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—7?' ":^r 4^:" "^u^l aö^un PNA - ^F -, — 21 — seine Untertanen mit dem „Wolf", einer berüchtigten Prügelmaschine, traktierte! Das sind gewiß Kuriosa der damaligen Zeit, aber sie kennzeichnen ihren Geist. Und diesen ertrug das Volk einfach nicht mehr, das Volk, das an Schiller, dem „Dichter sozialer Empörung", herangereift war, das Volk, in dem noch die Wellen der großen französischen Revolution nachzitterten, das vor allem die^ große Zeit von 1813 mit erlebt hatte und sich nun durch das System Metternich in seinen Hoffnungen be trogen fah. Noch vermochte der Staat durch Polizeigewalt die freie Meinung nieder zuhalten. Wer nicht darob eingesperrt werden wollte, verließ flüchtend Haus und Heimat; es bildete sich im Volke ein förmlicher Flüchtlingskultus, der auch in der Reimkunst seinen Niederschlag fand. Ich brauche nur an das Sauerweinsche Flücht lingslied, dem Liebliugsdeklamatorium aller politisch Verfolgten, zu erinnern: Wollen sie's gar wissen, wie's dem Flüchtling geht, sprecht: Er ist zerrissen, wo ihr ihn beseht. Gebt nur eure großen Purpurmüntel her, das gibt gute Hosen sür das Frciheitsheer. Der Haß galt besonders der Kleinstaaterei und dem Widerstande der Fürsten gegen den Zusammenschluß zu einem großen deutschen Vaterlande. Daneben forderte man eine neue Verfassung, wirksame Volksvertretung im Landtage, Pressefreiheit, Geschworenengerichte, Abschaffung der Feudallasten. Zu denen aber, die solchen Zielen zustrebten, gehörte die große Masse der Bürger und Arbeiter, der Denker und Dich ter, der Professoren und Studenten. Die „teutsche" Frage stand bei den Idealisten im Vordergründe, das zieht sich bis ins kleinste Städtchen hin, das bewegt auch die Gemüter pnsrer Frankenberger Einwohner. Auch unser Ort hatte damals seinen „Vaterlandsverein", wo gar ost in hochtönenden Reden Deutschlands Einung im Namen des Volkes gefordert wurde. Aber der Idealismus''behielt hier die Ober hand, und unsre Freiheitsschwärmer waren durchaus nicht Leute jenes Schlages, die da gröhlten: Hängen, köpfen, schießen tot, oder: Nicht eher endet all der Harm, ist das nicht ein schönes Brot? der diese Welt bedrängt, Besser, hängen in der Luft, als bis ain letzten Fürstendarm als verfaulen in der Gruft. der letzte Pfaffe hängt. Wenn ein Geschichtsschreiber die damaligen Turner und Burschenschaftler als „die aufschießenden Aehren des nationalen Enthusiasmus" bezeichnet, so gehörten entschieden auch unsre Frankenberger Turner zu diesen. Der verstorbene Friedrich Lohr schreibt in seinen nachgelassenen Aufzeichnungen über die Leute, die 1842 den Turnverein ge gründet hatten und zumeist Arbeiter der Seidenfabrik Behr L Schubert waren: „Wir waren frisch, fromm, fröhlich, freie und zufriedene Menschen. Nur um unser zer rissenes Deutschland, das ohne Oberhaupt war, hatten wir Sorge. Unser Ziel war ein einiges Deutschland". Dieselben Turner konnten 1846 ihrem Vater Jahn auf dem Waldenburger Turnfest zujubeln und empfanden aufs neue die Schmach, daß er als „Erfinder der höchst verderblichen Lehre von der Einheit Deutschlands" jahre lang im Kerker hatte schmachten müssen. Und wie fühlten sie sich gekränkt, als sie 1847 in Kriebstein mit 40 Turnvereinen zusammentrafen, um auf Anregung der Hanauer einen großen Zusammenschluß zu begründen, und nach Lohrs Bericht eben soviel Gendärmen wie Turner vorfanden. Hier in Kriebstein war es, wo der Chemnitzer Werkmeister Knieselhausen, ein gebürtiger Elsässer und geborener Franzose, am Rednerpult ständ und mit den Warten schloß: „Wir sind hier, um uns zu ver einigen und unserm lieben, zerrissenen Vaterlande eine Stütze zu geben. Deutschland Wenn die Fürsten fragen: Was macht Absalon? könnt ihr ihnen sagen: Ei, der hänget schon, doch an keinem Baume und an keinem Strick, sondern an dem Traume einer Republik.