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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 14.09.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192709142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270914
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270914
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-14
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
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M-eltrstM der «ritzmilchte (Eigener Jnfornrationsdienst.) 8«Nin, 14. September. Es ist unverkennbar, bah die Verstimmung der kleineren Staaten in Genf immer mehr wächst. Bei jedem Vorstoß finden sie die geschlossene Front der vier europäischen Großmächte —Eng land, Frankreich, Deutschland und Italien — ge gen sich. Diese Konstellation kann dem ganzen Völkerbundsgedanken nach Ansicht unterrichteter Kreise sehr gefährlich werden. Auch in Deutsch land trifft man vielfach die Ansicht daß es für uns vielleicht vorteilhafter gewesen wäre, weint sich Dr. Stresemann zum Wortführer der Mittek- staaten gemacht hätte, als sich derartig eng an England und Frankreich zu attachieren. Natür lich hoffte der Reichsaußcnministcr auf diese Art am ehesten Zugeständnisse Frankreichs in der Be satzungsfrage zu erreichen. Es erscheint jedoch so gut wie ausgeschlossen, das? Briand während dieser Völkerbundstagung noch irgendwelche Zugeständ nisse machen wird. Wie zuverlässig verlautet, ver tritt man in der französischen Delegation die Ansicht, daß die Abberufung der 10 000 Mann die letzte Konzession sei, die Frankreich vor den Neuwahlen gemacht habe. Es ist überhaupt un gewiß, ob Dr. Stresemann noch Gelegenheit ha ben wird, mit Briand dieses Problem auch nur durchzusprechen, da der französische Außenmini ster in diesen Tagen nach Paris zurückkehren wird, um dort an einem Ministerrat teilzunehmcn, in dem der Fall Rakowski besprochen werden wird. Briand hat zwar in Aussicht genommen, sich in Paris nur 48 Stunden aufzuhalten. Eut- unterrichtete Leute wollen jedoch wissen, daß es gänzlich ungewiß ist, wann er wieder nach Genf zurückkehren wird. Sicher ist auf alle Fälle, daß die Räumungsfrage in Genf nicht mehr zur Sprache kommen wird. Die Völkerbundsverhand lungen werden sich nur noch um das Problem der Abrüstung und die Ergebnisse der Weltwirt- schaftskonferenz drehen. Dann dürfte diese Ta gung beendet sein, die aber voraussichtlich noch ein Nachspiel haben wird. Wie wir hören, besteht nämlich die Absicht bei Chamberlain sich nach Schluß der Genfer Tagung mit Mussolini zu treffen. Welche Probleme bei dieser Zusammen kunft zur Verhandlung kommen sollen, ist noch nicht bekannt. Man nimmt aber an, daß sich die Besprechungen in erster Linie um Balkanfragen drehen werden. Zeine KabimMrise (Von unserem Berliner Vertreter.) Berlin, 14. September. ! Die Negierungskoalition wird in der nächsten Zeit zwei starken Belastungsproben ausgesetzt sein: das Reichsschulgesetz muß verabschiedet werden, und die Flaggenfrage muß schließlich so oder so endlich auch einmal die Erledigung finden. Es gibt nicht wenige Leute, die prophezeien, daß das Schifflern der Neichsregierung, das bisher glück lich durch manche Brandung hindurchgesteuert wor den ist, an der Klippe des Schulgesetzes Schiff bruch erleiden wird. Nun ist ohne weiteres zuzu- gebeu, daß diese Möglichkeit besteht. Viel Wahr scheinlichkeit aber hat sie nicht für sich. Das Zen- trum weiß genau, daß die jetzige Koalition für -eine Gestaltung des Reichsschulgesetzes