Suche löschen...
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 05.02.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192702054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270205
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270205
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-02
- Tag 1927-02-05
-
Monat
1927-02
-
Jahr
1927
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Beilage zum Frankenberger Tageblatt Rr. SO Sonnabend, den S. Februar ISS7 8«. Jahrgang Von Drinnen Berlin, Anfang Februar 1927. Da» Rene »richt herein mit Macht. Da hat der alt« Utitnghanßm eine groß« Wahrheit gesprochen. Die war Nicht nur richtig damals, als Hermann Geßler Reichs« Logt zu Schwy, und Urp Ivar — die gilt heute noch. Uno warum dacht das Neue mit Macht herein? Weil Mes, waS -war bewährt, aber alt ist, einer Jugend, Hie doch auch etwas für ihre Unsterblichkeit tun will, jchon überleit erscheint. (Bis «S als Neuestes und Nestes Wiede» ansgegraben wird. Gustav Freytag ist «um mehr gNesen worden, als er neunundzwanzig Kahr« tot war. Jetzt, da er dreißig Jahre tot ist und mi ist, hade» Shu zweiundvierzia Verleger nachgedruckt. M scheint ach» »och noch...) Die alten schönen Lieder Werden nicht «ehr gesungen Schumann und Schubert Werden Hash av Kitsch gelten. (Mit diesem an und M sich oft donckitigten Wort decken die Jüngsten von «her alle» »», was nicht ganz so grün ist wie sie.) Dafür singt »Le Welt den Onesteptext- „Wer hat bloß den Käse za« Vahnbof gerollt"... Das ist natürlich viel, viel HM»«*, aktueller, nioderner alS: „Leis- flehen meine Lieder — durch die Nacht zu dir..." oder als: Weberin Garte» durch die Lüste — seh' ich Wander vögel zieh».Schmachtfetzen — Kitsch — au»I Aber da» blei« nicht nur bei Liedern, Büchern, Broschüren oder Opern flehen. O nein! Da» Neueste vom Aelte- Aen — eigentlich da» Aelteste vom Neuesten ist wohl oas Pergament da» jetzt der Italiener Luigi Moecio gefunden bade» will. Einen altgriechischen Text eine» gewissen Josef, »»n Jerusalem, der di« Hauptquell« ge- Wesen sein hol plr die vier Evangelisten de» Neuen Testament». Da» ist des Menschen Lust und Lebensstil: Weil etwa» s-inen Vätern wohlgefiel, Sieht ei'» nicht gern. Penn nur, was durch ein neu' Gesicht entzückt, Und wär' es noch so närrisch und verrückt, — DaS ist m«d«rn! Kein Mensch, der strebsam und talentbegabt, Stirbt a»'ner Krankheit, di« sein Ahn' gehabt, Noch Hinte gern. Ein Fieber, dem keine Nam« noch vertraut, Ein ui« geseh'ner Ausschlag auf der Haut — DaS ist modern I Am Sinum-l selbst, wenn'S irgend möglich wär', Kasiopeta und d«r große Bär, So weltenfern. Die wären, daß die Menschheit sich ergetzt, Bon smarten Astrologe» längst ersetzt Durch neuen Stern. Ein HeVge» gab.S, da» keine Zeit verhext Hu neuer Wendung. Dieses war der Text Im Buch de» Herrn. Und war vergessen halb, waS Goethe schrieb, Die» ur-oralte Buch der Bücher blieb — Nit und modern! Und wa» geschieht?... Der Mode böses Gift Spritzt nun sogar noch auf die Heilge Schrift. Wan HSr^S nicht g-rn. Ein neuer Jolef zeigt das Pergament, DaS lang versteckt. Und wer di« Mensche» kennt, Per weiß: Die» neuste, äll'ste Dokument Wird jetzt modern! Nicht all«, di« abends mit Begeisterung den CantuS »»stimmen „Wer hat bloß den Käse zum Bahnbof ge- Wt..." (nebenbei b-merkt: Frage und Entrüstung