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Cs ist eine aste Tatsache, daß man in der Politik .sticht mir mit Menschen und Tatsachen zu rechnen W, sondern das; auch Stimmungen eine gewichtige Rolle spielen können, die nicht zu kontrollieren Und, aber doch von jedem Staatsmann berück- Uflgt werden müssen- Wir haben im Lause der Mten neun Jahre ein ewiges Hin und Her, ein Uuf und Ab beobachten können. Wir haben er- IKt, wie der Hatz, der nach dem Krieg und dem Frieden von Versailles, der kein Frieden war, Wie eine Eiftgasschicht über der Erde lagerte, langsam und allmählich einem allgemeinen Ver- ständigungswille» Platz zu machen begann. Von Versailles hat ein langer, aber doch gerader Weg nach Locarno und Thoiry geführt, und wir haben We gehofft, daß am Ende dieses Weges die Rheinlandräumung und damit die endliche Be friedung Europas liegen würde- Heute müssen wir erkennen, dah cs ein Irrtum war. Wir dür fen uns der Ansicht nicht länger verschließen, dah der Weg der Verständigungspolitik plötzlich ein Epde gefunden hat, ohne dah wir ans Ziel gelangt sind. Schon längst war der Umschwung, der sich in her öffentlichen Meinung Frankreichs vollzogen hat, offenkundig. Schon seit einem halben Jahr konnte kein Zweifel mehr daran bestehe», dah Pomcarö wieder stärkeren Einfkuh auf die fran zösische Außenpolitik ausübte und dah damit alles, Wgs Stresemann und Briand gemeinsam erstrebt hatten, wieder in Frage gestellt war. Jetzt aber i Mgf es sich, dah keineswegs nur in Frankreich die Verständigungspolitik acta gelegt worden M. Der Konflikt mit Belgien, die ständige Drohung Vanderveldes, die Kontrollkommission des Völkerbundes gegen Deutschland mobil zu Hachen, haben deutlich gezeigt, wohin die Reise 'gehe» soll. Wem dies aber noch nicht klar geworden sein sollte, dem dürfte die letzte Unterhausdebatte in London endlich die Augen geöffnet haben. Schon vor einiger Zeit hat es bei uns Befremden er- 'MA dah Chamberlain ohne jeden ersichtlichen Akünd heftige Angriffe gegen Deutschland richtete, vWohl er es damals doch für nötig hielt, durch sejDi Unterstaatssekretär sofort Ocl ans die Wogen der Erregung ziehen zu lassen. Jetzt hat hü» dieser selbe Staatssekretär Locker Lampson püf .eine Anfrage erklärt, Deutschland habe die Ml auferlegten Abrüstungsbedingungen noch nicht pWg erfüllt, und solange könne von einer Räu mung des besetzten Gebietes natürlich gar keine RM sein. Man wird deutscherseits abwarten, Pis der genaue Wortlaut seiner Rede vorliegt, Was bisher noch nicht der Fall ist. Schon heute aber besteht in allen politischen Kreisen die Ueber- Mgung, dah es sich hier um keine Stegreif- Umrage und eine improvisierte, in der Eile viel- fescht nicht glücklich formulierte Entgegnung han delt, sondern nIt ein ganz planmäßig verab- tedtztes Frage- und Äntwortspiel, durch das die Englische Regierung Gelegenheit erhalten sollte, kbre veränderte Stellungnahme zu diesem Problem bekanntzugeben. Selbstverständlich ist der englische Standpunkt für Deutschland gänzlich nndiskutabel. Es ist unzutreffend, wenn Locker Lampson erklärt, .alle Streitpunkte wären noch nicht erledigt, da das gerade Gegenteil richtig ist. Die Befestigungen än den Ostfestnngen sind zerstört, das Kriegs? üerätegesetz ist vom Reichstag verabschiedet. Was nun noch aussteht, sind Abmontierungen, die ganz planmähig nach einem mit der Botschafter konferenz vereinbarten Terminkalender erledigt werden. Auch England wird im Ernst kaum behaupten wolle», dah cs unbedingt nötig sei, Has NKeinland nych vier Jahre besetzt zu halten, «peil ein paar Geschütze in Swinemünde noch fahrbare Untergestelle haben oder eine Kaserne noch nicht zu einem Wohnhaus umgebaut ist. Eng land, Frankreich und Belgien wissen ganz genau, dah wir restlos entwaffnet sind, denn wenn sie davon nicht überMlft wären, würden sie sich hüten, eine derartige Politik gegen uns zu treiben. Die MiMSrattachös nach Paris befohlen Berlin, 29. 