Suche löschen...
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 30.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192708302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270830
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270830
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-30
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
d«m Druckmittel der Kampfzölle genau so die deutschen Interessen wahren müssen, wie dies bisher der Fall war, denn schließlich ist Polen an dem Zustandekommen eine. Vertrage» min desten, so interessiert wie wir, so daß wir es nicht nötig haben ihm Iwendwelch« unsere In teressen beeinträchtigende Konzessionen zu machen^ Unterredung mit den weidlich«« RWledem derdevtsche« interpcrlamenlarWen Mion Pari», 30. 8. TU. (Funkspruch.) Der »Kuotidien" veröffentlicht eine Unterredung mit den drei weiblichen Mitgliedern der deutschen Delegation aus der interparlamentarischen Kon ferenz, die als erste Frauen überhaupt im Sitzungs saal des französischen Senats das Wort ergriffen. Die sozialdemokratische Abgeordnete Frau Luise Schröder erklärte über die Rolle der Frauen im öffentlichen Leben, daß diese sich in Frauenfragen spezialisieren mühten, da die sozialen Probleme viel zu zahlreich und umfassend seien, als das; eine Frau alle durchdringen könne. Anderer An schauung dagegen war die volksparteiliche Ab geordnete Klara Mende, die sich gegen eine solche Spezialisierung wandte. Indem die Frau sich mit den großen sozialpolitischen und wirtschaft lichen Fragen beschäftige, löse sie ihre persönlichen Probleme und vermeide so, ihre Aktion zu be grenzen. Es sei gerade eine Aufgabe der Frau, am Frieden uiid am gegenseitigen Sichverstehen der Völker zu arbeiten. Die deutschnationale Ab geordnete Frau Ulrike Schneider meinte, die Frau müsse über männliche Dinge als Frau sprechen und, indem sie ihren Horizont erweitere, der Menschheit dienen. Wenn es mehr Frauen in den Parlamenten geben würde, würde es ihnen -gelingen, die großen Ideen des Friedens der Menschheit und der Gerechtigkeit zu verwirklichen. Briand spricht vor der Inter- parlamentarisch«« Konferenz Parisi 20. 8. (Funkspruch.) Wie das „Echo de Paris" ankündigt, wird Außenminister Briand in der morgigen Schlußsitzung der interparlamen tarischen Konferenz eine große Rede halten, der am Vorabend der Genfer Tagung besondere Be deutung zukommen dürfte. Briand soll hierbei die Haltung Frankreichs nach Locarno und Genf verteidigen. Die Rede soll durch die Ausfüh rungen Löbes über die Rheinlandräumung und die Locarnopolitik, sowie durch den belgischen Antrag zur Neutralitätskundgebung veranlaßt sein. Cecils Wüttitt beWigt Spaltung im englischen Kabinett wegen der AbrSstungsfrage. London, 29. 8. Wie Reuter mitteilt, be stätigt es sich, daß Viscount Cecil aus dem Ka binett ausgetreten ist, weil er mit dessen Ab rüstungspolitik nicht einverstanden ist. Er wird infolgedessen nicht nach Genf gehen. ' In politischen Kreisen verlautet, daß sowohl Baldwin wie Chamberlain ihren Einfluß auf geboten hatten, um Cecil zur Beibehaltung seines Postens zu bewegen. Die englische Presse zum Mittrltt Cecils London, 30. 