Herden nachher finnfällig erklärt: „Denn er war noch pW verzollt.. ."l, nicht alle Onesteptänzer nach dieser Melodie werden sich für den Text des Joses von Jeru- sälem interessieren oder kür den Kops der ägyptischen Königin Netretete, der im Jahre 1913 bei einer Teilung her ägyptischen Funde nach Berlin kam, durch Ver mittlung des Professor» Borchard (der Direktor de» mutschen Institutes für Ausgrabungen und, nebenbei, «n Brud«r de» „Jettchen Gebert"-Hermann ist» Aber «N paar Tage werden der Josef von Jerusalem und Ü« Nefretetr mm Aegypten immerhin auch dem ödesten und Drallsten Amüsiergöpel ins Gesichtsfeld rücken. „Denn nach Neuem verlangt jeder kommende Tag." Und da ist zuweilen da» Aelteste sogar wieder herzlich willkommen. Aber wenn in allerneuester Zeit die Frage nach dem Frevler, der den Käse zum Bahnhof gerollt hat (obschon er noch nicht verzollt ist), verstummt ist, werden die ersten Auto-Gaderoben, die eben für die deutsche Wach« gesellschast an zwölf Plätzen Berlin» vom Berliner Polizei-Präsidium genehmigt sind, al» Gesprächsstoff den Joses und die Nefretete verdrängt haben. Denn eS ist ja immerhin «ine große und feine Sache! Schon lange kann man — das ist Ihnen vielleicht auch schon ausgefallen — in den Restaurants und Theatern und so — seine Pelze, Galoschen und Schirme abgeben gegen einen ObuluS; bekommt «ine Mark« dafür und dann später, wenn man weggeht, bekommt man seine Pelze oder seine Galoschen oder seinen Schirm wieder. Zu weilen sogar de» richtigen Schirm. (Alexander Mo»- kowSki hat einmal behaustet Ernst Haeckel habe bei Aufzählung seiner Welträtsel das eine vergessen: in einem Jahr werden in Deutschland doch gewiß fünfzig« tausend Schirme vertauscht. Und doch bat noch nie mand jemanden jemals getroffen, der bei solchem Tausch einen Besseren erwischt hätte. Woher kommt das?) Nun aber kann man auch — sein Auto abgeben au zwölf Plätzen von Berlin. Unter anderem am Pariser Platz, im Lustgarten am Dom. (Hier allerdings nur „während der Börsenzeit"; ausgerechnet!) In der neue» Friedrichstraße — gegenüber dem Amtsgericht Mitte — und so weiter ES heißt di« Angeklagten beim Amts gericht Mitte boch, aber vielleicht richtig elnschätzen, wenn man annimmt, daß sie alle ihr eigene» Auto abzugeben haben. Aber ist das nicht «In erhebender Gedanke? Ich habe gar kein Auto — doch, sag' ich mir, wenn ich eins hätte, so könnt« ich's — allerdings nur während der Börsen,eit — am Dom abgeben. Oder, wenn mich der Verfasser de» Liedes „Wer bat bloß den Käse zum Bahn hof gerollt. . ." wegen Beleidigung verklagt, auch ge genüber dem Amtsgericht Mitte. Das macht mich stolz und froh; obschon ich, wie gesagt, gar kein Auto habe. Aber es könnte ja jederzeit unter meinen L-sern einer so resilos begeistert sein, daß er mir plötzlich einen Sechssitzer vor» Haus stellt. Und sehen Sie, daS ist das Hübsche: einen Schirm vergißt man vielleicht mal — der Professor, der das gewohnheitsmäßig tat, war in den lieben alten Zelten sogar neben dem berühmten Dack l dec fleißigste Mitarbeiter der Witz blätter — aber ein Anto, einen Sechssitzer, daß man den vergißt, glaub' ich nicht. Schon weil man — wenn man ein rechter Genießer ist — niemals allein in solchem umfangreichen Vehikel säbrt, sondern sich jemanden da zu einlädt Wen? — Ich glaube, ich tcefe niemanden zu nabe, wenn ich sag«: am liebsten eine schöne Frau. lObschon schöne Frauen, weiß Gott, im Awodreß nicht schöner werden!) Und wo man die schönen FraueN immer gleich Io hernimmt? Mein Gott, wir sind doch moderne Menschen — („Wer hat bloß den Käse zum Bahnhof gerollt . . .") — man inseriert. Das machen noch ganz andere Leute so Kürzlich wurden in einem Berliner Blatt durch große Anzeigen „außergewöhnlich schöne Frauen für eine neue Nevne" gesucht. Man ging wohl nicht fehl, wenn man annahm, daß Herr JameS Klein — wied-r mal Direktor eines Revue-Theaters — der emsige Sucher auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege ist. Und der Erfolg solcher Anzeige? — Das hätten sie erleben müssen! Das war ein Schieben und ein Stoßen, — Gedrängel ist Berliner Brauch — Da kamen sie, die Klein' und Großen, Die Dünnen und die Dicken auch. Hei! Wie sie eilten, wie sie liefen, Und jede will die erste sein: Die Graden und die reichlich Schiefen — Und alle» will zu James, dem Klein. Nein, so ein Weltlauf war noch nie da, Und solch« Konkurrenz dabei! Denn damals aul dem Berge Ida, Da waren's schließlich doch nur drei. Doch diesmal — sowas wirkt versöhnlich Und demokratisch lst'S erst recht — Darf jede nah'», die ungewöhnlich An Reizen. (Weiblich von Geschlecht). Doch solchen Zulauf der Beautä-«« Und solch Gewühl von H«rrlichk«lt De» Körper- hat vorau-gesehen Kein Dichter noch in unsrer Zelt. Vor all dem Trubel und Brimborium Der stärkste Mann zusammenbrach — Der JameS ist schon im Sanatorium — Die ander» Richter folgen nach! DIogcneS. offener Konflikt zwischen Danzig «nd Polen Danzig, 3. 2. Nach Meldungen polnischer Blätter hat sich der Danziger Finanzsemrtor nach Berlin begeben, um sich dort einen gewissen Be trag als Anleihe zu sichern. Falls Danzig im Zusammenhang mit dem Scheitern der Danzig- polnischen Verhandlungen über das Tabalmonopol verpflichtet sein sollte, den Anteil an den Zoll abgaben feit September 1926 zurückzuzahlen. Die Telegraphen-Union erfährt dazu folgendes: Zwischen Danzig und Polen ist nach Abbruch der ergebnislos verlaufenen Verhandlungen über die Organisierung des Danziger Tabakmonopols ein offener Konflikt ausgebrochen. Polen droht für den Fall, daß bis zum 1. April eine Einigung über die Gestaltung des Danziger Tabakmonopols nicht zustande kommt, das Danzig-polnische Ab kommen über die Neuregelung der Zolleinnahmen zu annullieren. Da Danzig seit dem 1. September schon erhebliche Vorschüsse auf dieses Abkommen bezogen hat, würde Danzig ungefähr drei Mil lionen Danziger Gulden an die Republik zurück zuzahlen haben. Der Danziger Finanzsenator ist nun nach Berlin gereist, um zu klären, wie Dan zig die drei Millionen Gulden an Polen zurück- zahlen kann, was um so schwieriger sein dürfte, da der Völkerbundrat im September v. I. Danzig die Vergrößerung seiner schwebenden Schuld strikte untersagt hat. Man ersieht hieraus, daß Polen wieder darauf ausgebt, durch finanzielle Druck mittel sich Danzig politisch gefügig zu machen. Der ganze Streit ist darauf zurückzuführen, daß Polen sich darauf versteifte, sich an der Danziger Tabaksmonopolbetriebsgesellschaft finanziell zu be teiligen. Erne solche polnische Beteiligung lehnt aber die Freie Stadt Danzig aus politischen und wirtschaftlichen Gründen ab. Polen legt es nun mehr auf eine Machtpolitik an und will Danzig dadurch in die Kni« zwingen, daß es das Danzig polnische Abkommen vom 20. September 1926 über die Zolleinnahmen kündigt und Danzig da durch zwingen will, 3 Millionen Gulden zurück- zuzahlen, was für Danzig angesichts seiner an sich schon ungünstigen finanziellen Lage im Augen blick ganz unmöglich ist. Die Neuregelung der Fernsprech gebühren Berl:», 2. 