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2. Blatt — Nr. 184 — Sonnabend, den 8. August 1936 er 82. m ember in die ü er n last tn. dorf °n In prsu. vK ISN. üga !>0, cka nsn Ansere Gäste in Front. Zehnkampf ohne Stöck — Finne lief olympischen Rekord — Der ^O0-Meter Lauf eine reine angelsächsische Angelegenheit. Nachdem Deutschland am fünften Tage der Olym pischen Spiele seine stolze Sicgcsscrie hatte fortsetzcn können, gehörte zur Abwechslung der sechste Tag wieder den Ausländern, und zwar in erster Linie den Ameri kanern und den Finnen. Im Mittelpunkt des Tages stand der schwerste Kampf der Leichtathleten, der Zehnkampf, der im Olympia stadion in Angriff genommen wurde. Deutschland ist in diesem Wettbewerb vom Pech verfolgt. Zwei Jahre war der Deutsche Hans Heinz Sievert im Besitz des Weltrekordes, den unlängst der Amerikaner Morris ver bessern konnte, und nun kann Sievert nicht gegen seinen großen Rivalen antretcn, da seine Verletzung, ein Bcuge- muskelriß, noch nicht ausgchcilt ist. Zu allem Unglück konnte auch Gerhard Stöck, der Olympiasieger im Speer werfen, nicht an den Start gehen, da seine alten Ver letzungen, eine Zerrung am linken Oberschenkel und eine Zerrung im Rücken, dein, Speerwerfen wieder aufgc- brochen waren. Die Goldmedaille hat unserem Gerhard Stöck also die Teilnahme am Zchnkamps gekostet. So konnten die drei Amerikaner Morris, Clark und Parkerdie Medaillen unter sich verteilen. Das Kampfprogramm wurde vervollständigt durch die Entscheidung der 5Ü0Ü Meter, in der sich die besten Langstreckler der Welt eine mörderische Schlacht lieferten, aus der der Finne Höckertin der neuen olym pischen Rekordzeit von 14:22,2 als sicherer Sieger hervor ging, vor seinem Landsmann Lcthinen und dem Schweden Jonsson. Wieder lieferte der kleine Japaner Murakoso seinen großen Gegnern aus dem Norden einen heroischen Kampf; er beendete das schwere Rennen ans dem vierten Platz. Die zweite Entscheidung des Tages, die 480 Meter, war eine Angelegenheit der Angelsachsen: USA., Kanada und England bestritten den Endlaus. Japans Olympiasieger im Dreisprung Der Japaner Tajima erzielte mit seinem Dreisprung von l6 Metern einen neuen Weltrekord und gewann damit die erste Goldmedaille sür sein Land. (Weltbild — M.) Erbittert« S<w0-M«t«r-Schlacht. Die Finnen zermürbten den Japaner. Wieder versuchten die besten Langstreckler der Welt die Vorherrschaft Finnlands zu brechen, als sie am Frei tagnachmittag der bayerische Meisterstarter Miller auf die schwere 5000-Meter-Strecke schickte. Da war der Schwede Jonsson mit seinem Kameraden Hellström, der Engländer Ward, der Italiener Cerati und der Pole Noji, allen voran aber der zähe Japaner Murakoso, der dem blau weißen Dreigestirn schon im 10 000-Meter-Laus einen Kampf bis zur Erschöpfung geliefert hatte, die vereint den Ansturm wagten. Unbeschreibliche Erregung durchzitterte den Kampfplatz, als dichtgeschlossen das Feld in die Gegengerade kam und die ersten Positionskämpfe begannen. Bei 400 Meter hatte sich bereits der zähe, kleine Japaner nach vorn gekämpft, gefolgt von den Finnen Lethinen und Salminen, während sich der jüngste Finnländer, Höckert, noch im Mittel treffen hielt. Taktisch außerordentlich klug laufend, zer mürbten nun die Söhne Suomis das Feld. Erbittert kämpften die drei Engländer um den Anschluß. Kraftvoll stampfte der Italiener Cerati, nm den Anschluß nicht zu verlieren, zäh verteidigte Murakoso seinen -Platz. Noch war die Hälfte der Strecke nicht gelaufen, da wußte jeder, daß das Ende nur zwischen den drei Finnen, dem Japaner und dem leicht und flüssig laufenden Schweden Jonsson liegen konnte. Der Engländer Ward, der sich so lange mit an der Spitze gehalten hatte, fiel etwa 800 Meter zurück. Da schiebt sich Höckert nach vorn, zieht das Tempo an, wieder ist es wie beim 10 000-Meter-Lauf, der kleine Japaner ist am Ende seiner Kraft, seine Schritte werden kürzer, und bald liegt er auf dem vierten Platz. Aber auch der Olympiasieger Salminen kann die scharfe Fahrt nicht mehr mitmachen und verschwindet, als Höckert seinen phantastischen Endspurt ansetzt, im