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(ichtensteinTallnbergerTageblatt Beilage z« Nr 289. 1920 — 70. " Sottuabend, den 11. Dezember WNSMWNkl WAlIMIlMW Die Nachrichtenstelle des Neichswehrministeriums hat sich entschlossen, den Geheimbericht bekannt zu geben, den Ad miral Scheer wenige Wochen nach der Schlacht am Skager rak an den obersten Kriegsherrn -erstattet hat. Die Darstel lungen stimmen in den allermeisten Punkten mit den Ver öffentlichungen überein, die unmittelbar im Anschluß a» die sen ersten großen Zusammenstoß deutscher und englischer See- streitkräfte gegeben worden sind. Von den Einzelheiten des Berichtes sei die Tatsache her- vorgehobcn, daß zu dem Unternehmen alle fahrbereiten U- Bvote herangezogen werden konnten, da vorher der ein geschränkte U-Boot-Handelskrieg auf Veranlassung des Ad mirals Scheer aufgehoben war. Es wird ein genaues Bild des Schlachtverlauses entworfen, und Admiral Scheer stellt fest, daß der Erfolg der angrisfsfreudigen, zielbewußten Füh rung durch die Unterführer und den vortrefflichen, von her vorragendem kriegerischem Geist getragenen Leistungen der Besatzungen zu danken ist. Unterstützt wurde die Erfolgmög lichkeit durch die Güte unserer Schiffe und ihrer Waffen, durch die zielbewußtc Friedensschulung der Verbände und durch die gewissenhafte Einzelschifführung. Den Ausschlag gab unmittelbar und mittelbar die weittragende schwere Ar tillerie der Eroßkampfschiffe. Admiral Scheer stellt fest, daß das Eroßkampfschiff der Grundpfeiler der Seemacht ist und bleibt. Er kommt aber auf Grund der Erfahrung dieser Schlacht zu der Erkenntnis, daß der Gegner bei günstigem Verlauf der späteren Operationen zwar empfindlich geschädigt werden konnte, daß aber selbst der glückliche Ausgang aller Hochseeschlachten England in diesem Kriege nicht zum Frieden zwingen würde. Unsere militärgeographische Lage und die ganze materielle Uebermacht des Feindes brachten cs mit sich, daß die Nachteile dieser beiden Faktorc durch die Flotte nicht in dem Maße ausgeglichen werden konnten, daß wir der gegen uns gerichtetenn Blockade des Inselreichcs aus uns selbster Herr werden könnten, auch nicht, wenn die U-Boote für militärische Zwecke voll verfügbar sind. Deshalb hält Admiral Scheer ein sieghaftes Ende des Krieges in abseh- , barer Zeit nur durch Niederringen des englischen Wirtschafts lebens für möglich, also durch Einsetzen des U-Bootes gegen den englischen Handel. Irgendwie eine abgeschwächte Form zu wählen, muß er nach pflichtgemäßer Ueberzeugung nach wie vor dringend abraten, nicht nur .weil es dem Wesen der Waffen widerspricht, sondern weil es trotz größter Gewis senhaftigkeit der Kommandanten nicht möglich sei, in Eng lands Gewässern, in denen die amerikanischen Interessen le bendig sind, Zwischenfälle zu vermeiden, die uns zu einem de mütigen Nachgeben drängen, wenn wir nicht bis zur vollen Schärfe durchhalten können. Aus Nah Md Fer«. Lichtenstein-LaUnberg, 11. Dezember. * Erweiterung der Unfallversicherunqsgrcuze. Im so zialpolitischen Ausschuß des Reichswirtschaftsrates wurde eia Antrag angenommen, nach dem die Vcrjicherungsgrcuze in der Unfallversicherung aus 30 000 Mark erhöht werden soll. Ein Antrag auf Reichsunterstützung für die Knappschajcs- invaliden, Witwen und -Waisen soll der Reichsregierung zur baldigen Berücksichtigung überwiesen werden. Zur vor läufigen Milderung der schlimmsten Not sollen Rentenzu schüsse gewährt werden, deren Kosten von dm betreffenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern, bezw. aus