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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 17.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192703174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270317
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270317
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-17
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
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Beilage zuin Frankenberger Tageblatt Rr. S4 . Dottnerstag, den 17. März 1»S7 86. Jahrgang eandesamschch »er MMen -mdwerls (. Dresden, 17. 3. In der heutige» Sitzung !M Landesausschusses ves sächsischen Handwerks Mb Obermeister K u ntz s ch einen Rückblick auf die Mtigkelt im abgelaufenen Berichtsjahr, das er M das ereignisreichste Jahr in der Geschichte - W Landesausschusses bezeichnete. Die Folgen Mr allgemeinen Wirtschaftsknsis im Jahre 1926 W- so führte er weiter aus — haben auch das «gudwerk schwer betroffsen. Der Leitgedanke, der Mr deutschen Wirtschaft in diesem Jahre den Mempel aufdrückte, war die Nationalisierung. Mährend aber die grobkapitalistischen Kreise durch Warfst« Konzentration der Betriebe und Der« Mtkkung in der Großwirtschaft sich eine Monopol- AMung der Erzeugnisse und Preise sicherten, war LiO Handwerk den Auswirkungen der wirtschast- Wen Notzeit preisgegeben. Ein beispielloser Auf- Eragsmangel in Verbindung mit der geschwächten Rauftraft der breiten Massen für die Wertarbeit »Ä Handwerks erzeugte Konkurrenz- und Preis- Mkhältnisfe, die als katastrophal bezeichnet wer- Ml müssen. Gegenüber dieser Entwicklung mußte Ms Handwerk noch im Anfang des Berichts- «ahrev einen Angriff der Reichsregierung aus 6ine Organisation und gesunde Preisbildung ab- wehr«,. Wirtschaftsniinlster Dr. Wilh.lm tühmt« die vorbildliche Einigung des sächsischen tpändwerks, die in Deutschland Schule gemacht Mb», «nd wünschte der Tagung im Namen der Staatsregierung größten Erfolg. — Syndikus Vt. Kunze sprach sodann über «DI« Kreditpolitik im gewerblichen Mittel- < stand." vir agitierte zunächst dl« Geld- und Kapttal- Warktverhältniss« der Jetztzeit, um dann die Frage N« beantworten, wie sich künftig die wirtschaftliche Mssamtloge im Handwerk gestalte. Die Lösung per Kreditpolitik sei noch nicht restlos geglückt. Mr die Kleinbetriebe werde der Personalkredit pas geeignete Mittel der Kreditbeschaffung sein. Das allmähliche Plahgreifen der soliden Ge- /chäftsgrundsätze der Vorkriegszeit werde künftig Ais Kreditbeschaffung erloichtern. Aber nach wie Hör müsse allen gewerblichen Unternehmern die größtmöglichste Sparsamkeit anempfohlen werden. Die Spargelder gehörten nur in die eigenen Areditorganisationen. Finanzminister Weber «betonte, daß die Steucrbelastunge» nicht mehr M Neubildung von Kapital verhindern dürfe. Wider habe das Maß der steuerlichen Belastung Me Grenze erreicht, die die Möglichkeit einer Mpitakneubildung fast gänzlich ausschließe. Wenn M Regierung bestrebt sei, ein weiteres Anschwel- len des Etats zu verhindern, so diene sie damit Ach meisten dein Gewerbe mid dem Mittelstand, selbstverständlich dürfe das Handwerk keine Son- hervorteil« für sich erstreben, sondern müsse seine Eigenen Interessen dem Gesamtwohl unt-rordnem Laß die Gerverbesteuer hauptsächlich auf den Er- Mg aMeflellt sei, lasse sich auf di« Dauer nicht