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„Es gibt nur En Ausweg." ,Welchen?" „Ich muh Heinz mein Wort zurückgeben." „Ilse!" „Willst du, dah ich ihm am Altar Treue gÄoben soll — mit der Lieb« zu einem andern im Herzen?" „Um alles in der Welt nicht, jttnd!" „Nun wohl." ,^ver arm« .Heinz, er hat dich so Heitz geliebt." ,Mutier, mach mir meine Pflicht mcht noch schwerer, als sie ohnchdi ist; ich muh ja auch entsagen." „Auch wenn du frei bHt?" „Auch dann — uns trennt eine unüberbrückbare Kluft. Und nun habe ich eine Bitte: sprich mir nie wieder davon. Ich will gefunden und überwinden, und Schweige» macht das Ueberwindm leichter." „Ich werde schweigen und gottlob, du bist mein starkes, gesundes Kind, du wirst überwinden." „Ich werde, Mütterchen, und nun will ich in mein Zim mer gehen und mich zu dem Schwersten, was mir beschieden ist, vorbereiten und sammeln: zur Absage an Heinz." Bis in die Nacht hinein sah Ilse in Heitzer Seelenpern vor ihrem Schreibtisch. Es dauerte lange, ehe sie die rechten Worte zu finden geglaubt hatte. Endlich lag der Brief fertig auf der Platte und Helle Schweißtropfen standen aus ihrer Stirn. Noch einmal Überlatz sie die Zeilen: „Lieber Heinz! Lieber — wenn ich Dich noch so nenne» darf nach dem, was ich Dir heut« mitzuteilen gezwungen bin. Erschrick nicht und vergib mir im voraus! Du hast recht gehabt — ich habe mich verändert — ich bin eine andere im Fühlen und Denken geworden, ich bin nicht mehr dieselbe, der Du einst Dein He^ schenktest und Deinen Name» geben wolltest, und darum — kann ich wicht die Deine werden — niemals! Die Trennung von Dir hat mich belehrt, dah ich nicht solche Liebe für Dich fühle, wie sie zur Schließung einer Ehe not wendig ist, und dah ich sie me fühlen werde. Ich bin Dir noch heute zugeneigt, wie die Schwester dem Bruder, mehr nicht. Sei mir auch ferner dieser treue Bruder, latz mich nicht entgelten, dah ich mich Dir damals so jung und uner fahren anoerlobt«. — Ich fühle es, dah ich Dir nichi an gehören kann und darf, ich mühte denn vor dem Altar einen Meineid leisten, und dazu wirst Du mich mcht zwingen wollen. Nimm also Deinen Ring, Du Euter, Treuer und sei bedankt für alles, was Du mir je an Liebe gezeigt hast. Schicke mir auch meinen Ring zurück und versuche, mich zu vergessen. Ls gibt besser« und Deiner würdigere Frauen. Suche Dein Glück nicht mehr an meiner Seite, wenn es wäre kein Glück. Und nun, alles Glück und Segen auf Dein teures Haupt, Heinz, und wenn Du es über Dich vermagst, so be wahre mir ein freundliches Gedenken. Lebe wohl! Ilse." Nachdem Ilse diesen Brief abgesandt hatte, war ihr todestraurig zu Mute, aber trotzdem zog seliger Frieden in ihr Herz. Keine Lüge mehr, keine Heuchelei, alles klar und licht ferner in ihrem Leben! Das Bewußtsein stärkte sie und hob ihren Mut. Nur einmal wurde der Friede wieder gestört. Das war, als nach Wochen die Antwort von Heinz aus Aegypten eintras. Er schrieb: „Ilse, Ilse, wie konntest Du mir das antun? Nicht, datz Du mit einem Male glaubtest, Deine Liebe für mHH wäre nicht ausreichend für eine Ehe, nein, Ilse, täusche mich und Dich nicht, das Hindernis liegt an ganz anderer Stelle. Ein anderer Mann hat sich zwischen uns gestellt. Ich forsche nicht nach seinem Namm, aber ich hass« den, dec mir mein Glück stahl. Und nun, nimm Deinen Ring zurück und ver suche, an des anderen Seite glücklich zu werden. Heinz." Ilse preßt« die Hände im Schötz zusammen und blickte mit seltsam, starrem Ausdruck vor sich hin. Vorbei und aufgegeben! Vielleicht auch von Heinz ver achtet. Sie stöhnte schmerzlich auf. Die kalten Zeilen von Heinz, ohne Grutz ohne Abschiedswort, schlugen ihrem Heczen eine neue, schwöre Wunde, und dabei beschlich sie merkwürdige Furcht. „Ich hasse den, der mir mein Glück stahl," schrieb er. Wenn er diesen nun erriet? Es konnte ihm, der so gut in ihrer Seele zu lesen verstand, nicht schwer werden. Was würde also geschehen, wenn Heinz nach Deutschland zurück kehrte, welche Folge würde ihr Schritt haben? — Der Angstschweiß stand ihr auf der Stirn, wenn sie an di« Möglichkeiten dachte. Sie überlegte in diesen: Augen blick nichts; nur eins schrie immerfort in ihr: „Aüwenden, das Unheil abwenden!" In dieser Stimmung schrieb sie noch einmal an Heinz. „Du irrst Dich, ich suche mein