Reichsmitteln aufgebracht werden sollen. * Nationalfeiertag am 1S. Januar? Ueber die Frage, ob der 18. Januar 1921 als Nationalfeiertag begangen werden soll, finden zurzeit zwischen der Reichsregierung und den Landesregierungen Verhandlungen statt. Es kann an genommen werden, daß die Frage bejaht werden wird; jedenfalls wird sich die Reichsregierung für die Begehung des Tages aussprechen, da keine stichhaltigen Gründe vor liegen, den 50. Geburtstag der Reichsgründung still oor- übergehen zu lassen. (SZ.) Gottesdienst zur Landtagseröfsnuug. Während in früheren Jahren jedesmal zur Landtagseröffnung von der Regierung ein Gottesdienst angesetzt wurde, ist dies seit der Revolution unterblieben. Nunmehr hat das säch sische ev.-Iuth. Landeskonsistorium aus Anlaß der diesmali gen Eröffnung des Landtages für Mittwoch, den 15. De zember, vorm. 11 Uhr, in der vormaligen evangelischen Hofkirche in Dresden einen Gottesdienst angesetzt,- zu dem die Einladung an die Landtagsmitglieder bereits ergangen ist. * Autoverkehr nach Hohenstein. Um an den beiden Sonntagen vor dem Weihnachtsfeste - 12. und 19. De zember den Personenverkehr auf der neuen Krastwagen- linie nach Hohenstein-Ernstthal zu bewältigen und um vielen die Möglichkeit zu geben, den 1,05 mittags von Hohenstein- Ernstthal nach Chemnitz fahrenden Zug zu benutzen, fährt an den beiden obengenannten Sonntagen um 11 Uhr vorm. ein Kraftwagen nach dem Bahnhof in Hohenstein-Ernstthal, der 11,30 von diesem Bahnhof hierher zurückkehrt. Durch diese außergewöhnliche Fahrt soll der 12,17 abfahrcnde Wa gen entlastet werden. Der 10,50 abends van Hohenstein- Ernstthal abfahrende Wagen fährt an diesen beiden Sonn tagen im Bedarfsfälle zweimal. * Kriegerwitwen, die über 50 Jahre alt oder infolge Krantheit gänzlich erwerbsunfähig sind und Kriegerwitwen, die 2 und mehr Kinder haben, können noch vor Weih nachten Rcntenvorschüsse durch das Bezirksamt für Krieger- fürjvrge erhalten. Anträge sind an das Bezirksamt für Kriegerfürsorge, gegebenenfalls durch die Ortsbehörde, zu stellen. Den Anträgen sind sämtliche Rentenpapiere beizu- fügen. Leipzig. (Freikohle für Kriegsbeschädigte und Kriegs hinterbliebene.) Da sich ein großer Teil der Kriegsbeschädig ten und Kriegshinterbliebenen in so bedürftigen Verhältnissen befindet, daß ihnen di.» Anschaffung des notwendigen Brenn materials fast unmöglich isl, haben die Direktionen und die Bergarbeiurschost der Meuselwitzer und Bornaer Kohlen werke aus die Bitte der Kriegsfürsorge Leipzig sich bereit erklärt, an Sonntagen ohne Bezahlung einzusahren und den Leipziger Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen die Kohle kostenlos zu überlassen. Die Zurollung soll im De zember und Januar erfolgen, aus jeden bedürftigen Haus halt kommen 8 bis 10 Zentner Briketts. Aue. (Scheckfälscher.) Ein bei einem Geometer in Aue in Stellung betindlicher 17jähriger Lehrling aus Lauter stahl sei nein Meister ein Scheckbuch und füllt« ein Schecksormukn über 1200 Mk. aus. Den Scheck benutzte er zum Ankauf eines neuen Anzuges. Der Bursche wurde festgenommen. Zonckero^e. (Freiwillige Ueberschichten.) Die Belegschasi de^ staatlichen Steinkoylenwerkes Zauckerode verfuhr am 28. Roo. eine Uederschicht.' Die geförderte Hausbrandtohle von übe, 10 000 Hektoliter wird auf Beschlug der Belegschaft mit der Genehmigung der Behörde an die im Kohlenbezirl liegenden G- meinden unter der Bedingung verteilt, daß hauptsächlich linder reiche, unbemittelte Familien damit bedacht werden. Die Ar bester des staatlichen Wertes hatten bereits am 