8. Til. (Funkspruch.) In einem Leitartikel mit der lleberschrift „Das Ka binett, der Völkerbund und Lord Cecil" nehmen heute die „Times" zum Rücktritt Lord Cecils St-Lmm. wobei ibre Smnnatbien offensichtlich auf Seiten Baldwin« sind. Das Blatt schreibt u. a., die von Lord Cecil erhobenen Vorwürfe gegen die R«gi«rung»politrk seien von Baldwin in seinem Briefe sehr wirksam zurückgewiesen wor den. Rach dem Rücktritt bleibe der Regierung nur übrig, da» in Locarno erfolgreich eingeleitete Werk der Befriedung ohne Cecil fortzusetzen. In der Zwischenzeit werde allerdings der neue bri tische Delegierte im Völkerbund einen schweren Stand haben. Politisch bedeutsamer sind die Aus führungen des Blattes über den Aufgabenkreis des Völkerbundsrates. Hier wird unter Hinwes aus den Rücktritt de Jouvenels die Auffassung Chamberlains verteidigt, daß der Völkerbundsrat nur für die Behandlung der diplomatischen Fra gen herangezogen werden könne, die sich auf dem gewöhnlichen Wege nicht erledigen lassen. Der britische Außenminister werde sich diesmal kn Genf zum Anwalt einer Verringerung der jährlichen Zusammenkünfte von 4 aus 3 machen. Er hätte sich dadurch wahrscheinlich wieder im Gegensatz zu Lord Cecil befunden, wenn dieser noch Mitglied der britischen Delegation gewesen wäre. Die Ge fahr einer wirklichen Differenz zwischen der bri tischen Politik in Genf und der britischen Politik in London könne jetzt wahrscheinlich als über wunden gelten. Auch die höchstkonservative „Mor- ning Post" billigt die Haltung der Regierung vollständig und meint, die wohlwollende Haltung gegenüber den Arbeiten und Bestrebungen des Völkerbundes könne die britische Regierung nicht davon abhalten, dem Lande die notwendigen Schutzmaßnahmen zu sichern. Die liberalen Blät ter sind, soweit , sie heute bereits kritisch Stellung nehmen, auf eine andere Tonart abgestimmt. „Daily Chronicle" sagt, der Rücktritt Lord Cecils sollte Anlaß geben, die Politik des Kabinetts, insbesondere die dem britischen Prestige schäd lichen Maßnahmen für Rüstungszwecke, etwas stär ker unter die Lupe zu nehmen. SHleWungen Im besetzten Gebiet Koblenz, 30. 8. Der Reichskommissar für die besetzten Gebiete hat im Hinblick auf die bevorstehenden Herbstmanöver zur Sicherstellung der Einbringung der Ernte Schritte bei der inter alliierten Nheinlandoberkommission unternommen. Diese hat nunmehr mitgeteilt, daß zum Schutze der Landwirtschaft und des Weinbaues die erfor derlichen Vorkehrungen getroffen sind und ins besondere ein enges Zusammenarbeiten zwischen ' den militärischen Befehlsstellen und den Behörden der deutschen Landesverwaltungen sichergestellt ist. EI« Attentat»-!«« gegen die türkische Regierung Ein Tscherkesse verhaftet Konstantinopel, 30. 8. (Funkspruch.) Der nach dem Unabhängigkeitskrieg als Staatsfeind verbannte und nach Griechenland entflohene Tscherkesse Hadschi Sami, der mit zahlreichen An hängern heimlich an der westanatolischen Küste gelandet war, ist von der Gendarmerie gefangen genommen worden. Man fand bei ihm Doku mente, aus denen hervorgeht, daß Anschläge auf die Mitglieder der Regierung geplant waren. Die Presse vermutet, daß Hadschi Sami von auswär tigen "Mächten unterstützt wurde. Politische Nachrichten Die frühere „Gäben" gehoben. Der seinerzeit im Marmarameer auf Grund gelaufene und halb versackte türkische Kreuzer „Sultan Jawus Se lim", der frühere deutsche Panzerkreuzer „Gö- ben", ist jetzt gehoben worden. Er wurde in einem von der Lübecker Werst fertiggestellten Schwimmdock eingedockt. Ausweisung «in«» Parker russischen Korrcspon» stritt«». Der Korrespondent der sawjetrussische» Nachrichtenagentur Jul« vroune ist vom ftcm- zbsischen Innenministerium aurgewiesen worden. Die Maßnahme wird damit begründet, daß Braune di« Ausschreitungen vom 23. und 24. August entstellt und übertrieben habe. Der offi ziöse „Petit Parisien" will wissen, daß der rus sische Botschafter beim Innenminister interveniert habe, um den Ausweisungsbefehl, rückgängig zu machen, aber ohne Erfolg. Nach dem gleichen Blatt sollen alle ausländischen Journalisten, die falsche Meldungen oder tendenziöse Nachrichten verbreiten, eine gleiche Behandlung erfahren. Die erste Sacco-Vanzetti-Straße. Der Stadt- rat von Carmaur beschloß, einer Straße die Namen Saccos und Vanzettis zu geben. Der Resse-Matas lieber den Verlauf des Messe-Montags gibt das Meßamt folgenden Bericht aus: Aas Helmai «nd Baterlm» Frankenberg, 30 August lSL7. MV» Prch Poft«ch«alWe Der vrästbmt d« Laude«fi«a^ Druden MV un, mit: Zur Entlastung der Vollstreckung,- stellen der Fmanzikmffr sollen auf Anordnung de, Herrn Reichsminister« der Finanzen künftig nicht rechtzeitig «milchtet« Sieuerbeträge nebst Verzugs zinsen. soweit «s sich um Beträge bis einschließlich IlM RM. handelt, von den Kassen der Finanz ämter im Weg« der Poftnachnahme «inaehoben werden. Di« Steuerpflichtigen werden auf diese« Verfahren noch in den ihnen zugehenden Steuer- KffHciden oder Mahnzetteln, be,.. soweii öffentlich« Mahnung erfolgt, In den diese enthaltenden amt lichen Bekanntmachungen der Finanzämter hinge- wi«sen werden. Die Kosten der Postnachnahm« hoben hierbei dl« säumigen Zahler zu tragen. Werden die Postnachnahmen nicht eingelöst und stellen di» Steuerpflichtigen auch keinen begründeten Stundung«antrag, so werden die geschuldeten Be träge unter Auserlegung der ZwangsvoWreckunga- kosten im Verwaltungswege beigetrieben werden. getätigt, so daß das Geschäft teilweise besser ebenfalls einen guten Zuspruch. f Zur Beachtung für Steuerpflichtige t Zm amtlichen Teile unseres heutigen Blattes ver- öffentlicht das Finanzamt Hainichen eine öffent- liche Aufforderung zur Abgabe der Steuererklä- rungen für die Umsatz-, Einkommen- und Körper schaftssteuer für 1926/27. Steuerpflichtige seien auf diese Bekanntmachung und die darin ange gebenen Termine besonders aufmerksam gemacht. Sportartikelmesse sind bereits recht an nehmbare Bestellungen, insbesondere aus Win Dem Messe-Montag gab die Europa- Tagung des Bundes der Ausländs deutschen e. V. das besondere Gepräge. Die Ausländsdeutschen sind heute im besonderen Maße die Träger des deutschen Erports und daher mit der Leipziger Messe in enger Interessengemeinschaft verbunden. Am Vormittag fand im Leipziger Rathaus der Empfang der Teil nehmer an der Europa-Tagung durch den Rat der Stadt Leimig statt. Am Nachmittag folgte eine öffentliche Veranstaltung mit bemerkenswerten Auf der Verpackungsmittel- und Kar lo nnagenmesse wird das Geschäft vorerst als mäßig bezeichnet, was sich auch auf sonst gut beschäftigte Branchen, wie beispielsweise Sei- lerwarcn, erstreckt. Die Bau messe, in deren Zeichen diesmal die Technische Messe steht, macht einen