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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 17.05.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192705170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270517
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-05
- Tag 1927-05-17
-
Monat
1927-05
-
Jahr
1927
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Aus Heimat und Baterland Frankenberg, 17. Mai 1927. Vertrauen und so Es gibt Frauen, die ihren Mann wie einen Kriegs gefangenen behandeln. Wenn er einen Bries öffnet, Abbruch der Beziehungen zu England fordert. Gerade im gegenwärtigen Augenblick hofft die Sowjetdelegatton auf der Wellwirtschaftskvnferenz Mittel zu finden, um trotz zweier verschiedener Wirtschaftssysteme eine Entwicklung der wirt schaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Systemen zu fordern. Enaland, das auf der Weltwirtschnftskonferenz gleichfalls vertreten ist, macht nunmehr einen ernsthaften Versuch, di« Durchführung dieser Aufgabe zu verhindern. Es sei die Frage, ob die Entwicklung der HaNdels- beziehungen mit England in der letzten Zeit die tatsächliche Ursache der gegenwärtigen polizeilichen Maßnahmen sei." Ehintschuk erklärte zum Schlich: „Ls ist mir nicht bekannt, welche Entscheidung meine Regie- rung in diesem außergewöhnlichen Fälle treffen wird, jedoch kann ich von meiner Seite zufügen, das; die erfolgreiche Aktivität der Handelsdel«» gation Sowjetrußlands in England nur auf der Basis völliger Gleichberechtigung und Sicherheit möglich ist." Politische Nachrichten Der sächsische Gesandte in München gestorben. Aus München kommt die Nachricht, daß der iächs. Geiandte in München. Johann E. Schmidt, plötzlich gestorben ist. Der bayrische Ministerpräsident Dr. Held hat in einem Brileidstelearamm an die jäch- Mcke Staaisregierung seinem Bedauern über den Tod dieses befähigten charakterfesten Mannes Aus druck gegeben, der seine ganze Kraft In den Dienst der Erhaltung der besten Beziehungen zwischen Sachsen und Bayern gestellt habe. Der soziale Ausschuß des Reichstages nahm am Montag im Arösitrlosenverstcherunasgesetz die Bestimmungen über die Erwerbslofenfürsorge an. Von Seiten des Reiches wurde hierzu ausgeführt, daß die produktive Erwerbslotensürsorge, namentlich in den Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit, ein sehr wertvolles Hilfsmittel gewesen sei. Bei dem Ge- setzesabschnitt über die Aufbringung der Mittel wurden verschiedene Wünsch, über die Neichsbe- teiligung laut, denen die Regierung-vertreter ent- geaintreten. DI« Beschluhsassung wurde noch aus gesetzt. Strafoersolgung gegen Reichstagsabgeordnete. Der Eeschüfteordnungsau-schub des Reichstages er teilte aus Grund eines Schreibens des Reichrfinanz- ministers die Genehmigung zur Strafverfolgung gegen den völkischen Abgeordneten Henning. In allen anderen Fällen, auch in dem Fall der Ueber- tretung der Krastfahrverordnung durch den Abg. Fürsten von Bismarck, wurde die Genehmigung versagt. Neue Untat französischer Soldaten in Koblenz. Die Koblenzer Bevölkerung ist wieder durch ein ge meines Verbrechen französischer Soldaten in höchste Empörung versetzt worden. Ein junge«, kaum der Schule entwachsenes Mädchen, das bet einer Fa milie in einem abgelegenen Landhaus bedienstet Mar, wurde am Hellen Nachmittag auf dem Kart- bäuler Berg überfallen und vergewaltigt. Aus di« Hilferuse des Mädchen« eilten Deutsche herbei, wo- rauf die Soldaten von ihrem Opfer abliehen und die Flucht ergriffen. Amnestie kn Spanien. König Alfons von Spa- nien, der am heutigen Dienstag sein SSjähriges Rcaierungrjubiläum feiert, hat aus diesem