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Vie »euW-stmyW-«» Wirt. schasttverhaMiuiM Ei»ig»»s für Sosmibend erwartet. Pari», 13. 8. (Funkfpruch.) Wie der osfi- »lös« „Petit Pattsien" zu den deutsch-französischen Vllrttschaftsverhandlunaen mitteiien zu können glaubt, ist zum Schluß der gestrigen Einung «ne Verständigung über eine Reihe von Punkten erzielt worden, die am Tage vorher «wch strittig <»oar«n. Wenn Berlin keine neuen Einwände er- Hebe, könne im Lause des Sonnabends die prin zipielle Einigung erfolgen. „Ercelsior" will wissen, Laß heut« Abend ein Kommunique des ftan- gösischen Handelsministeriums veröffentlicht wer den soll, das die entscheidende Phase, in die die Verhandlungen eingetreten seien, beleuchten werd«. Nach dem „Ercelsior" soll der neue Ver trag bis zum l. April Geltung haben. Für die «och strittigen Tariffragen würde ziemlich rasch eine Lösung gefunden werden können. Die letzten Meinungsverschiedenheiten hatten nur noch Strumpf-, Spiel- und Baumwollwaren betroffen. 'Im Laufe des Tages werde ein Sekretär der deutschen Wirtschaftsdelegation aus Berlin mit 'den entscheidenden Instruktionen der Neichsregie- rung zurückerwartet. Falls dieser keine neue Tleberraschungen brächte, stehen die Unterzeichnung ^des Abkommens bevor. Wime«le fliegt erst Ende August Berlin, 11. 8. Der Pour le mörite-Meger ^Könnecke hüt beschlossen, den Motor seines Flug zeuges auszuwechseln. Er will einen Junkersmotor U. 5 Spezial von 350 in sein Flugzeug ein- Mwen lassen. Dieser Motor mutz erst eingeflogen .werden, so datz mit dem Start zum Ozeanflug 'nicht vor Ende August zu rechnen ist. Berlin, 11. 8. Könnecke gedenkt morgen nachmittag gegen 16 Uhr von Berlin nach Köln Zu fliegen, wo er gegen 20 Uhr eintreffen will. «Bei einem zweitägigen Aufenthalt in Köln wird «r noch einige Bekastungsflüge vornehmen, um Kann, günstige Witterung vorausgesetzt, nach ^Amerika zu starten. Nach 60stündigem Laufen ist heute der Motor des Flugzeuges „Germania" auseinandergenommen worden, um bis morgen nachmittag gründlich überholt zu werden. vzeanflug - Fieber überall Dessau, 11. 8. Heute ist eine Junkersmaschine «ach Warnemünde geflogen, uni Professor Junkers nieder nach Dessau zu bringen. Für morgen Nachmittag wird Herr von Hünefeld, der wegen des Todes seines Vaters nach Berlin abberufen war, wieder in Dessau erwartet. Paris, 11. 8. Die „Miß Columbia" ist heute mit Benzin und Oel gefüllt worden, was Mit dem bevorstehenden Start in Zusammenhang gebracht wird. Die beiden französischen Ozean- Meger Gimm und Corbu haben mit ihrem „Blauen Wogel" einen Flug von Paris nach Voulogne und Iurück unternommen, unter Mitführung einer Ben- tzinlwst von 2000 Litern. Das Flugzeug brauchte Bei seinem Start eine Strecke von 300 Metern. London, 11. 8. Kapitän Courtney, der heute seinen Flug über den atlantischen Ozean anzu treten beabsichtigte, war infolge ungünstigen Met iers gezwungen, seinen Start zu verschieben. Die Post für de» Lzeanslug Berlin, 11. 