in seinem Sinne immerhin noch die denkbar günstigste ist, und daß es leichter ist, mit der Dolksparter zu einer Verständigung zu kommen als mit den So-, ziaidemokraten. Alle Parteien aber wissen, daß das Scheitern des Reichsschulgcsetzcs das Ende der jetzigen Regierungskoalition bedeuten würde. Eine andere Koalition zu bilden ist nicht möglich, Penn keine Oppositionspartei dürste gesonnen sein, kurz vor den Wahlen die Verantwortung zu über- inehmen. Somit bliebe nur die Auflösung des pkeichstages und der Appell an die Wähler, und «s ist doch sehr fraglich, ob die Parteien gerade den jetzigen Augenblick für günstig halten, um es zu einer Neuwahl kommen zu lassen, von der man 1« auch noch keineswegs wissen kann, ob sie wirklich klar Mehrheitsverhältnisse schaffen wird. Es spricht also viel dafür, daß Vollspartei und Zentrum sich verständigen werden. Auf Grund zuverlässiger Informationen können wir mitteilen, daß beim Zentrum ein« gewisse Neigung vorhanden ist, der Bolkspartei in Baden und Hessen-Nassau Konzessionen zu machen, falls die Vokkspartei bereit ist, dann das Reichsschulgesetz anzunehmen. Darüber aber kann natürlich erst Gewißheit ge schaffen werden, wenn di« volksparteikiche Reichs tagsfraktion zusammengetreten ist. Nach den Aus führungen, die ihr Schulsachverständiger Geheim rat Runkel wiederholt gemacht hat, ist jedoch an- zunehmen, daß auch weite Kreise der Deutschen Volkspartei eine Verständigung wünschen. Plan muß sich aber klar darüber sein, daß unmittelbar nach Wiederzusammentrstt des Reichs tags noch eine andere Frage akut werden wlkd. Das Zentrum beabsichtigt nämlich von den Deutschnationalen eine Erklärung über ihr Ver hältnis zur „Kreuzzeitung" zu veffangen, und da die „Kreuzzeitung" bisher stets als offizielles Or gan des Grafen Westarp gegolten hat, ist es durchaus möglich, daß es zu sehr ernsten Aus einandersetzungen zwischen Zentrum und Deutsch- nationalen kommen wird. Wenn wir recht unter richtet sind, werden diese Meinungsverschieden heiten auch innerhalb der deutschnationalen Frak tion ausgetragen werden, da sich dort in letzter Zeit ein verstärkter Widerspruch gegen die an geblich allzu einseitige konservative Führung gel tend gemacht hat. Die Gründung der „Christ- lich-soznilen Arbeitsgemeinschaft" war schon ein Symptom in dieser Hinsicht und wies darauf hin, daß es nicht der Zusammensetzung der Fraktion entspräche, daß in der Fraktionsleitung fast aus schließlich Konservative säßen. Schon damals machte ein rheinisches Organ der Partei darauf aufmerksam, daß es in den Fraktionssitzungen zwischen der ausgesprochen monarchistischen Gruppe und der mehr nationalrepublikanisch eingestellten „jüngeren Richtung" zu sehr lebhaften Auseinan dersetzungen gekommen ist, bei denen die An hänger des Grafen Westarp unterlegen sind. Da mals war bereits sogar von einem Wechsel in der Fraktionsleitung die Rede. Di« Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Frage, die das Zentrum jetzt an die Deutschnationalen stellen will, die Klärung beschleunigt, so daß evtl. , auch in dieser Hinsicht von der kommenden Neichs- i tagssession manche Ueberraschung zu erwarten ist. Geßler als Zeuge Berlin, 14. September. Demnächst findet in dem Prozeß Sodenstern contra Mahraun die Berufungsverhandlung statt. Wie wir erfahren beabsichtigt Chefredakteur von Sodenstern durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt P. Bloch die Ladung von Reichswehrminister Geßler und Ministerialrat Döhle als Zeugen be antragen zu lassen. Reichswehrminister Dr. Geß ler soll darüber vernommen werden, ob er die bekannte Denkschrift des Jungdentschen Ordens als Denunziation aufgefaßt und sich in einem Brief an den Hochmeister in diesem Sinne ge äußert hat. Es ist anzunehmen, daß das Be rufungsoerfahren etwas mehr auf den politischen Hintergrund des Streiffalles eingehen wird, als dies der Richter in der ersten Verhandlung für nötig befunden hat. Mauen im Zeichen der Stand- geeichtes Berlin, 13. 