2. D«r Arbeitsausschuß des Ver waltungsrates der Deutschen Reichspost hat den Entwurf einer neuen Fernsprechordnung m meh reren Sitzungen eingehend behandelt und nach Abwägung aller Gründe für und wider beschlossen, der Vollversammlung des Verwaltungsrates fol gende Regelung der Gebühren für den Fernsprech ortsverkehr vorzuschlagen: Die Grundgebühr für di« Bereitstellung des Fernsprechanschlusses soll statt 5 bis 12 Reichsmark die der Entwurf der Verwaltung vorsieht, 3 bi» 6 Mark monatlich betragen. Die Ortsgesprächs- gebühren sollen je nach dem Verkehrsumfang auf 10, 9 und 8 Pfennige bemessen werden. Min destens haben die Teilnehmer 20 bis 40 Orts gespräche im Monat zu bezahlen. Der Vorschlag' bedeutet gegenüber der Verwallungsvorlage ein erhebliches Entgegenkommen gegen die Wenig- sprecher und gleichzeitig gegenüber der jetzigen Gebührenordnung auch eine fühlbare Erleichterung für die Vielsprecher. Die Ferngesprächsgebühren für Entfernungen zwischen 15 und 75 km sollen von 45, 90 und 120 Pfennigen auf 40, 60 und 90 Pfennige ermäßigt werden. Die Gebühr für Ferngespräche, die di« Dauer von drei Minuten übersteigen, wird allge mein nach Etnzelminuten berechnet werden. In der Zeit von 7 Uhr abends bös 8 Uhr früh sollen im Fernverkehr nur »/» der Tagessätze erhoben werden. Im Sprechverkehr der Großstädte mit den benachbarten Ortsnetzen sind erheblich« Er mäßigungen berücksichtigt. Herabgesetzt werd«» fer ner die meisten Sähe der Emrichtungsg«bühren, die Gebühren für das Aerbeiholen von Per sonen für die Voranmeldung und eine Reihe an dere Gebühren. Die Gebühr für die Benutzung des Münzfernsprechers soll 10 Pfennige betragen, so daß die besonderen Wertmarken zu 15 Pfg. wegfallen können. Die Vollversammlung des Äer- waltungsrates wird in der nächsten Woche zu- sammentreten. Wieviel Bankbeamte M «7 Dresden, 1. 2. Die Januar-Ausgabe der vom Deutsche» Bankbeaniten-Verein herausgege» benen Zeitschrift veröffentlicht di« Ergebnisse einer höchst interessanten Statistik, die vom Reichsver» band der Bankleitungen veranstaltet wurde. Da- nach waren am 1. Oktober v. I. bei den ange schlossenen Instituten insgesamt noch 66 207 An gestellte vorhanden. Von diesen hatten 11,97 Prozent «in Lebensalter von unter 20 Jahren, 38,62 Prozent «in solches von 20 bis 30 Jahren, 14,71 Prozent ein solches von 30 bis 35 Jahren. 11,70 Prozent standen im Alter von 35 bis 40 Jahren und 23 Prozent hatten dieses Lebensalter überschritten. Die Redaktion des Bankbeamten- Organs schützt die Zahl derjenigen Angestellten, die in Bankbetrieben außerhalb des Reichsver bandes der Bankleitungen beschäftigt sind, auf höchstens 20- bis 24000, so daß in dem Gewerbe gegenwärtig nicht mehr als 90000 Arbeitnehmer beschäftigt sein dürsten. Ende 1923 wurd« deren Zahl auf rund 230000 geschäht. „Kin großes Unternehmen sollte auch Groh« Znserent sein. Ein Mann mit einem Kinder- hüt wir« wenig würdevoll." Medrich Augsburger Ein frederizianischer Roma» von Wolfgang Marken. (Urheber-Rechtsschutz durch Verlag Osk. Meister, Werdau.) 