6. Januar eine Uederschicht geleistet und sämtliche Schulen im amtshauotmann schaftlickren Bezirk mit Kohlen beglückt. Oberplonitz. (Eine markenfreie Kohlenbezugsquelle) Haden sich hieiige Einwohner zu ergattern gewußt. Es ist bekannt, daß ein Kohlenflöz nahe beim Hammerwald zutage tritt. Dori haben findige Köpfe die Kohlen wieder,^mfgefahren" und beulen das „Flöz" von oben aus. Wenn es auch keine prima Pech kohlen sind, die da „hintenherum gefördert" werden, so jg es immerhin ein Brennstoff, der wert ist, daß man ihn nach Haine fährt. Neustadt i. S. (Den Tod unter dem Eisel fand auf den, großen Teiche bei Obereinsiedel der 22 Sahre alte Monteur Nans Meinhardt, der einzige Sohn der Besitzerin des Gag Hauses „Zunr Raupenberg". Er lief mit seiner Bram dm, Schlittschuh und brach auf einer dünnen Stelle durch. Ob gleich sofort Hilfe zur Stelle war, konnte er nur als Leiche geborgen werden. — Bischofswerda. (Ein Braunkoblenflözl von zwei Mete, Stärle entdeckte man beim Setzen von Masten der Oberland zentrale auf Niederputzkauer Flur. Setzt werden Bohrungen vor genommen, um zu sehen, ob sich der Mbau lohnt. Meer«««. (Für 10 000 Mark rohe Kunstseide gestohlen.» Sn der Seit vom 4. bis 6, Dez, sind bei einem Einbruch in eine mechanische Weberei in Meerane insgesamt 48 Kilo rohe Kunst seide, und zwar 28 Kilo 50er rohe Kunstseide auf Kanelleu in 1 Paketen, 8 Kilo 50er rohe Kunstseide aus Kanetlen in 2 Paketen und 12 Kilo 50er rohe Kunstseide im Strang, im Gesamtwerte von 10 000 Mk., gestohlen worden. Bor Anlaus des gestohlenen Materials wird gewarnt. vemWes. Raubmdrd an einem Berliner in Rostock. Einen schwe ren Raubmord beging in Rostock der Schlächtermeister Fried rich Kähning jun., der am Donnerstag mittag den Vieh Händler und Schlächtermeister Otto Lindner aus Berlin, mil dem er in Geschäftsverbindung stand und her, um Fleisch einzukaufen, sich in diesen Tagen wieder in Rostock ausyicst, im Keller seiner in der Ludwigstraße belegenen Wohnung mit einem Beil erschlug, ihm die Beine abfägte, den Leich nam in einem Kosferkorb verpackte und abends von der Pe tribrücke in die Warnow warf. Als Kähning mit dem Mittagszug von Lübeck zurückkehrte, wurde er am Bahnhof festgenommen. Nach anfänglichem Leugnen und nachdem mag bei ihm die Uhr des Vermißten gefunden hatte, gestand ei die Tat ein. Er will in Geldverlegenheit gewesen fein und den Mord in der Absicht, sich zu bereichern, begangen haben, da er wußte, daß Lindner größere Geldsummen bei sich sühne, f Belohnter Kinderreichtum. Die kinderreichsten Faun lien Frankreichs erhalten, nach einer Testamentsbestimmung des verstorbenen Ehepaares Cognacq, jährlich je 25000 Fr. Unterstützung. Daraus haben jedes Jahr 90 Famiiicn, die über einen außergewöhnlichen Kinderreichtum verfügen, ein Anrecht. In diesem Jahre sind Familien, die 12 bis 18 Kinder besitzen, davon bedacht worden. Zwei von ihnen ha - MM -kblM reife«. ' Von Leontine von Winterfeld-Platen. 4. Ätachdruck verboten. Die schwarze, versteinerte Frau hatte so gelacht. Und bann war Ursula Bosten ohnmächtig zusammengesmurn. — Sie lag viele Wochen schwer krank, in irren, wirren Reden. Rian fürch- lete für ihren Verstand. Dann genas sie endlich. Mit großer ^iebe und Sorgfalt nahmen sich die Verwandten ihrer an, aber sie wollte keine Liebe mehr. Sahrelang lebte sie einsam in ihrem verödeten Haus in Hannover. .Man schlug ihr dies und jenes vor, um sie auf andere Gedanken zu bringen, riet ihr, >ie solle auf Reisen gehen, — einen Beruf ergreifen, — nur nicht so hinoämmern. Sie lehnte alles mit