9. Wie die „Voss. Ztg." aus Kowno meldet, wurde im Zusammenhang mit dem Putschversuch in Tauroggen dort ein Stand gericht eingesetzt, das gestern sechs an dem Staats streich beteiligte Studenten zum Tode verurteilte. Das Urteil wurde heute morgen mn 4 Uhr voll zogen. In der heutigen Sitzung des Stand gerichtes wurden fünf an dem Aufruhr beteiligte Personen ebenfalls zum Tode verurteilt. Die Verhinderung der Vollstreckung ist bei den gegen wärtigen politischen Verhältnissen kaum zu er warten. ver Mchsprösident M Swine- milade Swinemünde, 14. L. (Kunkspruch.) Heute früh traf der Reichspräsident auf seiner Fahrt zu den Flottenmanövern in Swinemünde ein. Reichswehrmiiüster Dr. Geßler, der Chef der Marineleitung Admiral Zenker, der Thes der Marinestation der Ostsee Vizeadmiral Raeder und der Vertreter des Chefs der Heeresleitung, General der Artillerie Bleidorn erstatteten ihm bei seiner Ankunft Meldung. Darauf schritt der Reichspräsident die Ehrenkompanie der 3. Marine abteilung ab. Auf dem Marktplatz hatte sich die Bevölkerung Swinemünde versammelt, die in begeisterte Hochrufe ausbrach, als der Reichs präsident erschien. Bürgermeister Dr. Leschke hielt eine kurze Ansprache und brachte auf den Reichs präsidenten ein dreifaches Hoch aus. In seinen Dankesworten erinnerte der Reichspräsident daran, daß er Swinemünde bereits aus dem Jahre 1877 kenne, als es ganz anders aussah als heute. Von Salutschüssen der Flotte begrüßt, begab sich der Reichspräsident darauf auf dem Tender „Hela" zum Flottenflaggschifs, der „Schleswig-Holstein". Das Linienschiff begab sich sofort in See zur Abnahme der Parade der vor der Swinemünder Bucht versammelten Schiffseinheiten. Kein Attentat ans König Alsons Madrid, 14. S. Tlk. (Funkspruch.) Die Gerüchte über ein Attentat auf König Alfons werden entschieden dementiert. Der König be-' findet sich zur Zeit gar nicht in der Hauptstadt, sondern in San Sebastian. Hier erfuhr man erst auf dem Ilmwege über das Ausland von den Gerüchten über einen Anschlag auf den König. Diese Nachrichten erregten um so größeres Auf sehen, als nicht das Geringste geschehen war, was derartigen Gerüchten zum Ausgangspunkt hätte dienen können. Allein di« Tatsache, daß die Mi nister gestern abend ein Bankett veranstalteten, das bis heute früh 1 Uhr dauerte, beweist die Haltlosigkeit der Auslandsinformationen. BerbrecheMmdgebmg tu Warschau Warschau, 13. 9. Die Stadt Warschau war gestern der Schauplatz einer ungewöhnlichen De monstration. Bor dem Untersuchungsgericht ver sammelten sich gegen 300 Verbrecher, und zwar vorwiegend Taschendiebe, Betrüger, angebliche Brillantenhändler, die Leichtgläubigen wertloses Glas als Brillanten verkaufen, dann die soge nannten „Konsuln und Sekretäre", hie in Miet häuserpaßstellen falsche Visa und mit Vorliebe Einreiseerlaubnis nach Nordamerika erteilen, u. a. m. Die Verbrecher begannen laut zu lärmen, weil dreißig von den Ihren schon zwei Monate in der Untersuchungshaft festgehalten würden. Der Staatsanwalt empfing hierauf eine