durchführen. Nachdem Diplomingenieur Zückler über die Tätigkeit und Ziel« der Vezirksstelle Sachsen des Forschungsinstitutes für rationelle Betriebssüh- nmg im Handwerk berichtet hatte, referierte Dr. Runz« über den Anteil des Handwerks an der Mstattung des Wohnungsbauprograimns für M7. Seine Ausführungen fanden ihren Nle- herschlag in einer Entschließung, die zunächst be ¬ anstandet, daß die Verordnung des Arbeits- und Wohlfahrtsministeriums über Baudarlehen aus der Aufwertuttgssteuer vom S. Januar 1927 den Interessen d«s privaten Baugewerbes nicht nach gekommen ist. Ein« Gleichstellung mit den ge meinnützigen Baugesellschaften müsse ^mindestens gefordert werden. Als schädigend und ungerecht für das Eefamthandwert hab« sich die Ausschal, jung der gewerblichen Räume aus der öffentlichen Bezuschussung erwiesen. Jede Förderung des Ne- giebaues, besonders durch öffentliche Darlehen, müsse aus volkswirtschaftlichen Gründen unter» bleiben, da er verteuernd wirke. Die Schaffung eines Normaltypus oder gar die fabrikmäßige Herstellung des Hauses könne nicht als «in geeig neter Weg Jur Gesundung der Wohnungs- und Bauwirtschaft betrachtet werden. Nie Verwendung der «Wten Kanszlnrsteuer Auch das platt« Land meldet seine Ansprüche an. I Der Wohlfahrts-Korrespondenz wird geschrie ben: Wenn die Hauszinssteuer im Zusammenhangs mit der kommenden Mietssteigeruna am 1. April und 1. Oktober dieses Jahres erhöht wird, so geht es nicht an, die Erhöhung etwa ganz dem Woh nungsbau zuzuwenden. Es wird immer verkannt, daß die Hauszinssteuer anfangs gar nicht als Wohnungsbausteuer gedacht war, sondern als Jn- flations- und Finanzicrungsquelle der Gemeinden besonders zur Deckung ihrer sozialen Laste». Dieser Zweck der Steuer kann in Zukunft auf keinen Fall anfgegeben werden, weil einfach nichts da wäre, um die Lücke zu füllen. ! Nach einer Erhebung des Deutschen Landkreis tages sind die Kosten der Wohlfahrtspflege von 0,94 Reichsmark je Kopf im Jahre 1913 auf 16,2 Reichsmark im Jahre 1925 d. h. auf das 16fache angewachsen. Nach der Einwohnerzahl ist andererseits berechnet, daß die Aufwendungen für Wohlfahttspflege betragen haben in den Stadt kreisen 343 Millionen Reichsmark und in den Landkreisen 338 Millionen Reichsmark. Im um gekehrten Verhältnis h erzu erhalten nach den geltenden S'e ervertcilu« rssch'üsseln die Landkreise nur 59 Millionen Reichsmark als Gesamtfür sorgeanteil, während die Stadtkreise 76 Millionen Reichsmark erhalten. Es ist nicht anzunehmen, daß die sozialen Aufwendungen der Landkreise in Zukunst geringere werden, zum mindesten müssen sie allein schon durch die Erhöhung der Mieten anstei-en für alle rieenigen Bevölkerungs kreise, die ' -'m besten Willen ihr Einkommon nicht steige imen, uni die höhere Miete zu bezahlen. mtuer usw.) Dies zet Genüge, daß auch vom Stand punkte dc en Landes aus die Hauszins ¬ steuer nich. ichtet werden kann, sondern im Gegenteil m>» der Erhöhung der Mieten die Er- höhung des Steueranteils unbedingt erforderlich LaWm WlldrelWm vergangener Zelte» (Nachdruck verboten.) Der Wildreichtum in Sachsen war in früheren Zeiten ganz hervorragend. Davon nur einig« Beispiel«. Bei einer Hirschjagd 1591 in der Dresdner Heide wurden 227 Hirsche und 127 Rehe erlegt; bei einer Saujagd im Tümmliher- walde bei Colditz im Jahre 1608: 654 wilde Schweine; bei einer Jagd 1628 in