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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 09.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192703094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270309
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270309
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-09
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
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Vellage zum Frankenberger Tageblatt Rr. 57 Mittwoch, den V. Mär, I«27 8«. Jo»««««, »Ulm« d« Pratts u. Wissenschaft wer die Zaserat-Aellame Professor Dr. Viktor Mataia-Wien Verfasser de- wissenschaftlichen Werke« „Die Reklame, «Ine Untersuchung über Ankündigung-Wesen und Werbetätigkeit im Geschäs'-leben", dessen 4. Auflage soeben erschienen ist. Dom Wett des ZeitlttlgsWrats Das Zeitungsinserat! Seine hervorragende, Stellung un Ankündigungswesen, der zähe Ge brauch, den gerade führende Geschäftshäuser von ihm machen, seine Verwendung für Bekannt machungszwecke verschiedenster Art — dies alles ist allgemein bekannt. Es gibt aber so viele und mamrigfache Ankündigungs- und Werbemittel, sie mehren sich ständig — wie erklärt sich mm die trotz der gewaltigen und wachsenden Konkurrenz so hohe Bewertung der Zeitungsanzeige? Ganz einfache Beobachtungen geben hierfür schon Gründe. Es regnet, oder selbst bei schönem Wetter eilen viele hurtig dahin', um noch recht zeitig zum Bahnhof, ins Büro oder zu einem Stelldichein zu gelangen. Solch« äußere, die Aus- merksamkeit unterbindende Umstände mögen merk lich die Beachtung von Plakaten oder Schau fenstern beeinträchtigen. Beim Inserat steht es etwas anders. Kem Ankündigungsmittel ist natür lich gegen jegliche Ablenkung gefeit. Das Inserat trifft aber den Menschen regelmäßig in einem geeigneten Zeitpunkt, das heißt selbst aufs Ge- lefenwerden abgestimmt, kommt es Zu ihm, gerade, wem, er lesen will. Mögen auch vielfach Zei tungsabnehmer nicht darauf ausgehen, den An zeigenteil planmäßig durchzusehen! aber wie viele nehmen denn wirklich das Blatt in die Hand, ohne absichtlich oder unabsichtlich auch Annoncen zu betrachten und ohne das aufmerksam anzusehen, was sie angeht? Man erzählt eine Anekdote. Nach ihr behauptete ein Herr, Anzeigen würden nicht gelesen. Ein Zeitungsfachmann setzte hierauf in ein Tagesblatt der Stadt eine kleine, gesucht unscheinbare Annonce mit der Ankündigung der bevorstehenden Ferienreise jenes Leugners. Dieser konnte nun tags darauf die Erfahrung machen, Wie viel Bekannte ihn über seine Neiseabsichten befragten, also zur Kenntnis der Annonce gelangt waren. Gewiß, verschiedene Weg« bestehen, auf denen etwas über «in Geschäftsunternehmen zu dessen Vorteil in d«r Presse verlauten kann, so in Aus- stellungsberichten, Beschreibungen von Erfindun gen, ehrenvollen Erwähnungen irgendwelcher Art. Wird das Inserat vielleicht in solchen Fällen bedeutungslos? Keineswegs. Mit Recht schätzt man auch dann an ihms, diaß es mit beMnynten Angaben komme, natürlich mit solchen, die er fahrungsgemäß die Kunden benötigen, dabei zu einer Zeit, an der einem gelogen; es bietet eins Handhabe zur Einleitung von Verkehrsbezichun- gen. Mit alledem wird der in weitere Kreist- gedrungenen Anerkeimung ost erst die richtige Verwertbarkeit verliehen. Aber auch