Delegation der Demonstranten, die sich aus den gewiegtesten Verbrechern zusammensehte und die u. a. ver langte, daß das Untersuchuugsgericht sofort seine Tätigkeit einstelle. Der Staatsanwalt entgegnete hierauf, daß diese Forderungen schriftlich über reicht werden sollten. Die Polizei machte den Kundgebungen ein Ende. Unter dem Rufe: „Es lebe die Freiheit! Nieder mit dem Untersuchungs gericht!" zerstreuten sich die Verbrecher, um wieder ihrer üblichen Beschäftigung nachzugehen. Meder zwei AWisten von den Aallenern verhsstet Innsbruck, 13. 9. Der 18jährige Hutfabri kantensohn Karl Ladstädter und sein Kamerad Joseph Zera, beide aus Wien, die bei ihren El tern in St. Jacob kn Osttirol zur Sommerfrische weilten, unternahmen vor mehr als zehn Tagen eine Hochtour in die Venedigergruppe, von de sie nicht mehr zurückkehrten. Nun erhielten die Ast gehörigen aus Südtirol ein Telegramm, worin e, heißt. „Wohlauf in Bruneck angekomme». Rück kehr unbestimmt." Die beiden sind anscheinend au italienischen Boden geraten und von de» italieni schen Grerqbehörden verhaftet und nach Bruneck gebracht worden. Zu der Verhaftung wird weiter gemeldet, daß das Bundeskanzleramt das österreichisch« General konsulat in Bozen beauftragt hat, die Freilassung der beiden Verhafteten zu erwirken. Das Tele-, gramm aus Bruneck, das die Verhaftung dec beiden meldet, war von einer Frau aufgegeben worden, die einen Zettel gefunden hatte, der von den beiden während des Transpottes weggewor fen worden war. Nur auf diese Weise war es den Angehörigen möglich, etwas über die Verhaf tung der beiden zu erfahren. Der gegenwärtige! Aufenthalt der beiden dürfte Trient sein. Politische Nachrichten Fortsetzung der deutsch-litauische» Verhandlun gen in Berlin. Der litauische Ministerpräsident Woldemaras, hat sich heute zu den Korkordäts^, Verhandlungen nach Rom begeben. Die deutsch- litauischen Besprechungen werden erst Ende des! Monats in Berlin fortgesetzt werden. Die letzten Sprengungen bei Ehrenbreitstei». Wie die Reichsvermögensverwaltung mitteitt, sind nunmehr die Sprengungen der kleinen Befest», gungswerke bei Ehrenbreitstein auf der rechten» Nheinseite beendet. Bundesgenossen, dir zu denken geben. In ihrer Nummer 206 berichtet die „Rote Fahne" unter der Ueberschrift „Mobilmachung gegen das Reichs schulgesetz" über eine Sitzung des bisher in der Oesfentlichkeit wenig beachteten „Kampfbundes- gegen Kulturreaktion". Diesem Kampfbund ge hören nach Mitteilung des kommunistischen Blattes! u. a. an: Der Verband für Freidenkertum und Feuerbestattung, der Atheistenbund, der Monisten- bund, die K. P. D., der Rote Frontkämpferbund,, der Jung-Spartakusbund und die aus dem Kampfs gegen die Jugendschutzgesetze sattsam bekannt«; „Vereinigung linksgerichteter Verleger und Buch-? Händler". Für die nächsten Wochen wurde laut „Note Fahne" „eine Art Mobilmachungsplan für Groß-Berlin" festgclcgt. Insbesondere ist man! bemüht, die Lehrerorganisationen zum Anschluß an den „Kampfbund" zu bringen. Die nicht gerade originale Losung des „Kampsbundes gegen Kulturreaktion" lautet: „Dieser SHandentwurf darf nicht Gesetz werden!" Man sollte sich iir den nicht im Lager des Kommunismus und des' antireligiösen Freidenkertums stehenden Kreisen! der Gegner des Ncichsschulgesetzes doch überlegen, in wessen Gesellschaft man sich befindet, und wessen Geschäfte man mit dem Ansturm gegen den vorliegenden Entwurf im Grunde besorgt. Deutsch« dürfen wieder nach Neü-Guiaea. Wie die Blätter aus Melbourne