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Nichtamtlicher Teil. PU 146, 28. Juni 1S10. Nichtamtlicher Teil Verband der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel. Stenographischer Bericht über die Beratung des Entwurfs der Verkehrsordnung in der außerordentlichen Abgeordnetenversammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel am 22. April 1910, nachmittags 3 Ahr, im Deutschen Buchhändlerhause zu Leipzig, unter dem Vorsitz des Lern, R. L. Prager-Berlin. (Fortsetzung zu Nr. 144, I4S d. Bl.> V. Beschaffenheit der Sendungen. § 13. Inhalt der Sendungen. Der Paragraph wird ohne Diskussion einstimmig ange nommen. § 14. Defekte. Herr Paul Nitschuiann (liest): § 14. Deselte. u) Stellt sich heraus, das; ein vom Verleger geliefertes Werk dssekt ist, so ist der Verleger innerhalb zweier Jahre nach dem Bezug verpflichtet, sofort nach Empfang der bezüglichen Mitteilung den Defekt (fehlende Bogen, Tafeln usw.) unentgeltlich nachzu liefern oder das Exemplar umzntauschen, und zwar in beiden Fällen aus Verlangen sranko per Post. Ist der Verleger hierzu außerstande, so hat er das Buch in jedem Zustand zurückzunehmen, ebenso, wenn infolge des Fehlers der Kauf rückgängig gemacht worden ist. In letzterem Falle erlischt jedoch die Rücknahmepflicht sechs Monate nach ersolgter Lieferung. Zum Ersatz des dem Sorti menter entgangenen Gewinnes ist der Verleger dagegen in beiden Fällen nicht verpflichtet. d) Die handschriftliche Bemerkung auf der Faktur »Vor Ab sendung kollationiert« verpslichtet den Empfänger zur sofortigen Prüfung und Anzeige eines Mangels; unterläßt er diese Prüfung, so verliert er das Recht, das gelieferte Werk wegen später entdeckter Deselte zu beanstanden. Herr Gerhard Kaufsiiia»»: Ich möchte bitten, aus Zeile 5 zu sagen: unentgeltlich nachzuliefern oder aus Verlangen des Sortimenters das Exemplar umzutauschen. Dem Sorti menter ist bei wichtigen Werken nicht damit gedient, daß er den Defektbogen nachgeliefert bekommt, er muß dann verlangen können, daß ein anderes Exemplar geliefert wird. Es handelt sich unter Umständen um ein teueres Prachtwerk mit Goldschnitt, in dem ein Bogen fehlt: Wenn cs da dem Verleger freisteht, ob er Um tauschen oder den Defektbogen nachliefern will, so kann das für den Sortimenter sehr unangenehm werden. Herr vr. Walter de Gruhter: Ich möchte darauf Hinweisen, daß der Berlegerversin gegenüber allen Änderungen, die nach dem neuen Entwurf an der alten Ordnung vorgenommen werden sollen, abgesehen von § 2, wo der Einspruch nur formaler Natur war, bis zu dieser Stelle in keinem Falle Widerspruch erhoben hat. Gegen die hier vorgeschlagene Änderung des § 14 aber hat aller dings der Berlegerverein starke Bedenken. Schon der alte § 14 bckast-tden Verleger, den allgemeinen Rechtsordnungen gegenüber in empfindlicher Weise, indem er ihn verpslichtet, noch nach zwei Jahren Exemplare zu vervollständigen oder umzutauschen. Der § 377 des Handelsgesetzbuches lautet: »Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäfts gänge tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; andern falls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als ge nehmigt. Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die recht zeitige Absendung der Anzeige. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.« Und im ß 477 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zu diesem Paragraphen in Beziehung steht, heißt es: »Der Anspruch auf Wandelung oder aus Minderung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen Mangels einer zuge sicherten Eigenschaft verjährt, sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung Die Ver jährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.«'s F Also danach ist sestzustellen, daß schon die bisherige Fassung der Verkehrsordnung vom Verleger weit mehr verlangt, als das Gesetz tun würde. Das Gesetz verlangt ausdrücklich die unverzüg liche Mängelanzeige oder, wenn solche Mängel später entdeckt wer den, die Anzeige binnen sechs Monaten. Trotz alledem hat der Verlag sich bisher nicht geweigert, nach § 14 eine Verpflichtung zum Umtausche oder zur Rücknahme noch nach zwei Jahren anzuerkennen und er ist auch in der Folge bereit, sich dagegen nicht zu sträuben, in Anbetracht dessen, daß es bei Büchern in manchen Fällen schwierig ist, Mängel beim Empfange festzustellen. Aber die neue Fassung stellt noch eine erhebliche Ver schlechterung dieses Zustandes dar. Während nämlich der Verleger bisher das Recht hatte, sofern sich binnen zwei Jahren die Unvoll ständigkeit des Werkes herausstellte, zwischen Nachlieferung des Defekts oder Umtausch zu wählen, und ihm die Zurücknahme nur dann oblag, wenn er zu dem einen und andern außerstande war, so soll diese ultima ratio in Zukunft auch immer dann eintreten, wenn »infolge des Fehlers der Kauf rückgängig gemacht worden ist. Und wenn auch bis zu zwei Jahren darüber verstrichen sind. Das ist unbillig, und darum bitten wir, den § 14 in der alten Fassung zu belassen. Wir glauben auch nicht, daß sich dabei für das Sorti ment erhebliche Nachteile herausgestellt haben. Vorsitzender: Wenn ich mir erlaube, das Wort zu nehmen, so tue ich es, um einer Legendenbildung vorzubeugen. Ich habe schon seinerzeit im Berlegervereine darauf aufmerksam gemacht, daß es durchaus ein Irrtum ist, wenn man annimmt, daß der § 477 dem Kaufmanne weniger Rechte gibt als der § 14 dem Sortimenter gegenüber sie dem Verleger gibt. Das ist nicht der Fall. Es heißt in dem Paragraphen des Gesetzes immer: »unverzüglich«, also ohne schuld baren Verzug; man ist, wenn man so etwas merkt, verpslichtet, es sofort anzuzeigen, man darf nicht warten. Der § 477 des Bürger lichen Gesetzbuches kommt hier nicht in Betracht, wir sind Kausleute und stehen unter dem Handelsgesetzbuche, während das Bürger liche Gesetzbuch sich aus solche Personen bezieht, die nicht Handels geschäfte betreiben, da ist auch berechtigterweise diese Frist etwas enger gefaßt. Der § 477 gibt dem Kausmanne seinen Lieseranten gegenüber meiner Meinung nach viel weitergehende Rechte als