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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 19.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192703191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270319
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270319
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-19
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
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1. Beilage zum Frankenberger Tageblatt Nr. «6 Tonuabend, den IS. MSrz ISS7 8«. Jahrgang europäiscke Meinung hab« nicht verstand«», daß der amerikanische Senat in vollem Einklang mit seinen Versassungsrechten gehandelt habe, als er den vom Präsident Wilson unterzeichneten Völkerbundspalt ver warf. Im Augenblick der Gründung de« Völkerbundes sei eine von einer Reihe bedeutender Senatoren unter zeichnet« D«»kschrift im Umlauf g«wesen, um von vornh«reiu «Ine Ratifikation zu verhindern. In dieser Denkschrift hätten die Unterzeichner das Programm des Präsidenten und jede Verantwortung abgelehnt Deutscher Reichstag ..Berlin, 18. 3. Vizepräsident Gräf eröffnet Hf« Sitzung nm 1 Uhr. " Di« zweite Lesung des Haushalts des Reichs- innemninisteriums wird dami fortgesetzt. Abg. E«schke (Komm.) wendet sich gegen den neuen Reichsinnenminister und beantragt, ihm VN- Gehalt zu streichen. ?lhg, Koch-Weser (Dem.) begründet den An trag, an die Stelle der Staatsangehörigkeit die MeichsangehSrigkelt zu setzen, und fordert die Frei- Wgiakeit der Anwälte, sowie «in Gesetz über die Weichmätzig« Ausbildung-der Juristen. Abg. Leicht (B. Bp.) begrüßt es, daß der Miltister sich für die staatlich« Mgenpsrsünlichkeit Mr Länder ausgesprochen hat. Der preußische Ministerpräsident Braun betone sehr nachdrücklich M- staatliche Elgenpersönlichkeit Preußens, bcson- vers ln der Eroßhamburgfrage. Auch Bayern Muß Achtung vor seinenr staatlichen Eigenleben I»nangm. Ada. v. Ramin (Völk.) stellt fest, daß sein« Politischen Freunde zu den» heutigen Staat und Mm heutlgen System nach wie vor in «ntschie- Mter Opposition stehen. Minister v. Keudell stellt gegenüber sozialdemokratischen Angriffen fest, vast er zu seinen Worten im Ausschuh ebenso stehe wie zu denen im Plenum. Ohne Formu- Peruitgen komme nran nicht aus. Sie brächten Merdkirgs die Erfahr, daß man sich auseinander Md», was den Staat nicht stärke. Außerdem sei übertriebenes Formulieren «in Zeichen von schwäche. Molche Bestimmungen des Republik- Wu^esetzes aufrecht erhalten werden sollen, wird Wr Zeit im Reichsjustizministerium geprüft. (Zu- Mf lmks: Und Ihre Ansicht?) Damit hatte ich 'M zum Abschluß dieser Prüfung zurück. Die Mückkehr des Kaisers ist nicht akut. Wir werden dazu bei der Verlängerung des Republikschutz- Nesetzes Stellung nehmen. Die Beschleunigung der Einbringung des Ministerpensjonsgesetzes liegt der Neichsregierung sehr am Herzen. Der Entwurf über die Arbeitszeit der Beamten bezieht W nur auf die Hoheitsverwaltungen. Zur Krage d«r Titel und Orden kann ich mich -tut Rücksicht auf schwebende Verhandlungen mit Mit Ländern nicht äußern, ebenso nicht über das Ansführungsgesetz zu Artikel 48. Konkordatsver- »andkungen haben anläßlich der Regierungsneubil- pung nicht stattgefunden. Die Ressorts prüfen die Krage, aber zu irgendroelchen Verhandlungen mit dem. heiligen Stuhl ist es noch nicht gekommen. Neber das Privatschulwesen sind