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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 03.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192708036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270803
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270803
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-03
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
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zum M«rM Coolidges Dawes und Hoover Pritfidentschaftslaudidaten. Neuyork, 3. 8. (Funkspruch.) Die Ankün digung, daß Coolidge für die nächsten Präsident- schnskmahlen nicht m^yr zu kandidieren beab sichtige, hat überall in den Vereinigten Staaten das größte Aufsehen erregt. Coolidge weigert sich, eine nähere Begründung für die Ablehnung zu geben, (ks wird angenommen, das; seine Ent scheidung allein darauf zurückzuführen ist, das; «in Präsident nicht mehr als dreimal dieses Amt verwalten soll. Die Blätter weisen darauf hin, das, Coolidges Erklärung so abgefaßt ist, daß er eine nochmalige Nominierung annehmen könnte, falls ihm die Präsidentschaftskandidatin gegen seinen ausdrücklichen Millen angeboten werden sollte. Als Kandidaten für die Präsidentschafts wahl werden nun General Dawes und Staats sekretär Hoover genannt. Die Propaganda für Hoover wird bereits vorbereitet. „TrazWe Fehler und Riß- oerstSudnisse" Da? Arteil eines amerikanischen Hochschullehrers über die Reparatisnsfrage Williamstown, 2. 8. Im Rahmen der Tagung des Instituts für Politik hielt heute Dr. Davis von der Standard Universität einen Vortrag über die Schuldenfrage. Dr. Davis er klärte darin, daß die Art und Weise, in der die Frage der deutschen Reparationszahlungen be handelt worden sei, voller tragischer Fehler und Mißverständnisse stecke. „Diese haben", führte Dr. Davis aus, „nicht nur die Wiederkehr des Friedens ernstlich gefährdet und dem Wirtschafts system Deutschlands schweren Schaden zugefügt, sondern die Umstellung vom Kriege zum Frieden überhaupt verzögert." Dr. Davis erklärte, daß die Zahlungen der Reparationen und Zinsen gegenüber der Förderung von Produktion, Kon sumtion und Handel von untergeordneter Wich tigkeit seien. „Für eine Nation gibt es," so be tonte er, „bestimmte Grenzen in der Fähigkeit, sich ihrer Auslandsschulden zu entledigen und Ver suche. Zahlungen über diese Grenze hinaus zu erzwingen, verbieten sich von selbst oder ziehen, dennoch durchgesührt, unvermeidlich den finan ziellen Zusammenbruch nach sich. Diese Grenze der Zahlungsfähigkeit ist aber bei den deutschen Reparationszahlungen in großem Umfange nicht beachtet worden. Dr. Davis stellte dann fest, daß die deutschen Reparationsverpflichtungen unter den Kriegsschulden bei weitem die größten dar stellten und mehr als dreimal soviel betragen wie sämtliche in den Händen der Vereinigten Staaten befindlichen ausländischen Obligationen zusammen. Den Gesamtbetrag der Reparations- und gegenwärtigen Zinszahlungen von Deutsch land einzutreibcn, hätte man niemals wirklich er wartet. MtgliederriWang in der internat. GewerWaftsbewegunz Paris, 2. 