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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 26.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192708261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270826
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-26
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
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Kirchennachrlchten 11. Sonntag nach Trinttatt» Frankenberg. Kirchlicher Gemeindetag. B. >/,S IM ^estgottesd., Qberp°. Ludwig, (»lrchrnmusit; F. Wagner: Weihegelang: »Kröne mit Segen, o kkw'arr baS MÜ . ftir Münnerchor.) Unmittelbar anschließend Kirchgemeinde- Versammlung. N L Uhr stellen zum Kirchensest aN der Kirche. Wochenamt sür Ktrchentäufen mid Klqder- beerdigungen. Bf- Sell. — Nächsten Mittwoch abend? 8 Uhr Bibelstunde Im Blarramt. Oberps. Ludwig. Lande,«. Gemeinschaft Frankenberg, Echloßstraße 16. I» Uhr SvnntagSschule. A. Uhr Versammlung, SekretSr Vetters (Dresden). — Montag : A. Uhr Jugendbund sür E. T-, Abt. sür Mädchen. — Dienstag: Uhr Jugendbund sür E. E., Abt. Mr junge Männer. — Mittwoch: 4—5 Uhr Kinderbund. — Donnerstag: Uhr Bibelbelprcchung. Sep. rv.-knth. Dreieinigkeitsgem. V. »/«IO Uhr Predigt- gotteSdienst, P. Solbrig Sachsenburg. B. Uhr Predigtg. Uhr Kinberg. Schönborn. B. IO Uhr Vredigtgotlesdienst. Landerk. Gemeinschaft Jrbersdorf. t Uhr Sonntags» schule. — Mittwoch: >/,9 Uhr Btbelst. — Donnerstag: 8 Uhr Singstunde. Jedermann herzlich willkommen. Niederlichtenau. B. '/»y Ubr PredigtgotteSd. «/«1O Uhr Kindergottesd. N. 4 Uhr Bibelst. — Mittwoch: Jung frauenverein — Auigedoteu: Arno Paul Pinger, Bauarb. in Kriebethal, und Marie Elisabeth Herberger aus Oberl- — «et raut: Fritz Zimmermann, Tischler, mit Martha Else Schuricht, beide in Nieder!. Stiftskirche mit Lichtenwalde. B- Uhr Beichte und hell. Abendmahl. 9 Uhr Predigtg. Pf. Rudolph von TrinitatiS. N. 2 Uhr Taufen, Pf. Berihold. — In der Schlohkapelle: V. V.1O Uhr Predigtg. Damach Tauten daselbst. Pf. Berihold. — Getauft: De» Kurt Walter Heinrich, Geschirrs, in Sh.-Eb., S-, Walter Fritz. Der Doris Gertrud Lange, Schneiderin in Eh.-Eb., T-, Ilse Waltraut. Niederwiesa. 9 Uhr Predigtg. (Ps. v. Seydlitz-Gersten» berg. CH.-HilberSdors). Flöha. B-S Uhr Predigtg., Oderkirchenrat Ltr. Wols. KindergotteSb. fällt Vorm aus, dafür Kindergottrsd.» Ausflug in den Pfarrwald nachm. Uhr von der Kirche auS. N. 2 Uhr Taufen. — Montag: A. 8 Uhr Jungmännerv. — DIenStag: A. >/,8 Uhr Arbeiterinnenv. — Mittwoch: A. 8 Uhr Jungfrauen». — Donnerstag: A. 8 Uhr Bibelbesprechung über Jesaia, Kap. 58, durch Oberkirchenrat Wolf Im Kantorat. Langenstriegis. V. Uhr Prcdigtlefegottesd. (Ps. Dreiling amtiert in Bollendorf.) N. 2 Uhr Unterredung mit der konfirm. Jugend der letzten S Jahre (Pf. Dreiling). Zweiseitig beschriebene Manuskript« Müssen wir in Zukunft oer Satzschwieriakett«« «egen unbevingt abkehnen. Di« schriftlektung. Das Neueste aus aller Well v« schwarze Vraa«» ft !ran, in »Eins ¬ am nächsten Tage und immer wieder. Da freute und daß dieser Traum nun zerbrach wie eine bunte ihres Gartens nie mehr