Bestimmtheit ab. Es war schlimm für ihren Zu stand, daß sie genug zum Leben hatte und die Roi sie nicht zur Arbeit zwang. Da war diesen Frühling rin Brief aus dem Süden zu ihr gekommen. Ein alter Onkel, Bruder ihres Vaters, der ge lähmt stn Rollstuhle lebte, hat sie, ihm doch einige Wochen <h«sellschast zu leisten. Er bat so herzlich und dringend, so, — als bedürfe er ihrer durchaus, dah sie nicht nein sägen mochte. Es war ihr im Grunde ja auch so gleichgültig wo sie war. Das Leben war ja doch tot für sie. Der alte Herr hatte ihr die Richtlinien für die Reise ge nau vorgeschrieben: denn er hoffte, dah Ursula durch den Aufenthalt in landschaftlich schönen und historisch interessanten Gegenden und Städten aus ihrer Stumpfheit geweckt und ein wenig angeregt würde. So war sie, sie wußte selbst kaum, wie, — nach Lyon gekommen. Aber die Schönheiten der Rhone und Saviie, der alten Kathedrale und fernen Alpenwelt, hatten sie vollständig kalt gelassen. Morgen sollte sie über Marseille nach Ntont« Larlo, um dort init del» Onkel zummmrnzutre-fea. Schwer und müde erhob sich Ursula Bolten von den Knien. Schwer und müde begann sie, sich auszukleiden. Von den Straßen klangen noch immer lustige Lieder, aus den Cafes schmetternd« Musik. Sie hörte es nicht. — ll. Es war lehr heiß im Abteil des Zuges. Man hatte die Schattenoorhänge herabgelassen und die Fenster geöffnet, um ein wenig Luftzug zu schaffen. Auf Ur sulas schwarzem Kreppklekde lag weihgrauer Renestaub. Sie hatte den Hut abgenommen und sah, lässig den Kopf an die weichen Polster gelehnt, mit halbgrschlossenen Augen da. Der Zugwind bauschte den sandfarbenen Vorhang, jo dah man von .Zeit r» Zeit einen Ausbluk erhaschen konnte. Die Pflanzen welt wurde eine andere. Schon zeigten sich hier und da Pal men und Zypressen. Sn der Ferne tauchten die massigen Türme von Avignon, der alten Püpstestadt, auf. Ursula merkte es nicht. Slumpf. gleichgültig glitten ihre Blicke an allem vorüber. Eintönig hämmerte das Räderwerk des D Zuges. Sm Gang ertönte die nestelnde Stimme des Kellners., der zum Spei sen rief Die junge Frau rührte sich nicht. Endlich kam Marseiile, wo sie umsteigen mußte. Sie hatte hier mehrere Stunden Amenthalt, da der Zug nicht gleich An schluß nach Monte Carlo fand. Der Onkel hatte ihr empfohlen, sich unbedingt Marseille anzujeben, wenigstens den Ha ea und die Pont a Transpordeur. Nachdem sie einige Bissen im Warlesaal genossen, stieg sie ge hör,am die steile Treppe vom Bahnhof zur Stadt hinab. Schmußige, enge Straßen widerten sie an. Ueberall lagen Ap felsinenschalen uinher, magere, räudige Katzen schlichen miauend über die übelriechende »Rinnsteine. Sie fragte sich mühsam bis zum Hafen durch. Matrosen und Fischer aus allen Erdteilen schie nen hier herumzulungem, es roch nach Schnaps, schlechtem Ta bak und faulen Fischen. Smmer heißer brannte die Sonne. Ur sula ging am Wasser entlang, wo die riesigen Ozeanschiffe am Kai vor Anter lagen. Vor den Weinkneipen und Gemüseläden standen schwatzende, schmutzige Weiber mit hochgetürmten, blanken, schwarzen Frisuren. S e .ging bis zu der berühmten Brücke, zu der man mittels Fahrstuhl hinaufrahren muß und warf einen müden Blick zur Noret-Dame de la Garde empor, gehorsam von ihrem oorge- schriebenen Tagesplan nicht abgehend, wie ein artiges Kind. Dann sah sie noch der Uhr. Es war Zeit, zum Bahnhof zurück;» kehre». Und wieder saß sie im Zuge, müde, — teilnahmslos. Sie hatte sich unterwegs einige Kirschen gekauft, denn sie war durstig geworden. Run aß sie mechanisch, ohne Genuß. Dann