8. Auf der Tagesordnung des zweiten Tages des Internationalen Gewerk schaftskongresses stand der Geschäftsbericht, der von dem deutschen Gewerkschaftssekretär Sassen bach erstattet wurde. Er gab seiner Meinung dahin Ausdruck, daß die drei abgelaufenen Jahre keinen besonderen Fortschritt der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Arbeiterklasse gebracht hätten. Der Mitgliederbestand der Gewerkschaften sei von 18 630000 im Jahre 1923 auf 13 500000 im Jahre 1926 zurllckgegangen. Be sonders fühlbar mache sich der Rückgang in Deutschland bemerkbar. Man werde aber in dieser Tatsache kein schlechtes Anzeichen sehen, da die Arbeiter heute wieder die Notwendigkeit stär kerer Organisation begriffen hätten. Süssenbach wies dann darauf hin, daß der internationale Eewerkschaftsoerband mit der bolschewistischen Internationale und dem panrussischen Eewerk- schaftsrat einen lebhaften Briefwechsel geführt habe und immer geneigt sei, den Zentralrat der panrussischen Gewerkschaften zu den gleichen Be dingungen aufzunehmen, die für die anderen Eewerkschaftszentralen gelten. Bisher sei aber keine Annäherung möglich gewesen. Der deutsche Delegierte Großmann bedauerte dann u. a. die gestrige Rede des Präsidenten Purcell, ebenso wie den Mangel einheitlicher Gesichtspunkte im Schoße des Gewerkschaftsbüros. Eine Disziplin sei notwendig und diejenigen, die sich ihr nicht unterordnen wollten, müßten ausscheiden. Politische Nachrichten Reichsamnestie. Wie nach dem Präsidenten wechsel, so hat Hindenburg, einem menschlichen Brauche entsvrechend, auch zu seinem 80. Geburts tag eine Reichsamneftie angeordnet. Diele Amnestie wird sedoch auch wie jene vom August 1925 nur einen beschränkten Umfang haben. Im Rclchsjustiz- ministerinm wird gegenwärtig ein Amnestiegeseh- entwurf fertiggestellt, der den Reichstag noch in seiner kurzen Septembertagung zur Erledigung vor gelegt werden soll. Der neue Entwurf schließt sich eng an das im August 1925 erlassene Amnestiegeietz an. Auf Grund des neuen Gesetzes werden eine große Zahl politischer Gefangener begnadigt werden. Nene Deutschenentlassunaen in Ostoberschkesien. Aus Königsbütte wird gemeldet: Bei der Vereinigten Königs- und Laura-Hutte sind erneut Massenkün- digungen von Arbeitern erfolgt. Von der Ver waltung Ist am 1. August insgesamt 372 Arbeitern, die vorwiegend der deutschen Minderheit angehören, zum 16. August gekündigt worden. Di« Verwal tung begründet diele Maßnahme mit der wirtschaft lichen Krise und hat, um den Schein zu wahren, auch einigen polnischen Arbeitern die Kündigung ausgesprochen. Man geht jedoch nicht fehl in der Annahme, daß auch diese Masfenkündiaung nur eine Fortsetzung des von jeher von Polen mit Nachdruck betriebenen Systems der Zwangskoloni- sierung Oftoberschlestens ist. Botschafterkonferenr und Wiener Gemeinde schutzwache. Zu dem Schritt der Militärkoniroll- kommission in Wien verlautet, daß die Botschafter konferenz sich erst dann mit der Angelegenheit be fassen und intervenieren werde, wenn die öster reichische Negierung die Auflösung der Gemeinde schutzwache in Wien verweigern sollte. Polnischer Heereslieferungsskandal. Nach einer Meldung aus Lemberg ist dort der Großindustrielle Nowag wegen umfangreicher Betrügereien verhaftet worden. Bei Fletschlieferungen für Aeereszmecke soll der Staat durch ihn um mehrere 100000 Zloty geschädigt worden