begegnete, g: Glaskugel; denn wie konnte sie ihn lieben, wenn Tages mit der Sicherheit der gelieb Glaskugel; denn wie konnte sie ihn lieben, wenn Tages mit der Sicherheit der geliebten Frau in Da beugte sich Fiamettas Ki ihre Liebe einem anderen gehörte? Wo konnte das Haus, das er ihr einmal bezeichnet hatte, vor einem anderen Menschen. eine Erfüllung, wie konnte ein Erwachen aus diesem Dämmerleben sein? Da dachte er an Maria Lenz, die schweigsam und geduldig neben ihm herlebte. Hatte er denn nicht dasselbe getan Dort fand sie eine junge, blonde Krau, die sie nach Rainer fragte. Maria Lenz sah die schöne Italienerin ruhig an und sagte:' „Cr ist fort. Er gehörte mir, ich liebe ihn noch, und darum brauchen Sie wohl weiter nichts zu fragen." Fiametta sah überrascht auf die schlanke Gestalt mit den, blassen Gesicht. Dann brachen Stolz und Spott aus ihr heraus: „Ich frage nicht danach, ob Sie ihn lieben! Was wissen Sie denn von ihm und mir? Wenn Sie ihn liebten, warum hielten Sie ihn dann nicht? Ihr Kühlen und Stillen, was denkt Ihr denn, was Liebe ist? Ich gab ihm das Leben..." Marias Augen wurden dunkel und ernst. „Nur das Leben? Mag sein, daß wir nicht viel von Liebe wissen. Aber vielleicht lernen Sie von einer deutschen Frau, was Treue ist. Denn Rainer war Ihnen noch treu, als sie es zu sein längst vergessen hatten. Daß ich es selbst war, die täg lich die Rosen über Ihre Mauer streute, weil er mir in seinem letzten Briefe davon erzählt hatte, daß Sie es wünschten, daß Sie krank seien und denken sollten, er wäre in ihrer Nähe — was macht denn das aus. Er hätte es gewiß selbst getan, wäre er nicht verirrt — gestorben —" Fiamettas Gesicht wurde bläh. „Und wo — wo ist er jetzt —?'^ „Sie suchten den Lebenden. Der Tote kümmert OUsllin noch nie versttgten, föndtrn «It undenk Ml ihr srfich«». klar«« Mass« wend««. < Hntrt ihn d«n schwarzen Br«nn«n, wen «s Schattin dunkler Tannen Ikgt. . D,d«r SussttemM kamen wild« Horden in di«s« Gegend. Der Wald, Hk jHt so st evaii«rg«ng, bktet, daß tm SoWE Sonde, Luftschnavver au« Kaitowitz, »Kiwitz, Nikol«! anderen Orten hinbringen. war Damals dicht finster. Wer sich da verirrt«, konnte Nicht so wieder hinaus. In dieser ZE wurde ein Priester au« -er zu einem Kranken gerufen, sein W«g Uhm durch den dunklen Wald. Da hörte er pst wüsten Lärm und erkennt, daß Hussit«» ihm aegenzieh«». Er will sich verbirg««, aber hat ihn ein wilder Krieger «blickt und mit 1 Kuß! Huß! dringen st« auf ibn «in. Der flüchtet so gut er kann. DI« Verfolger nah die heilig« Hostie kann « noch ritten. _ . Näh« ist ein Brünnlein, verborg», unter dunklen Tannen. Dort versenkt «r die golden« Monstranz mit dem Leib d« Herrn. Kaum ist di«« dem Priester gelungen, da dtjna«n auch schon di« Verfolger auf ibn «in, «greifen MH mord«« ihn. Jahrhunderte sind v«rgang«Ns äW Gottbegnadete sehen die golden« Monstranz noch h«ute im Wasser leuchten — und wunderbar «rquickt Noch h«ute der küble Trank vom schwarzen Brunnen Do« Zur« erfasst Warschau, 2L. 8. Heute nacht wuide auf der Sire« Warschau—Brest Lttowsl ein mit SO Person«« besetzter Bauernwagen von einem Personenzus erfaßt und zertrümmert. Drei Per sonen wurden gräßlich verstümmelt und waren sofort tot. Seche Personen wurden schwer ver letzt und in hoffnungslosem Zustand« ins Kran kenhaus eingelieftrt. Di« übrigen kamen mit leichteren Verletzungen davon. M mstufeeis-er «»Mm H Mlgttltt Pari», 25. 