melden, hat die austra lische Regierung beschlossen, die Verfügung, nach der Deutschen die Einreise in das Mandatsgebiet von Neu-Guinea verboten ist, mit Wirkung von Ende September ab zurückzuziehen. Deutsche, die früher in Neu-Guinea gewohnt haben, bedürfen für die Einreise einer besonderen Erlaubnis, wäh rend Deutsche, die nicht schon in dem Mandats gebiet gewohnt haben, ohne weiteres einreisen und sich in Neu-Guinea dauernd aufhatten können. Jtalknerausweisungen aus Paris. Mehrere ita lienische Kommunisten, die in Paris ihr Asyl gefunden hatten, haben heute den Ausweisungs befehl erhalten. Anter ihnen befinden sich zwei Direktoren bekannter italienischer Kommunisten blätter, der Schriftsteller Cilla und die früheren kommunistischen Abgeordneten Gnudi und di Vit torio. In französischen Linkskreisen haben diese Ausweisungen große Erregung hervorg«rufen. Spanische Amnestie für Pressevertreter. Havas meldet aus Madrid: Der König unterzeichnete ein Amnestiedekret wegen Pressevergehens oerutteitter Persönlichkeiten. Durch ein anderes Dekret wer den paritätische Hausbesitzer- und Mieterausschüsss geschaffen. per 5puk von l-metenberg Roman von Otfrid v. Hanstein. Oop^ri^bt 1925 dy Karl Köhler 6c Co., Berlin-Zchlendo ff. 42 Nachdruck verboten. Mitleidig hatte Sanitätsrat Schöler gebeten, auch Gerda seine Anwesenheit zu verbergen. Der Anblick des Noland, wie er jetzt hier stand — ein gebrochener Mann — hätte sie aufs neue felbst nicdergeworfen. Roland stand an der Tür — sein Blick fiel auf Jefferson — einen Augenblick war nur Stau nen in seinen Zügen, dann etwas wie Hoffnung. Er ging auf ihn zu: „Herr Jefferson — Sie waren der erste, der auf mich den Verdacht warf! Sie haben mich da mals aus dem Zimmer gewiesen, als ich zu Ihnen ?am. Ich bitte Sie — ich war Ihnen doch auch gefällig, als Sie in meinem Büro arbeiteten. Helfen Sie mir jetzt! Klären Sie die gesamte Wahrheit auf! Und wenn sie mich selbst vernich tet! Nur Klarheit geben Sie mir — Eie müssen «s können!" Er hatte so eindringlich, so ergreifend und schmerzlich gesprochen, daß seine Worte auf all« Eindruck machte. Bill Jefferson streckte ihm die Hand entgegen. „Seien Sie überzeugt, ich werde Sie nicht im Stich lasten, Herr Amtsrichter." Wieder eine Bewegung unter den Hörern — Staatsanwalt Möllenhof sprang aus: „Er hat sich verraten? Nun geben Sie Ihr Leugnen auf! Sie haben dem Amtsrichter ge genüber sich selbst v«rgess«n! Sie haben zuge geben, daß Sie ibn kennen!" Jefferson lächelte wieder ironisch: „Verehrter junger Herr Staatsanwalt —" Das Wort „jung" machte Möllenhof noch ärgerlicher. „Ich verstehe Sie nicht recht. Wenn mir Herr Kollege Schlüter" — Jefferson betonte immer den „Kollegen" — „sagt, daß sich hier alles um die Taten eines Amtsrichters Roland dreht, den dieser sagenhafte Bill Jefferson, der ich leider nicht bin, verhüt haben soll, dann ist es klar, daß ich den Namen kenne. Wenn "ferner ein Mann, dem man die Leidensgeschichte eines unschuldig Beschuldigten an den Augen abliest, auf mich zutritt und mich um meinen Beistand bittet, so weiß ich in der Tat nicht, wieso ich mich, wie Sie sich übereilt auszudrücken belieb ten, verraten habe." Jetzt mischte sich Hammacher ein: „Jedenfalls muß ich mich dagegen verwahren, daß Sie ohne weiteres behaupten, der Ange klagte sei unschuldig." Möllenhof fuhr dazwischen: „Er weiß es voraussichtlich." Hammacher winkte ab. „Amtsrichter Roland — Sie glauben also, in dem Herrn da bestimmt do» Ihnen von früher her bekannten amerikanischen