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legi« Schlieben den Arm um Renate und sie bückte lächelnd zu ihm aus. »Fiebster — du —" „Renate— ich lieb« dich —" „Ich weiß es ja, Hans —" Trunken lagen ihre Blick« ineinander. „Du bist so schön wie das ganze Land hier mit seinen Wäldern und Bergen, Renate — und so rein und klar wie der Wein, der aus euern Bergen blüht —" „Ach — Hans —" „Darum liebe ich dich so sehr, bah ich nie — nie —" Eine weiche, zärtliche Hand legte sich auf seinen Mund. Und mit rührender Innigkeit sagte Renate: „Nichts versprechen, Hans. Bitte — nicht weiter sprechen. Wir lieben uns. Und — das ist alles. Und ich werde immer diese Liebe in mir tragen, auch wenn — Nirmal —" Er hielt sie ganz fest. „Einmal der Sommer verblüht ist, Hans." Da drückte er sie so fest, dah sie leise aufschrie. „Närrchen, du!" „Hans — du tust mir weh —" Er lockerte den Griff. „Verleih', Lieb. Ich — ich will dir nie wehtun, hörst du? Nie! Und darum sollst du nicht so reden, wie du es eben tatest. Hast du nicht Vertrauen zu mir? Weiht du nicht, dah ich dich nie mit einer Leidenschaft bestürmen würde, die dir — wehe tut? Doch, du weiht es, sonst würdest du mir nicht so viel Vertrauen schenken. Und darum muht du auch wissen, dah ich dich «mna! — M?ner desi!^ werd« — für Zett und Ewigkeit." Sie blickte ihn groh an. In ihren Augen schimmerte es feucht. „Lieber Hans —flüstert« sie. Und in ihrem Gesicht war Freud« und Schmerz zugleich. „Mein lieber Hans —" Langsam legte sie die Arm« um seinen Hals. „Du hast nach aufgeweckt mit deinen Küssen, Hans. Du hast mir das Glück der Liebe geschenkt. Dafür danke ich dir rmmer. Ni« könntest du mir wehtun, weil du erst die Liebe in mir töten mühtest. Das aber kannst du nicht. Und wenn wirklich — wahr wird — was du sagst — Hans, ich könnte nicht glücklicher sein als in diesem Augenblick, da du dein Herz sprechen liehest wie ein freier Bursch'." Sie bot ihm die Lippen. Er kühte sie heih und sie hing M und selig in ssnett Armen. Dann aber stieh er hervor: „Renate — ich b i n frei — auch als der Sohn des grohen Schlieben. Seit heute weih ich es." Seine Stimme hatte einen eigenen, festen Ton. Renat« blickte ihn ernst an. Und leis« sagte sie: „Ich — glaube — an — deine — Liebe!" Sie warf sich an seine Brust und kühte ihn, wie sie ihn noch nie geküht hatte. Ihr Leben, ihr Glaube an di« Zu kunft, ihr Glaube an seine Kraft und Liebe, die ganze Hin gabe ihrer Se«le war in diesem Kuh. Und die Tannen rauschten dunkel über ihren Köpfen. S. Kapitel. Das Urteil war gesprochen. Hans von Schlieben war zu drei Monaten Festung ver urteilt worden, sein Gegner Wieprecht würde sich nach seiner Wiedergenesung noch zu verantworten haben. Schlieben nahm das Urteil mit einem gewissen Huinov auf. Er war ja darauf gefaht gewesen und die Festungs haft, die ja immerhin in solchen Fällen sehr milde gehand habt zu werden pflegte und mehr oder weniger eine for melle Strafe darstellte, würde ihm gestatten, sich in Muhe aus sein Eramen vorzubereiten. Das war vielleicht ganz gut so. Möglicherweise konnte er aus diese Weise schon früher als er sich vorgenommen hatte zum Ende kommen. — Renat« muhte nun doch alles erfahren. Schweigend hörte fi« zu, als Hans von Schlieben ihr von dem Duell erzählte, wobei er natürlich den eigentlichen Anlah dafür verschwieg. Renate hatte nach seiner Hand gegriffen und umklam- Mert< sie fest. „Hans — darum — legtest du mir damals die Blumen! vor die Tür. O Gott —" Sie wagt« nicht daran zu denken, dah das Duell auch einen andere» Ausgang hätte nehmen können, aber doch war noch jetzt Angst in ihr, in die sich Freude mischte darüber, dah der Geliebte nun Keil und gesund neben ihr sah. Sie drückt« impulsiv ihre Lippen auf seine Hand. Er war ganz erschrocken. „Renate —" Aber dann kam weibliche Neugierde über sie. Jetzt «rjt wurde sie sich bewutzt, dah Schlieben eigentlH sehr ob«» slä^ich erzählt hatte, Er hatte einfach von einem Ren. rontre mit einem Burschenschafter berichtet, da« unter schweren Bedingungen, weil jener es so wollte, ausgetrag« wurde. „Wer war denn dein Gegner, Hans?" Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ein Normanne. Es lohnt nicht, über ihn zu sprechen. Er hat den Schuh wohl verdient." „Ein Normanne? Der arme Mensch. O -- ich bi» glücklich, dah es noch so abgAaufen ist, Hao». Denk nur, wenn —" Sie blickte plötzlich ganz starr. Er strich beruhrgend über ihr Haar. „Wie heißt er? Kenne ich ihn?" „Wieprecht," entfuhr es ihm und bereute schm», datz «r den Namen genannt hatte. „Wieprecht? Der — lange Normanne?" Sie sah Hans forschend an. „Du — das war doch der Mensch, der mich damals auf dem Wall, an dem Sonntag — ansprach und den du so schnell abfertigtest?! Hans — dann war diese» Duül — mein Gott, daran habe ich gar nicht mehr gedacht —" Ihre Hände griffen erregt nach seinen Schultern. „Hans — dann hast du dich meinetwegen mit ihm ge schossen -?!" Ihr Gesicht war schmerzverzoge». ,Lans!" Er zog fi« vorsichtig an sich. „Es ist ;a vorder, Renate — sei mir nicht böse —" Sie drückte das Gesicht eng an sein« Brust. Ei« herhe Blutwell« erfüllte ihren Körper — wie Feuer braimt« es in ihr. Um ihretwillen hatte er den Tod herauegesordertl Für ihre Ehre war er mit der Pistole eingetreten. (Fortsetzung folgt.) Familienleben in Sowjetkubland Bei der jüngsten Volkszählung in Petersburg hat sich, der Sowjetpresse zufolge, deutlich ergeben, welche weitgehen den Acnderungen im Familienleben seit der bolschewistischen Revolution eingetreten sind. Zunächst fällt die hohe Zahl sogenannter „Familien ohne Vorstand" auf, d. h. Familien, die aus einer arbeitenden Frau und emem oder mehreren Kindern ohne männlichen Ernährer bestehen. Dieser Fa- milientypus, der vor dem Krieg« eine Ausnahme darstellte, ist heute zahlreich vertreten. Ebenfalls häufig sind Fami lien, bestehend aus einer Frau und einem oder mehreren Kindern, die von finanziellen Zuschüssen des Vaters der Kinder leben, sei es des geschiedenen Mannes oder des Hiehelichen Vaters. Ferner ist häufig Polygamie anzutreffen, d. h. das Zusammenleben eines Mannes mit zwei Frauen; das Umgekehrte scheint, den Rapporten zufolge, nicht vor zukommen. — Die Wohnungszustände lass«» in Petersburg noch viU zu wünschen übrig; das Zusammenwohn«« mehrerer Personen, die nicht miteinander verwandt sind, in einem eiiqigen Zimmer kommt noch immer sehr häufig vor. r. Anschammzrbildtt del Mden> In einer höheren Mädchenschule hatte der Lehrer den Kindern in der deutscher. Stunde die Geschichte von Parzival so lebuidig und anschaulich als möglich erzählt und ihnen aufgegeben, das Gehörte für die nächst« Stunde in einem Aussatz niederzuschreiben. Da fand sich nun in de« Aufsatz eines zwölfjährigen Mädchens am Schlüsse einer äußerst lebendigen und stilistisch hervorragenden Schilderung des vom Lehrer Gehörten der merkwürdige Satz: »Und nun freue ich mich auf das Schlafengehen, um noch etwas zu sehen von dem, was wir gehört haben". Was wollte die Ueine zwölfjährige damit sagen? Bis vor wenigen Jahren noch hätte der Lehrer in diesem Falle vor einem RätsÄ gestanden: heute wissen wir, daß der Ausdruck der Kleinen ganz wörtlich zu nehmen ist. Am Abend, als es dunkel geworden war, und sie schlafen ging, sah sie wirklich in bildhafter Deutlichkeit alle die Vorgänge vor Augen, deren Schilderung sie am Morgen in der Schule vom Lehrer ge hört hatte. Das Kind besaß die Fähigkeit zu subjektiven, optischen Anschauungsbildern, sie war Eidetikerin („tibetisch" von griechisch „siäos" — das Md). Die Wiederentdeckung und genaue experimentell« Erforschung der Fähigkeit, mit