8. (Funkspruch.) M« aus Neu york gemeldet wird, wurden an Bord der Damp fers „France" kn der Nähe des Leuchtturm- schiffes „Ambrose" starke Erschütterungen ver spürt, di« von einem unterseeischen Vulkan her- rühren dürften. Die Passagiere wurden von ihren Liegestühlen geworfen. Dabei stürzte der französische internationale Tennismeister Berotra so unglücklich, daß er sich den Daumen der linken Hand brach. BandttenSbersall asf Men Stratzenbahnwagen Paris, 85. 8. (Funkspruch.) In Marseille drangen zur Mittagszeif fünf Banditen in einen vollbesetzten Straßenbahnwagen ein, zwangen die Fährgäste mit vorgehaltenen Revolvern zur Auf gabe jeden Widerstandes und raubten einem Bankboten die Geldtasche mit ISOOO Franken Inhalt. Die Verbrecher, durchweg junge Bur schen, entkamen unbehelligt in einem bereitstehen den Auto. Rach 22 Zähren «efangnls begnadigt London, 24. 8. Wie au« Neuyork berichtet wird, ist gestern «in zu lebenslänglichem Gefängnis o«r- urleilter Mann vom Präsident«« Coolidge begnadigt worden. Der betreffende Mann war vor 22 Jahren in Nome in Alaska wegen Ermordung eine» Mannes »um Tode verurteilt worden. Der Begnadigte er klärte feinen Richtern gegenüber, daß er lieber sterben, als ein« lebenslängliche Strafe verbüßen würde. Er beteuerte ständig feine Unschuld. Kose« di Floren» Skizze von Paukrichard Hens«l. In der Nähe der Straße nach Fiesole, auf den Zypress«nhüg«kn, in deren Schatten Böcklins Hau, steht, sah Rainer Brach an einem Frühlings- lag zum erstenmak die fremde Frau. Unvermittelt Kano sie hinter ihm, wie ein Märchen ausge sucht, die Verkörperung geheimnisvollen Lebens In dem Schweigen dieser Landschaft. Sie trat ru ihm, sie sprach — sie ist wie eine Madonna, dachte Rainer — unk sie lächelte und bat. — Seit dieser Begegnung war der junge Deutsche wie verwandelt. Er hatte viele Mädchen in Florenz gemalt, er besaß Freundschaft und Liebe und Geborgensein, aber war es nun das immer satte Licht der Sonne, das stete Zufriedensein, das ihn Unruhe und unbekannte Wege suchen ließ, »der spürte er vielleicht fremdartige-, aufwühlendes Erleben hinter den dunklen Augen der fremden Frau, das seinen Künstlerehrgeiz aufstachelte — er zeigte sich jetzt selten in dem Kreis der Freunde und erzählte nicht von Fiametta di Branconi, der Madonna, die er gefunden hatte. Beklommen chatte er das prächtige Landhaus betreten, in das sie ihn gebeten hatte. Und die neue fremde Welt, die schöne Frau mit den aristokratischen Bewegun gen, der Kuh, mit dem sie ihn wortlos festgehal- 1en hatte, das alles lieh ihn dies Erleben wie ein Märchen erscheinen, das den klugen Maler mit den Kellen Augen bezauberte wie ein berauschender Trank. In ihrem Garten malte er Fiametta, und sie sprachen wenig dabei. Es war, als wenn ihnen die Verschwiegenheit der Hecken und Bäume