eigene Kraft kann genügen. Aus geschlossen ist wohl, daß eine ausreichend annoir- cierte Sache nicht rasch und ausgiebig bekannt werde. Die heutige Presse ist eben ein mächtiges In strument, und das Inserat ist ein Mittel, durch das sich der Ebyelne der Presse für seine Zwecke bedienen kann. Lmdestagung der «ttezsgkWer- fürsorge Der Landesverband Sachsen des Bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hielt am Sonn abend und Sonntag unter zahlreicher Beteiligung von Delegierten aus ganz Sachsen in Zittau eine Tagung ab. Ein Begrüßungsabend leitete am Sonnabend die Tagung ein. Als Verketcr der Stadt Zittau rief Bürgermeister Dr. Kol- tzenburg der Versammlung einen herzlichen Willkommengruß zu. Im Namen der Amtshaupt mannschaft sprach Regierungsrat v. Wacht meister, der sein« Worte in dem Wunsche auf gutes Gelingen der Tagung ausklingen ließ. Nach Dankesworten des Vorsitzenden des Landesver bandes, Redakteur Ficker (Chemnitz), gab der Bundes-Geschäftsführer, Dr. De Ire, einen Be richt über di« Entwicklung und die Erfolge des Volksbundes. Dieser umfaßt insgesamt 43 Ver bände mit 1118 Ortsgruppen. Die Zahl seiner Einzel- und korporativen Mitglieder beträgt etwa 4000000. Was die Arbeit des Volksbundes an langt, so kann dieser mit Stolz darauf zurück« blicken, daß er allein im vorigen Jahre 133 Friedhöfe instandgeseht hat. Auf 205 Friedhöfen wurden größere AusbessermMN vorgenommen, 125 Friedhöfe wurden auf Veranlassung des Bun des durch die Behörden instand gesetzt und 12b Instandsetzungen durch die Regierungen angeord net. Auskmffte an Hinterbliebene wurden in nahezu 3S 000 Fällen erteilt. Weiter wurden 5082 Sonderaufträge von Angehörigen für Ein- zelgrüber erledigt und 93 Friedhöfe in Paten schaft gegeben. Den Mitteilungen folgte eine Aussprache über die Durchführung des Volks- trauertage«, dessen gesetzliche Festlegung immer noch auf sich matten läßt. Musikalische und deklamatorische Vorträge umrahmten in sin niger Weise die Veranstaltung, die der Vorsitzende der Zittauer Ortsgruppe, Dr. Otto, leitete. Am Sonntag wurde der geschäftliche Teil der Tagung erledigt. Der vom Geschäftsführer des Landesverbandes, Direktor a. D. Hoff-Kus- s o w, erstattete Jahresbericht, aus dem zu ersehen war, daß die Werbung von Landgemeinden recht schöne Erfolge zeitigt, wurde nach einer längeren Aussprache, aber ohn« Einwendungen, genehmiat; ebenso der vom Schatzmeister, Schuldirektor i. R. Gehl, erstattet« Kassenbericht, so daß die von Baurat Osk« im Namen der Revisoren bean tragte Entlastung einstimmig erfolgte, Di« Ber« sammlung beschloß ferner, die Wahl de» Landes- verbandsvorsitzenden in den Bundesvorstand zu beantragen und delegierte ihn für di« vom 26. bis 28. Mai in München stattfindende Bundes tagung. Auf Antrag der Ortsgruppe Dresden wurde beschlossen, den Mindestbeitrag für korpora tive Mitglieder von jährlich 10 M. auf 20 M. zu erhöhen. Die nächstjährig« Tagung des Lan desverbandes findet in Meerane statt. Dis Me «nd Aussichten der vaterlSMschen Bewezung Eine bedeutsame Rede des sächsischen Landeslciters des Wikingbundes. Anläßlich des zweijährigen "Bestehens der Orts gruppe Olbernhau-Kupferhammer-Grünthal des Bundes Wiking hielt der Landesleiter, Kapitän leutnant a. D. v. Killinger, eine bedeutsame An sprache, in der er u. a. auch auf