den Lauter- steiner und Wolkensteiner Waldungen: 670 Hirsche. Kurfürst Johann 76«org l. brachte als leiden schaftlicher Jagdliebhaber auf seinen 1611 bis 1656 gehaltenen Jagden insgesamt 110960 Stück Wild zur Strecke; darunter befanden sich 102 Büren, 848 Wölfe, 47 239 'Stück Rot- und 31745 Stück Schwarzwild. Die Jägerschaft des Erzgebirges liefert« damals von Zeit zu Zeit lebendige Wölfe nach Dresden ein, welche dann daselbst vom Hofe, entweder im Schloßhofe oder auf dem Markte, bei versperrt«» Häusern und Gassen, oder später im Jägerhose gehetzt und geschossen wurden. Jin Jahre 1609 fand eine solche Tierhatz auf dem Altmarkte statt, wobei es allerlei Arten wilder Tiere gab, z. B. Bären, Tiger, Wölfe, Füchse (die geprellt wurden), Schweine, Marder, Hasen u. a. Gs war ein Fast- nachtsvcrgnügen. Eine solche Hatz hi«lt Johann Georg I. 1638 im Schloßhofe, 1632 und 1642 aber Im Jägerhaft. Unter Johann Georg II. Negierung (1656 bis 1680) Mit« man 96 900 Stück Wild, darunter 2000 Wölfe und 200 Bären, erlegt. Zum Hofe halt« man allein 1669 eingeliefert: 10 765 Stück Wild, darunter 861 Stück Not- und 616 Stück Schwarzwild, 15 Bären, 74 Wölfe, 15 Luchse, 170 Füchse, 55 Dachse, 17 Biber, 27 Fischottern usw. Im kalten Winter 1679 wurden im Ge birge 8000 Hirsche geschossen. 1734 wurden bei einer Jagd in den Lauterstciner Waldungen 287, bei einer anderen 1739 kn den Frauensteiner For- sten über 800 Stück Not- nnd Schwarzwild, 1738 bei einer Jagd im Rochlitzer Walde 600 Hirsche und Rehe, 1753 bei einem Schweineschießen im Eolditzer Walde 210 Wildschweine erbeutet. Am 23. Februar 1747 hielt der Hof zu Dresden in der Reitbahn ein Lustjageil, wobei 786 Stück Wild (darunter 5 Keller, 8 Bachen, 16 Frisch linge, 414 Füchse, 1 Wolf, 282 Hasen usw.) er legt wurden. Am 30. Oktober 1750 wurden bei einer großen Hasenjagd im Blasewitzer Tännicht 2788 Hase», am 22. Januar 1752 bei einem Fasammschießen iin Großen Garten bei Dresden 300 Stück Fasanen geschossen. Bei einem Fuchs- prellen in der Stallbahn am Schlosse zu Dres den, am 1. März 1751, brachte inan 3 Wölfe, 687 Füchse, 34 Dachse, 3 Keiler, 13 Bachen, 18 Frischlinge, 533 Hasen, zusammen 1359 Stück Wild zur Strecke. Das waren ander« Ergebnisse als in der Jetztzeit, wo schon wiederholt von 20 und mehr Jägern und ebensoviel Treibern nicht „ein einziger Schwanz" erlegt worden ist. Turnen, Sport und Spiel Kreismcisterschafts'pirle im Handball. Kommen den Sonntag findet wieder einmal ein Vorspiel um die Sachsenmeisterschaft in Frankenberg statt. V. f. V. „Polizei" Dresden, der Meister der Eaugruppe Elbtal, wirb dem Nordsachsenmeister gegenüberstehen. Die Polizisten vertreten Dres den zum ersten Mal. Ihr Weg zur Meister würde war bestimmt der dornenvollste von allen 3 Gruppen Sachsens. Die Gaugruppe Dresden verfügt über 12 Meistermannschaften, die in zwei Abteilungen (je 6) spielen. Erst nach 4 Kämpfen, i Turngemeinde Pirna, die mit gleicher stzahl mit der Polizei in Staffel A führte, en die Grünen knapp die Spitze erringen. Entscheidungsspiel gegen die Bestmaimschaft Staffel B — 1877 Dresden — gelang i erst nach zweimaliger Verlängerung der (4:3). Aus all Viesen Umständen ist zu ßen, daß die Mannschaft eine ausgesprochene Kampfelf barstellt, die es an dem nötige» Eifer und Energie nie fehlen läßt. Es dürfte nicht zuviel behauptet sein, in den Dresdnern