genug war. Einmal brachte Rainer der Frau einen großen Busch Rosen aus seinem Garten mit. Sie «ahm sie in beide Hände und sagte: „Ich habe dich lick". Das klang wie ein zarter Cellostrich Kn Abendwind. Rainer aber sah beklommen zu Boden und wünschte sich das Sonnenlicht eines Kellen Vormittages. Und wieder an einem Tage war Fiametta ein Stück Weges mit ihm herab gegangen, bis sie die Gärten und Häuser östlich der Stadt am Arno sehen konnten. Da streckte Rainer die Hand aus: „Dort unten wohne ich." Er wollte noch hinzu fügen: „Und mit mir wohnt dort Maria Lenz, die ihre Heimat meinetwillen verlassen hat . . Aber das Märchen war zu nahe und machte ihn stumm. Da wurde Fiametta krank. Und diese Krankheit sie sich des blonden Freundes. Das Gefühl, daß pmmg sie, dem Freunde zum ersten Male zu er- ha irgendwo ein Mensch närrisch in sie verliebt Zählen, dah sie vermahlt sei und daß ihr Gatts, setz machte sie lebensfroh und zärtlich zu dem fetzt wohl sür einige Zeit zurückkommen werde, damit' anderen, der nahe war. Und weil jedes Spiel sie nicht allein sei. „Aber ich will an dich denken" einmal ein Ende haben muß, und weil die Gegen sagte sie mit ruhigem Lächeln, „und ich will auch' wart greifbarer ist als ein Traum und der Herr wissen, daß du mich nicht vergißt. So oft ich § von Branconi nicht nur verllebt, sondern auch Mosen an der Mauerecke finde, wo d,e kleine reich war, folgte ihm die Genesene gern, als er Davidbronze steht, werde ich wissen, daß du mir er vorschlug, ein Bad am Meer aufzusuchen ... treu bist. Und das w,rd mich gesund machen ..." s Nach einem halben Jahr kam Fiametta Tief in Gedanken ging Rainer Brach fort. Er zurück, enttäuscht wie oft und müde. Sie dachte empfand nur, daß ihn diese Frau getäuscht hatte an Rainer Brach, und da sie ihm in der Nähe MM Mrl «tters-lag«, Berlin, 84. 8. Wie die Abendblätter be richten, beschäftigt die Berliner Staatsanwalt- schäft zur Zeit eine große Unterschlagungsaftär«. Im Laufe von drei Jahren ist die Firma Eduard Pincuß, die sich mit der Fabrikation von Gas- und Wasserleitungsgegenständen besaßt, von ihreni Kassierer, der bei d«r Firma großes An sehen genoß, um insgesamt etwa 150 000 Mk. geschädigt worden. Der Täter, der sich bisher im Auslands aushielt, hat sich heute vormittag dem Staatsanwalt gestellt. Schwere Siferso-titat auf offner eiratze Berlin, 24. 8. Wie die Blätter berichten, verübte heute in d^r Friedrichstraße nahe d«r Weidendammer Brücke ein 40jähriger Straßen händler eine schwere Bluttat, indem er seiner früheren Braut vor den Äugen ihres neuen Bräutigams und Hunderter entsetzter Passanten die Kehle mit einem Rasiermesser durchschnitt. Als Ker Täter verhaftet werden sollte, durch schnitt er sich ebenfalls den Hals. Beide wurden nach der Universitätsklinik in der Ziegelstraße gebracht. Dort ist der Täter schon bei seiner Einlieferung gestorben; sein Opfer schwebt in Lebensgefahr. 18 Personen del einem Mtoonfall verletzt Köln, 24. 8. Das Gemeindeauto von Asmannr- hausen, das mehrer« Einwohner de» Orte» zu einem in ein«m Nachbarort statifindenden Kirch weihfest bringen sollte, stürzte infolge Vertagen der Bremse um. 15 Personen wurden erheblich verletzt. Ein polnisches Dorf Mgeöfchert Warschau, 28. 