sein, desgleichen durch Steuer hinterziehung und Anlegung einer geheimenSpiritus- fabrik. Insgesamt soll der Schaden über eine Million Zloty betragen. Die Timea blasen in Poincaräs Hori,. Wie die Abendblätter aus London berichten, fordern die Times in einem Leitartikel, daß Deutschland die Veröffentlichungen über die Kriegsschuld und die Verletzungen des Völkerrechtes einstelle. Die Alli ierten würden den Krieg und die Verantwortlichen für den Krieg nicht vergeßen sie seien aber bereit, diese Erwägungen in den Hintergrund zu stellen, falls Deutschland ihnen das erlauben würde. Dies sei aber nicht der Fall. Deutschland provoziere im Gegenteil durch derartige Veröffentlichungen Be schuldigungen, die die Atmosphäre der Verständigung nur stören könnten. Zum Schluß skizziert da, Blatt lange Absätze au, dem Rededuell Poincar^-Strefe- mann und fordert von Etreseman, daß er zu feinem eigenen Worte steh« und entweder den Geist von Locarno oder aber den de» Kriege, propagiere. Schwer« Kämpf« »wisch«« Neaientnastruppea ««h Aufständisch«« in Mexiko. Nach Meldungen au» Mertko hat im Staate Jalieco ein heftiger Kamps »wischen Regterungstrupoen und einer 300 Mann starken Gruppe von Aufständischen stattge- sunden, der mit der Vertreibung der Aufständischen endete. In dem Gefecht sind 60 Regierungssoldaten gefallen. Di« Zahl der Verwund«»« ist groß. für die Kvtzwaster-Ges-Sdizten! II. Quittung C Rudolph Richter, Oberl-Hrer . . 10.— Mark Buchheim L Richter 50.— „ Klaffe 1 Volksschule Sachsenburg 3.— „ B.F. ........... . 8.- » Ungenannt 3.— „ Ungenannt 2.— „ Sa.: 71.- Mark 1.-10. Quittung: 4481.65 . Sa.: 4552.65 Mark Für diese Spenden herzlichen Dank. Um weitere zuw°»dum-n bM-, des Frankenberger Tageblattes. Ws Keimt Md Baterlmd Frankenberg, 3. August 1927. Dis sächsischen BevölkerungsvtthMnisse Das Statistische Neichsamt gibt eine Ueber- sicht über die deutsche Bevölkerungsbewegnung des Jahres. Im Freistaat Sachsen wurden 1926 bei über 5 Millionen Einwohnern 38125 Ehe schließungen gezählt, das heißt nur fast ebenso viel wie im Jahre 1900 bei nur 4 Millionen Be-- wohnern (37986). Diese Feststellung kennzeichnet am besten die radikale Umwälzung unserer Be völkerungszustände. Mau bekommt ein noch klareres Bild durch die Heiratsziffer je 1000 Einwohner; 1900 gleich 9,1, 1913 gleich 8,2, 1926 gleich 7,6. Die sogenannte spezielle Heirats ziffer würde nach obigem Verhältnis wahrschein lich auf 5 bis 6 herabsinken, denn Sachsen hatte 1900 einen weiblichen Ueberschuß von nur 116 000, 1926 dagegen über 250000. Mit der Heiratsziffer hängt die Geburtenziffer zusammen. 1900, wurden in Sachsen 158 566 Le bendgeborene gezählt; 1926 waren es nur etwas über die Hälfte, 84 633. Die Geburtenziffer auf je 1000 Einwohner war: 1900 gleich 37,7, 1913 gleich 24,9, 1926 gleich 16,9. Das Geburten promille ist also in! den 26 Jahren auf weit über die Hälfte herabgesunken. Es ist das nie drigste in ganz Deutschland. Die Zahl der Gestorbenen mar 1900 gleich 94 684, 1926 gleich 53 017, wohlgemerkt bei der um 1 Million größeren Bevölkerung. Das ist ein ganz außerordentlicher Fortschritt. Wie rapide die Sterbeziffer absank, lehrt folgende Reihe: 1875 gleich 28,8 auf 1000 Einwohner, 1900 gleich 22,5, 1913 gleich 