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— (Die Auslieferung Hindenburgs und' Luden dorffs verlangt) Der Pariser „Temps" meldet, wie aus Zürich berichtet wird, daß die Auslieferung des Marschalls Hindenburg und Generals Ludendorirj von den Myrten beschlossen worden ist, wegen der Zerstörungen, die beim Rückzug der deutschen Heere planmäßig und ohne strategische Notwendigkeit oin dem deutschen Generalstab angeordnct wrrdcn jcicu. Für diese Z.rstörungen allein habe Deutschland jetzt 17 Milliarden Mark Schadenersatz zu leisten Tie Anklage gegen den Kaiser werde nicht wegen der Führung, sondern wegen der Urheberschaft am Krie ge erhaben — (Zur Rückbeförderung unserer Kriegsgefangenen aus Frankreich.) Im Saargebiet und in der Rhein pfalz sind weitere Züge mit deutschen Kriegsgefan genen ang kommen. 8000 Gefangene und .Man-' ke, die in der Pfalz und im Saarbeckeu beheima tet sind, sind bisher eingetroffen. Tie Züge werden im Lause der beiden nächsten Wochen auch solche Ge fangene zurückbefördern, die im Rheinland, uucü be sonders in der Olegend von Mainz und Worms be heimatet sind. Tie im Saarbecken eingctroffcncn Ge fangenen säosn ans, daß sie in her letzten Zeit bei den Franzosen eine bevorzugte Behandlung gegen über den anderen deutschen Kriegsgefangenen gena sen hätten / — (Neu? Bedingungen für die Rückgabe dec Kriegsgefangenen?) Aus Basel wird gemcldcc' Zu der Freigabe der deutschen Gefangenen bürt inan, daß Frankreich an die Rücksendung eine Bedingung geknüpft haben soll, die für Deutschland ickstechter- dings ni.bt erfüllbar ist, und daß man in der deut schen Del gatis,,, in Versailles hofft, daß Frankreich von dieser Forderung abstehen werde. Es «oll sich um eine gewisse, einige Hundert nicht übersteigende Anzahl französischen Kriegsgefangenen bandeln, die sich noch in Deutschland befinden sollen, seren Aufenthalt aber der deutschen Regirung selbst unbe kannt ist und deren Rückgabe Frankreich fordert. — Dieses ungeheuerliche Gerücht, das mit einer weite ren Zurückhaltung unserer .kriegsgefangenen drobt, ist bisher nicht bestätigt worden- Aus Nah und Fern. Lichtenstein, 8. Juli l9n). Slstdttvereiuignng. Durch Annahme des Ortsgesetzes über die Bereinigung von Lichtenstein und Callnberg am l. Januar 1920, die gestern Abend in den Sitzungen beider städtischer Kollegien ersolgte, ist die Einverleibung nun endgültig be schlossen. An der ministeriellen Zustimmung hierzu darf wohl nicht gezweifelt werden. *— Bernf«ng. Der am Lallnberger Lehrerinnen- Semtnar tätige Herr Musikdirektor Saalheim ist als erster Musiklehrer an das Seminar in Auerbach berufen worden. — Schiedsspruch und. Streik Unter T l- nahme der bargvaulichen Vereine Zwickau Lngon- Oelsnitz, des sozialdemokratischen Bergacbeiiceoer - bandeS und des Gewcrkvereins christlicher Bergarbei ter Deutschlands tagte am Sonnabend in Zwickau das von dr Regierung einberufcnc Schiedsgericht zur Bnlegung dcr Lo'euwrcft gleiten im sächsischen önftn- kohlenvorgbau. Zwischen den Werksbesitzern a. den Arbeiterverbüuden wurde über den Hauptstreitvunll eine Einigung erzielt. Es werden mit Wirkung oom 1. Juli die Schichtlöhne nm 70 Prozent erhöht. Auf die Gedinge erfolgen 4o Prozent Zuschlag für die Elrubenacbeiter und 20 Prozent für die Tazarbcitce lieber eine Entschädigung für den Juni wurde ein Schiedsst>rr.ch gefällt, wonach den Arbeitcrgruppcn für die geleistete Schicht 