8. TU. In der Nähe von Lem berg wurde das Dorf Dubieck durch Feuer fast völlig vernichtet. Die Rettungsaktion der aus der Umgebung herbeigeeilten Feuerwehren dauert« 15 Stunden. Dem Feuer, das infolge starken Sturmes mit rasender Schnelligkeit um sich griff, fielen im ganzen 22 Häuser zum Opfer. Die Ursache des Brande« konnte nicht festgestellt werden. sie nichts. In meinem Garten blühen noch genug sing sie eines Rosen für sein Grab —" cken Frau in Da beugte sich Fiamettas Kopf zum ersten Male Ja, es hatte den Maler beklommen gemacht, als er spürte, daß diese Frau ihn liebte. Dann , aber brannte auch das Feuer in ihm — nicht aus wie Fiametta? War sein Herz nicht auch geteilt, Eitelkeit, der Erwählte zu sein, nicht allein aus! und war er mcht dennoch verschwiegen geblieben? romantischem Fieber und Abenteuerlust, sondern Da wuUe er kemen Heimweg mehr Der Abend weil das Haus Fiamettas von Leid und Einsam- i^ngst über die Stadt gesenkt; Rainer keit erzählte, und weil er in seinem unbefangenen Arach saß in einer Wirtschaft und schrieb einen Gemüt nichts anderes dachte, als daß es so sein! Brief an Maria Lenz; es war ein langer Brief, müsse, einem Menschen gut zu sein, wenn man ° As der Wirt die Lampen löschte. Dann ging Ihm damit Freude gäbe. ! Rainer langsam am anderen Ende der Stadt Durch die engen Straßen der Stadt drängte' 1^ 2"-' '» L-K ' ging, sand sie an der bezeichneten Stelle viele rote begonnenen Rosen, die über die Mauer geworfen waren. Auch ITraUM wetterträumen durften ->m Tone link immer mieser srenle »eia blind« Freund SkiM von Arthur M. Fraedrich. Fast zwei Jahrzehnte sind verflossen, seit mein Freund, der damals weit berühmte Geigenvirtuose Alfons Campolamor, auf einem Spaziergange in Madrid von meiner Seite gerissen und von einem Auto überfahren wurde. Wir zerrten seinen fürch terlich zerschundenen Körper unter den Nädern hervor und brachten ihn auf dem kürzesten Wege in das Krankenhaus. Ich hatte diesen jungen, viel versprechenden Geiger auf seinen Europareisen begleitet und war stolz, mich einen Freund dieses Spaniers nennen zu dürfen, obwohl ich mich mit meinem Eeigenspiel höchstens zum guten Durch- ^nitt rechnen konnte. Dennoch sehe ich heute freudig auf meine Violine, denn mit ihrer Hilfe tettete ich das kaum zweiundzwanzigjährige Leben des Freundes aus den Maschen des Wahnsinns, aus den Armen des Todes. — Als wir Alfons Campolamor blutüberströmt in den Krankenwagen trugen, schien es mir und allen, die Zeugen des Unglücks waren, als habe der Tod sein Opfer bereits an sich gerissen. Doch der Professor des Krankenhauses kam nach einer schier endlosen Untersuchung zu mir und sagte zufrieden, allerdings mit einem auffallend ernsten Gesicht, der Verunglückte lebe zwar, aber es be stände die Gefahr der Einbuße des Sehvermögens. Weide Sehnerven hätten gelitten, meinte er, die nächsten Tage mühten lehren, ob der bereits vor- aenommene chirurgische Eingriff Erfolg gehabt habe. „Und wenn nicht?" fragte ich. — Der