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Lotti den Hevuweg cur. Aber sie hörte nicht auf das, was Lotti stwach, und anttcwttete nicht daraus. Die Kehle war Hr wie zugeschnürt. In ihr war etwas zerrissen, herab- gezogen ix den Schmutz, etwas Grohes, Heiliges entwürdigt. Säe biß dis Zähne fest aufeinander. .Sriülein Römer, scheu Sie mir —" weckte Lotti sie aus ihrem Brüten, „da kommt Konrad! — Konrad!" ries sie gleich daraus laut und rannte mit ausgLrertetsr Arman dem Bruder entgegen. Ilse war erschauernd zusammengefahren. Ein Wort drängte fichc aus chve Lippen: „Schurke", aber die Lippen hatten siD kaum bewegt, es war kaum gedacht worden. Dennoch traf es sie wie nm Schwsrtesspitze mitten ins Herz. Lud nun kam er, Lotti an der Hand, auf sie zu, der grohe Mann mit der leicht nach vorn geneigten Haltung, mit den klugen, freundlichen Augen, der hohen, edlen Stirn. Jetzt slichen — ihn nicht sehen zu müssen! — Es war zu spät. Geisterbleich sah sie in sein Gesicht. „Gott zum Grütz, Fräulein Römer — wir haben uns lmU« nicht gesehen!" Wie immer reichte er ihr die Hand. Aber Ilse tat, als bemerke sie die Hand nicht. Er sah sie zuerst befremdet an, dam lächelte er: „Also doch noch Feindschaft — doch noch immer der Schlachtruf: ,Lie Welf — hie Waibling?" „Ja, hie Welf — hie Waibling!" errmderte sie kühl, aber fest und seltsam 'ernst. Goas Konrad bog sich zu Lotti herab und sprach zu ihr, um fernen tiefen Unmut und Schmerz zu verbergen. Als er sich wieder ausrichtete war sein Gesicht bläh. ,Mo willst du hin, Konrad?" friste Lottr den Bruder. Jetzt sah Ilse gespannt zu ihm hinüber. Wollte er nach Pawlowitz — zu chr? „Ich habe Kin Ziel, mein Kind," erwiderte er, ,chh wollte mir nur etwas Bewegung machen." „Gehen Sie nach Pawlowitz," warf Ilse kurz, fast be fehlend dazwischen. Er sah sie erstaunt an. ,Warum nach Pawlowitz?" Gs wurde chr unter seinem Bück ganz merkwürdig zu mute; sie schämte sich jetzt ihrer badischen Aufwallung und stotterte etwas von „schönen Weg" dorthin. Immer befremdeter sah er sie an; er wuhte nicht, was er heute ans ihr machen sollte. Da schotz es ihm durch den Kops, bah sie seine Begleitung nicht wünsche und ihm des halb die entgegengesetzte Richtung vorgeschlagen habe. Er lächelte bitter. So feindlich war sie ihm gesinnt? Konnte sie die Wissenschaft nicht von der Person trennen — war sie wirklich so unlogisch und kleinlich? — Er hatte sie für grötzer gehalten, und es fratz an ihm, daß er sich getäuM sah — oder — sollte sie gar etwas gegen ihn persönlich Hobe»? — Lotti hatte sich an ihn geschmiegt. ,Konrad," sagte sie jetzt bittend, „gelt, du zeigst Fräuliern Römer und mir einmal deine Schätze in dem Gartenhaus?" Er sah verlegen zu Ilse hin, die Heitz errötend den Blick serttte. Das Krnd wuhte also nicht, datz Ilse die Schätze bereits kannte. Ach, was hatte ihn diese Freude gekostet! „Gewitz, Lotti, gern, wenn Fräulein Römer will — ich bi« zu jeder Stunde bereit," antwortete er. Lotti war ganz Feuer und Flamme. „Du Lieber — dann kommen wir bald, recht bald, so lange wir noch allein sind, gelt, Fräulein Römer?" Ilse befand sich in einer nicht zu beschreibenden Er regung. Sie fühlte des Mannes Blrcke fragend auf sich ruhen, sie fühlte, wie alles in chr drängte, dem Vorschlag Lottis beizusümmen und noch einmal jenes Verne Reich zu betreten. Aber da stand plötzlich das bleiche, unglückliche Gesicht Lilly Baumanns vor chr und machte jedem Schwan kst «in Ent». Mit Mühe zwang sie sich zu einem Lächeln, das Lotti für «ne bejahend« Antwort halten mutzte, denn sie jauchzte froh auf und rannte tanzend und springend auf die Wiese am Wege, um noch schnell einige Blumen zu pflücken. „Geht nur voraus, ich hole euch schon ein!" rief sie zurück, in der festen Annahme, datz sie zusammen mit Konrad heim gehe» würden. Aber weder Konrad noch Ilse rührte sich vom Fleck. Graf Konrad machte einye Schritte auf Ilse zu, die Aeich und bebend vor ihm stand und jetzt eifrig dem ent. ellrnden Kinde nachsah. „Was fehlt Ihnen, Fräulein Römer? — 'Ich kenne Sks heute nicht wieder. Ist Ihnen etwas Trübes widerfahr«? — Unmöglich lann unser wissenschaftsicher «reit Sie so Eüsdert haben. Sagen Tk mir offen und «HÄch: Was Hobe» Sie gegen «ich psAvSH Et