13,9 und 1926 gleich 10,6. Der allersicherste Gradmesser für die innere Festigung der Bevölkerungszustände ist aber von jeher die Säuglingssterblichkeit gewesen, die die im ersten Lebensjahr Gestorbenen auf je 100 Lebendgeborene berechnet. Dies« betrug für 1884 bis 1893 in Sachsen noch 28,3 v. H., 1913 bereitB nur 15,7 v. H. und 1926 nur noch 8,9 o. A Lehrüngsmasgel in Sicht? Wir leben in einer Zett, in der sich die Eltern und Vormünder wi« auch die in Betracht kommen den Körperschaften die allergrößte Sorae machen, wo di« schulentlassenen Knaben zur Gewinnung eine« Lebensberufe» untergrbracht werden sollen — und dennoch Ist der Beginn de, Zeitraumes Nah« und deinahe mathematisch genau zu berechnen, in dem «» nicht mehr heißt: Wo bringen wir di« Knaben in Lehrstellen unter?, sondern vielmehr: Wo nehmen wir die Knaben für die offenen Lehr stellen ber? Wir brauchen nur zu denken an d«N außerordentlich großen Geburtenrückgang in dest Jahren des Krieges und brauchen diesen« Geburten rückgang nur die allerdings erfreuliche Tatsach« oegenüberzustellen, daß die Aufnahmefähigkeit in Industrie, Handwerk und Gewerbe immer Mthx wächst, dann gewinnt für uns die Frage: Woher nehmen wir die Lehrlinge? eine ganz berechtigt^ Bedeutung. Lasten wir einmal di« stummen und doch so be redten Zahlen sprechen, wie sie in einer der letzten Nummern des Reichsarbeitsblattes mitgeteilt worden sind. Aus dem Geburtsjahr 1SI4 zählen wir 1293660 Knaben, die Ostern 1928 die Volksschule verlasten werden. Für Ostern 1929 (Geburtsjahr 1915) senkt sich die Zahl der Knaben auf 1216 528. sodaß sich der Ausfall auf über 86066 beläuft. Ostern 1930 (Geburtsjahr 1916) verlasten nur 793623 Knaben die Schule, der Ausfall beträgt also schon über 506666. Ostern 1931 (Geburtsjahr 1917) vermindert sich die Zahl um 570000 auf nur 717431. Ostern 1932 (Geburtsjahr 1918) erreicht der Ausfall seitzet» Höhepunkt. Es kommen zur Entlastung 650903 Knaben, sodaß der Ausfall aus 640600 wächst. Erst mit Ostern 1933 beginnt die Zahl der Schulent lassenen wieder zu wachsen. Angesichts dieser Zahlen kann man verstehsn, daß die beteiligten Kreise mit Sorge in di« allernächste Zukunst sehen. f Hilf, es ist immer noch größte Not in» Hochwassergebiete des Osterzgebirger! Die Bro schüre über die Notstände im Hochwassergebiet des Erzgebirges ist eingetroffen und zum Preise von 32 Pfg. in der Geschäftsstelle unseres Tage blattes und in Knibbes Buchhandlung zu haben. Der Reinertrag flieht der Hilfsaktion zu. Die Broschüre enthält genaue Schilderungen des Un glücks, die Namen der Toten und über 20 Bilder von den verwüsteten Stadtteilen. f Voin Schützenfest! Die Scheibenschützen haben einen neuen König! Wie wir jetzt er fahren haben, stand der Schuß schon seit Sonn tag auf der Scheibe, aber niemand wußte etwas davon, am allerwenigsten der glückliche Schütze Gärtnereibesitzer Richter, selbst, der gestern zur Königsproklamation erst von der Arbeit wssg- geholt werden mußte. Erster Bürgermeister Dr. Irmer nahm den feierlichen M vor versain- melten Schützen und vielem „Volk" im Tanz salon vor, er verabschiedete zunächst die alte Majestät und brachte dann auf König Richter das erste Hoch aus. Schützenmajestät Richter übernahm das Regiment