ausgezeichneten Eindruck. Sie findet das lebhafte Interesse aller Kreise. Sie ist sehr gut beschickt mit Baumaschinen, vor allem Straßen baumaschinen. Rechte Beachtung wird auch der Halle 7 mit der Hygiene-Messe nebst der ihr an-, geschlossenen Abteilung „Fremdenverkehr und Bäder" entgegengebracht. Zum Besuche der Messe haben sich der sächsische Wirtschaftsminister Dr. Krug von Nidda und von Falkenstein, der sächsische Finanzminister Weber und Graf von Holtzendorff von der sächsischen Gesandtschaft in Berlin angemeldet. daß er bi, jetzt noch nicht möglich war, seine Identität zu ermitteln. Nach später«» Meldung«» wurde in dem Toten der SSjähriae, auf oer Zeppelinstr. wohnhafte Lokomotivführer Grünert f-staeftellt. — In der Nähe der Stadtarenze stieß aut der hiesigen Dresdner Straße ein hier wohn hafter 43 jähriger Kaufmann auf seinem Kraftraoe, v> c dem er seinen 17 jährigen Sohn mitführte, mit e nem Lastkraftwagen einer hiesigen Firma, der nach Zeugenaussagen vorschriftswidrig links gefahren sein soll, mit solcher Wucht zusammen, daß Vater und Sohn auf die Straße geschleudert wurden und mit schweren Verletzungen in, Stadtkrankenhaus gebracht werden mußten. Dott ist der Vater in zwischen seinen Verletzungen erlegen, während für den Sohn Lebensgefahr nicht bestehen soll . . _ f Kirchgemeindetag der Kirchgemeinde Kran» Vorträgen. kenberg. Unserem gestrigen Bericht über den Kirch- Aus dem In- und Auslände sind am Messe- gemeindetag der Kirchgemeinde Frankenberg ist Montag weitere zahlreiche Einkäufer eingetroffen, noch eine Ergänzung über den Schluß der Ver so daß der geschäftliche Verkehr eine weitere anstaltung auf dem Markt nachzutragen. Dort Steig erung erfuhr. Auf der Tertilmesse, hielt im Scheine der Hunderte von Lampion? die bereits am 1. September schließt, ist das Ge- Pfarrer Stenz das Schlußwort, das den Dank schäft als befriedigend anzusprechen. Dasselbe gegen Gott und die Helfer und Helferinnen zum kann im großen und ganzen bisher von dem Ver- Ausdruck brachte und das in ein begeistert aUs- lauf der Bürobedarfsmesse und dem Geschäft in genommenes Hoch aus die Stadt- und Kirch- der Papier- und Schreibwarenbranche gesagt wer- gemeinde Frankenberg ausklang. den wo im Hinblick auf das bevorstehende Weih- s Df« Zahlung der Invaliden-, Alters- «sw. nachtsgeschäft recht belangreiche Auftrage erteilt Renten für den Monat Septbr. findet beim hiesiaen wurden. Auf der Schuh- und Leder messe Postamt Donnerstag, d«n 1. S-v'br., in der Zeit zeigt sich lebhafter Winterbedarf für Filzschuhe von 8—12 Uhr und von 15—18 Uhr statt. und Pantoffelwaren. Eine interessante Neuer-: s Kei« Wasser auf Gurkensalat trinken! In scheinung sind echt russische Juchtenleder, die jetzt! Salzwedel trank ein 34 Jahre alter Apotheker trotz nach 13 Jahren erstmalig wieder auf dem deutschen eindringlicher Verwarnuna durch seine Kollegen Markte angeboten werden. In Schuhmaschinen Master auf Gurkensalat. SÄon am anderen Tage wurden lebhafte Käufe von. Schuhmachergewerbe ist -r »n den Folge» einer Kolik gestorben. - — Chemnitz. In der Nähe der Stellerei 3 wurde war als aus der Krübiabrsmesse Aus der am Montan morgen auf dem hiesigen Hauptbahn- war als aus der FruMyrsmeste. Aus ver hx,Uebers breiten der Geleise ein Eisenbahn- beamter, vermutlich