Glück an keines anderes Mannes Seite, denn ich werde unoer- mSUt bleiben. Du weitzt, datz nach von jeher «M B«0«f und mein Studium ganz ausfüllte, und so wird «s blsib« bis zum Ende." Auf diesen Brief war keine Antwort mehr eingetroffen, aber Ilse erwartete auch keine mehr. Den Tanten gegenüber hielt Ilse die Auflösung ihrer Verlobung mit Heinz geheim. Sie erfuhren es noch jsmrer! früh genug, wenn Heinz zurückkehrte, und ihr« hämischen Zunge« sollten die Wunden ihres Herzen, nicht grausam von neuem aufreitzen, sie sollt« mit ihrem gffttg« Stächet nicht ihr heiliges Leid profanieren. tFortfitzun, folgt.) Heimat - Den ganzen Tag über hat es geregnet. Der H-rbstabtrÄ aber dunkelt warm und still in da- Land. Der Sturm schweigt. Ierpeitschte Bäume nicken müde. Schwarz«, branne Schatten klettern « den Wülbermauern empor. Tief im Tale leuchten die Lichte: der Heimat, schauen wie gütige, glänzende Augen za uns Herans. Tin« weite, stille Straße laust in meine geliebte Stadt. Selb« Laternen zeigen den Weg. W« einzelnen Häuser kann man nicht unterscheiden: Zwischen dunNen anfgetürorten Massen und Lillien hängen Lichte: und Lampen. Nur die Seele weiß, daß dort di« Heimat liegt und fühlt, wie ei« goldenes Glück aus diesen warmen Dunkelheiten weht.. . Du liebes, blondes Mädchen — mit deines große«, verträumten Augen schaust du mich lange an. Und aus diesem heißen Mck bricht dasselbe Leuchten, das lies auch in der Heimat steht. Nun weiß ich, daß du mir Heimat, Sehnsucht für das ganze Scheu bist. Nach deiner endlosen Süße wird mein Herz selig v«langen, iu dein« Träume rote Roseu streuen. Und leis, ganz zart wird durch die Stunden wiegen ein goldner, seiner Geigenton. Kurt Schlau-Leipzig. Die Prob« Sk^ze von Heinrich Wiegmann. Werner Scheff schüttelte lächelnd den Kopf. „Sie sehen das Ziel junger Freund, nicht den Anfang. Ein Künstler darf nicht mutlos werden, wenn er wachsen will." „Schon recht: Lehrjahre sind keine Herrenjahve. Ab«r diese weisen Akademieprofessoren erwürgen jedes Kitzchen Selbst vertrauen mit ihrem ewigen Nörgeln." „Am Widerstand wachsen die Starken!" — Sie hatten einen Platz betteten, den ein grotztr Wander- zirkus füllte. Doch nicht das Gedränge schauhungriger Mrn» schen, das Schmettern aufreizender Musik, der Wust lärmenden, von gleißenden Livreen umsäumten Lebens machte sich dort» breit — unter dem morgendlichen wokkenverhangen« Himmel fiel das weite Zelttuch kalt von den beiden Mast« nieder und hing schwer über dem Holzskelett. — „Lassen A« uns hineingehen," schlug Werner Scheff nach einer Well« vor, während seine Augen auf dem Hungeren ruhten. „Dickicht kann dieser Zirkus Sie eines Besseren belehren." ,,Si« scherzen! Das wäre unnötig vertane Zett ..." „Nun, ich verspreche nichts. Wer Sie sind Maler, hab« wie ich Freude an schönen Körpern: Mr wollen me Der- schau besichtigen und ein paar Mmitten der öffentlichen Probe zuschauen. Ich laufe gern in solchen nach Ammmttak ri^err- den Kunstinstituten herum." — Eingegittecte Tiere, Unruhe, Fauchen, Dunst und Lachen — war das die Kulisse, die er kennen mutzte, um das Theater zu verstehen? Udo Serseld lächelte ein wenig. „Seh« Sie das arme Tier," machte ihn der Freund auf ein« kaomin- roten Ara aufmerksam, der mit einem Futz an einen Messing, bügel angekettet war. „Jedesmcll, wenn ein Mensch vorüber geht, hebt er ängstlich den laugen Schwanz. Memel Roheit mag «r schon gespürt haben! Wenn doch die Menschen mensch licher sem wollten ..." Der.Zirkus war wie tot. K«in Glanz der Bogenlampen erstrahlte über die Menage, inüde tropfte ein bleiches Ächt vom Gezelt auf die Menschen nieder, die in abgenutzt« Kleidern umherstanden. Ein Reiter mühte sich ab, em« prächtigen Schimmel in den Gangarten der „hohen Schul«" einzureiten. Schaum troff von dem Maul des erschöpft« Tieres, und seine Weichen, die scharfe Sporen traf«, wer« rot. Ein Kopfneigen des Reiters zu einem Stallknecht — er trug einen Eimer herbei und wusch die Wunden ab. Bon neuem ward der Schimmle! a!m Zügel hochgerissen, aber mals senkten sich die Sporen in sein Fleischs Werner Scheff schaute den andern an. „Seh« Sie hin, junger Freund," sagte er dann langsam. „Er lohnt sich schon." Aus Udo Serfelds Zügen war das Lächeln geschwunden. Wieviel Zirkusbesucher kannten diele Dressur, wieviel wutzt«