und versprach, der Ge sellschaft ein milder Herrscher sein zu wollen. Sein Hoch galt seinem Vorgänger Berthold. Erster Honeurschütze für das laufende Jahr ist Haupt mann Berthold, zweiter Schützenkamerad Der sing er. Nach der Proklamation verweilte man noch ein Stündchen auf dem Platze, um kurz nach neun Uhr mit voller Musik nach dem „Noß" zu marschieren, wo ein gemütliches Beisammen sein dem wichtigen Tag im Schützenleben einen harmonischen Ausklang gab. Gebt für dis Hochwasser-Geschädigten!! Her Apuk von l-incienderg Roman von Otfrid v. Hanstein. OopzcriAkt 1925 dy Karl Köhler 8- Co., Berlin-Zehlendorf. 7 Nachdruck verbo'en. Möllendorf wollte klingeln, da trat der Arzt ein. „Herrgott — Fräulein Frenssen!" „Einen Augenblick, lieber Sanitätsrat — Sie müssen erst im Bilde sein." Er schilderte mit wenigen Worten den Her gang. „Das ist Wahnsinn! So etwas kann Gerda Frenssen gar nicht tun! Da lege ich meine Hand Ins Feuer!" „Hätte ich auch getan. Habe es auch nicht geglaubt, darum habe ich Cie ja gerufen, aber dann kam das Furchtbare. Sie gibt an, wohin sie das Geld geschafft haben will und wer es von dort wieder abgeholt haben soll — wir tele phonieren an, und — so wahnsinnig, so unglaub haft es klingt — es stimmte! Fräulein Gerda Frenssen hat das Geld am selben Vormittag in der Staatsbankfiliale in Gressenheim eingezahlt und am Abend auf ihre Onitung hin durch einen fremden Mann wieder abholen lassen." „Das ist wahr?" „Ich habe den Staatsbankbeamten selbst ge sprochen." „Und was sagt sie weiter?" „Nichts. Sie behauptet, alles vergessen zu haben." „Herr Staatsanwalt — sie ist ohnmächtig — jetzt spricht nur der Arzt." „Selbstverständlich, Herr Sanilätsrat." Gerda wurde auf das Sofa gebettet und her Sanitätsrat war eifrig um di« Ohnmächtige be müht. Amtsrichter Roland taumelte die Straße ent lang bis zum Hause seines zukünftigen Schwieger vaters. Zum Glück war das kleine Gelehrtenheim, das sich Geheimrat Frenssen geschaffen, seit er seine Lehrtätigkeit in Heidelberg aufgcgebcn, nicht weit vom Eerichtsgebäude entfernt, und der Weg führte durch die um "diese Zeit menschenleeren Anlagen. So kam es, daß der Amtsrichter nie mandem begegnete. Auch die Tür des Vor gartens stand auf und der alte Herr saß, ein Buch in der Hand, in der Laube. Er blickte auf. „Halloh, Arnold? Schon an« Vormittag? Gerda ist nicht zu Hause, da mußt du mit mir vorlieb nehmen. Jst's was Besonderes, was dich herführte?" Jetzt sah er ihn erst richtig an. „Aber wie siehst du aus? Ist dir ein Un glück — ?" Der Amtsrichter war am Ende seiner Kraft. Hier, in derselben Laube, in der er vor wenigen Wochen den ersten Kuß auf Gerdas Lippen ge drückt — hier sollte er ihrem greisen Vater sagen, daß sein Kind eine Verbrecherin sei — —. „Ja, Vater — etwas Furchtbares — ich weiß nicht, wie ich es sagen soll." Der Geheimrat war zwar ein Greis, aber durchaus kein Mann, der sich leicht beugen ließ. „Vorwärts, Junge — ich kenne dich ja gar nicht — du hast Nerger gehabt wegen der dum men Untcrschlagungsgeschichte, nicht wahr, damit hängt es zusammen?" „Ja, es hängt damit zusammen —." „Na, also — du hast eine Nase bekommen? Oder du sollst versetzt werden?" „Ach, Vater, um mich handelt es sich gar nicht —." Seine Stimme