8. Wie aus Dessau berichtet wird, beläuft sich die bisher im Postamt Dessau gur Beförderung mit den Ozcanflugzeugen ein- gegangene Post auf rund 2500 Briefe und 1200 Doftkarten im Gesamtgewicht von etwa 16 Kilo- Kramm. Es steht noch mcht fest, ob die über- ffchüssige Menge mitgenommen wird oder ob ein »leil an die Absender zurückgeht. Der Einsatz! einer dritten Maschine, kommt wahrscheinlich nicht in Frage. Die Empfänger der Flugpost sind in lxr großen Mehrzahl in Amerika lebend« Angehörig«, frm«r Geschäftsfreunde, Banken, deutsch-amerikanisch« Gesellschaften. Daneben be finden sich auch Sendungen an offiziell« amerika nische Persönlichkeiten, darunter etwa ein Dutzend Brief« an Coolidge, ferner ein Schreiben an General Dawes, cm Ford, Morgan und andere bekannte amerikanisch« Persönlichkeiten. Man er wartet noch das Eintreffen von Briefen offizieller deutscher Personen- Der Flughafen in Dessau wird für den Tag des Startes der Ozeanflieger mit dem Leipziger Rundfunk direkt verbunden und von diesem Sender aus wird man die Tat sache de- Startes zum Ozeanflug sofort durch Rundfunk verbreiten. Amerikas Programm für de» Empfang der deutschen vzeanflleger Berlin, 12. 8. Nach einer Meldung aus Neuyork gibt die Steuben-Gesellschaft, der Bür germeister Walker die Vorbereitungen zum Emp fang der deutschen Flieger übertragen hat, das Programm, soweit es bereits festgelegt ist, be kannt. Es ist eine Begrützung vorgesehen durch die Vertreter des Deutschen Reiches, der Ver einigten Staaten, des Staates und der Stadt Neuyork und der Steuben-Gesellschaft. Nm fol genden Tage soll ein Empfang in der City-Hall durch den stellvertretenden Bürgermeister, ein offi zielles Bankett im Astorhotel und ein Empfang durch die deutsche Bevölkerung Neuyorks im Klub haus „Liederkranz" stattfinden. Zahlreiche wei tere Begrühungsakte dürften sich an diese Punkt« des Programms anschlietzen. MrdMW« des Mlaner- ausstmdes I» Bolivien London, 12. 8. (Funkspruch.) Nach einer unbestätigten Meldung aus La Paz nimmt der Aufstand der Indianer in Bolivien grotzen Um fang an. Nicht weniger als 50 000 Indianer sollen sich auf dem Kriegspfad befinden. Die Regierungstruppen haben mehrere Häuptlinge ge fangen genommen. 100 Anhänger der Aufstän dischen sind hingerichtet worden. Attentat und FeuerMunft in Sakrament» Berlin, 12. 8. Nach einer Meldung aus Neuyork explodierte in dem Dachgeschoß des Staatstheaters in Sacramento, der Hauptstadt des Staates Kalifornien, eine Bombe. Durch j die Gewalt der Explosion wurde das ganze Dach weggerissen und eine Feuersbrunst ausgelöst, welche das Gebäude nahezu vollständig zerstörte. Gefahren der Rawultnr Eine Entschließung des Aerzte- und Volksbnndes für GefeNschaftsethik. Der unter dem Vorsitz des Geh. Medizinalrats Prof. Dr. Abderhalden in Halle a. S. stehende Aerzte- und Volksbund für Gesellschaftsethik hat zur Frage der Nacktkultur eine sehr beachtens werte Kundgebung erlassen. In einer Vorstands sitzung des Bundes wurde die Nacktkultur und die! Entwicklung unseres Theaterwesens erörtert und unter anderem darauf hingewiesen, datz eines der frühesten Anzeichen mancher Geisteskrankheiten der Verlust des Schamgefühls sei. Folgende Entschließung wurde angenommen, in der es u. a. heißt: „Der Deutsche Aerztebund für Serval-Ethik hält es für seine Pflicht, die deutsche Aerzteschaft zu einer energischen Stellungnahme gegen die immer mehr umsichgreifenden Auswüchse der Nacktkultur- bewegung aufzurufen. Es gilt, dem Volke warnend klarzumachcn, daß hier ernste Gefahren aus sittlichem und damit auch le^e.i E>.drs auf gesundheitlichem Gebiete drohen. Es ist unsere, Pflicht, darauf hinzuweiseil, daß man hygienische Körperkultur in ausreichend«! und durchaus zweck entsprechender Meise betreiben kann, ohne die vollständige Entblößung d« Körpers. Wir müssen klar zum Ausdruck bringen, daß das Schamgefühl in seiner natürlichen und berechtigten Form — also nicht etwa die unnatürliche Prüderer — un- bedingt gewahrt und geachtet werden muß; d-nn wir erblicken in diesem Gefühl den Ausdruck der Selbstachtung der Persönlichkeit. L» zerstören, heißt sittlich« Grundlagen der Persönlichkeit ver nichten. Unter bewußter Ablehnung jeder Heuche lei und Unwahrheit müssen wir dis Aerzteschaft zur Mitarbeit zwecks sittlicher VolksaufklLrung aufrufen." Ein« Botschaft an -le E-risten-est Kandqe-xng des Lassana« Konz»« Lausanne, 11. 