Anlatz zahlreiche Persönlichkeiten in den Adelstand erhoben. Außerdem hat der König viele Verbrecher, darunter mehrere politische Gefangene begnadigt. Vl« L»tanw-»erttSge oeraltet Varia, TU. 17. b. Funkspruch. Perttnar kommt heut« im .Echo d» Paris' im Zusammenhang mit dem Prästdentenbesuch tn London aus di« Locarno- vrrträae zu sprechen und verlangt an denn Stelle «in Militärbündnis mit England. Die Locarno- Verträge leien berei s veraltet. Der schwach« Cham berlain dürste wahffcheinlich d«r einzige Mann im Foreign Olsice sein, der an Ile mit u«b«neugung glaube. Alle anderen Dersönlichleiten des Foreign Office hätten iu den Verträgen nur »ln Mittel ge- lehen um die Wünsche Frankreichs in der Frag« seiner Sicherhrtt zu befriedigen ohne dabet England genaue Verpflichtungen au»u«rleaen. England und Frankreich würden «ine« schönen Tage« finden, datz Nur eine Allianz ihre Rechte sichern könne. Mer-Lag la ichneeverg Aus Schneeberg wird uns geschrieben? In der alten Bergstadt Schneeberg, einer d-r ültesteir Garnisonen des 3. Bataillons J-N lOt. trafen sich am vergangenen Sonnabend und Sonntag die ehemaligen Angehörigen des ehe maligen J.-N 104 zu einer Wiedersehen,feier', zu der die alten 104er nicht nur aus ganz Sach« sen, sondern weit aus dem deutschen Vaterlands, selbst aus den Rheinlanden, herbeigeeilt umrem Die freundliche Bergstadt prangte in wallendem Fahnenschmuck und selbst die alt« HauptwÄhe de» 3. Bath war geschmückt mit zahlreichen flattern den Fahnen, während nach Einbruch d«r Dun kelheit viele Häuser illuminiert waren. Am Bahnhof empfangen, formierte sich «in nicht enden wollender Festzug, der sich unter Vor antritt der Dtadtkapelle in historischer Parade uniform und mjt flatternden Fahnen durch di« Straßen der Stadt bewegte. In der Pon der Stadt zur Verfügung gestellten Festhalle fand aist Sonnabend ehr Festkommers statt, bei dem der ehemalige Kompagnie- nnd spätere Regiments- führer des aktiven Regiments, Oberstleutnant Koch, eine zündende Festrede hielt. Nach einein allgemeinen Weckrufe am Sonntag früh zogen die alten 104er mit klingendem Spiel und zahlreiche:! Fahnen in langen Marschkolonnen hinaus nach der herrlichen Sedamvisse im Pinkeswaldr, wo Superintendent Ni co l al «lyen ergreifenden Fest, gottesdienst hielt und der Vorsitzende des Lan desverbandes, während die junge Frühlmgslynn- durchs Gewölk brach, der 8000 gefallenen l04et gedachte. Am Nachmittag fand eine Vertreter sitzung aller 104er-Vereine statt, bei der Post? Inspektor Schmidt zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde und der Militärverein Schneeberg filr da? Archiv ein altes, sehr wertvolles 104er-Aktenstück überreichte. Ekr wohlgelungener Frstball Motz die Wiedersehensfeier ab, die im nächsten Jahre in Reichenbach (Vogtl.) wiederholt werden soll. er nie etwas!' O doch, er tut's. Vielleicht nicht al«Ich. Die Menschen sind ja so verschiiden. Mancher spricht sich erst aus, wenn er sich die Sache gehörig zu recht gelegt hat. Drücke ich mich deutlich aus? Ich mein«, w«nn er dl« Darft«llungsw«ise herauege- funden bat, die allen Borwürfen, allem Mißver stehen, allem Belferwissen vorbeugt. Denn wenn man etwas erzählt, so macht er einem gar keine Freude, w«nn der Hörer einem sofort dazwischen fahrt: „Siehst Du! Da« hätte ich Dir gleich sagen können!' Oder; „Warum Haft Du nicht —Oder: „Hättest Du doch —!'ueberhaupt, dies« W«ndun- gen sollte man nie gebrauchen, wenn man wirklich eine kluge Frau ist. Wer d«m andern etwas erzählt, der wünscht, datz der andere mit ihm fühlt, ihm recht gibt und aussprlcht, was man selber denkt. Niemand lehnt sich danach, datz ihm