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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 27.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192211274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19221127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19221127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-27
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
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-- Lloyd Georae Hal einen Verlraa mit 1 Missionsnothilfe-Sammlung. Die grobe Sammlung lür die Liebeswerke der Inneren Miision in Sachsen, welche zurzeit In ganz Sachsen im Gange ist, ist von gutem Erfolg begleitet. Die bei der Dres dener Zentrale eingelanfenen Beträge lauten sehr erfreulich, so sammelten z. V. die Kirchgemeinden (Frankenberg, wo augenblicklich noch gesammelt wird, darf hier nicht nachftehen, gebe daher jeder eine größere Ergiebigkeit der Erzeugung von Einkommensteuermarken in erreichen, werden nun mehr äuch die höheren Markenwerte statt in dem zeitraubenden Kupferdruckoerfahren künftig in dem schnelleren Vuchdruckoerfahren angefertigt. Da außerdem auch Marken zu 500 Ml, 1000 Mk. und IW000 Mark, Friedensgemeindc Löbtau 6800 Mark. In, Dresden halte die Strabensammlnng dank der Mitwirkung der Polauncnchöre den bisher höchsten Erfolg einer Siraßenjammlung nämlich 550000 Mark. Bei der zunehmenden Geldentwertung steigt aller dings auch die Summe, welche nölig ist, um die Liebeswerke der Inneren Mission vor dem Unter gang zu retten. Sie beträgt zurzeit ungefähr 30 Mil lionen Mark. f Die Kohlenkuappheit ln der sächsischen Industrie. In den privaten Großbetrieben herrscht zurzeit ein allgemeiner Mangel an Vetriebskohle. Seit Juni fehlen monatlich für Industrie- und Hausbrand 150000Tonnen Steinkohle und 230000 Tonnen Briketts. Die Minderbelicferung gegen über der Vorkriegszeit beziffert sich für die Industrie aus 30 Prozent. Die Industrie Hilst sich zurzeit durch den Bezug von wesentlich verteuerter Aus- landskohle. Die Betriebsräte einer Reihe von Be trieben werden dauernd beim Arbeitsministerium vorstellig, um eine bessere Belieferung deutscher Kohle durchzusetzen. Tatsache ist, daß eine Anzahl Betriebseinschränknngen und Stillegungen aus Mangel an Kohle erfolgt sind s Beispielswiesen. Der Lande-kulturrat be absichtigt, Beispielswiesen in ganz Sachsen einzu- richten, durch die der Beweis geführt werden soll, daß der Ertrag unserer Wiesen erheblich gesteigert werden kann und daß die Landwirllchast dadurch in der Lage ist, sich inbezug auf die so nötige Be- Ms Mtz VMMM Frankenberg, den 27. November 1022. s Der gestrige Totensonntag stand unter keinem freundlichen Stern: Sturm und ein naßkaltes Schneetreiben waren seine unerwünschten Begleiter und machten den Gang zum Friedhof für viele zu einem förmlichen Wagnis. Und dennoch! Die dankbare Liebe und das treue Gedenken hielten dem garstigen Wetter stand: vom frühen Vormittag an bis zum späten Nachmittag wurden Kränze und Blumen nach den stillen Hügeln getragen. Lange dauerte es allerdings nicht, bis der Schnee mit den friedlichen Ruhestätten auch den Blumenschmuck unter seine weiße Decke nahm. Die Gottesdienste in unserer Stadtkirche, die auch im Zeichen des Ge dächtnisses der Toten standen, waren recht gut be sucht. Das alte Kirchenjahr hat mit dem gestrigen Sonntag seinen Abschluß gefunden. Ganz leise mischte sich in den gestrigen Glockenklang das Grüßen der frohen, verheißungsvollen Adventszeit. Nun sind sie da, die Tage des Advents! Mögen sie halten, was man von ihnen erhofft! - Dem „Journal des Tebats" zufolge mir- die Neparattonskommission nicht nur damit betraut werden, die Brüsseler Kon ferenz vorMberoiten, sondern