Mittel feld. Unter dem gewaltigen Beifall der begeisterten Zu schauer und dem Jubelsturm seiner Landsleute trägt Höckert die Farben seines Vaterlandes erneut zum Sieg. Zweiter wird der Olympiasieger über 5000 Meter von 1932 Lethinen vor dem tapferen Schweden Jonsson. Murakoso mutz wieder mit dem vierten Platz vorlieb nehmen, während an fünfter Stelle der Pole Noji landet. Das Ergebnis des 5000-Meter-Laufs: 1. Höckert (Finnland) l4 : 22,2 Minuten (olymp. Rekord), 2. Lethinen (Finnland) 14 :25,8 Minuten, 3. Jonsson (Schweden) 14 :29 Minuten, 4. Murakoso (Japan) 14 :30 Minuten, 5. Noji (Polen) 14 : 33,2 Minuten, 6. Salminen (Finnland) 14 :39,8 Minuten, seitheriger olympischer Rekord 14 :-30 Minuten. Oie härteste olympische Prüfung. Amerikaner behaupteten die Spitze. Der 6. Tag der Olympischen Spiele stand im Zeichen des schwersten leichtathletischen Wettbewerbs, des Zehn kampfes. Am Freitag wurden die erstenUebungen ausgetragen: 100-Meter-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen, Hochsprung und 400-Meter-Lauf. 28 Teilnehmer gingen an den Start, unter ihnen Amerikas Weltrekord- mann Morris und der frühere Weltrekordler AkilleS Järvinen (Finnland). Unser Speerwurfsieger, Ger hard Stöck, mutzte leider feine Meldung zurückziehen, da er sich bei seinem siegbringenden Wurf am linken Oberschenkel erneut verletzt hatte. So mutzten Bonnet und Huber für Deutschland allein den schweren Kampf mit den vielseitigsten Athleten der Welt aufnehmen. Zunächst wurde der erste Wettbewerb, die 100 Meter, ausgetragen. Als schnellster Mann erwies sich der Amerikaner Clark, der 10,9 Sekunden benötigte. Der neue Weltrekordmann Morris lief 11,1'Sekunden, und in diesem Lauf blieb der Deutsche Huber nicht allzu weit zurück. Nach dem ersten Wettbewerb lag Clark vor Morris in Führung. Im Anschluß an die 100-Meter-Läufe wurde die Prüfung im Weitsprung vor genommen. Auch hier erwies sich Clark als der Beste, indem er 7,62 Meter sprang. Auf dem 2. Platz in diesem Abschnitt endete der Amerikaner Parker vor Morris, der die 7-Meter-Grenze nicht überspringen konnte. Nach zwei Wettbewerben führten die drei Amerikaner in der Reihenfolge Clark, Parker, Morris. Die beiden Deut schen Huber und Bonnet belegten den 6. bzw. 12. Platz. Bester Hochspringer war im olympischen Zehnkampf der hochveranlagte Holländer Brasser, der 1,90 Meter bezwang. Der amerikanische Favorit Morris schaffte zwar nur 1,85 Meter, doch genügte diese Leistung, um ihn er neut an die Spitze des Wettbewerbs heranzubringen, die zäh mit der gleichen Hochsprungleistung der Amerikaner Clark verteidigte. Auch der Pole Plawczyk schaffte die gleiche Leistung. An diese Leistungen kamen die Deut schen Huber und Bonnet nicht heran. Im Kugelstoßen Vom ersten Kampftag der Olympia-Radfahrer Weltmeister Toni Merkens (links) macht hier „Stehber- suche" mit dem Amerikaner Sellin ger. (Schirner — M.) 69. Fortsetzung.) Langsam stand Ellen Wilcot auf. Ein schwerer, ent scheidender Kampf schien sich in ihrem Herzen abzuspie len. Ihre Brust hob und senkte sich in heftigen Atem zügen. Dann wandte sie das Gesicht dem Manne zu. Um ihre Mundwinkel zuckte es, die Hände waren hart in einander verkrampft. „Ich — danke Ihnen, Mister Friend, für Ihre Auf klärungen. Da Sie zugeben, ein Deutscher zu sein, können wir uns jede weitere Auseinandersetzung er sparen. Ich bin erne Britin, Mister Friend! Darf ich Sie bitten, mich allein zu lassen?" Friend, der sich ebenfalls erhoben hatte, stand da — wie vom Donner gerührt. War es möglich, daß Ellen, seine Ellen solche Worte sprach? Sie liebte ihn, er wußte es, und nun, da sie erfuhr, daß er ein Deutscher war, sollte alles zu Ende sein? „Ellen!" versuchte er es noch einmal: Er sah, daß ein Zittern über ihren Körper lief. Im nächsten Augen blick verzogen sich ihre Lippen zn eisigem Hohn. „Es soll in Ihrem Vaterlande so hübsche, blonde Mädchen geben. Sie werden sicher eines finden, das Sie glücklich machen wird." Da erwachte der Stolz in Joe Friend. „Hm, Sie haben recht, Miß Wilcot. Und wenn ich eine gefunden habe, werde ich ihr erzählen, was für