7, Dje Militärattaches der alliierten diplomatischen Vertretungen in Beritt sind wieder nach Parts gereist. Wie das Pariser «»Journal" meldet, will der Botschasterrat die Militärattaches anhören, bevor er weitere Be schlüsse saht hinsichtlich der Durchführung der Entwaffnungsverpflichtungen in der Frage der deutschen Polizei und der „illegalen Organisa tionen mit militärischer Gliederung" in Deutsch land. Die Botschafterkonferenz, deren Diensteifer i gegenüber den Wünschen der Kreise um Foch und Poincarö ja hinreichend bekannt ist, sucht aus der Tatsache, das; einige der in Genf vereinbarten neuen Bestimmungen für die Schutzpolizei noch nicht die gesetzlichen Instanzen in Deutschland durchlaufen haben, den Vorwand für eine Ver weigerung einer „Feststellung" der deutschen Er füllung herzuleiten. An sich bleibt es fraglich, ob es überhaupt einer solchen Quittungserteilung durch die Botschafterkonferenz bedarf, nachdem ihr Organ, die Internationale Kontrollkommission, abgetreten und das Genfer Abkommen über die Investigation in Kraft getreten ist. Man darf jedenfalls in diesem Treiben nur eine Wieder holung des alten, heimtückischen Spiels der Entente-Diplomatke erblicken, die künstlich nach Möglichkeiten sucht, um dem deutschen Wunsch auf vorzeitige Rheinlandräumung mit der Be hauptung entgegentreten zu können, Deutschland sei mit seinen Verpflichtungen noch im Rückstand. Die Gestaltung der Lage, wie sie sich jetzt herausgebildet hat, dürfte, wie wir von infor mierter Seite erfahre», der deutschen Negi e- rung den Anlaß zu einer deutlich gefaßten! Erklärung geben, in der den Versaillesmächte» gegenüber klargestellt wird, dah die Entwaff nungsfrage, soweit sie Paris und London angeht, nunmehr völlig bereinigt und er ledigt ist. Der Vorstoh Englands Erstaunen in Berlin. Berlin, 29. 7. Die gestrige Antwort des englischen Staatssekretärs Locker Lampson auf eine Unterhausanfrage bezüglich der deutschen Ab rüstung hat in Berliner diplomatischen Kreisen öffenbares Erstaunen ausgelöst. An zuständiger Stelle weist man darauf hin, dah dis Erklärungen Locker Lampsons ungenau und sehr mihverständlich seien. Wenn der Staats sekretär dem Reuter-Auszug zufolge gesagt hat, dah auher der Schleifung der Ostfestnngen auch noch andere Punkte der deutschen Entwaffmmg offengestanden hätten, deren Erfüllung die An- i forderungen noch nicht befriedigt habe, so weist man dem gegenüber auf das Genfer Protokoll vom Dezember 1926 hin, in dem durch die Ver treter Deutschlands und der Mächte der Bot- schaftcrkonferenz mit Genugtuung festgestellt wor den ist, dah über den größten Teil der mehr als 100 Fragen der deutschen Entwaffnung Verstän digung erzielt worden sei und nur zwei Fragen noch ausstünden. Diese beiden Fragen waren die der Ostfestungen und das Kriegsgerätegesetz, . die inzwischen beide erledigt worden sind. Es wird weiter darauf hingewiesen, dah nach Vereinbarung mit den Mächten der Botschafter- konferenz gewisse untergeordnete Punkte, zu denen die vom „Daily Telegraph" beanstandeten Küsten geschütze an der Ostsee und die Frage des Ver kaufs der ehemaligen deutschen Kasernen gehören, programmäßig abgewickelt werden. Die Termine sind stets cingehalten worden und werden auch künftig cingehalten werden. Hier ist Deutschland ein Zeitraum von fünf Jahren gewährt worden. In Berliner politischen Kreisen ist man der An sicht, daß es sich bei dem Vorgehen der Franzosen und jetzt scheinbar auch des englischen Untsr- staatssekretärs nur darum handele, die Rhein landräumung zu hintertreiben. Locarno erledigt? Times gegen PoincarL London, 29. 