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Beilage des „MMm-EM»«« Tiaeblatt" Nr. 122. Donnerstag, den 29. Mai 1919. Gesetz über die Derglltung von GebSndefchüden bei der Landesbrandoerficherungs-Anstatt. Dresden, 20. Mai. DSZ. Der Volkskammer ist ein Entwurf eines Gesetzes über die Vergütung von Gebäud schaden bei der Landcsbrandversicherungs-Anstalt von der ' Regierung zugegangen. Darnach soll die Landesbrandver- sichcrungs-Anstalt, Abteilung für Gebäudeversicherung, den an einem Gebäude durch Brand, Explosion oder Blitzschlag entstehenden Schaden, abgesehen von einem etwaigen Altcrs- und Abnutzungsabzuge, nach dem vollen Wiederherstellungs werte bis zur Hälfte der Versicherungssumme unter Berück sichtigung der diesbezüglichen Vorschriften des Gesetzes über die Landesbrandvirsicherungs-Anstan vom 1. Juli >910 er setzen. Reicht die Versicherungssumme nicht aus, um die festgestellten Schäden zu decken, so wird zu dieser Deckung ein Zuschlag gewährt, der 20 v. H. der Versicherungssumme nicht übersteigen darf. Mehr als der Betrag der Schäden ivird nicht gewährt. Die Wiederhelstellungskosten sind nach- zu'vciscn. Wenn der festgeslcllte Betrag lOoO Mark oder mehr betrügt, die nachgewiesenen Wiederhcrstellungskosten aber 20 v. H. der gewährten Schadenvergütung übersteigen, so können aus besonderen Gründen Bauunterstützungen ge währt werden. Dasselbe gilt unter denselben Voraus setzungen für die erledigten Versichcrungssälle, bei denen die Schädenvergütung bereits ganz oder teilweise ausgezahlt morden ist, wenn sie nach dein öl. Dezember >915 eingetreten sind, und sür Persicherungsfälle, bei denen die Schädenver gütung noch nicht ausgezählt worden ist, wenn sie nach dem 51. Juli 1914 cingetreten sind. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes ist heroor- zuheben, das; die gewaltige Steigerung der Bauprcise wäh rend des Krieges zur Folge gehabt habe, das; die Kosten der Wiederherstellung eines durch Brand, Blirschlag oder Ex plosion beschädigten Gebäudes durch die Schadenvergütung in den meisten Fällen selbst dann nicht mehr gedeckt werden könnte, ivenn das Gebäude keinen sogenannten Altersabzug hat, wenn also sein Zeit- oder Versicherungswert mit dem Neubauwerte noch übercinstimmt. Dies ist in der Haupt sache darauf zurückzusühren, das; die meisten Gebäude jetzt unterversichert sind. Der vorliegende Gesetzentwurf war bereits vor der zweiten Kammer in der Sitzung am lö. Mai 19.8 einstimmig angenommen worden, Die erste Kammer hat ihn ivegen Vertagung der Stündeversammlung nicht noch beraten können. Vom engeren Ausschuf; für die Gebäude versicherung der Landesbrandversicherungs-Anstalt wurde da her die Wiedereinbringung der Vorlage befürwortet. Hem y Potters Selbstdiographic. Unter dem Tittel »Wie Ich wurde" hat die beliebte Film schauspielerin Heung Porten eine Selbstbtographie er scheinen lassen. iBerlin, Dolkskrast-Verlag, G. m. b. H, Preis 2 Mark.) Wir geben aus dem unterhaltsan en Buch einige Stellen ivieder. In meinen Adern fliesst richtiges Theaterblut. Mein Va ter, Franz Porten, war Opernsänger und leitete in späteren Jahren selbständig eineReihe gröfererTheaterunternehmungen. Im Jahre Id9>, in der Dreikönigsnacht am 7. Januar, wurde ich zu Magdeburg, wo mein Baler am Theater engagiert war, geboren Als Kind soll ich sehr resolut gewesen sein, und mein Va ter erzählt mir ost, daß ich als Kind tapferer gewesen sei. Mein Vater nahm mich oftmals mit aus die Bühne und gab mir auch in einzelnen Stücken kleine Solorollen. Er legte damit den Keim für meine spätere Künstlerische Entwicklung in mich. Wenn in den ersten Jahren meiner Kindheit die Eltern gern davon sprachen, mich der Schauspielkunst zuzuführen, so war in der Zeit von meinem 7. bis zum IO. Lebensjahre nie die Rede davon. Ich ging zur Schule, ich hatte zu lernen. Ich mutzte Handarbeiten machen und wurde erzogen wie jedes andere Kind. Wenn meine Eltern den Tanz, körperliche Bewegungen, Deklamationen u. Musik in unseren vier Wänden bei uns Kindern förderten, so taten sie das doch in einer Weise, das; wir die Absicht nicht merkten. Wir fanden es schön und hatten Vergnügen daran, wenn sich mein Vater ans Klavier setzte und meine Schwester und ich nach seinen Melodien Tänze improvisieren durften. Me ich »um „Rlm" kam. Eines Tages ging ich mit meiner Schwester