riß eine Mitrestende die flatternden Vorhänge auseinander und beugte sich aus dem Fenster. „La grande Corniche!" sagte die Fremd» wie in stummem Entzücken. Und dann zitternd i» Andacht erstarrt: „Das Meer!" Urmia battte sich kaum gewundert, daß die andere deutsch sprach. Sie wunderte sich über nichts. Die Freinde im hell grauen Restekleid und kleine,» Strohhut, mit roten Backen und blauen Augen, konnte ja auch eigentlich gar nicht anders, als eine Deutsche sein. Sie stand mit gefalteten Händen und sah wortlos aus das tiefblaue Meer, das bald näher, bald ferner vom Bahnstrang aufblitzte. Bei Toulon kreuzten massige Kriegsschiffe majestätisch das sonnenflimmernd« Mittelmeer. Setzt jtiH die kleine Rot bäckige einen Schrei des Entzückens aus. St« konnte einfach nicht gnders vor Wonn«. , Von Zeit zu Zeit warf.sie einen mitleidigen Blick am Ur sulas müdes, teilnahmloses Gesicht. Sie hatte bald heraus, daß Ursula auch eine Deulsche war und versuchte ein Geunüch anzuknüpfen. Die blasse, vergrämte Frau in tiefer Trauer tat ihr jo leid. Und weil Ursula so einsilbig auf ihre teilnehme» den Fragen antwortete, fing sie an, von sich selber zu crzütge». Sie sei Lehrerin in einem kleinen, norddeutschen StädlMen, ima spare seit ihrer Jugendzeit, uin atle fünf Sahre eine Reste zu machen. Denn Reisen wäre ihr e-chönstes. Schon lange sti es ihr Sehnsuchtsziel gewesen, einmal die Reviera kennen zu lernen, nun endlich würde ihr heißer Ävrmsch erfüllt. Aber das sei ja in Wirklichkeit »och viel, viel tausendinal schöner, als sie es j,ch je geträumt. Bei jeder Palme, bei jedem blühenden Kanus schrie sie auf vor Entzücken. Und bei jeder Station, wenn der Zug auch noch so kurz hielt, raste sie auf den Peron, sich Amictits- karten zu laufe». Darin zog sie verschämt eine Kleid-iburge aus ihrer Reisetasche. „Sie gestatten doch?" und begann vorsichtig die Sta:ibichichl von Ursulas schwarzem Kleid zu bürsten. „Es ist doch nicht praktisch, gnädige Frau, auf Resten schwarz zu tragen. Man staubt so sehr ein und leidet mehr unter der Hitze. So, darf ich Ihnen den Staubmantel wieder überhelieu ' Ursula dankte mit einem leisen Neigen des Kopses. „Sck lege meine Trauer nie ad," murmelte ste. Die kleine Rotbäckige wußte darauf nichts zn antworie» und verschloß wieder ihre Bürste nist Mühe und Rot in der null gepfropften Riesenhandtasck^, aus der Wäsche, Apfelsinen, Va nane» und Ansichtskarten quollen. Die Natur wurde jetzt immer schöner. Näher noch trat das Meer heran, steiler wurden di« Felsen auf beiden Seiten. Ast- ein schneeweißes Band zog sich die Brandung zwischen dem lies blaugrünen Mittelmeer und den rötlichen Felsen dahin. Hier unten blühte alles. Purpurteppiche von Azalien zwängten sich leuchtend zwischen Meer und Land. Setzt kam Antibes in Sicht, wo seinerzeit Napoleon auf seiner Flucht von Elba landete. Dann Nizza, Monaco auf steilem Felsvorsprung Monte. Und ein Blühen und Sonnengold, sa weit das Auge sah! Myrten und Oliven, Orangen und Pi nien, so wechtelte es in bunter, üppiger Verschwendung. Die kleine rotbäckige Lehrerin trippelte von cinem Fuß auf den andern. „Setzt sind wir gleich in Mentone. Sch wohn- i» eine,» ganz billigen Heim hoch auf den Felsen. O. wir sind da!" Und während der Zug pfeifend und keuchend kielt, zog sie schnell eine Visitenkarte aus ihrer umfangreichen Tasche nnd legte sie Ursula auf den Schoß. „Es könnte doch kern, daß Sie mich einmal brauchen." ßrgte sie leise. Damit war ki« auch schon ausgestiegen. Ursula sah gleichgültig aus die Karte. .. . (SvstKtzUM folgt.) . i . _