7. Die „Times" sind mit Poin- cares neuen Kriegsbcschuldignngen gegen Deutsch land nicht zufrieden. Locarno, das seit 6 Mo naten bereits im Sterben liege, werde durch die neue Poinraresche Taktik völlig zertrümmert. Wenn man PoincarLs leidenschaftliche Angriffe auf den Locarnofreund lese, dann erinnere man sich der Worte Fochs, das; es zwischen Deutschland und Frankreich nie Versöhnung, nie Verständigung gebe, weil beide Völker sich nie verstehen könnten. Die Genfer Krise London, 30. 7. (Funkspruch.) Wie aus Washington gemeldet wird, konferierte gestern Staatssekretär Kellogg den ganzen Tag mit den führenden Männern der amerikanischen Marine über die Genfer Seeabrüstungskonferenz. Die Besprechungen standen unter dem Eindruck einer erneuten Erklärung des Präsidenten Coolidge, dah auch die letzten englischen Vorschläge in Genf für Amerika unannehmbar seien. Wie die „Times" aus Tokio nielden, lauten die japanischen Korre- spondentenbcrichte aus Genf sehr pessimistisch. Die japanische Negierung will für den Fall des Kon ferenzabbruches in Genf ihrerseits eine Erklärung veröffentlichen, die Japans positive Mitarbeit am Seeabrastungswerk beweisen und schliehlich klar legen soll, dah Japan für den Konferenzabbruch nicht verantwortlich zu machen sei. In Londoner Völkerbundskreise» verfolgt man mit ernstester Spannung die letzte Phase der Gen fer Konferenz. Man betont, dah es sich wohl nicht um eine Völkerbundskonferenz handelt, je doch wird die Welt diesen Unterschied übersehen und einen Konferenzabbruch als ein neues Fiasko des Völkerbundes brandmarken. Die „Daily Mail" bereitet heute schon das klägliche Ende der Genfer Konferenz mit dem Hinweis vor, dah die englisch-amerikanischen Be ziehungen durch Genf nicht ernstlich beeinträchtigt werden können. Zentrum und Reichsbanner (Eigener Informationsdienst.) Berlin, 30. Juli. In politischen Kreisen ist man allgemein der Ansicht, dah der gestrige Beschluh des Zentrums, im Reichsbanner zu bleiben, nur provisorischen Charakter trägt, da sich erst auf der Bundes tagung, die am 9. August in Magdeburg statt findet, herausstellen muh, ob eine Verständigung über die künftige Form der Bundesleitung mög lich sein wird. In diesem Zusammenhang findet ein Artikel der „Berliner Volkszeitung" viel Be achtung, die sich bereits dagegen verwahrt, dah durch zu weitgehende Sicherungen eine „gefähr liche Belastung der Aktionsfähigkeit des Reichs banners" geschaffen werden könne. Allgemein ist auch aufgefallen, dah die Zen trumsvertreter offenbar die Auflösung des Reichs banners wünschen, sobald dies mit Rücksicht auf die politische Lage nötig sei und sofern die an deren Wehrverbände ebenfalls aufgelöst würden. Wie wir hierzu erfahren, hat man sich schon mehr fach in allen politischen Lagern und auch an zuständiger Stelle mit der Frage beschäftigt, ob es nicht das Beste sei, sämtliche Verbände auf zulösen. Auf Grund unserer Informationen kön nen wir jedoch mittcilen, dah man die Zeit hierfür noch nicht für gekommen erachtet. Mem md Lehrer (Eigener Informationsdienst.) Berlin, 30. Juli. Nachdem in Presse und Parteiversammlungen bereits seit 14 Tagen der Reichsschulgesetzent wurf der Reichsregierung begrüßt oder abgeiehnt worden ist, beginnen nun auch die zuständigen Vereinigungen zu der Vorlage Stellung zu nehmen. In Berlin ist der Beirat des Evan gelischen Reich selternbundes zusam mengetreten und hat sich rückhaltlos zu dem Entwurf bekannt. Die in diesem Bunde zu sammengeschlossene evangelische Elternschaft be grüßt den Entwurf — und das ist besonders be merkenswert — vor allem deshalb, weil er günstig für die evangelische konfessionelle Schule ist. Im strikten Gegensatz hierzu hat der Haupt ausschuh des Deutschen Lehrervereins schärfsten Einspruch gegen das Gesetz erhoben und unzweideutig erklärt, „diese Vorlage darf nie und nimmer Gesetz werden". Der Deutsche Lehrer verein, der 150000 