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Wir blättern in Nürnbergs Geschichte Die Stadt, die Kaiser und Könige empfing Glänzende Feste, die dem Rat viel Sorgen machten Ms Könige aus der Burg wohnten — Als Kaiser Matthias von Wien gezogen kam. Größer und schöner noch als in den Vorjahren soll der Neichsparteitag 1936 werden. Gewaltige Neubauten sind im Lause der vergangenen Monate er standen, stolze Zeugen einer grvßen Zeit, Zeugen für Jahrhunderte. Millionen deutscher Volksgenossen werden in den Tagen vom 8. bis 14. September sich in Nürnberg sammeln zum Appell, weit mehr Gäste wird die Stadt zu beherbergen haben als sie Einwohner zählt. Aber, was Nürnberg heute erlebt, ist nur Fort setzung alter Tradition. Und wenn wir in alten Akten und Büchern blättern, wenn wir durch Nürnbergs Straßen und Gassen wandern, dann ersteht vor uns eine Zeit, in der Nürnberg schon Aehnliches sah, in der es Sammelpunkt ernster und festlicher Reichstage war. Wir schlagen eine Brücke vom Heute bis ins Mittelalter, als Kaiser und Könige in Nürnberg ihre Reichstage abhielten, und rollen vor unseren Augen Geschehnisse auf, die etwa ein halbes Jahrtausend zurückliegen. Einen besonderen Platz nimmt da der von vielen geistlichen und weltlichen Herren, dem König Sigismund und sämtlichen sechs Kurfürsten besuchte Reichstag von 1 4 2 2 ein, weil hier zum ersten Male im Zusammen hang mit den Hussitenkriegen Gesetze beschlossen wurden, die auf lange Zeit hinaus die Grundlage aller auf eine Reichsresorm im militärischen Sinne gerichteten Bestre bungen Wurde. Als König Friedrich III. um diePfing st- zeit des Jahres 1442 zu seinem ersten Reichstag nach Nürnberg kam, nahm er auf der Burg Quartier. Der Rat scheute keine Kosten, den hohen Gast zufriedenzu- stellen. Nicht nur, daß man ihm selbst zwei wertvolle ver goldete Becher, in denen sich Tausende von Gulden be fanden, übereignete, sondern auch die Fürsten und das Gefolge wurden mit zahlreichen Geschenken bedacht. Klein aber war dieser Reichstag im Vergleich zu dem 45 Jahre später in Nürnberg unter dem Vorsitz Kaiser Friedrichs abgehaltenen. Er war ungemein glänzend und dauerte sehr lange. Nicht nur, daß sämtliche Kur fürsten erschienen, nein, nach und nach trafen so viele Fürsten ein, daß Quartierschwierigkeiten dem Rat erheb liche Kopfschmerzen bereiteten. Tänze, Bankette, prunkvolle Prozessionen und Turniere wechselten ab. Aeußerst prächtig und gut besucht war auch der von König Max um 1490 abgehaltene Reichstag. Wieder wohnte der König auf der Burg, und die üblichen Festlichkeiten fehl ten nicht. Der Chronist bemerkt dazu folgendes: „An einem Gesellenrennen und Stechen auf dem Markte betei ligte sich der ritterliche König selbst. Zur Kurzweil wurde auch ein scherzhaftes Rennen veranstaltet, wobei die Teil nehmer alle in grünen Kitteln, die mit Heu ausgefüllt waren, erschienen, strohene Helme aufhatten und sich mit stumpfen Spießen stachen. Auf dem Rathaus wurde an demselben Abend .mancherlei Tentz auf welsche und niederlendische art' getanzt und allerlei Mummenschanz getrieben, wobei sich der König selbst hinter einer Schem- bartmaske versteckte." Sehr hoch her ging es auch bei einem Besuch des Markgrafen Friedrich, der an einem Februar sonntag des Jahres 1496 zum Spittlertor hereinritt. Ein fröhlicher Tag folgte dem anderen. Die Stadt bewirtete die Fürsten, Fürstinnen und Gefolge auf das glänzendste. So verbrauchte man, wie der Chronist verzeichnete: 218 Eimer Frankenwein, 3272 Pfund Rindfleisch, 2666 Pfund Kalbfleisch, 375 Pfund Lammfleisch, 344 Pfund junges und 841 Pfund altes Schweinefleisch, 109 Kapaune. 