ein zum Dienste gehender Heffer , , , von der Lokomotive des einfahrenden Oederaner tersportartrkel gemacht worden Dre N ah- Morgenzuges erfaßt und sofort getötet. Der Leich- rungs- und Genußmrttelmesse findet »am de» Verunglückten wurde so furchtbar zerstückelt, — Limbach. In der Nähe der Schettlerntühl« stürzte der Spedition,geschästrinhaber ErichGrimm mit seinem Krastrade aus der Straß« von Rüßdorf nach Waldenburg so unglücklich, daß er aus dem Transport nach dem Krankenhaus verschied. Iroträsm SIvLLristLUs 10 ?ro26nd ivursr AsivoräoQ siiiä und im krvi86 Qook stsiKSL vsnlrsuf« Ivk nook kunzis Lvit LU ävu sllvn p^sissn. — UutLSu Lio (Ü686 Soloxsulioiil, imiom Lio kaufen, kiekte KönlZstksKe äü Limmssstr. 16. Der Zpuk von l-inckenberg Roman von Otfrid v. Hanstein. Oop>ri§lit 1925 Karl Köhler L- Co., Berlin-Zehlendorf. 29 Nachdruck verboten. Siebentes Kapitel. Kommerzienrat Eugenheim ging in fieberhafter Erregung im Zimmer auf und nieder. Er war gewiß kein Mann, der sich leicht von Notwendig ketten, die das Schicksal ihm aufbürdete, aus der Ruhe bringen ließ, noch ein sentimentaler Mensch. Er hatte anderthalb Millionen verloren, und der Umstand, daß Amtsrichter Roland nur noch etwas über zwanzigtausend Mark bei sich trug, als man ihn ohne Besinnung im Walde oorfand, ließ darauf schließen, daß die gewaltige Summe verloren war. Voraussichtlich war sie auch Roland wieder gestohlen, sein Dämmerzustand, der ja nicht er heuchelt sein konnte, hatte ihm jedenfalls nicht den Gedanken eingegeben, das Geld wenigstens irgendwo zu deponieren. Gugenheim hatte anderthalb Millionen verloren und er selbst hatte gesagt, daß dies der größte Teil seines Vermögens war, aber trotzdem hätte ein Fremder ihm nicht die geringste Verände rung angemetkt. Er war heiter, wie stets — nur wenn man von seinem Sohne sprach, dann umdüsterte sich sein Lebenskünstlergesicht. Er hatte aufgeatmet, als er in die Klinik des Professors kam und sich überzeugte, daß der Gefundene wirklich sein Sohn nicht war. ^Kurt war ein Lump! Sein Sohn! Auch das war eine traurige Gewißheit. Gut! Es mußte ertragen werden — er hatte es ja kommen sehen im Laufe der Jahre — er hatte sich von ihm losgesagt, ihn nach Amerika gesandt, und in seiner Art, alles Unangenehme von sich fern zu halten, hatte er geglaubt, er könne ihn wirklich vergessen. Und jetzt lag seine Visitenkarte vor ihm. Die Karte seines Sohnes, dem er vor Wochen von neuem seine Tür verschlossen hatte, als er nach fünfjähriger Abwesenheit in Amerika urplötzlich auftauchte. Jetzt sollte er ihn doch sehen — den Sohn, ,der inzwischen wirklich zum Verbrecher geworden war und von den Gerichten, zur Schande der ganzen Familie, steckbrieflich verfolgt wurde, und — jetzt kam das Unglaubliche. In diesem Augenblick hatte er plötzlich alles vergessen — allen Groll, allen Zorn und Schmerz, und fühlte Freude! Wirkliche Freude! Er konnte sich selbst nicht verstehen — er suchte nach Gründen. Vielleicht weil Kurt wenigstens den letzten Mut bewies und sich selbst stellte? Nein — es war urplötzlich auflodernde Vater- liebe! Landgerichtsrat Hammacher saß im Hinter gründe des Zimmers. Er mußte der Unterredung beiwohnen, aber er wollte es als möglichst unbemerkter Zuhörer — solange sein Eingreifen rächt nötig war. Der Ober