einheitliche Der- Dnbaningen mit den Ländern getroffen worden. Um 1. April sollen noch einmal Kinder in die »interst«, Klassen der Privatschulen ausgenommen Herden können. Der Minister verweist dann auf Wilder, die die Kommrmisten auf den Tisch des Hauses niedergelsgt haben und die seine Ver- t-k—— bindung init verbotenen Organisationen beweisen sollen. Diese Bilder, so erklärt der Minister mit erhobener Stimme, sind Fälschungen. Auf dem Bilde sind künstlich zwei Scharfschützen hinein- gearbeitet worden. (Lebhaftes Hört, hört!) Abg. Martin (Dntl.) führt Beschwerde über den schlesischen Rundfunk, der linksgerichtete poli- tische Tendenzen zeige. Der Redner verweist auf die geschmacklose Reklame mancher Kinos und warnt die Sportvereine davor, sich auf die Heran bildung von „Sportkanonen" zu verlegen. Alle Parteien sollten sich in der Frage des Volks trauertages und des Reichsehrenmals zusammen-« finden. Notwendig sei ein christliches Neichsschul- geseh. Damit schließt die allgemeine Aussprache. Die Beratungen werden auf Sonnabend 12 Uhr vertagt. MsweMngrftagen ! Der Reichsjnstirminifter im Rechtsausschuß des Reichstag. Berlin, 1S. 3. Bei den Verhandlungen im Rechtsausschuh des Reichstages, erklärte Justiz minister Hergt, die Reichsregierung wolle auf dem, Gebiete der Kleinrentnerfürsorge 25 Millionen! zur Verfügung stellen zur Verstärkung der Be-i züge. Der Rückgriff auf das sonstige Vermögen I des Kleinrentners solle verhindert und bedürftigen Inhabern von aufgewerteten Hypotheken usw. nach Möglichkeit durch Ankauf ihrer Forderungen sofort Geld verschafft werden. Der Neichsfinanz- minister beabsichtige den Antrag, Barablösung der Auslosungsrechte von Personen über 55 Jahren, die nicht mehr als 3000 Mark Ein kommen haben, durchzuführen und daneben in möglichst weitem Umfange bei Bedürftigkeit Vor zugsrenten zu gewähren. Dec Minister wies dann die von Dr. Best geäußerte Annahme zu rück, daß die Negierung auf den Reichsgerichts präsidenten Dr. Simons hinsichtlich seiner brief lichen Aenßerungen zur Auswertungsfrage irgend einen Druck ausgeübt habe. Wie man auch vor 1Vs Jahren zur Auswertungsfrage gestanden ha ben möge, jetzt müsse daran festgehalten werden, daß das vom Reichstag nach schweren Kämpfen geschaffene Aufwertungsge etz ein Werk von Dauer bleibe. Dieses Erseh habe wesentlich zur Festi gung der Währung beigetragen und den Gläubi gern sehr reale Werte gebracht. Der im nächsten Jahre in Kraft tretende höhere Zinsfuß von 5 Prozent für Aufwertungshypotheten werde dr« Lage der Gläubiger weiter verbessern. Das Auf- wertungsgeseh habe den Verwaltungsbehörden, Hypothekenbanken, Versicherungsanstalten usw. eine Riesenarbeit aufgebürdet, die nicht mühe los vertan sein dürfe. Nach Mitteilung der Länder seien bereits 81 Prozent aller Auf wertungssachen und 66 Prozent der Grund- buchsachrn erledigt. Die meisten Länder hofften bis zum Ablauf dieses Jahres fertig zu werden. Angesichts des Gesetzgebungswerkes von tv2ü und der riesigen Leistungen in der Zwischenzeit sei die Agitation der Anhänger einer verstärkten Aufwertung sehr zu bedauern. Wenn m den, neuen Volksbegehren der Bevölkerung «ine hun dertprozentig« Aufwertung in Aussicht gestellt werde, so müsse das «in« bedenkliche Beunruhigung Hervorrufen. Der geschäftliche Verkehr mit d«m Ausland« rverde erschwert, wenn inan die Lag« der deutschen Schuldner als ungewiß