eine der spiek- stärksten Mannschaften der diesjährigen Meister schaftsanwärter kennen zu lernen. Dresden tritt in folgender Aufstellung an: Wagner »Hoffmann Boden »Sprößig »Zill »Wolff Sennewald »Hesse »Mädger »Löwe Schulz« Die mit einem * versehenen Spieler sind schon des öfteren bei Städtespielen tätig gewesen und gehören außerdem zur Sachsenmannschaft de» Polizeiverbandes. Bon 17. ausgetragenen Pflicht- spielen wurden 12 gewonnen, 2 verloren nnd 3 endeten unentschieden. — Am vergangenen Sonn tag spielte die Elf gegen A. Tv. Plauen und siegte 5:3 (2:2). Frankenberg siegte vor 14 Tagen gegen Plauen 6:4 (3:3). Auch dies« Tatsache spricht von oer Gleichwertigkeit beider Mannschaften. — Die Leitung hat Turnfreund Selferj vom Tv. Leipzig-Gohlis übertragen be kommen. Anwurf 3 Uhr. Außer dem Spiel der Mitglieder findet Uhr noch eine Begegnung zwischen den beiden in ihrer Gruppe führenden Turnerinnen-Mann« schäften Frankenberg und Neuhausen im Erzgeb. statt. Letztere gewann am vergangenen Sonntag gegen Limbach 2:0. Das Draufgängertum der Erzgebirgler ist in Kennerkreisen zur Genüg« be kannt. Die Hauptstützen der Elf sind Halblinks (Torschützin), Mitte, Mittelläuferin und Torwart, Schi«drichter Müller-Dresden (Polizei). — Durch diese Neuansetzung muß das geplante Jugendspiel wegfallen, sowie weiter vereinbart« Spiele vor her auf dem Schützenplatz ausgetragen werden. — Ueber die Aufstellung usw. der Frankenberger Mannschaften wird morgen Näheres folgen, r. * Ausschreibung für den Gauwaldlanf am 3. April. Dis Veranstaltung findet am 3. April n Westewitz-Hochweitzschen bei Döbeln statt, Di« Läufe werden in folgenden Gruppen durchgeführt: Gruppe 1: Turner, Jahrgang 1908 bis 1890, Strecke etwa 6,5 lcm. Gruppe 2: Aeltere Tur ner, Jahrgang 1889 und früher Geborene, Strecke 2 hm. Gruppe 3: Juaendtumer, Jahrgang 1912 und 1911, Strecke 2 lcm. Gruppe 4: Jugend- turnsr, Jahrgang 1910 und 1909, Strecke 2,5 lcni. Gruppe 5: Turnerinnen. Jahrgang 1908 und früher Geborene, Strecke I lcm. Gruppe 6: Jugendturnerinnen, Jahrgang 1912 nnd 1911, Strecke 1 lcm. Grupp« 7: Jugendturnerinnen. Jahrgang 1910 und 1909, Strecke 1 lcm. Bel geringer Beteiligung werden die Gruppen 6 und 7 zu einer Gruppe vereinigt. Di« Ersten der Gruppen 1, 2, 5 erhalten den Titel Gaumeister, die Läufe finden als Einzel- und Mannschafts läufe statt. Beim Mannschaftslauf gehören zu jeder Mannschaft vier Mann, davon werden di« drei Besten gewertet. Jeder Teilnehmer muß den Bestimmungen über reinliche Scheidung ent sprechen und im Besitze des Turnerpasses oder einer vom Vorsitzenden ausgestellten Bescheini gung über Alter und Vereinsangehörigkeit sein. Die Ausweise können von der Wettkampfleitun- jederzeit eingefordert werden. Ferner hat jeder Teilnehmer das D. T.-Abzeichen aus dem Tur- vsrluqenä 5ck>melr uvcl Ar kmrckmsrt Druck» ctsv Hebi-accck vor, FteckenptzräMseA « überall ru baber» * Sinter uns die WSlse.., Ein sibirisches Abenteuer von JosspH M. Velter. Ani Nachmittag eines klaren Wtntertag«s hatte M, im Schlitten von Kansk kommend, auf dem Meg« nach Jlansk nach Ueberwindung eines vom Wchnee fast ganz zugewshten Hohlweges endlich Wt di« Höhe erreicht, die die Wasserscheide zwi- fchsh Kan und Ilan bildet, und freute mich nicht Mnig, wieder tm Schlitten Platz nehmen zu können, da ich, UM das kleine, struppige Sibirien- pftrdche» nicht