selber auch cmgela-cn werden, an ihr in offizieller Stellung tcrlzunehmen. einer großen amerikanischen Nachrichten- Agentur abgeschlossen, wouach er dieser eine Ncihe wichtiger Artikel über iuteruatiouale Fragen liefern wird. -- „Daily Telegraph" glaubt melden zu können, das, in der Frage der interalliier ten Schulden die neue englische Negierung bereit sei, gcwie Punkte der Baliournote einMschränken oder zurück,zuuehmeu. Seltsame Beauadi«ttt«geu iu Sachsen Vor einiger Zeit war es auch in Zittau zu schweren Ausschreitungen gekommen, über die wir damals berichtet haben. Die Täter sind dann von den ordentlichen Gerichten verurteilt worden, aber sie brauchten nicht lange zu büßen, sofern sie ihre Strafe überhaupt schon angetreten hattest. Wie von unterrichteter Seile verlautet, sind alle Verurteilte begnadigt worden. . Mit den in Dresden festgenommencn »7 Plün derern und Hetzern, so schreiben die „Leip,. N. N.", wird es wahrscheinlich genau so gehen. Die Arbeit der Polizei und der Gerichte ist völlig wertlos, und der Erfolg solcher Begnadigungen würde darin be stehen, daß die Unruhestifter und Plünderer bei nächster Gelegenheit wieder anfangen. Eine der kommunistischen zehn Forderungen, denen die So zialdemokraten ihre Zusage bereits gegeben haben, besteht in der Amnestierung aller von link« her be gangenen politischen und Notverqehen. Vie sozia listische Regierungspartei lädt mit Annahme dieser Forderungen eine schwere Verantwortung auf sich. gefangener e. B. veranstaltete Gedächtnisfeier statt. Nack einleitenden Worten des ersten Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft, Großmann, gedachte Reichs lagspräsident Löbe der Toten des Weltkriege« und knüpfte daran die Mahnung, in Zukunft dafür zu lorgen, daß nie wieder ein solches Unheil die Mensch heit treffe, und ermahnte, den Geist der Versöhnung und Liebe zu pflegen, der allein eine Gesundung der Völker bringen könne. . -- Die Verhandlungen gegen die Schek« demann-Attentäter. Der Prozeß gegen den Kaufmann Hnstert und den Landwirt Oelschläger, die des Mordverdachtes an dem Kasseler Oberbürgermeister Scheidemann augeklagt sind, ist vom Staats,-Gerichtshof zum Schuhe -er Republik aus den -1. Dezem ber d. I. angescht worden. Es sind 11 Zeu gen und zwei Sachverständige geladen. Der Prozeß dürste drei Tage in Anspruch neh men. -- Eberts Antoslaggen. Der Offenbacher Schriftkünstler lind Kunstgewerbler Rudolf Koch hat vom Ncichskttttstwart den Auftrag zur Anfertigung von zwei Reichsadlernig- gen für den Gebrauch im persönlichen Dienste des Reichspräsidenten erhalten. Die Autoflaggen werden in Seide ansgeführt. -- Verbot von „Nahkampfmittela" in Bayern. In Bayern ist durch Ministerial- verordnug das Tragen von Nanfringeu, ' Schlagringen, Totschlägern, Schlendern aller Art, Knüppeln ans Gummi, Holz, Metall oder anderen Stossen verboten wor den. mahnen zu gleicher Treue und gleichen Opfern für unser Volk und Vaterland auch in unseren Tagen. Für uns gaben die Helden alles hin, ihr Leben und Kut, sie gaben es hin mit heiligem Mut- Für uns. Nach der Ansprache sang der Franken berger »Liederkranz", „Ich halt' einen Kameraden"; dann legte ein Vertreter des Vereins „Nachbar bund" einen Kranz nieder. Nach dem Gesang des Liedes „Wie könnt' ich Dein vergessen" sprach der 2. Vorsitzende des Denkmalsvereins, Herr Haltestellenvorstand Reich für seinen Verein das Gelöbnis aus, das Ehrenmal zu pflegen und durch Anlagen zu verschönern, wozu er um die Unterstützung aller Ortseinwohner bat. Der Gesang des Chorals: „Jesus meine Zu versicht" beendigte die würdige Feier im Saale. Dann zog der lange Zug der Anwesenden nach dem am ehemaligen Scheibenstand der Freihand schützen stehenden Ehrenmal. Beim