826 Hühner, 836 große Vögel (wahrscheinlich Drosseln), 47 Einhörnchen, 74 Forellen, 1392 Pfund Karpfen, 57 Pfund gesalzenen Lachs, 2471 Stück Heringe, 1002 Pfund Schmalz, 5294 Eier, 40 Pfund Konfekt, 102 Pfund Pommeranzen, 80 Maß Honig. Wenn auch an sich der Reichstag 1543 der letzte des Ersten Reiches in den Mauern der Freien Stadt war — Kaiser Maximilian brach mit der alten Sitte des Nürn- bexger Reichstages zugunsten Augsburgs — ko hatte diese Me Stadt im Frankenland noch oft und lange Hotze und höchste Gäste. Aus dem sehr interessanten Bericht über Tage, die zu Ehren großer Gäste in Nürnberg abgehalten wurden, sei zum Schluß noch der Einzug des Kaisers Matthias in Nürnberg um das Jahr 1612 er wähnt. Nach einer langen Reise kam der Kaiser aus Wien daher. Wochen vorher wurde alles Notwendige zum Empfang festgelegt. An der Marienkirche wurde das be rühmte Aposteluhrwerk geprüft, weil es beim Eintreffen des kaiserlichen Zuges auf der Brücke in Gang gesetzt wer den sollte. Neben der großen Ehrenpforte, geschmückt mit griechischen Göttern und beweglichen Reichsadlern, brachte man eine kräftige Kapelle unter. Daneben wurde selbst verständlich Proviant in großen Menaen besorgt, und w>r hören u. a. von Malvasier, Rheinwein, Hechten, Karpfen, Krebsen und Aalen, um den Kaiser nebst seinem Gefolge und 1900 Reitern dienlich zu empfangen. Eingehend be faßte man sich auch mit der Einzugsordnung. So war dann der Besuch des Kaisers gut vorbereitet. Vornweg die Nürnberger Reiterei, gefolgt von der brandenburgi schen, kaiserlichen, der kurkölnischen und bambergischen Reiterei, immer zu dreien in einem Glied. Vor den vor nehmen Herren und den weltlichen Fürsten ritten die kaiserlichen Trompeter. Es folgten die Herolde, der kaiserliche Obrist Hofmarschall „mit dem kaiserlichen bloßen Schwert", dann der Kaiser unter dem Traghimmel, dahinter Kurfürst Ferdinand von Köln und Bischof Johann Gott fried von Bamberg. Nach ihnen der kaiserliche Oberst Kämmerer und Oberst Stallmeister mit der Kaiserin. Den Schluß bildeten hundert Arkebusierreiter, die zwei Leib wagen der Majestäten und der ganze übrige Wagenpark, geordnet nach Fahrzeugen zu sechs und vier Pferden. Endlich aber kamen 60 Nürnberger Reiter. Am 18. Juli, nach anstrengenden Festtagen, verließen die Majestäten durch das Frauentor die stolze Reichsstadt, die ihren Ruf der festlichen Gastfreundschaft auch in den folgenden Jahrhunderten zu wahren wußte. Wenn also heute Nürnberg für eine Woche im Jahr Hunderttausende aus dem Reiche als Gäste hat, wenn eine gewaltige Organisation nötig ist, um den geregelten Ab lauf des Neichsparteitages zu sichern, dann knüpfen diese Geschehnisse nur an die großen Reichstage"des Mittelalters an. Den Nürnbergern liegt also die Organisation gleich sam im Blut. Zahlen künden den deutschen Aufstieg Wie mitgeteilt wird, hat sich im Jahre 1934 die Ge samtzahl der Lohn steuerpflichtigen von 21,9 Millionen um 0,8 Millionen der 3,9 v. H. auf 22,7 Millionen erhöht. Das Einkommen der Steuer belasteten ist im gleichen Zeitraum von 17,3 Milliar den Reichsmark um 2,1 Milliarden oder um 12,4 v. H. auf 19,4 Milliarden Reichsmark gestiegen. Das sind Zahlen, die eindeutig von dem wirtschaftlichen Wieder aufstieg Deutschlands zeugen. so« Bergarbeiter streiken unter Tage Im englischen Kohlengebiet von Süd wales streiken seit einiger Zeit die Bergarbeiter. Die Streiklage hat jetzt eine Verschärfung erfahren. In der Bedwasgrube,dieim Mittelpunkt der Auseinander setzungen steht, ist ein