8. Nach dreitägigen Kommission«- sitzungen ist das Plenum der Weltkirchenkonfersnz heute vormittag wieder zusammengetreten. Die Kommissions- berichte ließen di« 500 Delegierten vollzählig erscheinen. Für die 111 Mitglieder umfassende erste Sektion berichtet« der Berliner Universitätsprofessor Dr. Dsiß- mann. Im Namen seiner Sektion unterbreitete er dem Konzil den Entwurf einer „Botschaft an die Lhristenhei t". Die Botschaft feiert im wesentlichen das Evangelium als das einigende Band aller christ lichen Kirchen, als religiöse Kraftquelle der Menschheit. Sie stellt fest, daß das Lausanner Weltkirchenkonzil, beschickt von zahlreichen kirchlichen Vertretern aus der alten und der neuen Welt, entschlossen ist, den lähmen den Geist der Zwietracht abzutun und «inen neuen Anfang zu machen zur Einigung der getrenn ten Christenheit. „Mit tiefer Dankbarkeit", so heißt es dann weiter, „hat die Konferenz dabei erkennen dürfen, daß die Abgeordneten der in ihr vertretenen Kirchen bei aller Vielfältigkeit ihrer Begabung und ihres geschichtlichen Erbes anerkannt haben, datz sie geistig eins sind in Jesu Christo. Dies« Erfahrung hat die Konferenz veranlatzt, die Botschaft der Kirchen Jesu Christi der Welt zu verkünden und ihr einen einzigen Ausdruck zu geben. Ohne liebevolles Verständnis für das soziale Elend unseres Zeitalters, für dessen Drang nach intellektueller Ehrlichkeit, nach sozialer Gerechtigkeit und neuer Geistigkeit geht es nicht. Die Kirchen bieten dieses alte Evan gelium auch heute an als die Antwort auf die Nöte derer, die im gottgewollten Ringen zur Wahrheit emporschretten." Politische Nachrichten Urlaubsantritt de» Reichspräsidenten. Amtlich wird mitgeteilt: Der Herr Reichspräsident hat sich, von seinem Sobne und Adjutanten Major von HIndenbura begleitet, Donnerstag abend mit dem fahrplanmäßigen Münchener Zuge nack Bayern beaeben, um dort einen etwa vierwöchigen Er holungsurlaub auf dem Lande zu verbrinaen. Differenzen zwischen Reichsbanner und Rund funk. Au« Leipzig wird gemeldet: Das Reichs banner Schwarz-rot-gold hat von der Mirag ge fordert, sie möge die wesentlichen Teile der Reichs- verfassungsfeier, die das Reichsbanner demnächst in Leipzig abhält, den Nundfunkbörern zugänglich machen. Di« Mirag hat abaelehnt mit der Be< griindung, daß einmal die Reichrversaslun gefrier am 11. August in Berlin über den Rundfunk allen Hörern zugänglich gemacht worden sei und daß zum zweiten die Mirag da« Reichsbanner mindestens so lange al« politische Organisation ansehen müsse, al« die Diff-rrnzen zwischen dem Reichsbanner und dem derzettigen Reichskanzler Marr dauerten. Das Reichsbanner will sich diese EnisLetdima nicht ge fallen lassen und hat sich an die der Mirag über geordneten Aufsichtsinstanzen gewendet, von denen es aber bisher eine Antwort noch nicht erhalten hat. Zwischenfälle bei der Verfassungsfeier in Halle. Bec der Verfastungsfeier in d«m überfüllten städ tischen Thaliasaal wurde der Festredner Professor Dr. Menzer, der über „Universität