allzusehr zu übermüden, zu Be- Ann der Steigung, vor Stunden schon, ausg«- Mgen war. Hinter mir fuhr ein sibirischer Bauer, Mr sich im letzten Dörfchen mir angeschlossen chatte und der gleichfalls nach Jlansk wollte. Es war bitter kalt. Die Sonn« stand am strah- A»d blauen, völlig wolkenlosen Himmel, ihr« Strahlen aber wärmten nicht, sondern machten die Kälte nur noch fühlbarer. Schnee stak in Minen Stiefeln, zwängt« sich durch alle Näht« des Schafpelzes und stäubte in einer trockenen, Mmmirnden und glitzernden Wolke auf, wem das Pferd i» eine Schneewehe geriet und sich keu chend hindurch arbeitete. Um uns dehnte sich -das endlose Land, in blendendem Meiß lagen di« Mnnenkwstrahlten Flächen, in tieftnr Blau die Ilm Schatten hegenden Hänge. Der schüttere Wald Kes Kan-Tales lag längst hinter uns, jetzt erhob Mch wio eins Wand zu unserer Linken die Taiga, 'Der sibirisch« Urwald» Plötzlich wurde» die Pferde unruhig, schnaubten »eise, blieben stehen und weigerten sich, weiterzu- Aehem Fragend wandte ich mich nach dem Bauern Nm, dessen Augen in dem bärtigen Gesicht einen vefttörten Ausdruck! angenommen hatten. „WM!" Kes «r entsetzt, und ich werde den inerkwürdigen «lang des Buchstaben l nie vergessen, der mit «nserem l gar keine Aehnlichkeit mehr besaß, sondern dick, plump, und wie von einer schweren, gequollenen Zunge mühsam gewälzt, mein Ohr traf. „Wölfe! Nun gut," sagte ich überlegen lächelnd, „Wölfe habe ich schon zu Hunderten getroffen" — was aber reichlich übertrieben war, denn mehr als zwanzig waren es sicher nicht — „aber das ist ja nur ein feiges, scheues Gesindel, das sich verkriecht, wenn es einen Menschen nur von weitem wittert. Ich bin doch schon seit Mai in diesem gesegneten Lande und kenn« mich aus." Der Bauer starrte mich ein« Weile fassungslos an. „Wölfe im Sommer!" sagte er damr ver ächtlich. „Da sind sie ja zahm wie Hunde." Plötzlich starrte er, trotz der Kälte bleicher wer dend, nach dem Waldrand. In einer Entfernung von etwa zweihundert Metern bewegten sich schmale, dunkle Körper im Schnee, «ins, zwei, fünf, sieben! Es waren Wölft, kein Zweifel. Jetzt ein Gewehr haben! Aber ich hatte keine Waffen mehr,, wieder einmal ausgeplündert wie ich war. In Jlansk, wo ich einen guten Freund hatte, sollte mir wieder aus di« Bein« geholfen werden. Di« Wölft wandten keinen Blick nach uns, strichen «ine Weile längs des Waldes HM und verschwanden darin. „Sichst du," sagt« ich triumphierend, „sie haben Angst vor uns." Der Bauer schüttelt« d»n Kopf, „Sia haben uns nicht gewittert. Dor Wind steht günstig für uns. Vier Werst sind es bis zum nächsten Dorf. Die Schiel- len von den Pferden! Wenn die Klepper nicht taufen wie die Schneehasen. . ." Er verstummte in abergläubischer Angst, da« Fürchterliche auch nur in Worten herauMbeschwören. Auch mich ergriff allmählich eins Unruh«. Das Geläut« war bald vom Geschirr entfernt und verstaut. Wir fttzten uns in die Schlitten, wickelten uns in die Decken und trieben die Pferde an. Unruhig lieft« fio los. Da, ganz kurz vor der Höhe, ertönte ans dem Wald des langgezogene Hungergeheul eines Wvl- ' fes, jenes in der sibirischen Oednis unsagbar grau sig und gespenstisch klingende Heulen, das mit einer Art kurzen Bellens vermischt ist. Ein Dutzend gleicher Stimmen erhob sich, ferner und näher. Es war, als ob der Wald in der nun