der andere mit dem Kochlöffel aus die Nase schlägt oder das Gesicht mit einer Bürste schrubbt. Also: Lernen Sie schweigen, damit Ihr Gatte reden lernt! Aber wenn's dann einmal Über Ihn kommt, wenn er die Schleusen seines Gemüts öffnet, dann lauschen Sie! Auch wenn es nachts um zwei Uhr sein sollte und Sie lieber schlafen möchten. Und wenn's am Tage ist und Sie Ihre Plätteisen acrade gebrauchsfertig erhitzt haben, stellen Sie es lieber io lange kalt! Frisieren Sie sich nickt, wenn er gerade sein Herz aurschiittet. Kriechen Sie nicht unter den Tisch, um den Finaerhut zu suchen. Losten Sie die Zeitung liegen! Sie können getrost erst eine Stunde später lesen, datz man im Kapland einen großen blauen Diamanten ausgegraben hat. Sie kriegen ihn ja doch nicht. Hören Die so aufm-rllam zu, wie Sie können. Denn das Tor seiner Mitteilsamkeit steht nur gerade jetzt flüaeloffen. Wenn Sie es versäumen einzu treten. so schlägt es wieder zu und läßt sich später durch kein Brecheisen wieder öffnen. „Aber mein Mann kriegt nie solche Anwand lungen!" Dann — — ja dann, meine Liebe, dann hat auch Bohren und Drängen und Belau-rn keinen Zweck. Denn die Wahrheit erfahren Sie dann doch nicht. Man soll niemals Kraft vergeuden. Man kann einen Besenstiel schütteln, soviel man will, es fallen kein« Zwetschrn herunter. Also lasten Sie es lieber. Tun Sie, als läge Ihnen nichts daran. So retten Sie sich w enigstens den Ruhm, ohne Neugier zu sein. Man nennt dies, aus der Not eine Tugend machen! Der Sswjethandeirdeleglerte I» London zum AnosloiisM Gens, 16. 5. Das Mitglied der Sowjetdele- gation auf der Weltcvirtschaftskonferenz, Chin- tschuk, der Leiter der Sowjethandelsdelegation in London, übermittelte heute der internationalen Presse in Genf folgende schriftliche Erklärung iü englischer Sprache: „Während meiner Abwesenheit von London hat die englische Polizei in den rechtlichen Gütern der Arcos und der Handelsdelegation Sowjet- rutzlands in England eine Untersuchung vorge nommen, die gegenwärtig noch andauert. Diese Untersuchung in den rechtlichen Gütern der Han delsdelegation stellt «Inen offenen und flagranten Bruch des Handelsabkommens von 1921 zwischen Sowjetrußland und England dar. Ich habe kei nerlei Kenntnis von den Ursachen der polizei lichen Untersuchung. Es ist sonderbar, daß bisher noch keinerlei Motive oder Resultate der Unter suchung, die bereits mehrer« Tage andauert, be kannt geworden sind. Ich erkläre feierlich, daß keinerlei Veranlassung str «ine derartige unge wöhnliche und unerhörte Maßnahme vorficgt und die Untersuchung keinerlei Resultate ergeben hat. Die Vornahme der Untersuchung charakterisiert sich durch alles Fehlen des üblichen Anstandes und aller Formen, die In solchen Fällen üblich llyd. Ich muß darauf Hinweisen, datz während des letzten Jahres eine heftige Campagne rm- Miterbrochen von der Diehard-Gruppe gegen die Aufrechterhaltung der Beziehungen mit Sowjet- rußlano geführt worden ist. Diese Campagne Hot wesentlich die Bemühungen der Handelsdelegation und die Organisation des sowjetrussischen Handels in England erschwert. Seit meinem Eintreffen in London habe ich alle denkbaren Bemühungen gemacht, die Beziehungen zu den geschäftlichen Kreisen Englands enger zu gestalten. In dies«r Arbeit bin ich täglich auf die Schwierigkeiten gestoßen, die mir vmi der Diehard-Gruppe in den Weg gelegt wurden. Dennoch war es mir möglich, in der letzten Zeit die Handelsbeziehungen zwischen Ruhland und England zu entwickeln. Ins besondere ist in den letzten Monaten eine große Anzahl von weitgehenden geschäftlichen Ab machungen abgeschlossen worden. Gerade aber in dem