Nahen des Zuges spielte ein Bläserchor den Choral: .Es ist bestimmt in Gottes Rat." Da« lebhafte Schnee treiben machte ein längeres Verweilen an dem Denkstein unmöglich. Nach der Kranzniederlegung, von Angehörigen der Gefallenen und Vereins abordnungen löste sich der Zug auf. LOO Mk. in Vorbereitung sind, wird dem Mangel an hochwertigen Einkommensteuormarken in naher Zeit abgeholfen sein. Von Zuschriften an die Ober? postdirektionen, Postämter und Zeitungen in dieser Angelegenheit kann daher abgesehen werden. Schlechter Stand -er Winter saat. Nach --cm Saaten-sban-Abc richt -er PrclSberichtsstcllc -es Deutschen Lanö- -wirtschastsrates hat -ie niMinstmc Wit terung im Nachsommer und Herbst sehr nachteilig auf die Bestellung -er Winter saat gewirkt. Die Bestellung hat durch die vielen Niederschläge, die die Kartoffel- und Nübcnernte stark verzögerten und erschwer ten, gelitten. Anfang November stand noch in einigen Gegenden Getreide auf dem Felde. Infolge der späten Aussaat und der zumeist durch den Regen ungünstig be einflußten Rodenbeschaffenheit ist -er Stand der Wintersaaten wenig günstig. Die Santen entwickeln sich bei andauernd naßkaltem Wetter, nur langsam nnd stehen recht di nur. Besonders Ser Weizen ist in der Entlvicklnng stark zurück. Da die Ve-' stellunaSarbeiten noch in vollem Gange sind, würde ein plötzlich eintretender Frost außerordentliche Schäden anrichten. Nur das srühgcsäte Wintergetreide zeigt bislang einen einigermaßen befriedigenden Stand. Etwas günstiger wird der Stand der Ocl- früchte beurteilt, der jedoG nicht an den des Vorjahres heranreicht. Während im Vor fahre die.Kartoffelernte erledigt unr, mir- tn-öiesem Jahre noch von 23 Prozent -er Berichterstatter gemclöet, daß die Ernte noch im hiange ist. Noch weiter zurück ist die Einbringung -er Zuckerrüben. Viel fach war die Rüben- und Kartoffelernte nur -nrch Zuhilfenahme von Schülern nnd Stu denten zu bergen. Die Arbeitsverhältniffe in der Landwirtschaft werden von Tag zu Tag schlechter. Immer mehr Arbeiter wan dern in die Industrie und das Baugewerbe rb. Zu-gleich wird von vielen Seiten be richtet. daß -ie Arbeitsleistung -es Ein zelnen dauernd abntürmt. Politische Nachrichten -- Neich»taq»vr8sident Löbe bei -er Gedächt nisfeier für die Toten im Weltkrieg. Am Toten sonntag sand im Plenarsitzungssaal des Deutschen Reichstages eine von der Arbeitsgemeinschaft Groß- Berlin der Reichsvereinigung ehemaliger Krlegs- nach seinen Kräften) Klingenthal über 70000, Eiben- a»reer^.. üock über, 200000, Epv-ndors 97000 Mark. Aus Wtoeakl -er ^Fiteren DrtMoN f Dresden find folgende Beträge zu verzeichnen: Drei- königsoemeinde über 120000 Mark, Kreuzgcmeinde Liste sttzi sich aus. sokaenden Ziffern zulammen: 9775 Prostssore» und Lehrer, 8800 Aerzte, 355250 andere JwellekMelle, 1213 Priester, 51650 Ossiüere, Ü500OO Soldaten, 59000 Polize^-""^, 12950 Grundbesitz r, 192350 Arbeiier. w .iW Bauern. Im oanzen wurden also 1856118 Personen von den Sowjets hingerichtet. 1' Letzter billiger Sonntag auf der Eisenbahn. Gestern gab es wieder einmal einen letzten billigen Sonntag auf der Eisenbahn. Obzwar man sich an solche Dinge nachgerade schon gewöhnt hat — einen letzten billigen Sonntag gibt es jetzt fast jeden Monat einmal — war der Andrang auf allen Bahnhöfen, auch in Frankenberg, ein außergewöhn lich starker. Das starke Schneetreiben u. a. hatten wieder die üblichen Verspätungen zur Folge. Man wartete eine, man wartete auch zwei Stunden und war trotz allem Schnupfen letzten Endes doch noch froh, mit fortznkommen. Aber niemand frage nach dem Wie! Zerquetscht und zerbeult kam man schließlich am Ziel seiner Wünsche an, mit dem festen Vorsatz, vor dem nächsten billigen Sonntag nicht