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3634 Amtlicher Teil. HS 112, 17. Mai 1899. Herr Hermann Heyfelder: Meine Herren! Der Voranschlag für das Jahr 1899 ist den Bedürfnissen und der Erfahrung gemäß sorgsam aufgestellt worden. Wir dürfen uns wohl auch hier beziehen auf die Veröffentlichungen durch das Börsenblatt wie durch die Sonderdrucke, und wir bitten um Ihre Genehmigung. Vorsitzender: Ich stelle den Antrag zur Diskussion. Wünscht jemand das Wort? Es ist nicht der Fall. — Ich ersuche diejenigen Herren, welche dafür sind, daß der Antrag auf Genehmigung des Voranschlages angenommen wird, sich zu erheben. (Geschieht.) — Er ist genehmigt. Wir kämen zum nächsten Punkte der Tagesordnung, das sind die Neuwahlen. Da aber der Wahlausschuß noch mit seiner Arbeit beschäftigt ist, stellen wir diesen Punkt zurück; doch will ich gleich die Mitteilung machen, daß in diesem Jahre eine Wahlmännervcrsammlung stattgefunden hat, in der an Stelle des satzungsmäßig ausscheidenden Mitgliedes Herrn Leonhard Gecks-Wiesbaden die Orts- und Kreisausschüsse Herrn Carl Schöpping jun. - München gewählt haben. — Punkt 5 der Tagesordnung: Antrag des Vorstandes: Die Hauptversammlung wolle auf Grund eines Beschlusses des Vereinsausschusses die Ausschließung des Mitgliedes Herrn Carl Trau in Dresden aus dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler wegen ge flissentlicher Nichtbeachtung (8 8 Ziffer 1) der Verpflichtung (Z 2 Ziffer 4), sich in allen Stücken den Satzungen, sowie den satzungsgemäßen Beschlüssen der Hauptversammlung und des Vorstandes zu unterwerfen, insonderheit wegen Verletzung des tz 3 der Satzungen beschließen. Ich erteile dem Vorsitzenden des Vereinsausschusses Herrn Konsul Bielefeld das Wort. Herr Konsul Jos. Bielefeld-Karlsruhe. Meine Herren! Es liegt hier der glücklicherweise äußerst seltene Fall vor, daß die Hauptversammlung sich mit der Ausschließung eines Kollegen zu befassen hat. Es ist, solange ich zurück forschen konnte, nur im Jahre 1889, also vor bereits 10 Jahren, einmal ein solcher Fall eingetreten, und wir sind heute wieder in der unangenehmen Lage, mit einem derartigen Anträge an Sie herantreten zu müssen. Die Klagen gegen Herrn Carl Tran in Dresden gehen zurück bis ins Jahr 1893. Damals hat zunächst der Verein Dresdner Buchhändler sich über unerlaubtes Rabattgeben und unzulässige Vorteile, die Trau seinen Kunden angeboten hat, beschwert. Diese Klage ist mit mannigfachen Zwischenfällen bis ins Jahr 1895 fortgegangcn, jedoch ergeben die Akten darüber eigentlich keine befriedigende Auskunft, wie der Schluß stattgefunden hat. Es hat den Anschein, wie wenn damals in irgend einer Form — die Sache spielte dann hinüber in den Verein der Deutschen Musikalienhändler — dort eine Erledigung stattgefunden hätte. In den Akten des Börsenvereins ist darüber nichts zu finden. Nun gehen von neuem im Jahre 1898 die Klagen wieder an, daß Trau unerlaubte Vorteile biete, und zwar dies mal in Form von Prämien, die er auf Prospekten, die an Schüler und Kunden abgegeben wurden, ausbot. Der Buch händlerverband für das Königreich Sachsen hat eine Klage eingerekcht, die vom Vorstande an den Vereinsausschuß gegeben wurde und dort in der vorgcschriebencn Weise behandelt worden ist. Es sind die Referate darüber gefertigt worden, und in seiner Sitzung am 4. November ist der Vereinsausschuß zu der Ansicht gelangt, daß Trau gegen Z 3 Ziffer 4 der Satzungen des Börsenvcreins