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Frankenberger Erzähler UnterhaltungS-eNage zum Frankenberger Tageblatt M7 Nltwoch. des 18. Februar D atte BursGenherrNGkeit Roma« von Pa«l Hai« (Topp right 1925 by Verlag Oskar Meister, Werdau.) 6 Nachdruck verboten »Lieber Hans —" „Nein weitzt du, wie lieb du nur bist, Renate." „Nun weist ich es, Hans —" Sie sprachen nicht mehr über das Duell. Sie verlebten einen letzten Sommerabend voll Süste und stummen Glücks^ Denn am nächsten Morgen mutzte Hans von Schlieben wez- sahrcn, in jene kleine, alte Ganusonstadt, wv er seine Haft zu verbühen hatte. Erst als sie an diesem Wend voneinander Abschied nah men, dachten sie an die lange Trennung, die vor ihnen lag. Renate war es, als ginge ein Traum zu Ende. Ein Schluch zen sah in ihrer Kehle, als sie die Arme um seinen Hals schlang. ,Hans — vergih mich nicht ganz —" „Unsinn, Mädel — du wirst mir schreiben, hörst du? Ich aber werde dort prächtig arbeiten können und die Vandalen sollen sich wandern, wenn ich früher als geplant ins Examen steige." Sie lächelte ihm unter Tränen zu. .„Ich werde standhaft sein, Hans. Denn dieser Sommer wird nie in meinem Herzen auslöschen. Wer ich ahne böses — viel böses —" „Du Dummchen — du — du siehst Gespenster." „Aber ich will beten, dah du sie besiegst, Hans." Am frühen Morgen schon muhte er fort. Er hatte am Tage vorher alles bei Frau Raimund geregelt, die natürlich auch wusste, was es mit dieser plötzlichen Abreise aus sich hatte, ohne dah sie neugierige Fragen gestellt hätte. Ihr Mutterherz ahnte da tiefere Zusammenhänge, aber sie war feinfühlig genug, um nichts ovn ihrem Wissen zu verraten. Das mutzte sich alles von selbst klären und entwirren. Und die erste Liebe eines jungen Menschenkindes war eine zu zarte Blüte, als dah ein anderer viel daran Herumtasten durste. Und so rührte sie sich auch nicht in ihren: Zimmer, als Hans von Schlieben am Morgen aus seiner Stube trat, den Äeinen Handkoffer in der Hand, und eine Weile zögernd im Korridor stehen blieb. Das andere Gepäck sollte ihm nach geschickt werden. Und sie zog die Decke Aber die Ohren, als sie hörte, wie Renates Stubentür sich leise öffnete. „Renate —" Sie stand mit blohen Fützen da. Ein leichtes Tuch über die Schultern geschlungen. Ihre nackten Arme hob sie zu Schlieben auf. „Mein Hans —" Er fühlte ihre sühe Gestalt zittern in seinen Armen — die Wärme ihres Körpers erfüllte ihn mit zuckender Freude. Heitz brannten ihre Sippen auseinander. Dann ritz er sich los. ,^Leb' wohl, Renate — und behalt' mich in deinem Herzen — ich komme wieder!" Sie konnte nichts antworten. Mit ausgestreckten Armen stand sie da — «ne Lichtgestalt — und mit diesem Mld in der Seele eilte Hans von Schlieben durch die verschlafenen Gassen der Stadt dem kleinen Bahnhof zu. Renate aber lag im Bett, den Kopf in die Kissen verwühlt, und Äre Schultern zuckten krampfhaft. Wie eine glitzernde, goldne Welle schlang sich die aufgelöste Haarflut über den wei^n Nacken und ein früher Sonnenstrahl, der durch den Fenstervorhang siel, funkelte schneichlerisch und wie tröstend zugleich darin. — Auf dem Bahnhof hatte sich die Vandalia vollzählig ein- aefunden, ohne dah Schlieben etwas davon gewuht hätte. Der Abschied so» der Verbindung war ja schon am Tage vorher erfolgt und hatte geglaubt, es wäre gu^ w«m sein« Abfahrt so unauffällig wie möglich erfolgte. Wer die Vandalia hatte insgeheim beschlossen gehabt, Hans von Stieben eine besondere, überraschende Ehrung zut«S werden zu lassen. Als er den kleinen Wartesaal betrat, sahen an langer Tafel die Kommilitonen, erhoben sich bei seinem Eintritt und Hasemann begrützte ihn froh. Auf dem Perron standen der Stationsvorsteher und das übrige Beamtenperson und blickten schmunzelnd und ein bitzchen stolz aus „ihre" Studen ten durch die Fenster. In zehn Minuten muhte der Zug entlaufen. Hasemann richtete innige Worte an Hans von Schliß«, der „in die Verbannung ziehen mühte", well et, getreu dem Wahlspruch der Verbindung, für edles Frauentum und Männerwürde mit der Waffe in der Faust, eingetreten sei. Und dann kommandierte er: „Wir singen das Lied: „Stotzt an, Freiheit soll lcken! Die Musik spielt den ersten Vers vor! Silentium — das Lied steigt." Jeder griff nach dem vollen Elas. Stehend erhoben sie es gegen Hans von Schlieben, der mit voller Kehle mit in den Kantus einstimmte, den -er seil Jahren mcht mit so feuriger Begeisterung gesungen hatte. Dröhnend hallten die Stimmen gegen die niedrig« Saal decke und die wenigen Leute, die sich inzwischen auf dem Bahnpcrron eingefunden hatten, standen fast ehrfürchtig da. Stoht an! Freiheit soll leben! Hurra hoch! Die Philister sind uns gewogen meist, Sie ahnen im Burschen, was Frrihät heitzt, Frei ist der Bursch! Frei ist der Bursch! Stoht an, Frauenlieb lebe! Hurra hoch! Wer des Weibes weiblichen Sinn nicht ehrt, Der hält auch Freiheit und Freund nicht wert, Frei ist der Bursch! Frei ist der Bursch! Stoht an, Vaterland lebe! Hurra hoch! Bis die Welt vergeht am jüngsten Tag, Seid treu, ihr Burschen, und singt es nach: Frei ist der Bursch! , Frei ist der Bursch! Und dröhnend hallte das Echo nach. Dann war es still. Laut fiel nun die Stimme des ersten Chargierten «r: „Cantus er «ft. Schmollis cantoribus!" .Siducit!" Die trinkfrohen Kehlen leerten mit einem ZUM tte soll« Gläser. Da dampfte der Zug in die Bahnhofshalle ein. Alle eilten nach drautzen — Hans von Schlieben in der Mitte. Diele Hände streckten sich ihm entgegen, die all« zu drücken er kaum genug Zett hatte. Eine starke Freud« be herrschte ihn in diesen Minuten ganz. Er empfand mit Wohlgefühl die enge Kameradschaft, die ihn umgab, di« Zugehörigkeit zu all dieser starken, begeisterungs- und auf« opferungsvollen Jugend. Er mutzte sich förmlich losreitzen, um in sein Küpe« zu gelangen. — Dann stand er am geöffneten Fenster. „Gesund wiederkommen!" „Frohes Wiedersehen!" so schallt« es ihm von allen Seiten entgegen. „Wir denken an dich Schlieben!" > Der Stationsvorsteher hatte schon zu lange gtzögert. Nun winkte er den Vandalen höflich, aber bestmmrt zn Sie traten zurück — in Rech' und Eli^