50, 75 und 100 Pfg. nackge- zahlt werden. Der UnternehMervcrband und die bei de,' Be» gar heiter arganisationen gaben ihre Zustim mung . — Aus Unzufriedenheit über den gefällten Schiedssvcuch find die Bergarbeiter aus dem Lu- gaufte, Gersdorfer, Oelsnitzer und Zwickauer Wer ken gestern in einen teilweisen Streik cingetccken, lväl»-enL auf den Höhndorfer Gruben unter Pro test gegen den Schiedsspruch jetzt noch voll gearbei tet wird. Ob auch die Belegschaften hier j» einen neuen Streik mit hineingerissen werden, wird sich in den nächsten Tagen ergeben. *— Ki«dergottesdie«ft-S»m»erfeft. Es war unsern Kindern von Herzen zü gönnen, daß strah lender Sonnenschein über dem Feste lag, welches der „Kindergoltesdienst" unsrer Stadt seinen Be suchern am vergangenen Sonntage bereitete. Nach mittags ' ,setzte sich vom Schulhose aus o r lange Zug von GlO Kindern in Bewegung — Trom meln und Fahnen, bunte festtägliche Gewärrdcr, Korn blumen, Nelken, Rosen, wohin man schaute Es ging hinan' zum Albkrtinenhos, wo eine frischge- w.ätte, ovn Herr» Hofverwalter Vogel freundlichst.zur Verfügung g. stellte große Wiese zum Spielen cinlud. Tort entwich lte sich rasch ein fröhliches Treiben, vorn übermütigen Purzelbaum eines Dreikäsehochs bis z::m anmutigen Mädchenreigen. Und nicht weniger freundlich das Bild im Garten des Rümpfgasthanses, wo den Kindcru in Abteilungen zu ie hundert vor züglicher Milchkaffee mit einem Stückchen Zuckcr er reicht werden konnte. Tas städtische Lebcusmittelamt ebenso wie die gute Küche von Frau Kühn haben sich damit um die Kinder besonders verdient gemacht und viel hundert Eltern werden ihnen Tank wissen. Nach Standen kindlich sommerlicher Lust versammelte, wr Feftleihr, Herr Pastor Roch, die ganze Kinvcrichac zu eiucr kurze« Schlußandacht und dann gings, wie der iir langem Zuge, heimwärts. Tiefes Sommco- fest des Kindergottesdienstes war das erste Fricdcns-, fest, was übirhaupt in unserer Stadt gefeiert wurde Römte es eine Verheißung darauf sein, daß unsere Zukunft melv als unsere Vergangenheit dem gebo ren soll, der der rechte Frieden- und Frcudcnbrm.'ec heißt, Jesus Christus. —ch- Zur Beachtung! Tie Aufhebung der Ver ordnung, Vcnandserhebung von Schleifmitteln be weisend, macht das Wirtschaftsministerium in der Nummer vonl 7. Juli der „Sächsiscl-en Staats zsttnng" bekannt. ' ! *— Die Fleischralionierung kann, wie das Reichsernährungsuimistertum anders lautenden Meldungen gegenüber mtttetlt, zur Zeit noch nicht aufgehoben werden. *— Die Post schlügt auf. Nach einer Be- kanntmachung des Retcyspostministers werden ver schiedene Postgebühren wesentlich erhöht. So wird die Gebühr für die Eilbestellung von Briefsen- dungen, Postanweisungen, Wertbriefen, Abltefe- rungsscheinen und Postpaketen im Ortsbestellbezlrk fortan 50 Pfg. (blsher 25), im Landbestellbeztrk l Mk. (bisher VO Pfg. betragen, von Paketen 75 (40) und 150 (90) Pfg. Die Bestellgebühr für Pakete bis 5 Kilogramm ist auf 80, für schwerere aus 40 Pfg. festgesetzt. Ebenso kostet die Bestellung von Wertsendungen und das Abträgen der Post anweisungen mehr. Diese Aenderungen treten schon am 10. Juli in Kraft, unbeschadet der be vorstehenden allgemeinen Erhöhung der Postg bühren. * *— Reiseerlaubnioscheiue für Arbeiter. Die Gendarmeriestation der Sächsischen Staatseisenbah- nen hat sich damit einverstanden erklärt, daß in gleicher Weise wie für die Angestellten auch für