die Ziele und Aussichten der vaterländischen Bewegung einging. Der Redner hielt es nicht für richtig, nur einen einzigen Wehrverband zu schaffen, da der Deutsche seinem Charakter nach zu verschiedenartig veran lagt ist und zur Zersplitterung neigt. Aber es müsse ein gemeinsamer Führerring geschaffen wer den, der einheitlich in den großen, grundlegenden Fragen vorgeht. Das Reichsbanner mit feinen pazifistischen Ideen sei dem Wiking völlig gleich gültig. Es werde keinen Finger krumm machen, wenn es einmal knalle, während die roten Front kämpfer wenigstens wüßten, was sie wollten. Chamberlain mache jetzt den Versuch, Deutschland zum Mitkämpfer gegen einen roten Osten zu ge winnen; diese Situation gelte es auszunützen. Jnnerpolitisch hätten sich in letzter Zeit die Ver hältnisse zugunsten der vaterländischen Bewegung entwickelt, da es endlich zu dem langersehnten Blocke der nationalen Parteien gekommen sei. Was der Wiking wolle, sei, den Geist der Wehr haftigkeit fcstzuhalten, weil jedes Volk verloren sei, das sich nicht zur Wehrhaftigkeit bekenne. Der Wiking treibe nichts Militärisches; aber wenn es einmal gelte, würden seine Mitglieder gute Soldaten sein. Wenn sich der Wiking völkischer Wehrverband nenne, so verstehe er darunter nicht den radikalen RadauamtisenMsmus, der bisher nicht die geringsten Vorteile gebracht habe, son dern die Forderung, daß in Deutschland nur Deutsche Herren im Hause sein dürften. Nur in folge unserer Wehrlosigkeit seien wir ehrlos ge worden. Der Wiking wolle den deutschen Ehren schild wieder rein waschen, und auch die deutschen Frauen müßten dabei mithelfen, indem sie in der Frauenopfergruppe des Wiking soziale Arbeit für die ärmsten Kameraden leisten. Aus den Gerichtssälen 8 Die verkannte Ausnahme des Linlsüber- wlens. Dieser Tage hat das Reichsgericht «ine sehr interessante Entscheidung gefällt (1 v 814/26), in der ausgefühtt wird, daß eine Stra ßenbahn nur dann links überholt wird, wenn rein ürtli ch der Naum zwischen Straßenbahn und Bürgersteig zu «ng ist, «in Auto dirrchMlassE Di« Verstopfung der rechten Straßenseite durch wartende Fahrgäste, Fuhrwerke usw. berechttgr also in keinem Fall« zu einem Linksüberholm der Straßenbahn. In dem vorliegenden Fall« haM delt «s sich, wie uns vom Verband SSchsifchA! Automobilbesitzer e. V., Dresden, Geschäft»ftäÄ Chemnitz, mitgeteilt wird, um folgendes- „Am 26. Januar 1926 fuhr der angeklagte Kraf» Wagenführer Otto Neumann in Köln über den Sachsenring nach dem Salierring. An der Halt^ stelle der Straßenbahn müßte er wegen des ArM und Einsteigens d«r Fahrgäste warten. Er «ny schloß sich deshalb, die Straßenbahn links m überholen. Dabei kam es zu einem ZusaMMem stoß mit einem Radfahrer, der, vor d«r StraßeM bahn aus einer Querstraße kommend, den Nina überqueren wollte. Der Radfahrer erlitt «rheK liche Verletzungen. Das Landgericht Köln sprach den Angeklagten von der erhobenen Anklage der fahrlässigen Körperverletzung frei, da «r wodH zu schnell gefahren, noch di« Straß« von seinmst Standpunkt aus mrübersichtlich gewesen sei: außaü dem dürften Straßenbahnen nach der polizeiliche!» Verordnung! der Stadt Köln von 1923 aiW nahmsweise links überholt werden, wenn die rechte Straßenseite nicht genügend Raum blete. Das sei hier der Fall gewesen. Gegen dieses Urteil hat der