Zeitpunkt, wo die geschäftlichen Be ziehungen zu der englischen Industrie sich aktiver gestalteten, hat die englische Polizei einen Schlag gegen dieses eben eing«leit«te Werk, das von größter Bedeutung für den englischen Handel, die Industrie und di« Finanzlrelse sein könnte, geführt. Ich muß die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, daß die unerhörte Handlungs weise der englischen Polizei eine tiefe Entrüstung in der öffentlichen Meinung der Sowjetunion und bei allen Organisationen nnd Einrichtungen in Sowjctruhland hervorgerufen hat, die «Inen Io warten sie neben ibm, uni zu ersahren, was darin steht. W-nn er nach zwanzig Jahren seinen «he- maligen Sertalehrer wIedergelehen hat, so fragen sie Ihn, was dieser gesagt hat. Und wenn der Mann einmal fünf Minuten schw«tgsam vor sich hinstarrt, so heitzt e«: „Woran denkst Du jetzt?' Mein« Damen, warum machen Ele da»? Glau- den St« mir: e« ist sehr unangenehm, weyp jemand beständig v«rsucht, etn«m di« Schädeldeck« abzuneh- ni«n und in« Gehirn zu sehen. Wie sagen Sie? „Ich kann vertrauen rxrlangen?' Du liebe Zelt! Zunächst einmal: jeder irgendwie geartet« Druck reizt »um Widerstand. Wer mit seinen Länden hart arbeiien mutz, bekommt nach kurzer Zeit Schwirlen. Der kleine Junge, h«r durchaus „Bitte, bitte!' lasen soll, tut«s nickt, und wenn «r sich damit «in Osterei erwerben könnt«. Und ein Mann, an dem man beständig mit dem Bohrer herumarbeitet, wird nur verstockt davon. „Aber ich kann Vertr " Ja doch, ja! Aber man soll sich nie auf etwa« versteifen, was nicht freiwillig gegeben wird. Er zwungene« Verirau«n gibt es gar nicht; ein Kreuz- verhör Ist kein Mittel, um Herzen zu erschließen. Wenn wirklich etwa« dabei herauskommt, so ist e« Wein mit einem Essigstich, ein« Zweische, die grün vom Baume geristen wurde, eine Einnahme, di« man verbraucht, ehe sie da ist. Kurz, es ist eine Torheit. „Aber ich kann 3a, Sie können! Aber ein« Frau mutz warten können, bis der Mann von selber spricht. „Das tut meiner nie. Er ist schweigsam wie eine Mumie. Wenn ich ihn nicht nach allem frage, sagt k „Um Hana Güldenherz" beißt der Roman von Wolsgang Marlen, den wir für unsere Leser gewonnen haben. — Kane Güldenherz ist Chef ingenieur der Morefield-Werke in Amerika, und es sind Kräfte am Werke, die ihn, den Erfinder des Elektromobils, verderben wollen. Fast gelingt es auch seinen Feinden, aber Friedrich Karl von Arnsperg, der Erbe de» Morefieldjchen Riesen- . vermögen«, tritt ihm zur Seite und Hilst ihm. — Das Tempo dieses Romans ist atemberaubend, es packt jeden Leser und reitzt Ihn mit. -s- Ballhaus „Stadtpari" im neuen Gewand«. Am vergangenen Donnerstag Abend fand in Verbindung mit einem erstklassigen Konzert drt durch Chemnitzer Musiker verstärkten Haurkwelle und einem allen gastronomischen Finessen Rech nung tragenden und die fachmännische Küche ver ratenden Iahresrsfen d'e offiziell« Weihe des in neuem Kleide erstandenen StadtparklaLks statt, Der Besitzer des Unternehmens, Herr Emil Müller, hat keine Kosten gescheut, seinen ge räumigen Theater- Konzert- und Tanzsaal zu einer Sehenswürdigkeit für unsere Stadr und deren Umgebung ausgestalten zu lassen. Unter der künstlerischen Leitung des Kunstmalers Ernst Olbricht aus Chemnitz hat die hiesige Maler firma Bitterliche Köhler in Verbindung mit einer großen Anzahl hiesiger Handwerker und Gewerbetreibenden einen prächtigen Saal ge schaffen, dessen gut gewählte Fcrrbenzusamnwn- stellung und Attsschmückung der Wandflächea den, großen Raume einen warmem gemütfich-anhri- i melnden Charakter verleihen. Man fühlt sich vom tim Nanr Lüllienkerr Roman von Wolfgang