wieder zu verreisen! Wie lange wird da« wohl dauern? i Die Zahlung der Milttärverforgungsgebühr- nisfe für den Monat Dezember findet beim hiesigen Postamte Mittwoch, den 29. November 1922, statt, und zwar in der Zeit von 8 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags und von 3 bis 6 Uhr nachmittags an der besonderen Zahlstelle, von 1 bis 3 Uhr nach mittags am Postschalter U. Es wird daran erinnert, daß die-Nummernkarten mitzubringen und unauf gefordert mit den Quittungen vorzulegen sind. t Einkommensteuermarken. In letzter Zeit ist es den Postanstalten nicht immer möglich gewesen, die voni Publikum benötigten Einkommensteuer marken höherer Werte — zu 100 und 200 Mark — zn verabfolgen. Die Oberpostdirektion ist un ablässig bämiiht gewesen, die erforderlichen Mengen zu beschaffen, doch war die Reichsdruckerei, trotzdem anhaltend und mit allen Mitteln gearbeitet wird, nicht in der Lage, den Bedarf voll zu decken. -Um Schaffung der Futtermittel vom Au-kande unabt hängiger zu machen. Es wird angestrebt-mögliM in jedem Orte eine derartige Beipielswtese in GrM bk« zu einem Hektar einzurichten. Für die Vor? arbeiten werden die Oekonomiekommlssare de^ Landerkulturrak« und. die Wirtschaftsberater uH entgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Kosten der Einrichtung, eingeschlosien die Düngung des erste» Jahre«, werden al» Darlehen gegeben, das 3 JahrL zinsfrei bleibt und alsdann verzinst und kn möglichst kurzer Zeit getilgt werden fall. Anträge für Eirk richtung solcher Beispielswiesen sind an den Lande» kuliurrat zu richten. s Der Schadenersatz, der von der Post zn leisten ist, soll nach einem, dem Reichstage maer gangenen Gesetzentwurf mit Rücksicht aus die GeldI entwertung dahin erhöht werden, daß -et vey, lorenen oder beschädigten Paketen für jedes Pfun§ der Sendung höchstens 200 Mark gezahlt werdens Für den Fall des Verluste« einer eingeschriebene» Sendung werden 800 Mark gezahlt. s Gunnersdorf. Der gestrige Totensonntag? erhielt durch di«Weihe des KrtegerehrenmalE für unseren Ort eine besondere Bedeutung. - EH war ein glücklicher Gedanke, die Weihe de« Den« steine« an die im Weltkriege gefallenen OrtseiA wohner am Ehreytag der Toten, am TotenfonntäF vorzunehmen. Leider ließ das unfreundliche WettK die Durchführung der vorgesehenen Feierlichkeit^ nicht in der geplanten Folge zu. So mußte deim der erste Teil der Feier im Saale von NergH Safthof abgehalten werden. Hier hatte , sich eins tattliche Anzahl Ortseinwohner eingefunden, unlet ihnen die Angehörigen der Gefallenen und All» ordnungen von Vereinen mit prächtigen Kranz- penden. Nach dem allgemeinen Gelang des ChoralÄ „Es ist bestimmt in Gottes Rat' sang der Franken; berger Gesangverein „Liederkranz' unter Herr» Kantor Graubners Führung die Kriegerparole; „Morgenrot, leuchtest mir zum frühen Tod.' DaiM übergab der Schöpfer des Denkstein», Herr Architekt Hempfing, sein Werk der Gemeinde mit dH Mahnung, das Erinnerungsmal in dankbarer Liebes so zu.hegen und zu pflegen, als ob jeder einzelne der 26, dessen Namen in den Stein gehauen sind! für jeden einzelnen der Gemeindeangehörigen gk- allen sei. Len um die Gefallenen Trauernde» ries der Redner aber den Trost zu: „Wer für die deutsche Ehre den Tod im Felde fand, ruht; auch in fremder Erde im deutschen Heimatland."! 