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12454 Mrl-nilatt f. d. Dttch». Bu«h-°d-l. Nichtamtlicher Teil. ov 245, 21. Oktober 1910. teilt mit, daß er Vizepräsident der Vereinigung sei. Er sei in der Versammlung der Vereinigung, in der jener Protest beschlossen wurde, nicht anwesend gewesen. Er hätte sonst versucht, die Vereinigung zu einem ganz anderen Beschluß zu sichren. Es sei seines Erachtens die Pflicht der Ver einigung der Wiener Antiquarbuchhändler selbst, gegen solche Leute Stellung zu nehmen, die nicht entsprechende Sorgfalt beim Ankauf von Büchern an den Tag legen. Er beantragt über diesen Punkt Übergang zur Tagesordnung. Herr Vetter schließt sich den Anschauungen des Herrn Eisenstein an. Nach einer längeren Debatte wird im Sinne des Antrags des Vorstehers beschlossen, der Vereinigung zu schreiben, daß eine beleidigende Absicht vollständig ferngelegen sei, daß man auch nicht sagen könne, daß der Grundsatz suäiutur ot altera pars in diesem Falle verletzt worden sei, da die der Korporationsooistehung ungehörigen Antiquare zur Sitzung eingeladen waren und einige derselben auch an der Sitzung teilgenommen haben. Die Handels- und Gewerbekammer teilt mit, daß sie die bei den Wiener Gerichten beeidetenSachverständigenund Schätzmeister in eine einheilliche Liste bringen wolle und daß diese Absicht auch von den Justizbehörden genehmigt worden sei. Bei der Neuanfertigung der Liste soll der vom Justizministerium gebilligte Grundsatz bestehen, daß nur solche Sachverständige in der Liste zu führen seien, welche in dem betreffenden Fache noch tätig sind, so daß prinzipiell ein beeideter Sach verständiger bei Zurücklegung seines Gewerbes oder Auf lassung seines Geschäftes seiner Funktion zu entheben sein wird, Beachtung finden. Mit Rücksicht auf diesen Grundsatz wäre die Liste jener Sachverständigen und Schätzmeister, welche für den Bereich der Gewerbe der Korporation beeidigt sind, einer Revision und eventuellen Ergänzung zu unter ziehen. Die Vorstehung unterzieht die vorliegende Liste einer solchen Revision und stimmt dem Gesuch eines Mitgliedes der Korporation um Bestellung zum Sachverständigen und Schätzmeister einstimmig zu. Die Handels- und Gewerbekammer wünscht ein Gutachten über die Zweckmäßigkeit der Buchführung auf losen Blättern. Die Korporation spricht sich dahin aus, daß dieses System der Buchführung im Buchhandel nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland allgemein eingeführt sei, daß es sich sehr bewährt habe und daß bei Gebrauch dieses Buchführungssystems Malversationen seitens der An gestellten nicht häufiger als bei anderen Systemen Vorkommen können. Die kaufmännische Fortbildungsschule des Wiener Handelsstandes ersucht um die Delegierung eines Mitgliedes der Korporation in den Schulausichuß der kaufmännischen Fortbildungsschule des Wiener Handelsstandes. Herr Cor nelius Vetter wird einstimmig zum Delegierten der Korporation gewählt. Nach Behandlung einiger weiteren Angelegenheiten, die teils vertraulicher Art, teils von minderer Wichtigkeit sind, schließt der Vorsitzende um 7'/» ühr die Sitzung. Protokollführer: (gez.) Carl Junker. Kleine Mitteilungen. »Postverlehr «ach Frankreich. — Die regelmäßige Post- besörderung im Bereiche der sranzösischen Nordbahn ist wieder hergestellt. Die deutschen Briesposten nach Frankreich und nach fremden Ländern über Frankreich, insbesondere nach den Ver einigten Staaten von Amerika und Durchgang sowie nach Süd amerika werden daher wieder ans den gewöhnlichen Wegen be fördert. — Pakete nach den im Bereichs der sranzösischen Nordbahn gelegenen Stationen können von jetzt ab wieder zur Besörderung angenommen werden. Die Entwicklung des englischen Romans a>S Buch. — Die Störung, die der englische Roman nach seiner äußeren Seite gegenwärtig durchznmachen hat, nimmt im letzten Hest von »Dke kllblisdor» Oireulur« Joseph Shaylor zum Anlaß einer inter essanten kleinen Abhandlung über die Formen, die der Roma» seit seinem Entstehen in der heutigen Gestalt in den verschiedenen Perioden seiner Entwicklung angenommen hat, sowie über die Aussichten, die