Marken. Urheberrechtsschutz d. Verlag Osk. Meister, Werdau 1 Nachdruck verboten. Vorspiel. Einen Wunschzettel zum Weihnachtsfest hatte Olivia Armstrong ihrem Vater, dem reichen Eisenmillionär in den Vereinigten Staaten, ge geben, und der alte Herr mit dem buschigen, ixeißen Haar lächelte. Verschlossen war der Wunschzettel und darauf stand: Ungelesen zu erfüllen. In des alten Armstrongs verwitterten, ener giegeladenen Zügen war ein Lächeln, das gar nicht recht zu ihm paßte. „Erfüllt, wenn es möglich ist," schrieb er auf den Wunschzettel, nahm einen Blankoscheck, un terschrieb ihn und steckte alles zusammen in einen Briefumschlag. Er drückte auf einen Knopf. Ein Diener trat «ilfertig ein. Armstrong gab ihm den Brief. „Sofort meiner Tochter, Miß Olivia!" Dann begab er sich in den Konferenzsaal, wo die Direktoren seiner Werke und die leitenden Ingenieure auf ihn warteten. Als er seine massige Gestalt in den Saal schob, trat Stille ein. Tie einzelnen Gruppen löst«« sich auf. Alle begaben sich auf ihre Plätze. „Guten Tag, meine Herren. Ich bitte, Ihre Referate kurz zu halten. Ich bm heute knapp in der Zeit." Er nahm Platz und die Berichte der einzelnen Direktoren begannen. Armstrongs Art, zuzuhörcn, war vorbildlich. Er störte den Vortragenden mit keiner Silbe, nicht eine Geste, nicht ein Blick brachte ihn aus dem Konzept. An jedes Referat schloß sich dann ein Frage- und Anlworffpiel an. Und Armstrongs Fragen waren gefürchtet. Aber auch in seinen Fragen war er von unge wöhnlicher Ruhe und scheinbar größter Geduld, Ein Wort des Tadels gab es bA Ihm nicht. Und doch: Ls gab wohl in de« Vereinigten Staaten keinen Chef, der sich an Rücksichtslosigkeit mit Armstrong messen konnte. Wer nicht das erfüllte, was Armstrong er wartete, war sofort erledigt. Es gab für ihn keine Gelegenheit, sich zu rehabilitieren, keine Möglichkeit, irgendein Versäumnis nachzuholen. Die Berichte der einzelnen Direktoren waren erledigt und es bestand, wie es schien, keine Ge fahr für irgendeinen, am nächsten Tage Ueber- raßhungen zu erleben. „Herr Oberingenieur Gülden Herz!" bat Arm strong zum Schluß. Hans Güldenherz erhob sich und aller Augen ruhten auf dem Dreißiger. Hans Güldenherz, groß und schlank, war ein schöner Mann, dessen ganze Erscheinung faszinierte. Herbheit und leichte Schwermut, die über seinen ebenmäßigen Zügen lagen, machten sein Antlitz nur noch anziehender. In den dunklen Augen glühte bas Feuer des Stolzes. Es hatte ihn Noch keiner mit gebeugtem Rücken gesehen. Klar und melodisch war seine Stimme. Seme Sätze waren prägnant und kurz, wie es Arm strong liebte. Als der Oberingenieur seinen Bericht beendet hatte, fragte Armstrong: „Sie trete« morgen Ihren Drei-Monats-Urlaub an?" „Jawohl, Herr Armstrong!" „Wohin wollen Sie sich begebe«? Vergessen Sie nicht, Ihre Adresse im Personalbüro nieder zulegen." „Ich fahre zy «reiner Mutter nach Bern in der Schweiz. Die Adresse ist niedergelegt." Der Millionär nickte. „Dann ist alles in Ordnung. Ich wünsche Ihne« gute Erholung, Herr Güldenherz." „Ich danke, Herr Armstrong " Armstrong schien dann zu überlegen. „Ach, richtig! Herr Güldenherz, Hie habe« ganz ver gessen, '«ich über die neue Turbinenanlag« Sch-b l«y zu Unterrichten." Güldenherz erhob sich wieder. „Darüber Mrd Sie wein Vertreter erschöpfend unterricht-« M- nen, ich bin därfiber nicht völlig ich Bilds." Die Morte Ke» Obcrlng-ni«u?