eingebildete junge Damen es in London gibt. Allerdings befürchte ich, daß sie es nicht glauben wird. Leben Sie wohl!" Mit langen Schritten verließ er den Park. Als er sich entfernt hatte, ließ sich Ellen Wilcot auf die Bank sinken und begann haltlos zu schluchzen. Aber Joe Friend hörte sie nicht mehr. Tommy erwischte ihn eben noch, als er das Haus verlassen wollte. „Hallo, Mister Friend!" rief er be stürzt. „Warum so laufen? Mister Wilcot wollen Sie noch einen Augenblick sprechen!" „Danke, old boy!" brummte der Angernfene. „Viel leicht ein andermal! Ich bin in großer Eile." Aber Wilcot kam schon aus seinem Zimmer. Friend wollte nicht unhöflich sein und-trat von der Haustür zu rück. „Was ist, Mister Wilcot?" fragte er ihn kühl, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Wilcot räusperte sich. „Es ist mir peinlich — aber ich muß Sie aus bestimmten Gründen bitten, sich meiner Tochter gegenüber — verstehen Sie mich recht, lieber Freund, ich schätze Sie außerordentlich hoch, aber " Friend unterbrach die stockende Rede mit einem be lustigten Lachen: „Sie können sich Ihre Worte sparen, lieber Wilcot! Ich werde nicht mehr in die Lage kom men, Ihr Fräulein Tochter zu belästigen, da ich in den nächsten Tagen voraussichtlich abreise." Er ließ den verblüfften Wilcot stehen und verließ das Haus. Planlos eilte er die Straße dahin, ohne zu be denken, daß man reichlich zwei Stunden zu laufen hatte, bis man von Hillgate bis zur Regent Street kam. Eine grenzenlose Ernüchterung ergriff von seinem Herzen Besitz. Er hatte an Liebe geglaubt, an die Mög lichkeit köstlichster Erfüllung, innigster Kameradschaft. Narr, der er gewesen war! Wenn er sich's überlegte, was hatte er eigentlich noch in London zu tun? Die entscheidende Arbeit war ge leistet, die Spur des Mannes im Havelock gefunden. Was noch zu erledigen war, dazu war seine Anwesen heit nicht mehr unbedingt erforderlich. Er konnte ab reisen. Heim an den Rhein. Aber schließlich, als er schon eine ganze Stunde ge laufen war, siegte sein Pflichtgefühl. Nein, man sollte nicht sagen können, daß Joe Friend aus enttäuschter Liebe seinen Beruf vernachlässigt habe. Er mußte da bleiben und weiterarbeiten, bis William Golgin hinter Schloß und Niegel saß. Plötzlich kam ihm der Gedanke, Inspektor Grant in der Klinik zu besuchen. Das war der beste Weg, wieder auf vernünftige Gedanken zu kommen. Er nahm rasch entschlossen eine Taxe und ließ sich in die Klinik fahren. Der Inspektor lag vergnügt in seinem Bett und knobelte an einem verzwickten Pusselspiel herum. Joe Friend begrüßte ihn mit herzlichem Händedruck und setzte sich zu ihm ans Bett. „Na, lieber Grant," schmunzelte er, „das Schlimmste scheinen Sie hinter sich zu haben!" Grant gab einen ärgerlichen Stoßseufzer von sich. „Tja, wenn es nach mir ginge, Friend, ich hätte mich längst aus dem Staube gemacht. Fühle mich pudelwohl! Aber der Chefarzt, dieser Schuft, will nichts davon wissen. Er besitzt die Dreistigkeit, zu behaupten, daß mir ein bißchen Erholung nicht schaden könne!" „Ein tüchtiger Mann!" lobte Friend, und dann be gann er Grants riesige Neugierde zu befriedigen und berichtete von den Fortschritten, die in der Verfolgung des Mannes im Havelock erzielt worden waren. „Oberst Dartford?" Grant schüttelte ungläubig den Kopf. „Hören Sie, Friend, der Steckbrief gegen Dart ford gefällt mir nicht! Obgleich — die erdrückenden Be weise hm, seltsame Sache!" Er hätte noch triftigere Gründe zu dieser Aeutzerung gehabt, wenn er seinen Kollegen in den Uard hätte be gleiten können. — Von Lyon war eine merkwürdige Depesche einge troffen. Aus ihrem Inhalt ergab sich, daß Oberst Dart ford im Zimmer eines Lyoner Hotels festgenomme» worden war, aber zwei Stunden später unter Anwen dung von Gewalt aus dem Polizeigewahrsam ausge brochen und seitdem spurlos verschwunden war. Er hatte einen Zettel zurückgelassen, auf dem die Worte standen: Friend ist ein Idiot! Friend las die Depesche und reichte sie Macferald zurück. „Wahrscheinlich haben sie ihn vor lauter Respekt in ein luftiges Gartenhäuschen gesperrt!" ärgerte er sich. .(Fortsetzung folgte