darstelle. Vier Zeitpunkte erforderten es, sich auf die un bedingt notwendige Ergänzung des Auswertungs- gesetzes zu beschränken: 1. Die Erfordernisse der I Kontinuität der Gesetzgebung, 2. Die Rücksicht auf die Wirtschaft des gesamten deutschen Volkes, 3. Die Vermeidung einer neuen Erschütterung des Realkredits, 4. Die Rücksicht auf die Arbeits- ! kraft der Verwaltungsbehörden und Gerichte, i Die Neichsregierung richte an die Abgeordneten den dringenden Appell, sich selbst zu überwinden und mitzuarbciten, daß endlich die neue Beun ruhigung beseitigt werde. Nach der Rede des Neichsjustizministers gab Abg. Dr. Wunderlich (D. Vp.) für die Regierungsparteien eine Erklärung ab, in der er darauf hinwies, daß die in der jetzigen Koalition vereinten Parteien dieselben seien, die im Sommer 1925 die Aufwertungs gesetz« geschaffen hätten. Sie seien sich schon damals klar gewesen, daß diese Gesetze mancher lei Härten im Erfolge haben würden und be grüßten es daher, wenn die Neichsregierung durch Bereitstellung neuer Mittel den Geschädigten Hel sen wolle. An den Grundlagen der Aufwertungs- gesetzgebuug dü-fe nicht gerüttelt werden. Die Regierungsparteien stellten sich hinter die Regie rungsvorlage und würden alle weitergehenden Anträge ablehnen. DI« Weilerverhandlung winde auf Sonnabend vertagt. Weshalb Amerlia nicht ln den Bölkerdnnd eintrat Ein« Ansprache Kahns. Paris, 18. 3. Bei dem gestrigen Bankett des amerikanischen Klubs in Paris hielt der amerikanische Finanzmann Kahn rin« Rede, in der er u. a. auch auf die Frage einging, weshalb Amerika nicht in den Völkerbund eingetretcn fei. Er sagte, nach seiner Ueberzeugung könne Amerika unter dem gegenwärtigen Statut dem Völkerbund nicht beitreten, weil dem die amerikanische Auffassung, die politischen Gepflogenheiten unt> die Regierungsmethoden entgegenständen. Die europäischen Außenminister kommen alle Vierteljahr in Genf zusammen, während Amerika seinen Außen minister überhaupt nicht persönlich zu den VSlkerbunds- sitzungen entsenden könne. Der Vertreter des Mi nisters würde aber bei den Verhandlungen nicht die gleiche Autorität genießen. Außerdem mühten alle Entscheidungen, die der amerikanische Minister treffen würde, vom Senat gebilligt werden. Die öffentliche Da» MbeltslttleiMkflchttiWüi- gesetz lm «arschab Berlin, 18. 3. Im sozialpolitischen Au«, schuß des Reichstags wurden heute zwei Par«, graphen des Arbeitslosenversicherungsgesehes er ledigt, die sich mit den Befugnissen der Reichs- ausgkeichskass« beschäftigen. Die wichtigsten Streit fragen, Krisenfürsorge, Beitragssystem, Lohn klassen usw. sind noch nicht zur Beratung gekom men und ihre Beratung ist auch für die nächst« Tage noch nicht vorgesehen. Ls wird damit gs- rechnet, daß der Ausschuß, zumal demnächst vk« Plenarsitzungen des Reichstags verlängert werden sollen, das Arbeitslosenversicherungsgeseh vermut lich bis zur Osterpause «richt erledigen kann. Für diesen Fall soll während der Osterferien än« Arbeitswoche für den Ausschuß eingelegt werden. Deutschen-Prozeß la Zagoslawlea Belgrad, 18. 3. Vor dem Gerichtshof in Mitrowitz in Slawonien, begann gestern ein Pro- zeß gegen fünf südslawische Deutsche, die beschul digt werden, 1914 serbische Mitarbeiter denuni- ziert zu haben, worauf fünf von ihnen in der Festung Peterwardem erschossen worden seien. Di- Angeklagten bestreiten jede Schuld. Die Ange hörigen der Erschossenen haben sich dem Straf- verfahren als Nebenkläger angeschlossen. „Die erbeuteten Bärenkralten am Sals and -leSlalpe am Gutt sollten btammesgenosfe» und Feinden beweisen, was fiir ein tüchtiger Kerl er war. So schlitzten schon onrioilisierte Bölter den Wett der össenll. Anpreisung.