als Nebenkläger zugelasse« Ver letzte Revision beim Reichsgericht eingelegt ncij der Behauptung, daß an Straßenkreuzungen jede« Ueberhole» grundsätzlich verboten sei. Der «rM Strafsenat des Reichsgerichts hat das freispr^ cheude Urteil des Landgerichts neben den zugrund^ liegenden Feststellungen ausgehoben und di« SaM zu neuer Verhandlung und Entscheidung an da« Landgericht Bonn zurückverwiescn. Zur Begrün» , düng wurde in Uobereinstimmung mit der N«ichs- anwaltschast ausgeführt, daß es eine völlig Un richtige Auslösung der Straßeuverordnnng sei, wenn angenommen werde, daß Straßenbahn«^ links überholt werden dürfen. Der Ausdruck des, Verordnung „wenn rechts nicht genügend Raum vorhanden ist", kam» nur bedeuten, cvenn rM örtlich der Raum zwischen Straßenbahn und Bürgersteig zu «ng ist, «in Auto durchzulasfech Außerdem sei ein lleberholen an Stra^nkreu* zungen an sich verboten." §4. Berhandlungstag im Pfaff-Prozeß ist Chemnitz. Die weiteren Verhandlungen roll«» eich neues erschütterndes Bild auf von dem naiveck Vertrauen beaüteter Leute zu dem stets gefällige« „Bankier" auf der Anklagebank. Der Zeuge Kaufe LV »o treut er »ick «lock, veno A« ldm F W M einen »ckünea Kncden oäer et« sitae M M Torte mrltlscken. Vermies Ä« Len» 8 nock, 6»8 Äe «lt nsck den devSkrlen Selker-kkereotoa so sckön v. preiswert xedecicea Kkven, Er nock rukrieäener «ein. — Da» oea liier»eoe krd.Murlr. Kereplducd äu»?. »tdt Ikae» viele neue ^nreL»»r« »u Vick? g^er"or°fiel. „Küedrsvvailer » mit dein 8ie auf U. O»»koefter- ' stimme bücken, dreien urnl docke« dünne», vr. Oelber'» kereple k Klatt kür IS t» Sen Oeecdiitrei» erkSltllcd, venn »iedt vorrlli». rere» Livrenünne von klerken von ^ttenverkenkspreke: veekpelver ..vLcktn" l Stell. lv Pix.. 3 Stele« 2S pke., pulläine-pulver Venille-üinncleHüpfL.. V»nlNin-2ucker S P5-.» VrmMe-SollenpuIver L . O»Iv 8ci«ottvl»tten puttttinlxoulver 15 plA-tz Scdoilo!»äeu»pei«e mit redickle» tt«., Ouütln 2L > HI kiH. Der Kiitzmafor Humoristischer Roman von Frhr. v. Schlicht. lUrheberrechtsschutz durch Verlag Osk. Meister, Werdau.) 11 Nachdruck verboten. Vielleicht, daß sie mit der Zeit anders über ihn dachte. Sicher verstellte er sich ja anfangs nur, um bei den neuen Vorgesetzten einen möglichst guten Eindruck hervorzurufen, über kurz oder lang würde seine wahre Natur schon wieder zum Durch- bruch kommen. Wenn ihr Schwager vom Dienst ««ch Hause kam, wartete sie stets voll Ungeduld darauf, daß er von irgendeinem Streich des Flitz majors erzählte, aber noch immer vergebens. Na, der war ja auch kaum acht Tage hier und sollte «rst heut«, soviel sie wußte, offiziell angegessen Md angetrunken werden. Aber trotzdem dauerte ihr seine Solidität schon zu lange, bis sie sich dann plötzlich entschloß, gerade des Flihmajors wegen Noch hier zu bleiben. Nicht, als ob sie irgend welches Interesse für ihn empfand, o nein, aber so oder so würde das Regiment an dem schon einmal etwas erleben, und dann wollte sie Zeugin des großen Tages sein. Herkommen würde sie ja doch sofort, wenn ihre Schwester ihr eines Tages schrieb: Denks dir, Lntti, das und das ist passiert. Da kam sie doch angefahren, warum sollte sie da nicht gleich hier bleiben? Da sparte sie das Reisegeld. Es galt, der Schioester gegenüber nur einen Vorwand zu finden, der ihre Abreise unmöglich «l machen schien. Die einfachste Lösung war, daß st« krank Milde, aber dann mußte st« das Zimmer hüten, oder sich wenigstens von den Gesellschaften halten. Daran dachte sie natürlich nicht, sie blieb doch nur, um sich hier zu amüsieren, denn wem» di« Stadt auch nur klein war, so fehlt« «s tm Herbst Md im Winter doch nicht an Vergnügun gen aller Art. Merdmas, di« Berliner Theater Mrd« fi« schmerzlich entbehren, aber vielleicht fi«l ihr iraimd etwas «in, das ihr Lierbieiben un- bedingt nötig macht« Md das es ihr doch ermög lichte, hin und wieder «in paar Tage nach Berlin zu fahren. Den schönen Kopf aus die schlanke, schmale Rechte gestützt, in der Linken die Zigarette hal tend, lag sie auf der Chaiselongue und dachte nach, und plötzlich huschte ein übermütiges Lä cheln um ihren Mund mit den blendend weißen Zähnen, denen selbst das viele Rauchen nichts von ihrem Glanz genommen hatte. Die Lösung war gefunden: sie würde ganz einfach abbrennsn. Natürlich nicht in Wirklichkeit, der Himmel sollte ihr entzückend eingerichtetes Berliner Heim vor einer Feu«rsbrunst bewahren, aber sie würde sich von ihrer Gesellschafterin, die in Berlin auf ihre Rückkehr wartet«, eines Tages telegraphieren lassen: „Wohnung vollständig ausgebrannt, so fortiges Herkommen unbedingt erforderlich." Voller Entsetzen würde sie dann abreiscn, um nach ein paar Tagen wieder zurüchukommcn, nachdem sie In Berlin die nötigen Anordnungen für eine völlig« Renovierung der Wohnung gegeben hatte. Die Gesellschafterin würde die Arbeiten über- wachen, aber sie selbst mußte dann natürlich von Zeit zu Zeit auf ein paar Tage hinüberfahren, um sich von den Fortschritten zu überzeugen, schon, danüt sie nicht zu lange gezwungen wäre, dis Gastfreundschaft der Schwester In Anspruch zu nehmen. Fräulein Lutti sand' diesen Gedanken glänzend und nahm Zich vor, heute noch an Ihre Gesell schafterin zu schreiben, damit diese schon an einein der nächsten Tage das Telegramm air sie ab sende. Nur «In Glück, daß ihre Schwester sie so selten besuchte. Die Mrd« sich ja später wundern, wenn sie doch einmal käme, daß die neue Einrichtung, die nach der Feuersbrunst angeschasft war, der alten auf ein Haar glich. Aber vielleicht war sie dann schon «ine junge Frau oder wenigstens glückliche Braut, und dann konnte sie ja lachend erzählen, weshalb sie sich den Plan ersonnen hatte, um hier bleiben zu können und um sich zu ver sieben. Mem aber Mrd« ihre Liebe gehöre»? Sollt« d«r Flitzmajor sich mit der Zeit doch noch so entpuppen, wie sie ihn sich wünschte? Sie hoffte es für sich, aber auch für ihn, dem, wem» der hier wirklich ein anderer werden wollt«, als er bisher gewesen war, würde ihm der Aufent- j halt in der Garnison noch unerträglicher erschei nen, als das ohnehin der Fall sein mochte. Nur ein Glück, daß Lutti nicht wußte, wie wenig dem Flitzmajor in diesem Augenblick da nach zumute war, jemals wieder seinem alten Namen Ehre zu machen. Während Lnttis Gedanken sich mit ihm be schäftigten, saß er selbst in der denkbar sch'ech testen Laune in seinen, Hotelzimmer und brütete Stumpfsinn, und doch gestand er sich selbst ein, daß er gar keine Ursache hatte, so verzweifelt zu sein. Er konnte mit der Ausnahme, die er im Regiment gesunden hatte, zufrieden sein. Gewiß, als er sich dienstlich bei seinem Kommandeur