alte Professor zuckte di« Schultern und ließ mich allein. Blind, völlig blind sollte fortan mein Freund durchs Leben tappen? Dieser Mensch, dem sich die Farbenpracht der Natur, das wechselnde Spiel »wischen Licht und Schatten gefühlsmäßig erschloß, der die Melodien, leine beschwingte Phantasie durch das Auge au« dem Geschauten aufsog, dem das Ohr ohne Auge und das Auge ohne Ohr »icht« galt, sollte sich durchs L«ben fühlen, 1ast«n? Er, dessen Lächeln und Bewegungen Musik aus strömten und dessen Augenlicht dem Eeigenspiel mehr war als die Hand dem Arm, nein, so hart konnte ihn das Schicksal nicht treffen! Ich dachte an die letzten Wochen zurück; sie waren ausgefüllt mit seinem unaufhaltsamen Auf stieg. In Berlin, Paris, Wien und Rom sahen und hörten Tausende den begnadeten Künstler, lleberall der gleiche starke Beifall. Er dankte stets mit feinem Lächeln, mit dem leuchtenden, strahlenden Blick seiner Augen. Mit einem Blick, der begleitet zu sein schien von den letzten Tönen, die noch irgendwo im Raume zitterten . . . Jener dankbare Blick, der unergründliche Seclenspiegel sollte gebrochen sein, mußte einer starren Licht leere Platz machen? Solche Gedanken kamen und gingen. Täglich saß ich am Bett meines Freundes und sah dem Spiel seiner schlanken Hände zu, die losend über die Blumen glitten, die fast stündlich ins Zimmer geschickt wurden. Mit verbundenen Augen tat er es, nicht ahnend, mit welch ernsten Gesichtern die Aerzte um ihn standen. Wenn seine Hände die Autogramme auf das Stammbuchpapier der Verehrerinnen warfen — eine Fingerfertigkeit, die des Augenlichtes nicht bedurfte — und er mit ungeduldigen Worten sich über seine unfreiwillige Ruhe beklagte, schien mir der Gedanke, daß dieser schöngeistige Mensch lichtlos durch sein ferneres Leben schreiten sollte, unfaßbar. Wiederholt versuchte er in meiner Gegenwart die schwarze Binde von den Augen zu reißen. „Du weißt nicht," sagte er als ich ihn daran hinderte, „wie sehr rch an dieser Finsternis leide. Genau so, als wenn ich mit dem Bogen über Bindfadensaiten streike/' setzte er hinzu. Ich empfand den horchenden Unterton, die Frage, die sich hinter diesen Worten verbarg. Ich ant- wort«te nicht und sah bald wieder sein sorgen loses jugendliches Lächeln. Da» schmerzte mich. Dann nahte die entscheidende Stunde. Ein paar Aerzte, «in Dutzend Studenten fanden sich tkt. Geschäftig Kin und h«r eilend« Schwestern Das Zimmer lag im Dunkeln und alle Türen waren verschlossen. Lautlose Stille herrschte im Zimmer, als eine der Schwestern die Augenbinde des Kranken löste. Gebannt hingen die Blicke aller an ihm. „Warum ist es dunkel?" durchbrach mein Freund das tiefe Schweigen. „Schwester, ziehen Sie bitte die Vorhänge zurück." Sie gehorchte auf einen leisen Wink des Pro fessors hin. Mit Gewalt brachen sich die Son nenstrahlen Bahn und verdrängten das Dunkel. Alfons Campolamor horchte auf, wandte den Kopf den Fenstern zu, riß die Lider von den Augäpfeln und stierte ins Tageslicht. Dann fuhr er mit der Hand über die Stirn. „Ach, Schwester, ist es Nacht? Warum läßt man mich im Dunkeln?... Es ist