« gaben Men im Saal einen Ruck. Sie ähnidn, was »ommm würde, „St- sind darüber nicht im Bilde, Htzrr Hülst denherz?" sagte der Lisenmagdat s«Hr rUhkg ünv gedehnt. ..Leider nicht! Ich war diese Woche so über lastet, daß ich die Angelegenheit Mr. Rufus über tragen mußte und ich vergaß, mir von ihm ent sprechend Bericht erstatten zu lassen." Armstrong nickte mehrmals mit dem Kopfe. Scharf ruhte sein Auge auf dem jungen Manne. „Sie wissen, daß in meinen Betriebe» keine überlastete Kraft ist," sagte er dann mit Be tonung. „Das denken nur Sie selbst, Mister Armstrong. Es steht in Wirklichkeit ganz anders aus." Alles erschrak bei den offenen Worten des Oberingenieurs. Selbst Armstrong wurde in sei ner Ruhe erschüttert. „Sie sprechen damit Ihre Entlassung aus, Herr Oberingenieur!" antwortete der Millionär scharf. Eisig, verächtlich wurde die Miene Hans Gül denherz' als er sich verneigte. „Akzeptiert, Herr Armstrong. Geben Sie bitte dem Personalbüro entsprechende Mtteilrmg, damit ich meine Pa piere erhalte." Alles war starr. Der Millionär nicht aus genommen. Aber er hatte sich sofort wieder tn der Gewalt nnd gab seinem Sekretär zu ferner Rechten Ordre. „Herr Güldenherz verläßt uns mit sofortiger Wirkung. Es ist ihm ein Merteljahresgehalt aus zuzahlen. So! Erledigt!" Dann erhob «r sich und grüßte. „Ich danke Ihnen, meine Herren! Auf Wiedersehen." Ohne -in Wort an Hans Güldenherz zu rich ten, verlieh «r den Konserenzsaak. Als die Herren allein waren, brach die zurück gehaltene Erregung spontan zutage. Sie traten zu dein Oberingenieur und bestürmten ihn mit Fragen. Güldenherz wehrte müde ab. „Ich bin froh, daß ich aus diesen Zuchthaus werken heranskotmne," sagte er dann sehr laut. Die Worte hörte der Millionär draußen. Sie trafen jbn. Er fuhr zusammen und seine Augen funkelten vor Trotz. „Er hat mich doch bezwungen!" dachte er in- -rmmkg und da« Gefühl kränkt« ihn namenlos. Der als «r Millionär war immer noch tief ritze Munde später mit fernen Olivia, einer schlanken Erscheinung mit fast klassischen Zügen, dunklen, leidenschaftlichen Augen und tiefschwarzem Haar, und Tilla, dem blonden Irrwisch, der klein und zirrlich, aber immer voll sprühender Laune war, zusammensah „Hast du Aerger gehabt, Väterchen?" fragte Tilla und umschlang den Vater. „Nichts weiter, Töchting! Geschäftlicher Ar ger. Nur überraschend kam «s. Einer meiner Tüchtigsten hat mir den Stuhl vor die Tür ge setzt." Olivia blickte auf und richtete ihre dunklen Augen -aus den Vrter. „Du wirst es wohl getan haben, Vater, mi lch dich kenne," sagte sie lächelnd und betonte das „du". „Ja, das stimmt. Aber ich hätte es nicht ge tan, wenn er mich nicht so unerhört gereizt Hätte. Schade ist es, daß ich so versahrrn MM, dchn es ist vielleicht meine tüchtigste Kraft. Mer ich muh konsequent sein." „Ach, eure langwellige Kovs«qu«ntheit, Vater- Sind alle Geschäftsleute so? Das Leyen ist doch eine einzige Inkonsequenz. Wen hast du denn entlassen, Vater?" „Den Oberingenieur Güldenherz, Olipla." Olivia hörte diese Worte und sckh entsetzt qus den Vater. Die Teetasse entfiel IHM Händen und zerbrach klirrend am Boden. Erschrocken stand Armstrong auf. Er begriff nicht, wie diese Mitteilung seine Tochter so er schüttern konnte, „Was ist dir, Kind?" Sie fahte mit beiden Hände« «ach tzM Vater und hielt ihn am Arm fest. „Den GLldetlheh — hast du entlassen? Das vergibt er vir M!'' Gereizt trat Armstrong zur Seite. Zwischen seine Brauen trat die Zornesfalt«. „Was geht dich Hans Güldens cm?" Ihre Antwort war ein haltloses Wie ein Kind, den, man das Liebste genomMst hafte, schluchzte sie auf. Armstrong begann zu verstehen. Langsam tzat er aus dem Zimmer. Beim Linausgeyen dacht: «r: „Es ist alles richtig, so, wie « kam. Lieber den besten Arbeiter weggebrn und dafür die Tockter — nicht an ihn verlieren." (Fortsetzung f«lgt.j
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