wurde flüsternd. „Es scheint, als ob wir dem Täter aus der Spur sind —." Na, also, das ist doch eine gut« Nachricht." Roland richtet« sich auf. „Bitte, Papa, beantwort« mir eine Frage: Weißt du noch, wo Gerda am vorigen Donners tag war?" Der Geheimrat lachte. „Unglaublicher Mensch — jetzt kommt er mit entsetztem Gesicht, hat augenscheinlich irgendeinen großen Aerger gehabt, soll erzählen, und mitten darin fragt er, wo Gerda am vorigen Donners tag war." „Bitte, Papa, lache nicht — die Frage hängt mit dem allen zusammen." Der Geheimrat blickte auf. „Was? Wo Gerda am vorigen Donnerstag war, hängt mit deiner Unterschlagungsgeschichte zusammen?" „Ich bitte dich, Papa, antworte mir — viel leicht kannst du mit einem Wort eine große Last von uns nehmen. Verzeih', wenn ich dich bitte, inir zu antworten, ehe ich dir alles erkläre — du wirst mir später recht geben." Der Geheimrat schüttelte zwar den Kopf, dann aber überlegte er. „Warte mal — vorigen Donnerstag? Ja, richtig, das kann ich dir ganz genau sagen. Das war doch der Tag, an dein ich mit dem Kollegen Lorndorf den Ausflug auf den Belchstein machte — da war Gerda gar nicht in Lindenberg — da hat sie doch ihre Tante Amalie in Grcssen- heim besucht." Der Amtsrichter schrie auf. „Am Donnerstag war Gerda in Gressenheim? Wirklich?" „Herrgott, ja, ist das so ein Unglück?" „Noch eins, wann ist sie denn gefahren?" „Wahrscheinlich mit dem Elfuhrzug —, zurück gekommen ist sie erst spät am Abend." Der Amtsrichter fiel in einen Stuhl. „Dann ist es also wahr! Dann ist alles ver loren —." Der Geheimrat stand auf. „Du, Arnold, jetzt bitte ich mir aber aus, was ist los? Ich vermute allmählich, daß da irgendeine Torheit vorliegt. Bist du etwa eifer- tüchtia und glaubst, daß Gerda — ? Dann muß ich dir sagen —." Roland hatte sich gefaßt. „Nein, Vater — es ist etwas viel Traurigeres, und ich weiß nicht, wie ich Worte finden soll, um es dir zu sagen — gerade dir." „Jetzt reiht mir die Geduld, Jüngel Ma» ist? Wenn es wirklich ein Unglück ist, dann bin ich trotz meiner vierundsiebzig Jahre Mayns ge- nug, ihm ins Auge zu sehen! Heraus mit der Sprache!" „Du hast recht — heute morgen war Gerda bei mir im Büro." „Im Gericht?" „Jawohl. Sie sah vollkommen verstört qur und war totenbleich. Sie verlangte, Mir Md dem Staatsanwalt Möllenhos ein Geständnis ab zulegen." „Ein Geständnis?" „Sie behauptet, daß sie es gewesen sei, dk« am vorigen Donnerstag die Million zwMal- hunderttausend Mark von der Hardenvergsche« Erbschaft gegen gefälschte Papiere von der Staats bank abgehoben und unterschlagen habe." „Bist du verrückt, Junge?" „Ich wünschte fast, es wäre so." Der Geheimrat faßte ihn au den Schultern. „Gerda war in der Tat bei dir?" Ja." '.Und wo ist sie jetzt?" „Im Eerichtsgebäude — beim StaatsanwaU Möllenhof — Sanitätsrat Schöler ist ebestfalks dort." „Und sie hat das Wahnsinnige behauptet?" „Ich sagte es dir." „Und du? Du hast wirklich einen Augenblick geglaubt? Du? Ihr Verlobter? Du hast mcht gefühlt, wenn sie wirklich so etwas sagte, datz ' sie im äußersten Falle krank ist? Daß —" „Ich bitte dich, Papa, ich habe mich selbst verständlich gewehrt gegen den furchtbare«» danken — bis — i „Bis?"
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