4err Gemeindevorstand Bunge übernahm das Denkmal namens der Gemeinde und stellte es unter deren Schutz. So groß die Lasten auch seien, die die Gegenwart auf die Gemeinde lege, so könnte» und dürsten sie doch niemals die Gefühle der Dank-' barkett für die Toten auslöschen, deren leuchtendes Vorbild der Heimat ein Ansporn beim Wiederauf-) bau des deutschen Vaterlandes sein sollte. So wie die Gefallenen ihr Leben für ihre Pflichterfüllung einsetzten, sollten auch wir alle unser Leben einsetzen für die Pflicht der steten Dankbarkeit an jene Heiden.' Pfarrer Sell lenkte in seiner Weiheansprache die" Erinnerung zurück bis in die Tage des Ausbruchs des Krieges und ließ dann in bilderreicher Sprache nochmals das große und leidvolle Geschehen am geistigen Auge der Trauerversammlung vorüber ziehen. Die 26 Namen, die der Denkstein ziert,' reden von Liebe nnd Treue bis in den Tod und Ans Hesselvörde -Roman von Fritz Gantz er. 2 tNachdruck verboten) Joachim küßte oie Hand Fräulein von Ebcltys. „unnötig, liebe Hante Malve," lächelte er. „Du weißt ja: .Ein Brandt scheut hundert Teufel nicht, Wen» auch sein letztes Schwert zerbricht.'" Er schien völlig verändert und lachte. Sybille ging wortlos an ihnen vorüber und stieg die Treppe hinan. „Auf ein Wort, Tante Malve!" bat Joachim, die alte Dame beiseitenchinend. „Ist Dir ein Maler Halm bekannt !"' Fräulein von Eberty faltete die Hände in einander und sah Sybille seufzend nach. > „O, dieser schreckliche Mensch! Er folgt uns, wie unser Schatten, drängt sich uns förmlich ; ans und spricht mit Sybille ständig über! Kunst. . . . Und er spricht so abscheulich dar» ! über. . . . ." „Und Sybille?" j „Ist begeistert von ihm. Ich glaube, ich fürchte, Joachim, ihr Interesse für ihn geht, zu weit." „Ich bachte es mir!" stieß Joachim finster heraus. Tu mir den Gefallen, Tante Malve, ! Sybille vor diesem Menschen zu warnen, ein - Zusammensein beider möglichst zu verhindernl" ! „Ach, wen» Sybille »ur nicht so eigen- mächtig wäre! Sie laßt sich durch mich gar i rü l becinslusscn. .. - Aber, beruhige Dich, ich . will mein Möglichstes versuchen!" „Ich danke Dir, Tante Malve, Sybille scheint j osicubar nicht zu missen, was sie tut. Es, wäre ja entsetzlich, wenn ... nicht auszudenken: s eüie Brandt und dieser . . dieser . . geniale, S - - thutträger. . . Aber mir müssen zu Tisch , gehen. . !" Als Sybille am nächsten Morgen am Kiübüüästiiäi erschien, war Joachim schon ab* ° j „Er hat sich nicht von mir verabschiedet," grollte sie. „Wie kann er nur so rücksichtslos sein!" Taute Malve kniffte verlegen an ihrer Serviette. l „Er ist Dir böse, Kind. Er ist nicht " zufrieden mit Dir." > „Aus welchem Grunde? Ich habe ihm s keine Veranlassung gegeben." „Doch, Kindl" s Sybille lächelte spöttisch. „Ich wüßte nicht. . . Vielleicht darum, weil ich mich nicht bestimmen ließ? Soll man sich i» seiner Willensfreiheit beschränke» lassen? Ich handle nach meinem Ermessen." Sie sah durch die Fenster der Glasveranda aus das Meer. Mit einem harten Blick... In der nächsten Minute ging Klaus Halm draußen vorüber nnd grüßte lächelnd hinein. Sybille von Brandt winkte lächelnd zurück. Ihr Blick war plötzlich weich, fast zärt lich geworden. * * * Hesselvörde, die Besitzung der Brandts, war eine regelrechte Sandtlitsche. Der größte Teil lag im Hannöverschen, das Südzipfel- chcn guckte ein Stück ins Braunschweigische hinein. Ausgesprochen guten Boden hatte es. kaum. Im Notfälle sand sich der Roggen mit ihm ab. Aber dann durften die Jahre nicht trocken sein. Wohler fühlte sich die Lupine.'., Zu den »zageren Acker breiten kamen ein paar dürftige Wiesen, die den Regen auch mehr liebten als die Dürre. An Wald war kein Mangel. Wentgsten», was man so Wald nennt. Ein paar hundert Morgen gingen noch an. Die hatten kernige Kiefern im Alter von 80 - 80 Jahren als Bestand, unter denen man nach einen, Stück Bauholz nicht lange zu suchen brauchte. Aber alles andere nannie sich Schonung, von der erst die übernächste Generation nennenswerten Nutzen haben tonnte. In Summa: eine reaelreckte ! Viuiorinicye. s Lie Brandts saßen schon eine ziemliche Weile darauf. Es mochten so 2S0 Jahre etwa sein. Sie hatten sich immer mit Anstand Lurchgedrückt, wenngleich es ihnen manchmal sauer geworden war. Aber als einfache Land- edclleute hatten sie keine großen Ansprüche gestellt. Wenn es zum Wei» nicht gereicht, dann war man auch mit Dünnbier zufrieden gewesen. So ungefähr Die Haupt- sorge, die Hypothekenzinsen, hatten sie immer zu überwinden gewußt. Dann war Karl Eber- haro von Brandt, der Vater Joachims, Herr aus Hesselvörde geworden. Dem hatte ein Zug ins Graße angehaftet, Len das Gut nicht verz Kage^.