47 Nachdruck verboten Am Abend sprachen sich Mutter und Tochter KUS. Die Baronin war stolz auf ihre Aelteste. Mr sie; die selbst von der Natur nur mit geringen Reizen bedacht war, war es di« seligste Genug- ftnmg, sich an der Schönheit Marlenes zu freuen. Marlen« fühlte die Angst und Sorge, di« durch die Worte der Mutter Nangen. Sie horcht« aufmerksam zu. Als sie geend«t hatte, faßte Marlene di« Hände der Mutter und streichelte st«. „Mutter, dn bist gut, aber du kannst mir nicht helfen, wie mir kern Mensch auf der Welt helfen kann. Ich muß immer an ihn denken, Mutter. Ich mag wollen oder nicht, immer sind meine Ge danken bei ihm. Er hat mich lieb gehabt, Mutter, so heiß wie ich ihn heute noch liebe, hat mich ge beten, Mut zum Glück zu haben, und — ach, ich war zu feig Mitter. Ich hab' nur an die Schwe stern gedacht, nicht an ihn. Ob das ein Mann vergessen kann? Ich weiß nicht, was Mannes- Nebe bedeutet." Hilflos sah die Mutter auf ihr Kind. „Wenn ich dir doch helfen könnte." „Laß gut sei», Mutter. Es gibt viel unglückliche Menschen. Ich bin einer von vielen." Friedlich vergingen die Tage. Etwa eine Woche nach der Aussprache der Schwestern machte en sächsischer Kurier Rast auf Mornshausen. Der gastfrcundschaftliche Baron Son Metzingen bewirtete ihn und freute sich, wieder einig« interessante Nachrichten zu hören. 'Der Kurier, ein flotter, sächsischer Offizier, be- richtete ihm treulich was er wußte. „Manck-erlei ist in unserem lieben Dresden pas siert, Herr Baron. Jetzt ist's in Heller Aufregung. Denkt Euch, der Graf von Hohnstein, der elf Jahrs lang verschwunden war, ist plötzlich wieder gekommen." „Der Graf von Hohnstein? Wer ist das?" Der Kurier dämpfte seine Stimme. „Man sagt, ein — Sohn des Kurfürsten, mei nes Herrn, an dem er schier einen Narren gefressen hat." Aufs höchste überrascht stand der Baron auf und schlug die Händ« zusammen. „Ist es möglich! Wie interessant ist doch die Welt. Erzählen Sie mir ausführlich. Sie müssen wissen, Herr Leutnant, ich war lange Jahre am preußischen Hofe. Fühl' mich hier in der Em- samkeit auch , recht wohl, aber es freut mich hin und wieder einmal etwas von der Welt zu hören. Erzählt i Ein neues Elas gefällig? Sie sind doch kein Eilkurier?" So erzählte der Leutnant weiter. „Ganz Dresden ist in Aufregung. Denken Sie sich, Herr Baron, da hat sich der Kurfürst eine glänzende Truppe für seine Feste kommen lassen. Tis berühmte Barbette Mervill« und noch «in« ganze Reihe erster Kräfte. Kommt «in Mann mit, der sich unterwegs in einer Laune ihnen anschloß. Lin Mann, schön wie ein Gott. Ganz Dresden war hingerissen, als es ibn sah: Bei Gott, es ist der schönste Kerl, den ich je gesehen habe. Und singt wie ein Gott, der Augsburger, wie er sich nennt." Wie heißt er?" Der Baron wollte seinen Ohren nicht trauen. Sein gutmütiges Gesicht zeigte einen so überrasch ten, beinahe erschrockenen Ausdruck, daß ihn der Offizier erstaunt ansah. „Was ist Ihnen, Herr Baron?" „Sagen Sie mir den Namen noch «innral." „Friedrich Augsburger nennt er sich." „Das soll man doch nicht glauben!" „Kennen Sie den?" „Ja, ich kenn' ihn. Und gnt. Monatelang hat er in meinem Hause als Gast geweilt. Damals war es der Rittmeister Friedrich von Augsbur- ger. Und der ist jetzt in Dresden?" „Er wird es wohl