beginnenden Abenddämmerung selbst aus Hun derten von Kehlen einen unbeschreiblich klagenden Gesang angestimmt hätte. Mit einem Schlaga war Meine törichte lleberlegenhekt zum Teufel, die Peitsche sauste einmal nur über die Pferde, dann war die Höhe erreicht, und nun ging es in einer atemlos wilden Jagd bergab, imme« an der Taiga entlang, von Zeit zu Zeit durch vorspringende Waldungen, immer in dem gleichen, ' sinnverwirrenden Tempo. Der Schnee sprühte und schlug mir in scharfen, brennenden Wolken ins Gesicht, hinter mir keuchte das Pferd des Bauern, das mit weitvorgestrecktem Halse und fliegender Mähne so dicht aufblkeb, daß ich manchmal den heißen Atem aus seinen Nüstern zu verspüren glaubte. Da hört« ich hinter mir die schreiende Stimme des Bauern: „Sie kommen! Die Peitsche! Schlag zu!" Ich warf mich herum» Hinter uns noch mehrere Meter entfernt kanc ein Rudel Wölfe herangejagt, dreißig, vierzig Tiere vielleicht. Ich hatte geglaubt, sie seien schon bei uns, jetzt ver stand ich: aus mein Pferd sollte ich einschlage». Aber wozu? Das gute Tier jagte ohnehin, von der tausendmal böseren Peitsche wilder Todes angst gehetzt, dahin. Wie gut, daß ich es go- aeschont hatte und nicht wie der Bauer bergan nn Schlitten sitzen geblieben war. Langsam kam das Nudel näher. Der Bauer blieb mit feilten« Schlitten Meter uni Meter zu rück. Wie rasend hieb er auf das schweißnasse Tier. Die Landschaft flog an uns vorüber. Wenn der nächste Waldvorsprung uns die Sicht freigab, mußte, das rettende Dorf vor uns liegen. Ich drehte mich halb um. Das kurze, kläffende Bel- len des Rudels klang schon verteufelt nahe. Der Bauer war fast zwanzig Meter zurückgeblieben und die ersten Wölfe kaum noch dreißig Schritt von ihm entfernt. Er hatte sich tief in den Schlitten vergraben und schwang seine Peitsche, deren klat- schenke Schläge sich unaufhörlich folgten, unter brochen von Schreien, die fast wie das Heulen der Wölfe klangen. Plötzlich hörte ich vor mir einen Hellen Ruf. Ich riß mich herum. Eine Frau stand am Weg rand, ein etwa vierjähriges Kind init erhobenen Armen mir entgegenhaltend. Was sie rief, blieb unverständlich, aber es mar klar, ich sollte das Kind mitnehmen. Ich riß die Zügel zurück, einen Augenblick stockte die milde Jagd, kaum merklich, doch genügte es gerade, daß ich das schreiende Mädchen in den Schlitten reiße» konnte, dann jagte das Pferd von neuem, jetzt gänzlich ver ängstigt, los. Die Frau wird zu dem Bauern springen, zuckte mir ein beruhigender Gedanke durch de» Kopf. Zudem hörte ich das Geheul der Wölfe, das noch einmal wild zusammen gellte, Zurückbleiben. Da lag auch schon das Dörfchen vor mir. Ah, die feigen Bestie» wagten sich nicht so weit vor! Wenige Minute» später war ich im Dorfe. Mit fliegende» Flanken blieb das Pferd stehen. Ich sprang vom Schlitten, da kam auch das Gefährt des Bauer» schon hinter mir an. Ich stürzte auf seine» Schlitten zu: Der Bauer mar allein! Als ich über ihn hersiel und ihn rüttelte, ihn anschrie, wo die Frau scr, sah er mich verständnislos an. „Sie war ja gar nicht aus meinem Dorfe," sagte er. Ich mobilisierte das Dorf. Als «vir eine halbe Stunde später zu der UnglückssleNc zurück kamen, fanden wir nur noch einen Schuh, in dem noch der Fuß steckte. — Ich habe nie inehr verächtlich von Wölfen gesprochen.
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