und da» brutsche Volk" sprechen sollte, schon nach den ersten ein leitenden Sätze» durch Zwischenrufe und Pfeifen unterbrochen. Ein großer Teil der Anwesenden «hob sich auf Aufforderung eines Teilnehmers und sana das Reichsbann-rlied. Dorans n-rließ Pro- fkstor M-" z-r d".; Reanerpmt. Der F-Hr« de« Reichsbanner, hielt alsdann ein« Anhrrache. «»rat» piÄTellueh«« de» Saal «Ach». Mr mA WSH« bannt« dl« Fei«, zu End« geführt w«dE Psi, B»rs«ks«,a^Wer Mr ff«ltlch«» Botschaft dr Pari«. Au« Anlaß he» Berfaflungsiage« Kaff am Donnerst«« di« deutsche Botschaft ein große« Gartenfest, zu dem da. Botschaft-personal, dl« Vits» glieber der Wirtschaftedelegation der deutsch,« Ko lonie und ander« Persönlichkeiten geladen waren. Im Mlitelvnnft der Feier fand «ine kurze Ansprache de» wieder gebetenen Botschafter« von Laesch, d» « als «in Erfordernis der Stund« bezeichnet«, daß all« Deutsch,« dem neuen Reich« positiv gegenüber und mchtveiseite ständen. Aller Ziel Müll« stlH da» Reich zu neuer Größ« ,u kühren. Er schuß nm einem Hoch auf die deutsche Heimat und den Reichs präsidenten. Ein deutscher Schwindler in Spanien verhaftet. In Ciudad Real ist «in Schwindler verhaftet wok» den, der dort seit längerer Zelt bei einem Arzt ge wohnt und sich al« der Mörder Kurt Eisner« au« gegeben hatte. Er nannte sich Kari von Arco unh behauptete, in der deutschen Arm« al« Flieger« offizier gekämpft »u haben. Die Polizei stellt« fest, daß es sich um einen aus Bayern stammenden De» serteur au« der spanischen Fremdenlegion handelte, der bereite zweimal wegen Betruges bestraft wori den war. Der Verhaftete, der Waldmann h«i^n soll, wird ausgeliefert werden. Selbstmord «ine« tschochisch«« Generals. In Marienbad wurde der tschechisch« General Wankst auf seinem Laubengelände tot aufgefunden. De» General hat durch Gtft Selbstmord verübt. Attentat auf d«n ErkSnig von ErischenWd. Der ehemalige König Georg von GriechsWnv wurde auf der Durchreise von Bukarest nach M- des in Kikinda an der rumünischrn Grenzt von einem angeblichen rumänischen Journalisten über» fallen. Als der Zug hielt und der frühere König an das Fenster trat, feuerte der Täter mehrere Re» volverschksse auf ihn ab, die jedoch fehlgingen. Bet der Festnahme fand man bei ihm noch einen zwmefi Revolver und zahlreiches kompromittierende« Ma terial. Mr Heimat «ad Baterlaad Frairkenberg, 12. August 1927. Die Landpartie „Du willst wohl erst noch einmal den Petrus kontrollieren, baß du so auf das Wetterglas stierst? Hier fass' zu! Stullenpakete, Kaffeefla schen, Mäntel, Neisedecken und Babys Milch flasche werden dem armen Vater aufgebürdet. Vor der Haustür stampfe» ungeduldig die Braunen« Mutter, klein, rundlich, resolut, klettert auf den mit Birkeureisern geschmückten Leiterwagen. Ma» steigt nach! Einer nach dem anderen nimmt Plaß. Hart ist die Holzbank. „Alles da? Abzählen!'» Eins, zwei, drei ... elf, zwölf, dreizehn!" „Drei, zehn? O weh die Unglückszahl!" Der Kutschers steckt seine Halblange in Brand. „Hühl" pol- ternd rollt der Wagen über das Pflaster. Ein« Mundharmonika fistelt, eine Mandoline wimmert j Muß i denn, muß i denn, Zuhum Städtelein hinaus!" Wir fahren im Grünen. Die Sonne lacht« Ich sitze neben Fräulein Annemarie. Ihre Mut» ter lächelt mich dauernd an. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten!" Singen wir ein schönes Lied, in welchem es heißt: „eine böse Schwteger- mamama ..." „Den Schmetterling muß ich ha- ben!" brüllt ein Dreikäsehoch, trampelt mir sämt liche Hühneraugen kaputt, haut mich mit dem Fangnetz ins Gesicht, der Strohhut fällt von, Wagen, wird unter knirschenden Rädern zermalmt. Baby schreit, ich schreie, alles schreit. „Ja, die Dreizehn!" läßt sich eine mütterliche Stimme ver- nehmen, „ich sagte ja gleich ..." Die Gäule galoppiere», meine Haare flattern. Fräulein Annemarie, streicht zart meine Hand. ,^Ob er wohl anb sitzen wird?" Zwei alte Tanten l meiner Nachbarin stieren, glotzen mich an. Paby schreit immer noch. „Schlaf Kindchen schlaf!" Peebpuk von t-inckenberg Roman von Otfrid v. Hanstein. Lopz-rixßt 1925 bx Karl Köhler 8- Co., Berlin-Zehlendorf. 18 Nachdruck verbo'en. Er war in die offene Tür seines Zimmers getreten. „Hier am Tisch und neben mir meine Braut >— ich sehe, wie ich das Formular aus meinem Much ritz und es ihr gab — ich sehe bas alles ganz deutlich, und doch weitz ich, das ist alles nicht wahr, das ist ein furchtbarer Traum! Ich habe es nicht getan! Ich schwöre, datz ich es «richt getan habe! Gar nicht tun konnte! Ls Ist eben ein Traum! Herr Landgerichtsiat, haben ICie doch Mitleid und wecken Sie mich!" Er sank unter krampfhaftem Schluchzen in einen Stuhl, und der Vorgesetzte betrachtete ihn voller Mitgefühl. „Gehen Sie nach Hause, Herr Roland, und pehmen Sie ein Beruhigungsmittel für Ihre Nerve». Ich will auch Ihnen gegenüber von einer Untersuchungshaft absehen, denn ich bin überzeugt, mit klarer Ueberlegung haben Sie nichts Unrechtes getan, aber, nicht wahr, Sie geben mir Ihr Ehrenwort — Sie halten sich zu meiner Verfügung. Sie sind morgen früh Aunkt neun Uhr hier in diesem Zimmer. Keine Dummheit! Sie verstehen! Ich habe Ihr Ehren wort!" „Mein Ehrenwort, Herr Landgerichtsrat. Ich weitz, worauf Sie anspielen, aber solange dieses Rätsel nicht geklärt ist, Habe ich nicht einmal bas Recht, mir eine Kugel durch den Kopf zu schietzen." Roland wankte hinaus, und der Landgerichts rat sah ihm traurig nach. „Schade um ben — ich hätte die Hand für ihn In das Feuer gelegt." Ter Amtsrichter war ihm ftotz allem auch jetzt noch lieber als der junge Staatsanwalt, der sich Rolands Freund genannt, der ini Hause des Geheimrats und des Kommerzienrats verkehrte und der es jetzt so trefflich fertig brachte, allen seinen bisherigen Freunden gegenüber nichts zu sein als eben der Staatsanwalt. Herr Bill Jefferson sah in seinem Zimmer bei den gepackten Koffern. Er mutzte nur noch auf sein Auto warten und las in einem grotzen Aktenstück, das den Stempel der amerikanische» Detektivfirma und die Aufschrift „Weftmoore contra Steevenson" trug. Es pochte an seiner Tür. „Oo in!" Er war mtt seinen Gedanken offenbar bereits unterwegs. In der Tür stand mtt verzerrten Zügen Amts richter Roland. „Sie hier?" sagte Jefferson sehr erstaunt. „Verzeihen Sie, Herr Jefferson, ich — ich —" Der Detektiv war abweisend und kühl. „Herr Amtsrichter, Ich bedaur« Ihnen nicht mehr dienen zu können. Sie sehen, ich stehe Inc Begriff der Abreise." Herr Jefferson liebte es nicht, sich mit Leuten, die er bereits »ach seiner Ansicht überführt hatte, noch weiter einzulassen, und die Schuld des Amtsrichters war für ihn bewiesen. Roland sank in einen Stuhl — er konnte nicht gehen, und wutzte doch nicht, was er eigentlich bei dem Detektiv wollte. Er hatte nur das in stinktive Gefühl, datz dieser Mann, der durch seine schnelle Beweisführung an seinem Unglück eigentlich schuld war, auch der einzige wäre, der ihm helfen konnte. Seine Kraft verlieh ihn