sich geflissentlich vergangen hat und daß das Ausschließungsverfahren gegen ihn einzuleiten sei. Ich will Sie hier nicht mit den Einzelheiten der Untersuchung- mit den Einzelheiten des Vorkommnisses belästigen; es genügt Ihnen vielleicht, wenn ich Ihnen sage, daß ausführliche Korrespondenzen zwischen dem Vorstande und Trau und dem be treffenden Vereine, der ja die Voruntersuchung zu führen hatte, gepflogen worden sind, und daß die Untersuchung seitens des Vereinsausschusses mit allem Ernst und aller Genauigkeit geführt worden ist. — Wenn wir nun zu dem heutigen An träge gekommen sind, so erübrigt mir nur, Sie zu ersuchen, diesem Anträge, den der verehrliche Vorstand im Vereine mit dem Vereinsausschusse an Sie gerichtet hat, Ihre Zustimmung zu erteilen. Vorsitzender: Wünscht jemand zu diesem Anträge das Wort? — Es ist nicht der Fall. — Wir schreiten zur Abstimmung, und ich bitte diejenigen Herren, die für Annahme dieses Antrages sind, sich zu erheben. (Geschieht.) — Der Antrag ist einstimmig angenommen. Wir kommen zum 6. Punkte der Tagesordnung: Antrag des Vorstandes: Die Hauptversammlung wolle beschließen: An Stelle der Bestimmungen des 8. 20 der neuen Buchhändlerischen Verkehrsordnung vom 1. Juli 1898 bleiben bis auf weiteres die Bestimmungen des § 20 der alten Buchhändlerischen Verkehrsordnung vom 26. April 1891*) betreffs verloren gegangener Pakete in Kraft, da das neue Bürgerliche Gesetzbuch und das zu erwartende neue Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen voraussichtlich Erleichterungen zur Errichtung einer Versicherung auf Gegenseitigkeit gegen Verluste bieten werden. Ich bitte den Vorsitzenden des Vereinsausschusses, Herrn Konsul Bielefeld, den Antrag zu begründen. Konsul Jos. Bielefeld-Karlsruhe. Meine Herren! Als wir Ihnen vor zwei Jahren die Verkehrsordnung vor legten in ihrer neuen Bearbeitung, die Sie im vorigen Jahre angenommen haben, hatten wir gehofft, damit ein Werk zu schaffen, das in seiner Gesamtheit den Erwartungen entsprechen würde, die mit Recht daran geknüpft waren. Leider hat sich nachträglich hcrausgestellt, daß das sächsische Genoffenschaftsgesetz eine Reihe von Bestimmungen enthält, die die Durch führung der in Z 20 geplanten Versicherung mit so schwierigen Formalitäten verknüpfen, daß die Art der Versicherung, wie wir sie da geplant haben, mindestens finanziell nicht durchführbar erschien, weil für die im Gesetze vorgesehenen Aufsichts- *) Z 20. Haftbarkeit für Sendungen. Die Haftbarkeit des Sortimenters für die ihm auf Verlangen oder nach Vereinbarung über den Kommissionsplatz gesandten Werke be ginnt mit deren liebergabe an dessen Kommissionär und endet für Rernittenden mit deren Ilebergabe an den Kommissionär des Adressaten oder an den Adressaten selbst. Für die auf dem Kommissionsplatz abhanden gekommenen Rechnungspakete (Verschlüsse) ist der Kommissionär haftbar, wenn nachweislich der Verlust durch dessen Verschulden entstanden ist. Ist ein solches nicht sestzustellen (insbesondere wegen der herkömmlichen Abgabe der Pakete ohne Quittung oder Avis), so habender Sortimenter (als Absender oder Empfänger) und die beteiligten Kommissionäre dem betreffenden Verleger die Hälfte des Fakturabetrages des abhanden gekommenen Pakets zu gleichen Teilen zu ersetzen. Die Haftbarkeit der Kommissionäre erlischt jedoch in allen Fällen ein Jahr nach dem Termine, zu welchem die Verrechnung des Inhalts der Pakete stattzufinden hatte.