stockfinster. Machen Sie bitte Licht!..." Grabesstille herrschte. Der Professor trat ans Bett; er sah blaß aus. Ein Arzt spielte nervös mit einem Zungenstab. Da wußte ich genug. Ich sah in das Gesicht meines Freundes Und bemerkte einen seltsamen ängstlichen, verzweifelten Zug. Dann plötzlich tastete er mit zitternder Hand nach meinem Arm, krampfte die Finger in Mein Fleisch. „Was ist?... sprich doch!" Eine Welt voller Zweifel lag in den Worten. Dein Blinden wurde sein Zustand bewußt. Er griff um sich, faßte die Brust des Professors, zählte dessen Rock- knbpfe. Dann ein Schlucken, ein herzzerreißende« S1öhn«n. „Blind... blind," gellte ein Schrei von seinen verz«rten Lippen. „Ick seh« nicht»! Bin ich -lind? Oder ist er die Nacht? Red« doch- Oh, di«f« Finsternis..." nbewußt griff ich nach Geige und Bogen und strich erst leicht, dann schwer und fest über die Saiten. Galt es doch, das verzweifelte Schreien zu übertönen. Wie ein tausendstimmiges Orchester brauste es, der Resonanzboden drohte unter den Schwin gungen zu brechen. Allmählich wurde es ruhig. Ich dachte an nichts; nicht an den blinden Freund, nicht an den blassen Professor noch an die Aerzte. Ich spielte, spielte wie ich noch nie gespielt hätte. Vis ich plötzlich erwachte. Das Zimmer war leer; mein Freund saß aufrecht im Bett und verlangte mit beiden Händen nach der Geige. MMN spielte er. Seine Lider senkten sich langsam Wer die lichtleeren Wmen, seine Ohren wurden zu auf» nahmefähigen Membranen, die seine Empfin dungen aus dem Nichts auffingen und durch die Saiten Wiedergaben. Ich weiß nicht, wi« lange er spielte, doch so hatte ich ihn noch nie spielen hören! Die Töne bebten unter körper lichen Schmerzen, die ganze Tiefe einer qual vollen Entsagung zitterte in ihnen. Das ü>ap noch dieser unvergleichliche Künstler. So könnt« nur einer spielen... Als er endlich den Bogen absetzte, ließ «r sich sacht in die Kissen fallen. Verklärung lag in seinen Zügen. Zwei Tränen stahlen sich au» seinen blinden Augen und blitzten im warnicht Sonnenlicht. Gottes Odem wehte durch dä« Zimmer. — — Als er nach Wochen Has Krankenhaus verlaßen konnte, war sein Gang gesetzter, würdiger; M heiterer Ernst strömte von ihm aus. Gr griff nach meiner Hand, hielt sie lange schweigend in der seinen und sagte dann mit festem Hände druck : „Freund, dein Spiel war damals die Stimm« der Vorsehung. Hätte ich sie nicht gehört: Der Wahnsinn langte nach mir... Set ruhig, Freund, ich gehöre auch jetzt der Musik, auch vhn«...' Er brach kurz ad und ließ sich von mir weiter- führrn. steigerten meine kaum noch zu bemeisternde Un-I Mein Blick irrte in die Runde, ich empfand ruhe. Mfons Lampolamor lag lächelnd in den nichts mehr; eine marternde Flut von Gedanken Kissen und horchte auf das unterdrückte Flüstern, strömte durch mein Gehirn. Ui auf das Hasten und Rennen um ihn her. Ich hatte alle Mühe, seine vielen Fragen harmlos zu beantworten; dabei hing mein Blick an der Geige, die ich mitgebracht hatte und die er als Erstes sehen sollte. Endlich waren alle Vorbereitungen getroffen.
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