und fein Haupt sank schwer aus den Tisch. Nach einiger Zeit sah er sich wieder auf der Straße — zu allem kam jetzt noch «in Gefühl der BMämung und der Wut. Der Detektiv hatte ihn aus dem Zimmer ge wiesen, «r halt« ihn behandelt wie einen Ver brecher, er hatte ihm Worte gesagt, wie sie der Landgerichtsrat nicht gesprochen, er hatte ihn» der hilfesuchend zu ihm gekommen und bei ihm zusammengebrochen, roh aufgerissen und ihm die Tür gewiesen. Er haßte den Mann mit dem ruhigen Blick, er hahte ihn, weil er der erste war, der Gerda — Wieder stieg er heiß in seiner Kehle auf. Seine arme, liebe kleine Gerda! Er taumelte in den Park wie ein Trunkener und sank auf eine Bank. Erst nach einer Weile schaute er auf — er sah dicht vor dem Mühlen- teich, in dem gestern seine schon überreizten Sinne Gerdas Bild sahen. Wieder starrte er in das Wasser. Wie ruhig und klar es war. Wie still und friedlich. Es war, als zöge es ihn hinunter in seinen Frieden. Ein Ende? Aber da sah er den Landgerichtsrat vor sich. Nicht feige! Jetzt muhte er aushalten, und doch — — Er fühlte ein« Hand aus seiner Schulter und blickte sich um. Kommerzienrat Gugenheim stand neben ihm. „Mann'. Mann!" Er muhte, dah der alte Herr seine innersten Gedanken durchschaut hatte. „Ich tu'« ja nicht — aber es wäre schön!" Der Kommerzienrat nickte langsam mit dem Kopf. „Sie haben recht — es wäre schön — aber — ich darf «s auch nicht." Der Kommerzienrat war ihm als ein immer regsamer Kaufmann und als ein stets lebens lustiger Gastgeber bekannt — jetzt war er so weich und voller Schmerz. Er drückte den jungen Amtsrichter neben sich auf die Bank. „Mein Los ist noch schwerer." „Nein, Herr Kommerzienrat." „Doch, junger Freund. Sie haben vielleicht esmas Unrechtes aeta» —" „Ich träume ja nur, ich tat es nicht." Roland schrie auf. „Sie haben es vielleicht getan — ohne Ueber legung — und wenn Sie es taten, so geschah es aus Liebe oder — ich weih ja selbst mcht — aber — Sie können büßen und gut machen^ und ich? Ist es meine Schuld, dah ich einest mihratenen Sohn habe? Ich tat an ihm, was ich konnte. Sie wissen nicht, wie einem Vatev zumute ist, der weih, dah fern Kind ein Ver brecher ist, dah sein Kind, das er trotz cKem liebt, die liebsten Menschen in bodenloses Ver derben stürzte. Die kleine Gerda! Und Kurt trägt die Schuld! Kurt trägt die Schuld, dass mein braver Schwager jetzt so unsäglich leidet? Kurt trägt Pe Schuld, dah das Leben der lieben sonnigen Gerda, die sicher nicht ahnte^ was sie tat, vergiftet wurde. Kurt trägt di« Schuld auch an Ihrem Unglück." Der Kommerzienrat, der wohl nie gemein^ schluchzte wie ein Kind, und über des Väter« Leid vergeh Roland fast die eigene Verzweiflung^ Sie sähen stumm nebeneinander, und schwarz und klar schimmerte vor ihnen das Wasser. Heut« war kein Funken in seinem Grund« und kein Bill» stieg aus dem Wasser empor. Nach langer Zeit richtete sich der Kommerzien rat auf. „Ich kann an diesem Abend nicht allein keil» — mein ältester Sohn, der noch von all dein Schrecklichen nichts weih, ist verreist. Kommest Sie mit zu mir — wir sind zwei Männer, dl« in dieser Nacht nicht allein sein dürfen." Roland antwortete nicht, aber er ging an dx» alten Mannes Seite, als wäre es auch ihm selbst verständlich, daß sie zusammengehörten. Sie gingen an d«s Geheimrats Mahnung vy» üb«r. Einig« Zimmer waren erhellt, und vor der Tür hielt rin Krankenwagen. Eben bracht« man Gerda Frenssen kn da» Hau» ihr«« Vetters. <8ortsttzunü !»IM