die Arbeiter der Industrie, des Handels und des Ge werbes, die mehr als 6 Tage beurlaubt sind, Reise erlaubnisscheine für eine einmalige Erholungsreise (Hin- und Rückfahrt) verabfolgt werden, ohne daß die Notwendigkeit der Reise durch ärztliches Zeug nis nachgewiesen wird. Es muß aber verlangt werden, daß von den betreffenden Arbeitern den in Frage kommenden Dienststellen eine von der Han delskammer beglaubigte Bescheinigung ihrer Firma auf vorgeschriebenem Vordruck vorgcleqt wird. *— Ausfuhrerlaubnis für böhmische Brau«, kohle. Wie die Kohlenauagleichstelle Dresden uns mitteilt, hat die Prager Regierung die Genehmi gung erteilt, daß böhmische Braunkohle nach Sachsen ausgesührt werden darf. *— Die Schieber mache« Ausverkauf. In der „Sachs. Landeszeftung" lesen wir: Nunmehr kann man in den Läsen wieder Kaffee, Kakao, Schokolade, Reis usw erhalten. Diese und an- dere Waren werden außerdem noch im Inseraten teil der Tagespresse von auswärtigen „Export- Häusern" oder „Einkaufsgesellschaftsn" angepriesen. Waren, die bisher völlig vom Markte verschwunden waren und auf einmrl wieder vorhanden sind. Noch suchen die Schieber auf Preis zu halten, aber das Publikum soll nur weise Zurückhaltung be obachten- Der Preis für Bohnenkaffee wird rapid sinken, wenn das Publikum Zurückhaltung übt und nicht jeden geforderten Preis bezahlt, denn Kaffee ist in Ueberfülle vorhanden. Die Schieber suchen deshalb ihre Ware so schnell wie möglich zu den bisherigen hohen Preisen los zu werden, weil ein Preissturz dieser Waren unzweifelhaft be- vorsteht. In einigen Städten wird bereits Kaffee pro Pfund mit 10—18 Mark verkauft. Wenn die Bevölkerung, die sich jahrelang des Bohnen kaffees hat entwöhnen müssen, sich noch einige Wochen beherrscht, so wird der Preis des Kaffees aus die Hälfte gesunken sein. Bor allem hüte man sich auf lockende Angebote auswärtiger Firmen, die mit ihren alten zurückgehaltenen Waren räumen wollen, hereinzufallen. Es ist das bedauerliche, daß die Genußsucht des Publikums den Schiebern das Handwerk so unendlich erleichtert. Eallnberg. (Frecher Felddtebstahl.) In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurde einem hiesigen Besitzer auf seinem Felde eine große Fläche Klee abgemäyt und weggcfahren. Die Ermittelung der Diebe ist noch nicht gelungen. Glaucha«. (Zwei große Einbruchsdiebstähl^) wurden in unserer Stadt wieder verübt: In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde in der mechanischen Weberei in der Gartenstraße einge brochen, wobei den Dieben für etwa 4000 Mark Kleiderstoffe, Kunstseide, Kostümstoffe und^Rohstoffe in die Hände fielen. Die Waren sind sogar zum Teil von den Arbeitsstühlen heruntergenommen worden. Der andere Diebstahl, der erst jetzt ent deckt wurde, ist bereits im Laufe der vergangenen Woche bei der Firma Pfefferkorn u. Co. verübt worden, wobei die Diebe für etwa 4000 Mark gute Retchswolle erbeuteten. Als Täter wurden 2 Brü- der ermittelt, von denen der eine bei der bestohle nen Firma in Arbeit stand. Die gestohlene Ware konnte zum Teil wieder herbeigeschafft werden, zum Teil mar sie bereits verkauft. Glaucha«. (Ein vielversprechendes Bürschchen.) Ein bei einem Bäckermeister in Remse in Stellung «Durch lreMe ZchM. » Sloman von Fritz Brentaaa ; Nachdruck verboten „Glücklich bin ich, Mei« Kind!" jubelt? Wiener, sie in seine 2aeme reißend. „Glücklich, zum rn.cn- mal wieder seit langen, schweren Jahren! Und auch Tu sollst c^ werden, meine Gertrud, mein >nnd, an dem ich mich so schwer Versündigte " — „Liebel Ve.ler", unterbrach ihn das erregte Mäd- ' Oen, „sage/'S nickt —" „Ja, ich weiß, was Du um mich gelitten Haft; - aber ich wist cs sühnen mein Kind, jetzt, wo Schunde ' and AaMach von mer genommen sind, nnd .'