- Nisi» In der Ehe Skizze von Wolfgang Federau. Alan must Maud Petereit gekannt haben, als U- noch nicht de» Goldreif am Ringfinger trug. Hon bezaubernder Aninut und hinreißendem Tem- Arammt, gab es kaum einen Mann, den sie nicht wk ihren Triumphwagen spannte. Studenten Men die Mützen vom Kops, rvenn sie Maud nur von feme sahen. Alte Herren neigten ihr Ergrautes Haupt in lächelnder Ritterlichkeit über Are Hand. Don den heiratsfähig«», jungen Männern erst gar nicht zu reden! Aber plötzlich, mit ungefähr zwciundzwanzig Nähren, heiratete sie. Sehr überraschend für all«, D« sie kannten, denn niemand hatte gemerkt, Hatz st« den »in zehn Jahre älteren Doktor Pete- ^«ir besonder« ausgezeichnet hatte. Alles schien darauf hinzuweise», daß sich hier zwei Tempera mente in der glücklichsten Art zusammenfandrn And ergänzten. Maud sah zwar stolz, aber keines- »sgs demütig zu ihrem Gatten auf. Doktor Pe- Lr«it seinerseits empfand die Heiterkeit ihrer fest tt sich selbst beruhenden Seel« fast als eine Gnade, ün sich leicht zu lenken, verwuchs er mit seiner ^ra« zu immer tieferer Geineinsamkeit, die Westlich kn der Geburt «Ims Sohnes ihren Höhe- punkt fand. Neid« hing«» an dem Kinde «mt einer abgöt- stischen Zärtlichkeit. Aber ehe sie sich noch dieser Prfiillung völlig bewußt werden kon»t«n, hob was Schicksal unbarmherzig seine Faust, und als D niedorsank, zuckte in dem weißen Kinderbettchen M winziger Knabenkörper noch «in paarmal zu- Aminen, um sich dann mit einein leisen Seufzer für immer auszustrccksn. lieber der Leiche des Kindes sahen sich di« Wern an, mit Augen, so heiß von unerträglichem Weh, daß sie keine Tränen duldeten. Sie san- ve» kein Wort des Trostes füreinander. Dem« A war ihiwn, als hätte dieses klein« Leben bei «inem Erlösche« «in Stück aus ihrem eigenen Dasein herausgarifse». - - Erst das dumpfe Pochen der Erdschollen auf dein winzigen Sarg weckte sie aus ihrer Erstar rung. Und als sie nach Hause kamen, als Maud vor dem leeren Nettchen stand und geistesab- ivesend dis welche» Kissen liebkoste, löst« sich plötz- mch der brennende Schmerz in einem hemmungs lose» Strom von Tränen. Doktor Petereit verstand und ehrt« den Schmerz Dner Frau, d«n «r selber zu liefst teilte. Aber « war «kn Man», und so überwand «r leichter «neu Verlust, der di« Seel« seiner Frau bi- kn «hr« Grundfesten erschütterte. Ms jedoch Wochen und Monate vergingen, ohne daß «- ihm gelang, ein Lächeln auf die Lippen seiner Frau zu zau ber», als er immer wieder nur tränennasse Augen und schmerzlich herabgezogene Mundwinkel zu sehen bekam, begann die Zwecklosigkeit feiner Be mühungen ihn schließlich mit einer an Erbitte rung grenzenden Verstimmung,zu erfüllen. Er hatte geglaubt, daß ein wesentlicher Teil von Mauds Leben in dein seinen verankert war. Nun begann das Zusammensein mit seiner Frau der Harmonie zu entraten, ihr Stummsein be reitete ihm Qualen, ihre starrsinnige Hingabe an ihren Schmerz hielt er für übertrieben. Und währsnd er sonst keine Freude außerhalb seines Heims kannte, fühlte er sich jetzt beschwert, wenn er- nack harter Berufsfron einem Heim