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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znm Frankenberger Tageblatt Nr. 20 Mittwoch, des S. Marz 1S27 Die RaGe der Maza Ravi Roma« von Hedwig 3 Nachdruck verboten Ern Gefühl ohnmächtigen Zornes erfüllte ihn wieder gegen Viesen Dämon, der immer Meder seinen Weg kreuzte. Wenn er sie als Mörderin feines jungen Weibes hätte brand marken und zur Verantwortung ziehen können, es wäre ihm eine Erleichterung gewesen. Aber eine dumpfe Scheu hielt ihn ab, etwas gegen sie zu unternehmen. Er kam sich vor, wie ihr Mitschuldiger und konnte sich nicht aus dem Banne lösen, den sie um ihn, gezogen hatte in ihrer maUosan Rachsucht. Aufseufzend setzte er sich an seinen Schreibtisch, um an Hans von Hellwart zu schreiben, ob er als Verwalter nach Hattingen kommen wollte. Wie froh wollte er sem, wenn er seine Zusage erhielt, denn er wüßte, datz ihm die Emsasnleit in Hattingen jetzt nervös machen würde. Hans von Hellwarts frischfrohes We sen würde ihm eine Wohltat sein. Schnell machte er den Brief postfertig und sandte ihn mit einem besonderen Boten nach der Station. * Hans von Hellwach war soeben von einer Filmaufnahme na^) Hause gekommen. Er brauchte wirklich all seinen Galgen humor, um bei diesem Leben aus der Hand in d« Mund feine gute Laune nicht tzu verlieren. Nicht nur seinetwegen war ihm diese ungewisse Zukunft bedrückend, sondern noch viel mehr deshalb, weil er einem geliebten Wesen so gar keine Hoffnung auf eine Vereinigung machen konnte. Hans von Hellwart war seit zwei Jahren verlobt, mit der Tochter eines früheren Gutsnachbam seines Vaters, der leider ebenfalls sein Gut verkauft und den Kaufpreis durch die Inflation verloren hatte. Als er sich verlobte, hatten die beiderseitigen Verhältnisse eine baldige Vereinigung mög lich erscheinen lassen, aber ehe sie noch heiraten konnten, hatte sich alles so zum Nachteil geändert, daß nicht mehr an eine Heirat gedacht werden konnte. And doch liebte er Ilse von Tannern von ganzen Herzen uitd hätte willig jedes Opfer gebracht, wenn er ihr ein sorgloses, wenn auch be scheidenes Los hätte bieten können. Müde vom langen, nutzlosen Herumstehen im Filmateliers was durchaus nicht so leicht und plaisierlich war, wie es Fernstehenden erscheinen mag, ließ er sich in den Sessel vor dem Schreibüsch fallen. Diesen Sessel und den Schreib tisch hatte er selbst mit in die sonst sehr bescheidene Garcov- wohnung gebracht. Diese beiden Stücken waren das Einzige, was er aus der Vergangenheit herübergerettet hatte in sein neues Leben. Beides hatte sein Vater bis zu seinem Tods benutzt und so schlecht es Hans auch schon gegangen war, er hatte es'nicht fertig gebracht, misch diese beiden Möbel zu Geld zu machen. Ihm war dieser letzte Rest aus besseren Lagen gewissermaßen ein Symbol, daß es für ihn doch noch eine Brücke gab zi^ den altgewohnten Verhältnissen. Auf dem Schreibtisch stand die Photographie seiner Braut. Er sah mit großen sehnsüchtigen Augen darauf hin, nahm sie aus und küßte sie. „Jlselein — mein armes —> so zwei mime Schlucker und das Herz so voll Liebe und Sehnsucht," sagte er zu dem Bild«. Dann stellte er aber das Bild mit einem Ruck Meder auf den Schreibtisch. Nur um Gotteswillen nicht weich werden. Das durfte man sich nicht gestatte«. „Gelt Jlselein, die Zähne fest zusammenbeißen und tapfer durch, wie deine Schwester Gonny immer sagt, wenn wir mal schachmatt sind von allem Warten." And er muhte nun doch schon wieder lachen, wie immer, wenn er an seine künftig« Schwägerin Gonny von Tanner« dachte, deren frische unverzagte Art keinen Trübsinn auf kommen ließ. Kürzlich