Detektiv Bill Jef ferson zu erkennen?" „Ganz bestimmt!" Jefferson lächelte: „So irren Si« sich leider." Roland Kat Men Schritt näher. „Herr Landgerichkrat, darf ich mir «ine Be- merkimg erlauben?" „Bitte, wann es zur Sache dient." „Ich hab« cm einem Nachmittag mit Herm Jefferson zusammen gebadet und da ist mir aus gefallen, daß er stuf dem linken Arm eine ame- ffkanisch« Wagge eintätowiert hatte, und daß er auf der Brust unter dem Herzen eine alte Narbe, etwa von einem Dolchstoß, die lange verharrscht ist, zeigte." „Das ist allerdings sehr wichtig !" Bill Jefferson war aufgestanden. „Mein Dop pelgänger fängt an, mir selbst unheimlich zu werden. Bemühen Sie sich nicht, diese beiden Merkmale habe ich auch! Da, sehen Sie, ist die Fahne auf dem linken Arme — eine Jugend eselei, und hier der alte Dolchstoß." Er streifte den Aermel hoch und öffnete das Hemd. „Und Sic wollen noch leugnen?" Auch Ham macher wurde fetzt wild. „Aber, meine Herren — ich kann doch nichts anderes sagen, als was wahr ist! Ich muß ge stehen, ich verstehe Sie vollkommen, und mein Doppelgänger fängt an, mir zu imponieren. Ich bitte Sie aber, ruhig zu überlegen. Daß ich in Leipzig seit etwa sechs Wochen mit allen ntög- lichen Menschen, von denen Herr Dr. Schlüter ein gut Teil gesprochen hat, verhandle, das ist eine feststehende Tatsache. Sie behaupten, daß ich genau während derselben Zeit hier Straf taten beging. Ist es nun wirklich weniger wun derbar, wenn ich an zwei Orten zugleich bin, als daß ein rüffinierter Doppelgänger soweit geht, sich auch meine Tätowierungen und die Narbe zuzulegen?" „Führen Sie Herrn Amtsrichter Roland hin aus und bringen Sie den nächsten Zeugen?" Jefferson setzte sich ergeben wieder hin und di« Tür wurde geöffnet. Resi Waldhuber stand darin. Sie trug das blaue Kleid aus Augsburg und den blauen Schleier, der aber ihr Gesicht unverhüllt ließ. Es war außerordontlich, wie ihre Gestalt in dieser Kleidung der Gerda Frenssens glich. Sie stand einen Augenblick wie Roland vorher in der Tür -- dann erkannte sie Jefferson und stieß einen lauten Schrei aus — Freude und Schmerz zugleich. Jefferson war unwillkürlich aufgestanden, wie er das Mädchen sah. Rest Waldhuber breitete ihre Arme aus: „Bill!" Sie stürzte auf ihn zu und umklammerte seinen Hals — einen Augenblick lang, dann ließ sie ihn los, ihr Auge hatte einen entsetzlichen Bsick. „Nein — nein — wer ist das? Wer?" Sie drehte sich um sich selbst und stürzt« ohnmächtig zusammen. Hammacher stand auf, während man die ohn mächtige Rest hinaustrug. „Meine Herren, ich bitte zur Beratung!" Jefferson Kat an eines der Fenster — sie waren im ganzen Gebäude vergittert — und blickte hinaus. Zwei stämmige Gendarmen blie ben bei ihm — das Zimmer hatte nur einen Ausgang — zu den: Raum, in dem sich die Herren jetzt um Hammacher sammelten. Amtsrichter Ro land war wieder in eine entferntere Zell« geführt. Hammacher nahm das Wort. „Mas sagen Sie^ meine Herren?" Möllenhof nickte eifrig: „Kein Zweifel, daß er es ist!" „Herr Kommerzienrat?" „Selbstverständlich!" „Herr Sanitätsrat?" „Bis auf die etwas graueren Haare." „Herr Dr. Schlüter?" „Ich möchte behaupten, haß er es ist, wenn ich nicht selbst in Leipzig aus so vieler ZÄtden Mund gehört hätte, daß dieser Bill JfffepwH dort war und dann — das Mädchen, das sWtr Geliebte war — sie hat ihn augenscheinlich nicht erkannt — oder gefühlt, daß er kotz aller AeHn- lichleit ein anderer war/) (Forts, folgt)
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