aSs «Seiender — MM Die verhängnisvolle, gefürchtete Frag« war getan, und Äse wünschte in diesem Augenblick, sie wäre mit Lotti aus die Wiese gerannt unv braune ihm jetzt nicht gegenüberstehen. „Nichts — gar nichts," gab sie so ruhig wie möglich zur Antwort. „So — nichts — hm — Sie machen mich traurig Fräw- lein Römer, denn zum ersten Male ertapp« ich Sie aus einer Unwahrheit." »Herr Graf!" brauste Ilse getroffen auf. „SM — verteidigen Sie sich Et; vielleicht meinten Sie es gut mit dieser Täuschung. Aber ich gebe mich nicht MN solchen Täuschungen hin, und dann, Fräulein Römer, >as demütigende Gefühl, datz es Ihre Absicht war — mich zu täuschen — das müssen Sie von mir nehmen. Ich könnte Mst nicht mehr ruhig an Sie denken — ich könnte nicht mehr schlafen, arbeiten — nichts — absolut nichts mehr — Also — haben Sie etwas gegen mich? Ja oder nein?" Fast befehlend Vangen die letzten Worte, so ruhig si« auch gesprochen waren. Ilse stand wie unter einem Bann. „Ja!" pretzte sie fast erstickt hervor. Sie sah, wie er erblatzte und einige Schritts zurücktrat. „Ich weih nicht, was es sein könnte, ich bin mir keiner Schuld bewußt," sagte er mehr zu sich selbst. Dann sah er Ilse an, und ein leuchtendes Feuer kam in seine Augen: „Fräulein Römer, ich will nicht wissen, was es ist — Si« werden es mir sagen, nicht heute, nicht morgen, aber ein- mal gewitzt und nun — leben Sie wohl!" Er wandt« sich um und schritt nun tatsächlich den Weg nach Pawlowitz M, als Lotti ganz atemlos vom Laufen aus ihn zustürzte: ,Aonrad, warum kommst du nicht mit uns? Sieh, diese Blumen, nimm sie — du liebst sie so!" Er Web stehen, beugte sich herab und streicheAe iHv Haar. liebes Kind, bringe die Blumen lieber deiner Erzieherin, und mm mutz ich gehen — aus Wiedersehen!" Ohne einen einigen Blick nach der Richtung zu werfon, wo Ilse noch immer wie angewurzelt stand, ging er eilig davon. Ilse war so elend zumute wie zum Sterben. Kamen denn immer neue Hindernisse, neue Qualen, die ihr das Leben hier erschwerten? Warum konnte sie nicht ruhig und unangefochten ihren Weg gehen — warum drängten sich Personen und Dinge dazwischen, die ihre Gedanken, ihre Seele beschäftigten und bedrückten — warum konnte sie nicht in Frieden leben? Was gingen sie die fremden ^Men sch« und ihr Leid an — was hatte sie mit Lilly Baumann und Graf Konrad zu schaffen? — „Sie sind so still, Fräulein Römer, Sie antworten mir gar nicht, und ich habe Sie nun schon dreimal gefragt, ob wir morgen in Konrads Gartenhaus gehen wollen?" fragte Lotti ungeduldig. Ilse erwachte jäh aus ihren Grübeleien. Sie sah jetzt erst, datz sie einen Strautz Blumen in der Hand trug, und datz sie sich aus dem Heimwege befanden. „Was wolltest du von mir, Kind?" Lotti wiederholte ihre Frage. Morgen haben wir dazu keine Zeit, du weitzt, datz wir in die Stadt fahren wollten," antwortete sie. „Nun, so lassen wir das eben," verletzte Lotti kurz ent. schlossen. „Cie wollten mir doch nur ein Vergnügen machen und ich gehe viel lieber zu Konrad." „Ich habe es nun einmal so bestimmt, und so bleibt es," war Ilses energische Erwiderung. „Ach, liebes, liebes Fräulein " schmeichelte Lotti, „lassen Sie uns doch morgen gehen — ich möchte so brennend gern —" „Nein — du weitzt recht gut, datz ich bei dem einhnal Gesagten bleibe — ich will also keine Widerrede mehr hören." Sie sagte das so heftig, fast schroff, und Lotti, die in letzter Zeit kaum noch ein strenges Wort von ihrer Erziehe rin gehört hatte, war zuerst ganz sprachlos und verwirrt, dami brach sie plötzlich in Tränen aus, heiße, trotzige Trä nen. Nicht darum weinte sie, datz ihr der Wunsch versagt blieb, sondern datz Ilse hart und rauh mit ihr gewesen war. Ilse, dis sich bisher in der Ausübung ihre schweren Berufes nie etwas vergeben hatte, die stets wutzte, was sie wollte und tat, kam es bei Lotts Tränen zu erschrecken dem Bewußtsein, datz sie sich zum echtemnal von ihrer Stim mung hatte beherrschen, von ihrem Gefühl hatte sortreisM lassen. Das mutzte, so gut es ging, wieder ausgeglichen werden. „Lotti, was Ml dir ein?" fragte sie, den strengen Ton vor der Hand noch Leibehaltend. „Willst du mich durch deine törichte» Tränen ernstlich «zürnen? — Komm einmal! «Shek jp -7- kma?" I > - ---MMtziWlMA