^Ebn, »a za, oie mußten even auch »na! sein. Man konnte doch nicht verlangen, dir Scheunen in jedem Jahre gerammelt voll zu haben. Der liebe Gott ließ ja auch Bäume wachsen. Da schlug man dann, wenn's mal anderweitig nicht nach Hoffnung ging, zwanzig bis dreißig Morgen Wald runter und stopfte ein Loch zu. Manchmal mußten auch fünfzig Morgen heran. Das Aufforsten vergaß man allerdings mitunter. Karl Eberhard war eben nicht der Wirt gewesen, Len Hesselvörde nun einmal un bedingt brauchte, wenn es existenzfähig sein sollte. Es hatte ihm nicht gelegen, sich um Aussaat und Ernte, Kälberaufzucht und Schweinemast persönlich zu kümmern. Und wenN-dann am Ende des Wirtschaftsjahres Las Soll mit dein Haben zuungunsten des letztere» abgeschlossen werden mußte, hatte er zwar ein verwundertes Kopfschütteln gehabt, aber sich im übrigen darüber keine'grauen Haare wachsen lassen; Ler Wald'war ja da ... Und) dann später, als die Flächen, die man ab», holzen konnte, immer kleiner wurden'und die Erträge aus dem Verkauf des Holzes zum Zu») stopfen der Löcher t nicht mehr ausreichten, hatte sich Hesselvörde noch: ein paar tüchtige Hypotheken gefallen lassen müssen, so daß es zu guter Letzt, bis über den Hals bevyckt. », -er Batsch« gesellen batten- " I altem hatte sich Karl Eberhard von Brauüt auf politische», Gebiete als eine Größe entdeckt. Sein Steckenpferd war die Staats kunst schon von jeher gewesen. Aber er hatte, sie mehr in der Stille seines Zimmers als an genehmen Zeitvertreib gepflegt. Al» «s Lani, einmal eine politisch stark bewegte Zeit ge geben hatte — Lie Welfenfrage spielte hinem und der Kulturkampf, auch die Bismarcksche Zollpolitik —, war er dazu übergegangen, sich in der Oessentlichkeit als der firme Leiter politischer Versammlungen und als gewandter Redner zu produzieren. Die Wahle» zum Reichstage standen bevor. Der Hesselvörder wurde als Kandidat aufgestellt, siegte über seinem Gegner mit entscheidender Majorität — und war von da ab für sein Gut überhaupt nicht mehr zu haben. — U», es kurz zu sagen: Hesselvörde glitt von ^,ahr zu Jahr wie auf einer mit Seife eingeschmierten Rutschbahn immer tiefer hinab) Mil Not und Mühe umschiffte es zweimal die. Klippe der. Subhastation und führte) Im Grunde genommen nur noch ein Schein dasein. Den Brandts gehörte eigentlich kein Ziegelstein mehr davon. Trotzdem oerpflich.) tete Karl Eberhard auf dem Sterbebette seinen Sohn Joachim durch Schwur und Handschlag,' Lem Erbe seiner Väter treu zu bleiben und' Lie angestammte Scholle nicht in fremde Hände kommen zu lassen. Joachim von Brandt war der Schwur nicht schwer geworden. Er hing an Hessel- vörde. Er liebte die sandige Klitsche. Zwar halte er in Len letzten Jahren jo manches ge- sehen,' was ihm den Mut hätte nehmen können. Er war zu der Ueberzeugung ge kommen, Laß Hesselvörde seine Not hatte, ob wohl er von den drohenden Subhastattonenf nichts erfahre», da er während dieser Zeit aus, Reisen gewesen war und ihm der Vater davon nichts gesagt hatte — die Mutterchatte er schon! vor Jahre» verloren —, aber er hoffte doch Lurchzukommen... .(Fortsetzung lolgl.t
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