deutsche Lehrer »mfaht, ist die bedeutendste pädagogische Organisation, so das; sein Einspruch in politischen Kreisen eine um so stärkere Beachtung gefunden hat, als man doch Nicht auf eine so entschiedene Ablehnung gefaßt war. Allerdings wird von einigen Seiten in Zweifel gezogen, ob in dem Hauptausschuh wirk lich alle Strömungen, die in dem Deutschen Lehrerverband vertreten sind, genügend zum Aus druck kommen konnten. Die Aussichten für das Reichsschulgesetz werden nach »le vor sehr verschieden beurteilt. Man weist darauf hin, dah jetzt auch der Schulsach- Kurzer Tagesspiegel Deutschland hat die Dokumente über di« Vorgänge in Orchies veröffentlicht. Die Ostpreußenfahrt des Reichs« Herbandes der Deutschen Industrie hat gestern ihre» Abschluß gefunden. Bei einem Schlepper Unfall auf der Weser sind 4 Personen ertrunken. Chamberlain hat gestern plötzlich die Ka binettsmitglieder, die sich zum Teil schon auf» Land begeben hatten zu einer außvordentlichen Sitzung über die Seeabrüstungsfrage nach London zurückberufen. In Genf macht sich wachsender Pessimismus geltend. Die Aussichten auf eine Einigung zwi schen England und Amerika werden als sehr ge ring angesehen. ! Das Leningrader Sowjetgebäud« , ist durch die Explosion einer Mine vollkommen Herstört worden. Es sotten 100 Menschen ums : Leben gekommen sein. i Die Zahl der Toten bei den Ueberschwem- mungen in China wird jetzt mit 10000 angegeben. . verständige der Deutschen Volkspartei, Geheimrat Runkel, erklärt hat, der Entwurf trage seiner Ansicht nach unbedingt oerfassungsändernden Cha rakter. Da man wohl annehmen darf, daß die Deutsche Volkspartei in ihrer Gesamtheit diese Ansicht teilt, liegt ohne weiteres klar, welche Schwierigkeiten dem Zustandekommen des Reichs- ' schulgesetzes noch entgegenstehen. Var Leningrad« Sowsttgebände In die Last geslogen Berlin, 30- 7. Die „Tägliche Rundschau" berichtet aus Paris: Aus Moskau wird indirekt gemeldet, der Sowjetregierung ist es bisher ge- ! lungen, geheimzuhalten, daß die Mitglieder oes ' Sowjets von Leningrad Opfer eiires Attentats geworden sind- Nach den umlaufenoen Gerüchten wurde das Regierungsgebäude in Leningrao, m welchem gerade eine bedeutsame Sitzung hervor ragender Bolschewistenführer stattfand, durch die Erplosio» einer Mine vollkommen zerstört. Man spricht von 100 Toten. Es ist augenblicklich un möglich, sich nach Leningrad zu begeben. Bratta»! in Men (Eigener Informationsdienst.) Berlin, 30. Juli. Wie zuverlässig verlautet, wird Averiscu aus Wunsch seiner Partei den Vorsitz niederlegen. Die Volkspartei beabsichtigt alsdann, sich der nationalen Bauernpartei anzuschließen und sich ebenfalls der Führung von Maniu zu unterstellen. Das würde eine Vereinigung der beiden wich tigsten Oppositionsparteien bedeuten, die beide gegen Bratianu und für Prinz Carol sind. AuflSjm« der Menu Schutzwache 7 Rotgardisten als Schwerverbrecher verhaftet. Wien, 29. 7. Wie die gestrigen Abendblätter melden, ist von der Negierung dem Bürgermeister eine nochmalige Frist zur Auflösung der Ge meindeschutzwache gestellt worden. Diese Frist läuft Dienstag mittag ab. Im Falle der Nicht- auflösung wird die Staatspolizei die Entwaffnung zwangsweise durchführen und zu diesem Zwecke in die öffentlichen Gebäude der Stadtgemelnde Wien eindringen müssen. Wie weiter gemeldet wird, Hai Bürgermeister Seitz nach langen Debatten im Magistrat heute zugestimmt, daß die Gemeindeschutzwache wieder aufgelöst wird, nachdem die Regierung mit Zwangsmaßnahmen im Falle des Widerstandes gedroht hatte. Wie die Blätter weiter nielden, erfolgte gestern die Verhaftung von sieben Mitgliedern der Gemeindeschutzwache durch die Kriminalpoli zei. Die Verhafteten werden wegen schwerer Verbrechen schon seit langem von den öster reichischen Staatsanwaltschaften steckbrieflich ge- sucht.