ihm in dieser Beziehung aus Grund der gegen wärtigen Lage zugesprvchen werden können. Die erste Blütezeit der Romanliteratur kannte, wie wir diesen Ausführungen entnehmen, fast ausschließlich den mehr bändigen, insbesondere de» zweibändigen Roman. So erschien z. B. Cervantes »Don Quixote« in zwei Quartbänden, Desoes »Robinson Crusoe« und Swists »Gullivers Reisen« in zwei Oktav- bänden, Richardsons »Sir Charles Grandison« in sieben Oktav- bänden, Fieldings »Tom Jones« in sechs, Sternes »Tristram Shandy- in neun, Goldsmilhs -Vicar os Wakesleld« in zwei Duodezbänden, usw. Auch während der ganzen ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts war das zwei- bis dreibändige Erscheinen des Romans, vor allem in England, durchaus die Regel, während nur einige wenige, wie z. B. Thackeray und Dickens, ihre Werke auch in monatlichen Lieferungen erscheinen ließe». Der Grund für diese Bevorzugung der Mehrbändigkeit lag weniger in einer allgemeinen Geschmacksrichtung als vielmehr in einer gewissen Nötigung, die in der damaligen Art der Bücher ausgabe begründet war. Die Bücher wurden damals von den Verlegern nicht fertig gebunden herausgegeben, sondern erschienen in losen Bogen ftbeetz), die nicht unmittelbar an die den wich tigsten Teil der Käufer bildeuden Leihbibliotheken, sondern an die Buchbinder abgegeben wurden und erst, nachdem sie von diesen mit der schützenden Hülle versehen worden waren, an die Leihbibliotheken abgingen. Wenn ein wichtiger Roman erschienen war, wurden die Bogen gewöhnlich in der Nacht des Erscheinungs tages zum Buchbinder gebracht, der bereits mit den fertigen Decken daraus wartete, die Titelblätter elnsügte und seinen Stolz darein setzte, das Buch bereits am nächsten Morgen gebrauchs fertig den verschiedenen Leihbibliotheken zustellen zu können. Daß bei dieser Art des Geschäftsganges die Mehrbändigkeit sich von selbst ergab, bedarf keiner Begründung. In diesem Betriebe trat indessen eine gewisse Änderung ein, alz im Jahre 1842 die Mudiesche Bibliothek eingerichtet wurde. Mudie kam zuerst aus den Gedanken, sich von der Vermittlung der Buchbinder unabhängig zu machen, indem er die Bogen un- mittelbar von den Verlegern kaufte und im eigenen Betriebe binden ließ. Später übernahmen dann die Verleger selbst diese Leistung und ließen die Bücher den Bibliotheken fertig gebunden zugehen. Dadurch wurden die Buchbinder als Vermittler zwischen den Verlegern und den Leihbibliotheken völlig ausgeschaltet: zwischen den Bibliotheken selbst und den Verlegern wurde aber gewöhnlich eine Vereinbarung getroffen, kraft deren der Biblio- theksinhaber eine bestimmte Anzahl von jedem neuen Roman zu einem festen Preise übernahm. Dieser Absatz deckte gewöhnlich die Produktionskosten und schützte den Verleger gegen einen unmittelbaren Verlust. Für den Verleger war diese Art des Ab satzes in vieler Hinsicht weit günstiger als die heute übliche, denn der heutige Verleger muß, um seine Auslagen wieder hereinzu bringen, nahezu zehnmal soviel Exemplare seines Buches absetzen, als es bei jener Vertriebsregelung der Fall war. Von diesen einschneidenden Änderungen blieb der dreibändige Roman als solcher zunächst unberührt und erhielt sich bis ins letzte Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts. Sein Ende kam fast plötzlich, und zwar durch ein ganz bestimmtes Ereignis, nämlich durch ein Rundschreiben, das die Leihbibliotheken unter der Füh rung der Firmen Mudie und W. H. Smith L Sohn am 27. Juni 1894 an die englischen Verleger richteten, und in dem sie diese baten, vom ersten Januar des nächsten Jahres an keinen mehr bändigen Roman zu einem höheren Preise als 4 Schilling Pro Band herauszugeben, sowie von keinem Romane früher als ehestens ein Jahr nach dem ersten Erscheinen eine billigere Aus- gäbe zu veranstalten. Die Wirkung dieses Schrittes war eine augenblickliche. Während die Zahl der neuerschienenen dreibändi gen Romane von 1884 bis 1893 Jahr für Jahr zwischen 193 und IK8 geschwankt und auch im Jahre 1894 noch 184 betragen halte, siel sie bereits im Jahre 1895 auf SS, im folgenden Jahre aus 25