Rosa spazieren. Wir begegneten auf dem Weg« einer blinden Frau, und das Elend und die ungeheure Tragik dieser Gestalt erschütterten mich ganz außerordentlich. Wieder zn Hause, erzählte ich meinen Eltern das Erlebnis und ahmte den Gang der Blinden und ihre Haltung nach, um meinen Eltern einen Eindruck des fürchterlichen Elends zu geben. Meine Schwester war von dieser Wiedergabe so ergriffen, daß sie mir den Vorschlag machte, doch einmal im Film eine solche Rolle zu spielen. Sie schrieb für mich einen Film, beutelt „Liebesglück einer Blinden". Mit dem Manuskript gingen wir gemeinsam zu Meßter und lasen es dort vor. Herr Meßter fand das Stück sehr gut, sagte aber, er wisse nicht, wer die Rolle spielen solle. Rosa wies auf mich. Der Film wurde gemacht, ich wurde für die Hauptrolle engagiert, und als dann der Film erschien, hatte er einen so außer- ' ordentlichen Erfolg, daß die Theaterbesitzer immer wieder schrieben, ob nicht bald wieder ein Film herauskäme mit der blonden Darstellerin der Blinden in der Hauptrolle. Ich wurde daraufhin von der Meßterfilm-Gesellschaft mit dem phantastischen Gehalt von 250 Mark engagiert. Die Filme seiner Zeit waren, wenn man sie mit dem heutigen vergleicht, wenig schön. Jeder weiß ja, wie die Gebildeten über das Kino gelacht haben, das damals ledig lich ein Theater armer Leute war. In der Tat waren die damaligen Filme in keiner Beziehung von Wert. Aber es sollte ja auch unsere Aufgabe sein, mit weitergehender Ent- wicklnng der Industrie, fortschreitender Vervollkommnung des technischen Apparates Besseres zn schaffen. Mein Arbeitstag. Wenn ich am Vormittag mein Zimmer betreten habe, dann bringt mir der Bureauchef die Post. Das sind meistens Anerkennungsschreiben, Liebeserklärungen, Bitten um Auto gramme und so fort. Ein großer Teil der Briefe aber ent hält Anfragen, wie man Filmschauspielerin wird oder „ob man nicht Filmschauspielerin werden könnte, weil man es doch so schrecklich gern möchte und weil der Onkel Max gesagt habe, daß man so sehr viel Talent habe." Wenn ich über all diesen Briefen mal vergesse, auf die Uhr zu sehen, dann wird plötzlich die Tür ausgerissen und mein gestrengster Regisseur Rudolph Bibrach stürzt herein. So werde ich erst mal ausgeschimft. Aber es geschieht mir ganz recht, denn vom ersten Tage an, an dem ich das Filmatelier betrat, bis zu dieser Stunde gab es nur eins: besinnungslos arbeiten, nur für den Film leben, nur immer arbeiten. Entweder an sich selbst arbeiten oder im Atelier. Es muß der Filmschauspieler viel mehr als der Bühnen schauspieler auf seine Bewegungen und auf seine Haltung achten. Er hat dabei auch noch einen viel enger begrenzten Raum; denn das Spielfeld ist nicht die Bühne, sondern der Blickwinkel des Objektivs, der im Atelier innerhalb der Dekorationen durch weiße Bänder abgegrenzt ist. Bewegt man sich aus diesem Winkel heraus, dann kann es einem passieren, daß man auf dem Bild plötzlich keinen Kopf mehr hat oder daß einem ein Arm fehlt oder daß man überhaupt verschwunden ist. Ein Künstler, der an sich arbeitet, darf nie mit sich zu frieden sein , denn in dem Augenblick, wo er zufrieden ist, ist er sicherlich schlecht. Ich habe stets, wenn ich im Film spiele, den Eindruck, daß ich ungeheuer schlecht und steif fpiele. Während der Szene weiß ich überhaupt nichts Ich bin vollkommen in meiner Rolle und höre und sehe nicht- äußer dieser Rolle; Natürlich sind in kurzen Proben vorher die Bewegungen einigermaßen festgelegt worden. Aber das ist nur rein änßeriich. Das wirkliche, geistig vertiefte Spiel tritt erst dann ein, wenn ich mit der Rolle vollständig ver wachsen bin. Ausblicke. Ich habe die Anfänge der Filmkunst mit erlebt. Mein ganzer Lebensweg war Arbeit für den Film. Arbeit, um die Kunst in den Film hineinzutragen. Es wird sicherlich eine Zeit kommen, wo der Film neben der Bühne das Aus- drucksmtttel höchster und reinster Kunst s in wird. Um dazu zu kommen, bedarf es ehrlicher, anständiger und ideal ge sinnter Menschen, die für die Entwicklung der Filmkunst arbeiten. Es war mein Streben mein ganzes Leben lang, ein ehrlicher und anständiger Mensch zu sein. Die anderen Menschen hab« ich nie für schlechter gehalten als mich, und deswegen glaube ich auch, daß der Film da« werden wird, wohin hn zu führen mein Ideal war nnd ist, zum künst lerischen Erlebnis.