trat ein. „Herr Kurt Gugenheim!" Ich bitte!» Dem Kommerzienrat blieb fast das Wort im Halse stecken. Die Tür öffnete sich, und Kurt Gugenheim trat ein. Lin hübsch gewachsener, schlanker jun ger Mann mit offenen, durchaus nicht verlebten Zügen. Ein gewisser künstlerischer Hauch war über seiner Erscheinung, zu der das etwas lange lockige Haar, die flott gebundene Krawatte, das ganze Auftreten harmonierten. An der Tür blieb er stehen. Sein Gesicht war bleich und um den Nkund zuckte es. „Vater!" Kommerzienrat Gugenheim tat das einzige, was er bisher nie getan, wenn Kurt versucht hatte, sich ihm zu nähern — er öffnete seine Arme und sagte nichts als die fast gelallten Worte: „Mein Junget" Da stürzte sich Kurt an seine Brust. „Vater, Vater, wie konntest du mir das an tun!" Ein elementarer Schmerz klang aus dieser An rede. Der Kommerzienrat stutzte. Drehte denn jetzt der Junge den Spieß unk? — Er wurde streng. „Ich denke, du bist es, der mir das Schlimmste antat!"^ „Vater — steckbrieflich läßt du mich verfolgen! Für einen gemeinen Verbrecher hältst du mich? Du, mein eigener Vater?" Gugenheim trafen die Worte wie Keulenschläge — in diesem Augenblick, als Kurt so vor ihm stand, den Schmerz gekränkter Unschuld in den Augen — wußte er selbst nicht mehr aus und ein. Landgerichtsrat Hammacher stand auf und kam vor. Kurt hatte ihn noch gar nicht gesehen. „Ich bin der Landgerichtsrat Hammacher, und ich bin es, der den Steckbrief und Haftbefehl gegen Sie erlassen hat. Es freut mich, daß Sie zu der Erkenntnis gekommen sind, daß es am besten ist, wenn Sie sich freiwillig der Behörde stellen. In diesem Sinne fasse ich Ihren Besuch auf und deswegen habe ich Sie auch mit Ihrem gebeugten Herrn Vater allein empfangen und vor läufig von dem Eingreifen von Polizisten ab gesehen. Ich denke und rate Ihnen dringend, bleiben Sie wenigstens von jetzt an bei der vollen Wahrheit und legen Sie uns ein vollkommenes Geständnis ab!" Kurt sah den Landgerichtsrat oerwundett an. „Ich wüßte nicht, was ich gestehen sollte." Hammacher wurde streng. „Zunächst — wo ist das Geld?" „Welches Geld?" „Das Sie in Gressenheim abhoben." „Die fünfhundert Mark, die meine Kusine Frenssen mir gab? Ist etwa deswegen —" „Unsinn — die Million, die Sie von der Bank abhoben." „Ich — eine Million!" Hammacher wurde immer ärgerlicher. „Die Hardenbergsche Erbschaft, zu deren Un terschlagung Sie Ihre unglückliche Kusine ver anlaßten." „Herr Landgerichtsrat — ich muß denn doch bitten — wenn Sie auf mich allerhand mir un verständliche Beschuldigungen häufen — Si« kennen mich nicht — es mögen Zufälligkeiten und vor allem der Umstand, daß ich nun einmal als der verlorene Sohn in unserem Hause gelte, Sie veranlassen — wenn Sie es aber wagen, meiner Kusine Frenssen zu nahe zu treten — wen« Sic es wagen, zu behaupten, daß ich es versucht hätte, meine Kusine Frenssen zu einer unlauteren Handlung zu verleiten, oder wenn Sie auch nur annehmen, daß Gerda Frenssen zu einer solchen Tat fähig ist, dann —" Seine Stimme war immer lauter und drohen der geworden — aus seinen Augen k>derte ein heiliges Feuer — er trat auf den Landgerichts rat zu. Kurt Gugenheim war anscheinend ein Mann, deni es schwer wurde, seine Leidenschaften zu fesseln. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)