt heute abkömmlich in der Kreishaupt mannschaft. Schurig und Ludwig mußten ab gebaut werden. Herr Lotze, in der SPD. all gemein be- und gekannt, wurde als rechte Hand des Justizministers Zeigner zum Regierungsamt mann „angeschirrt" heute längst abgebaut, hätte schon der damalige Justizminister nach kurzer Zeit gern auf die Qualifikation Lotzes verzichtet. Frau Krüger, Königstein, den Dresdner Arbeitern völlig unbekannt, erhielt einen Platz vor der Futterkrippe der Negierungsräte. Wir denken noch an die „Anschirrung" der beiden großen Geister Winter und Rauch. Herrn Edel, um dieses Licht nicht zu vergessen, mit dem zusammenzu arbeiten die gesamte Redaktton der „Dresdner Volkszeitung" sich weigerte und den man in der „Meißner Volkszeitung" mit einem befreienden „Winke Winke" entließ, wurde in der „Sächsischen Ctaatszeitung" festgelegt. Mit der durch eine ge wisse Vorsicht gebotenen Kündbarkeit war Herr Edel, sicher in Kenntnis seiner besonderen Eigen schaften, durchaus nicht einverstanden; er drängte, an der Futterkrippe einen Platz „unabsetzbar" zu erhalten. Schließlich erinnern wir uns im Vorbeigehen eines bekannten Sachsen-Schreibers, der sich in der denkbar wegwerfendsten Weise über die Be rufung des Herrn Menke zum Polizeipräsidenten aussprach. Das geschah allerdings um eine Zeit, wo man sich noch nicht als Nachtwächter für die Negierungsgebäude fühlte, wo man den Strick der Massenstimmung noch nicht um die Gurgel gelegt hatte, wo einem das Leben in der Redaktion über war und man selbst unter der Koalitionsregierung nach einem „unabsetzbaren Platz an der Futter krippe" äugte. Soviel für heute! Vielleicht wird man den Schreibgehilfen im Redaktionskollegium erneut vornehmen, ihn vor solchen unvorsichtigen Sturm angriffen warnen; es wird aber nichts nützen. Es gibt immer Knirpse, die das Bedürfnis haben, ausgelacht zu werden." Ms -eimat md Vaterland Frankenberg, 14. September 1927. Der bekränzte Sammer Da oben in den grauen Wolken ziehen die wilden Gänse südwärts. Ein leichter, spritzender Regen dringt durch die feinsten Maschen der Kleider. Sonnenlos ist die Straße. Grau der glitschrige Asphalt, grau die Frynt der gtzA gültigen Häuser, grau der Himmel, die Luft, v« Feme. Graue, spinnige Finger greifen an» HM daß es schauert. Mißmut, ein Meer von schlechter Laune rings umher. Und das soll nun ewig so sein? Tag für Ly sol! ich diesen naturfremden Weg entlang laufest, Tag für Tag bei Sonne oder Regen mich (st die grauen Mauern einschließen lassen, um nicht zu verhungern? Elendes Lohnsklavendasein . . . Aber irgendwo lockt die Herrlichkeit der W«ft. irgendwo türmen sich himmelhohe, himmelnah«! Berge. Irgendwo liegt ein Teppich aufgeblähter Blumen m strahlender, südlicher Sonne. Und hier? . . . Sonnenlos ist die Straße. E» regnet, heute, gestern und morgen. Der spinnenfingrige Mißmut faßt an das schauernde Herz. ... Da haben sie die Straß« aufgerissen. Natürlich, wo täten sie das ftwa nicht in der großen Asphaltwüste. Ab und zu müssen sie den langweiligen Straßen den Bauch aufreiben, aus Wut, aus Neugierde, aus RaO sucht. Der graue Jammer packt mich vollends. Wi« soll ich über die Pfütze da wegkommen? He? Wütend sehe ich mich um. Wo stecken denn die Arbeiter? Wo? Niemand ist da, der ein Brett hinüberlegt. Himmelkreuzbomben! . . . Vor mir im nassen Sande liegt ein Hammer. Ein klobiger Hammer mit brutaler Eisenstirn unh rissigem, stiermäßigem Stiel, und um den Stiel herum schwingt sich ein kleiner, kreisrunder Kranz . . . mit kleinen . . . anspruchslosen roten Blüten! darin ... Es geht ein Leuchten aus von diesem bkränzten Hammer, ein Flimmern, ein Strahlen . . . Die Ferne wird weit. Das Grau, dies elend- Grau ist am Ende ... am Ende gar nicht mehr, es ist fortgeblasen. Eine wärmende Freude zieht in mein Herz. Ich sehe den bekränzten Hammer da mitten im Dreck, mitten im grauen Alltag. Arbeiter treten aus dem Schuppen heraus. Ein grauhaariger Arbeiter greift den Hamm»? und läßt ihn auf einen Holzpflock niedersausey, Er lacht. Hat wohl Geburtstag heute. Oder ein vierzigjähriges Arbeitsjubiläum. Oder . . . Ja irgendwo lockt die Herrlichkeit der Welt, irgendwo. -f Seltenes Naturschanspiel. Aus Chemnitz wird berichtet: Ein überraschend schönes, aber «chett» ordentlich seltenes Naturschauspiel ließ sich in einer der letzten Nächte in Gestalt eines Mond regenbogens kurz nach Mitternacht über dem Hiesi gen Stadtpark beobachten. Plötzlich verschwand der Mond und ein kurzer Regen setzt« ein. Ms der Mond wieder durch die Wolkm brach, reg nete es noch immer und ein vielfarbiger Regen bogen zog sich in weitem Umkreis über den dunklen Nachthimmel. — Man kennt den Mondregen bogen aus dem Rütlischwur in der Tellsage, aber nur wenige Menschen dürften Gelegenheit gefun den haben, selbst einen Mondregenboaen zu be obachten. s AlApolster in s. Klasse. Wie verlautet, will di« Reichsbahn ab 1. Oktober 1928 di« Wagest S. Klasse, zunächst der Schnellzüge, mit einer Lebet, Polsterung nach Art der in England üblichen ve» sehen. Ausschlaggebend dürft« für die Lederpol. steruma wohl gewesen sein, daß bei Neub«stellunM von Wagen 8. Klass« sich der Preis der Lederpoh sterung nur um ein geringes höher stellt ätz v« Ausführung der bisher üblichen Holzbänke. öMm An/D/kDA«? iAnL? eenc/ Knet' Lu - — . . . _