sein. Croß, stattlich, mit braunlockigem Haar. Wenn er schreitet, so glaubt man, der Kaiser kommt in Person." „Das ist er, das ist er, mein Freund. Erzählen Sie mir weiter, Herr Leutnant. Ich bin maßlos erstaunt. Morgen fahr' ich init Ihnen nach Ber lin. Ich muß meinem König berichten. Es ist doch kein Geheimnis, was Sie nrir anvertrauten?" „Nein, Herr Baron." Dann erzählte er weiter: - „Der Augsburger sang also vor »reinem Herm, dem Kurfürsten von Sachsen und König von Po« len. Ma» sagt, der Kurfürst habe geweint, so habe ihn der Sang ergriffen. Und als der Sän ger vor dem Kurfürsten stand, soll ihn mein kü- niglicher Herr erkannt haben. Du bist Prinz August, der Graf von Hohnstein! So soll der Kurfürst zu ihnr gesagt haben. Augsburger aber hat geantwortet: Nein, Majestät. Und hat sein Ehrenwort gegeben." „Und -?" „Und weiter kann ich nichts berichten. Was dmm geschehen ist, weiß keiner. Er soll doch der Verschollene sein. Wie ich gehört habe, liegt er jetzt krank darnieder. Der Kurfürst selber weicht nicht von seinem Lager. Keiner darf zu ihm. Im Vorzimmer sind zehn Mann meines Regi ments und halten Wache." „Warum das alles?" „Weiß keiner! Es wird vermute!, daß der Augs burger das Opfer eines Attentats geworden ist." Bei de» letzten Worten des Kuriers dacht« der Baron an seine Tochter Marlene. Und das Herz erzitterte ihm.. Wenn nun der Rittmeister, den sie all« geliebt hatte», wirtlich ei» Sohn August des Starken war, wenn auch «in illegitimer, dann mußte Mar- ttne den Nest von Hoffnung begraben, den sie noch im Herzen barg. Aber der Rittmeister hatte doch dem König von Preußen sein Ehrenwort gegeben, daß er keß» anderer sei, als der Augsburger. Wie hing das nun alles zusammen? Er fühlte instinktiv, daß hier Dinge vorlagen, die jenseits des Durchschnittsbegriffs lagen. Drei-, viermal mußte der Kurier berichten. Und sie saßen bis in die Nacht zusammen „Marlene, schläfst du schon?" Anneliese war an der Schwester Bett getreten. „Nein, Kleines. Mas ist denn?" Marlen« schloß die Augen, Schwäche überkam sie, als das reine Vogelsttmmchcn der Schwester weitersprach: „Ich weiß, wo er weilt. Und ich ' gehe zu ihm. Darf ich für dich Freiwerber sein?" Da richtet sich Marlene im Bett auf, zieht unter Tränen die Schwester, das tapfere, liebe Ding, an sich heran. „Erzähl, Liebe!" Und Anneliese erzählt von des Vaters Unter haltung mit dem Kurier. Marlene lauscht und spricht kein Wort. Mit Schrecken sieht Anneliese, wie ihr Antlitz immer blässer, ihre Augen immer starrer werden. Mehrmals unterbricht Anneliese, dann drängt Marlene: „Erzähl' erzähl'!" Als sie geendet hat, birgt Marlene das Haupt in den Kissen. Sie möchte ihren Kummer, di« Qual der Sehnsucht vom Herze» weinen und findet doch die erlösenden Tränen nicht. „Marlene, nun sprich du. Sag' doch ei» Wort." „Du bist so gut, Kleines. So herzlich gut. Du möchtest mir helfen. Aber es geht nicht mehr. Glaubst du, daß der Sohn des Kurfürsten heut« noch etwas von der Marlene wissen will?" „Ja, das glaub' ich. Er ist gut und hat dich lieb gehabt. Er kommt wieder zu dir. Kein Mensch weiß doch bis heute, ob es wirklich so ist." „Ich verstehe alles nicht, Anneliese. Er hat mir erzählt, daß er kein andrer ist als der Angs- burger. Ich kann nicht glauben, daß er mich belogen hat." (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)