zustrebte, das mit der Heiterkeit auch di« Behaglichkeit ver- loren hatte. Einige Tage speiste er abends außerhalb, uni Maud auf die Probe Zu stellen. Sie schien sein« Abwesenheit nicht bemerkt zu haben. Aus dem Bedürfnis nach Ablenkung und Zerstreuung setzt« «r deshalb sein neues Leben fort, immer in der Hoffnung, daß Maud endlich zu ihm zurückfinden würde. Es geschah jedoch nichts dieser Art. Und so wurde, was er aus Trotz begann, allmählich zu einer Gewohnheit. Sein Heiz schrie nach weib licher Anteilnahme und Erheiterung, und so könnt« «s kaum aus'bleibon, daß er schließlich einem jun gen Mädchen zugetan war, das er durch seins Frau von früher her flüchtig kanuie. Die neue Freundin fand Doktor Peter«it nicht nur lie benswürdig und interessant, sondern — auch ihre Eitelkeit wurde angenehm befriedigt durch das Bewußtsein, ihn« eine Frau zu ersetzen, die «inst dl« Königin jeder Gesellschaft gewesen war. Maud mochte dunkel etwas ähnliches ahnen. Eines Nachte wachte sie auf und fühlt« sich ein sam. Sw tastete nach der Hand ihres Mannes und sah, daß sein Bett lesr war — was zwar schon de« öfteren d«r Fall gewesen war, ohn« frei lich von ihrem Bewußtsein ausgenommen worden zu sein. Diese« Mal aber wurde Maud sehr nachdenklich. Sie erhob sich von ihrem Lager und trat vor den Spiegel. Sie betrachtet« tapfer und ohn« Selbstgefälligkeit ihr Spiegelbild und sah «in vom Weinen verquollenes Gesicht, matte, glanzlose Augen und zwei Fakten, di« sich von den Mund winkeln herunterzogen. Sie fand sich abscheulich aursehsnd und vermutet« nicht mit Unrecht, daß hr Mann das Gleiche von ihr dachte. Di« einmal aufgescheuchtm Gedanken ließen sie nm nicht mehr in Ruhe. Und indem sie die ver- gaugare Z«it überdacht«, kam si« schließlich zu !der Erkenntms, daß die Liebe eines lebende» ! Mannes eigentlich mehr gelten «nüsse als .die Erimrenmg an ein totes Kind. Soweit gekommen, schluckte sie tapfer die letz ten Tränen hinunter, fest entschlossen, mit allen Mitteln uni den Wiedergewinn ihres Mannes zu kämpfen. Doktor Petereit merkte nichts davon. Er sah nicht, mit welcher Sorgfalt Maud sich nun wieder pflogt« und kleidete, wie ihre Wangen mählich Farbe und ihre Lippen das Lächeln zu rückgewannen. Er konnte es auch nicht sehen, weil er sich ja seit langem gewöhnt hatte, an Maud vorbeizusehen. Mauk dachte nicht daran, ihren Mann irgend wie bei der Moral zu packen. Aber während in ihr ein seltsamer Plan reifte, überwachte sie sorg sam seine Korrespondenz. Ms sie daher die Wie derkehr einer gewissen Art von rosa Briefchen beobachtete trug sie keinen Augenblick Bedenken, diese vorsichtig und unauffällig zu öffnen. Denn schließlich ging es um Glück und Bestand ihrer Ehe, die zu retten jedes Mittel recht sein muszte. Da war sie denn freilich zunächst peinlich über rascht, in ihrer Rivalin eine ehemalige Schul- und Jugendfreundin zu erkennen, mit der sie einst eine flüchtige Neigung verbunden hatte. Aber sie erging sich nicht in sentimentalen Betrachtungen. Sie merkte, wie weit man schon gekommen war, und beschloß schleunigst zu handeln. Als Doktor Petereit an diesen Abend nach Hause kam, erklärte ihm Maud, daß sie am näch sten Sonntag abends ihre Eltern besuchen wollte. Ihr Man» stimmte ihr freundlich zu und halt« Mühe, seine Genugtuung zu verbergen. Ani näch ste» Nachmittag schon erspähte sie ein zartes Brief chen, das nur die Wort« enthielt: „Ich komme" Und cs war Hr gewiß, daß ihr Gatte seine Freundin während Mauds Abwesenheit in der gemeinsamen Wohnung empfangen wollte. — An dem fraglichen Sonntag verschwand sie zeitig in ihrem Zimmer, um sich anzukleiden. Mit Sorgfalt wählte sie eine Toilette, die alle Reiz« ihres jungen Körpers aufs vorteilhafieste in Er-! scheinung brachte. Ihr Gesicht, jugendlich gerötet,! strahlte unter dem Feuer eines Augenpaarcs, das hundert süße Geheimnisse zu bergen schien. Gjn Kranz blasser Perle» schmiegte sich um ihren schlanken Hals, und so trat sie endlich mit sieg haftem Lächeln vor ihren überraschten Gatten. — „Ich habe iwck ein bissel Zeit," sagte sie und, hängte sich in seinen Arm, „also setzen wir uns, und plaudern wir noch ein wenig. Es ist lang«, her, fett wir es zuletzt taten." Doktor Petereit betrachtete Maud von der Seite I und lächelte, wenn sie ihn ansah. Es war eins etwas verzerrtes Lächeln. Denn nie war ihm seine Frau so atemberaubend schön erschienen. Er i hätte dieses Zusammensein gern ausgedehnt, aber er wünschte brennend, es fände an einem anderen Orte statt. ! Maud mar vollkommen unbefangen. Sie bs- " herrschte sich außerordentlich und ersann tausend kleine Zärtlichkeiten, um ihren Mann zu er heitern. Ilm acht Uhr klingelte es. So spät noch Gäste?" sagte Maud und zog erstaunt di« Augenbrauen hoch. Doktor Petereit wollte zur Tür stürzen, sie hielt ihn zurück und ging selbst. Sie begrüßte ihre frühere Freundin mit gut gs- spielter Herzlichkeit, nicht ohne einen Ton des Befremdens in ihren Worten mitklingen zu lassen. Das arme Mädchen war so bestürzt über den un erwarteten Empfang, daß es kaum ein paar Worte zu sprechen vermochte. Doktor Petereit blieb steif wie ein Klotz. Die unglückliche Situation er- zeugte in Ihm einen förmlichen Haß gegen dm Störenfried, eine ganz, ungerechte Verstimmung, die sich vielleicht irgendwie Luft gemacht haben würde, hätte Maud ihn nicht mit feinem, gut- mütigem Lächeln beschwichtigt. Atan trank zusammen Tee, und es war wirk- sich kein sehr gemütliches Teestündchen. Doktor Petereit war wortkarg und vergrübelt, seine Au gen hingen an der Gestalt seiner Frau wie ein Ertrinkender am Leben Der Gast glaubte die Situation retten zu müssen und sprach rvie ein Wasserfall, um die eigene Verlegenheit zu be- Mänteln, aber cs war lauter belangloses und törichtes Zeug. Und nur Maud sprühte von Witz und Laune und sah entzückend aus. Einmal blickte das Mädchen in den Spiegel und verglich ihr Aussehen mit dem Mauds. Sie empfand erschreckt, daß sie keine Konkurrenz zu bieten vermochte. Aber sie war auch Weib und durchschaute das Spiel — und sie wußte, daß es verloren war, als ihr Blick de» Mann streifte, dessen Antlitz vollkommene Hingabe, Liebe und Stolz ausdrückte. Da erhob sie sich brüsk und verabschiedete sich mit wenigen, kühlen Worten. Doktor Petereit machte eine kalte Verbeugung und wandte der Gehenden den Rücken, noch ehe sie das Zimmer verlassen hatte. Aks die Beiden allein waren, legte Biand plötz lich die Arme um den Nacken des Mannes und lächelte unter Tränen. Da erkannte er, daß sie um die dunklen, dumpfen Wege seiner letzten Wochen wußte. Lr wollte etwas sagen, um Ver zeihung bitt«n. Aber sie verschloß ihm den Mund mit Küssen. Denn schließlich, es war ja ihr« Schuld, daß es eines solchen Umweges bedurft hatte.
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