.lies t wieder gut werden kann-" f „Vater —" H „Szrich nicht", rief er, sie zu einem Stuhle dcäu- - gend; sese Dich und Here mich an, damit Du eudeich ' alles erfährst, was bis jetzt zwischen Dir und Tei- - neM unglücklichen Vater lag." Und nun ^zählte er der in fieberhafter Spannung ' auflwrch^ndcn Tochter die lange Geschichte seines j leidensveften Lebens — erzählte ihr, was sie bis- s her nur andeutungsweise erfahren, in asten Einzel- i heften, und wie er zu jener Verfehlung gekommen, i die er mit dem Zusammenbruch seiner ganzen Existenz k so schwer büßen mußte. i Heiße Tränen rannen dem Mädchen beim Anhörcn > dieser tranr gen Lebensbeichte des geliebten Barer« ! über die blassen Wangen. Aber sie wandelten sich in Fceudentränen als sie erfuhr, was henke geschehen, - und daß dem Vater die schwerste Last — die nagende ( sorge um die Rückerstattung der veruntreuten Tum-? IN' -- endlich vom Herzen genommen sei. Die Nackt war längst hereingebrochen, aber die Glücklichen bemerkten es nicht. Hand in Hand saßen si? beisammen, und das Haupt Gertruds ruhte an der W-usr des Vaters, der, das fühlte sie, von dieser stunde a„ ^cm Leben wiedcrgcgcbcn war. „Vater, lieber Vater", slüsterte sie, „darf ich Dir nun auch etwas anvertrauen?" „Alles, mein Kind", ftrach er, „alles?" „H>rr von Kolbe ist hier —" „Ich weiß es!" antwortete er. „Ich irai ihn heute morgen vor meiner Zusammenkunst mft jcncw Exote Er ist noch der alte, liebe Junge von da mals. Er wird nns besuchen — und Tu wirst ihn streichen." „Ick, habe ihn bereits gesprochen", erwiderte Gert rud, das Haupt wegwendend, leise. „Wie?" ries Wiemer erstaunt. „Ja, Vctcr. Ich las, daß er hier sei, und habe ihn ausgesucht. Frage mich nijckt, warum und wo zu — nur eins sollst Du wissen, Vater — daß es um Deinetwillen geschah." „Und wie nahm cr Dich auf?" Säe zögerte einen Augenblick; dann schlang st? die Arme um seinen Hals und flüsterte: ! „Er sagte mir, daß er wegen meiner nach Deutschland gekommen sei — und (ragte M'ch. ab ich sein Weib werden wolle, damit wir gemeinsam für Tich sorgen könnten." „Tas hat <r gelan", ries Wiemer, „trotzdem ec alles wußte? Abcr ich habe es immer gesagt, daß er ein vornehmer Charakter ist. Und was Haft Tu ihm gcantiv><tet, mein Kind?" „Ich habe ihm gesagt, daß ich niemals dm Seine weiden könne!" Ter Rechtskonsulent sah seine Tochter überrascht an. ' , - „Und warum wiesest Tu ihn ab?" fragte er. Tas Mädchen schwieg verlegen- ( A,..j „Ann, hast Tu keiue Aniwort für mich?" „Toch. Vater. Tenn jetzt sollst Du es erfahren: Ich wußte um Tein trauriges Geheimnis —" „Gertrud —!" ?. ,^Ia, Vastr. Und in dem Glauben, daß Herrn von Kolbe Deine Vergangenheit unbekannt ist, hielt ich es für meine Pflicht, seinen Antrag abzulehner^" „Mein armes Kind!" sprach gerührt Wiemer, „so wolltest Tw auch dieses große Opser für Deinen al ten Vawr (ringen!" Cr hob ihr Haupt empor, blickte ihr tief in die Augen und fragte: „Nun, wie denkst Du jetzt über diesen Antrag " „Ich wcrde Dich nie verlassen, Vater", antwor ¬ tete Gertrud, sich abwenden. (Fortsetzung folgt.)