hatte Ke zu ihm und Ilse gesagt: ,Mnd« und Brautleute, seid doch nichst so verzagt! Ihr Wißt wohl -ar wicht, w» «ich ihr seid, ihr beide»? Ihr Conrths-Mahler habt euch doch lieb. Was meint ihr, wie ich würde, wenn mich einer so unvernünftig lieb hätte, wie dich, mein Jlselein dein Hans hat. Da könnte mir nichts fehlen. Seid vergnügt, daß ihr euch habt und euch so von Herzen lieb haben dürft, alles and«? Mrd sich schon historisch entwickeln. Ich verliere die Hoffnung nicht, daß ich in «ich: zu ferner Zett aus eurer Hoheit tanzen kann und nehme mir fest vor, daß ich mich dann in meinen Brautführer bis üb« beide Ohren verlieben werde. Ich habe also ei« Interest« daran, daß es nicht mehr so lange dauert, damit ich niH vorher eine alte Jungfer geworden bis. Deshalb bete Äh jeden Abend, daß rhr bald Hochzett halten könnt und ich bi« ganz sicher, einmal kommt das Glück auch wieder zu uns. Es bemüht sich sogar in die vierte Etage." Ja, die Gonny — die hielt sie alle aufrecht mA ihrem tapferen Mut und ihrem frohen Gottoertrauen. Ein Pracht mädel war das und man durfte sich nicht von ihr bv- schämen lasten. ' Ein leiser Seufzer kam aber doch über seine App«. Da bei flog fein Blick weiter über den Schreibtisch uvd da stutzte er.. Da lag ein Brief. Den hatte er noch gar nicht ge sehen. Die Handschrift kannte er doch. Schmeil riß er da» Brief auf und sah nach der Unterschrfft. Richtig — « war von Ronald Rittner. Was hatte der chm zu sagen? Er krs: Mein lieber Hans! Bei unserem letzten Zusammensein in München batest du mich, ich möge an dich denken, wen» ich etwas von «irrer Stellung als Verwalter hör« solltet Ebre solche Stelle hat sich überraschend schnell geboten, und zwar in Hattingen selbst. Ich habe bei meiner Hermkes hier sehr mißliche Zustände gefunden, muh meiner jahre langen Abwesenheit. Mein Verwalter hat mich «verhört b». trogen, so daß ich ihm sofort gekündigt hab«. Am liebst« hätte ich ihn sofort an die Lust gesetzt, ab« er muß ntzir wenigstens erst helfen, Klarheit in seine Unterschlagungen zu bringen, damit ich wird« frisches Fahrwasser habe. Ich habe auch die Absicht, Hattingen noch zu vergrößern und rationell« zu bewirtschaften. An dem nötigen Kapital da« fehlt es nur zum Glück nicht. Nun brauche ich ein« tüch tigen Verwalt« und da dachte ich an dich Hast du Lust, diese Stellung anzunehmen? Arbeit wirst du genug finden und mit dein« Hilse werde ich bald alles wieder im Klaren haben. Außerdem würde ich mich sehr freuen, dich in Üt tingen zu haben, denn die Einsamkeit bchagt mir doch nicht so recht. Der Strom der Somimerfrstchler zieht zum Glück abseits von Hattingen vorüber. Danach sehne ich mich nicht, Ab« einen so lieben alten Freund, wie dich, hier zu haben, das wäre eine große Freude für mich Hoffentlich willigst du ein. Ueber alle Bedingungen einig« Mr uns, wen» dv «st hi« bist, ich «kläre dir feierlich, daß ich dir alles be willige, was du forderst. Du brauchst allo rmr zu depe schieren, ob du kommen willst und wann. Ein Wag« wir» dich von d« Station abholen. Mit herzlichem Freundesgrutz dein Ronald Rittnest Hans von Hellwart sprang auf und warf die Arn« in die Lust. Herrgott! Das war ja das Glück, daß er so lange schon «sehnt und «hofft hatte. Hattingen umr em großes Gut, das wußte « von Ronald Es mußte eine Lust sein, dort als Verwalter schalt« und walten zu könne». Und Ronald war ein famoser, vornehmer Mensch der cho muh pekuniär gut stellen würde. „Jlselein! Jlselein!" flüsterte « vor sich hin. Und dann überwältigte ihn die Freude und er ftieß^tz- üch «inen markerschütternden Jauchz« aus, so daß seine Wirt« «atsetzt hab« gelaufeu Lun.