mel dete, ließ der es nicht an de» nötigen Ermah nungen fehlen, aber er begrüßte ihn doch liebens würdig, und das hatten auch die anderen Vor gesetzten getan. Selbst sein Hauptmann, Herr von Igling, hatte ihn, herzlichst die Hände ge schüttelt, aber das mußte nach seiirer gewissen haften Ueberzeugung Verstellung gewesen sein, denn so etwas von einem gestrengen Vorgesetzten war ihm in seinem bisherigen Leben noch nicht vorgekommcn. Auch in den Familien hatte man ihn freundlich ausgenommen. Gott sei Dank, di« Besuche hatte er wenigstens hinter sich, die hatte er gleich anr dritten Tage erledigt. Nur bei der Frau Baronin war «r noch nicht gewesen, der Weg dorthin war ihm zu weit, um ihn zwischen dem Bor- und Nachmittagsdienst zurückzulegen. Den Besuch hatte er sich für «inen der nächsten Sonntage aufgespart, und auf diesen Besuch freute er sich, schon weil er selbst vom Land« war, und »veil es ihm Spaß macht«, einmal wieder auf «in Gut zu kommen. Ab«r sonst? Er fühlte sich in den engen Ver hältnissen der kleinen Stadt sterbensunglücklich. Hier lohnte «s sich nicht einmal, d«r Erst« fein zu wollen. Platow hätte es gar nicht erst nötig gehabt ihn darum zu bitten, seine Kreise niH Izu zerstören. Die ganze Gesellschaft war kleine I städtisch und spießig. Die Interessen der meisten gingen nicht über die engen Grenzen der Stadt hinaus, und das, was sich in den einzeln«» misten ereignete, wurde fleißiger besprochen am das, was in der großen Welt vorging. Eotx sollte ihn davor bewahren, hier aus irgendeinem Grunde jemals in das Gerede zu koinmen. Man sprach schon ohnehin genug über ihn, schon weil er hier war und weil es irgendwie bekamt ge worden sein mußte, daß er in guten finanziellen Verhältnissen lebte. Das schlossen die meisten wohl auch schon daraus, daß er hier in der Stadt keine Wohnung finden konnte, die seinem Ge schmack entsprach. Die guten waren vermiet«^ die Bautätigkeit war minimal, die wenigen klotz neu, hübschen Dillen waren von den »erheirateteck Offizieren bewachst, und daß er sich in einem d» altmodischen Häuser, die zum größten Teil wedsf Gas noch elektrisches Licht hatten, ein oder zwH gewöhnliche Leutnantsstuben mietete, nein, dck zu konnte er sich wirklich nicht entschließen, uH doch konnte er nicht ewig in dein Hotel blelbM , Ihn störte diese Kcllnerwirtschast lind das for» währende Klingeln draußen aus den Korridoren» Der Stumpfsinn hatte sich seiner bemächtigh er fehlte sich weit fort, und statt dessen sollte «ö nun heute nachmittag offiziell nngefciert ,vordem Gewiß, die Kameraden waren nette, liebe Men« schen, die ihn nach Möglichkeit über die erst^ schwere Zelt hinwegzutrösten versuchten, auch seinß Vorgesetzten meinten es sicher gut mit ihm und setzten ihm wohl incr deshalb so viel Dienst alt, damit «r gar nicht zur Besinnung kam. AbH wenn er dann durch die Straßen der Stadt schritt oder wie jetzt in seinen, schlecht und ge schmacklos eingerichteten Hotelzimmer saß unH hinabsah aus den toten Marktplatz, auf dem al» einziges lebender Wesen die uralte Obstfrau unW ihrem großen Schirm noch ininwr vergebens dar auf wartet^ daß jemand ihr für fünf oder z»hn Pf«nnige Aepfel abkaufen möge, dam, war er Vicht daran, da« heulende Elend zu Liegen. (Fortsetzung folgt.»
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