Unter-Tage-Streik aus gebrochen, an dem sich über 800 Bergarbeiter beteiligen. Die Arbeiter haben sichinder Grube verbarrika diert und weigern sich, die Stollen zu räumen, solange ihre Forderung auf Anerkennung des Bergarbeiterver bandes von Südwales als allein zuständige Vertretung der Arbeiterinteressen nicht anerkannt wird. Zum besseren Verständnis der Lage sei darauf hin gewiesen, daß die etwa 1600 Mann starke Belegschaft der Grube dem sogenannten Bergarbeiterindustrieverband an gehört, der von der Bergarbeitergewerkschaft nicht an erkannt wird. Während dieser Verband die Unterstützung der Arbeitgeber findet, scheint ein Teil der Mitglieder des Bergarbeiterindustrieverbandes zur Bergarbeitergewerk schaft von Südwales überzuwechseln. Falls es zu keiner gütlichen Einigung kommt, muß damit gerechnet werden, daß am Montag in Südwales der General streik ausbricht. Dsr Dichier des HsbslLiedes Zum 100. Todestag Ferdinand Raimunds. Man hat Wohl gesagt — und sicherlich mit Recht —, daß nach außen hin lustig erscheinende Menschen, im tiefsten Innern um eine unsagbare Traurigkeit wissen, die in stillen Stunden ihr Wesen überschattet und das Lachen er sterben läßt. Ferdinand Raimund, dessen Todestag sich am 5. September zum hundertsten Male jährt, war einer von denen, die durch Possen und Heiterkeit feine Mitmenschen fröhlich und beschwingt machte, und dann in einer Stunde von einer tiefen Melancholie befallen wurde, die ihm das Leben untragbar und ausweglos machte. Der Kunstdrechslersohn aus der Wiener Vorstadt Mariahilf hat Taufende durch seine Späße erheitert und belustigt, als Komödiant und Lustspieldichter, und dann wurde ihm sein so heiter erscheinendes Dasein zu schwer, daß er zur Pistole griff und vorzeitig dieser Welt den Rücken kehrte. Mag fein, daß seine vielen traurigen Liebes affären sein Gemüt verdüsterten und fein Leben ihm nicht mehr lebenswert erscheinen ließen. Seine erste Liebe galt einem Mädchen, das er mit Hilfe eines Freundes vor dem gegnerischen Willen der Eltern entführen wollte und das ihm eben derselbe Freund in der entscheidenden Stunde raubte. Die zweite Braut raffte das Fieber früh zeitig hinweg, und die dritte biß ihm am Hochzeitstag in den Finger, so daß> der schüchterne Bräutigam eine Stunde vor dem Gang zum Altar die Flucht ergriff. Er hat sie dann doch heiraten müssen, um nach langen Kämpfen die Scheidung durchzusetzen. Als er die reizende Toni Wagner, die ihn bis an die Schwelle des Todes begleitete, heiraten wollte, versagten die Eltern des Mädchens ihre Zustimmung. Gefeiert als der Dichter von „Alpenkönig und Men schenfeind", von „Bauer und Millionär" und „Die Ver schwender", zog er mit einer eigenen Schauspielertruppe von Stadt zu Stadt und war überall der gefeierte Publi kumsliebling. Aber in seinem Herzen fraß die Schwermut. Als er auf seinem einsamen Landgut bei Gutenstein eines Tages von einem Hund in die Hand gebissen wurde, trieb ihn die Angst, der Hund könnte toll gewesen sein, zur Ver zweiflung, die ihn zur Pistole greifen ließ. Acht Tage nach dem todbringenden Schuß — am 5. September 1836 — tat er seinen letzten Atemzug. „Und sag der Welt ade...", so wie er in seinem Hobellied, das seinen Tod bis auf unsere Tage überdauert hat, gedichtet hatte, hatte er dieser Welt Valet gesagt: ein wenig schwermütig, ein wenig ironisch, ein wenig felbstbelustigt über fein eigenes unzulängliches Ich, das in dieser nüchternen, harten Lebenswirklichkeit nicht zu leben ver mochte und nicht die Brücke fand von dem heiteren Possen- sp-iel seiner Komödien zu den unerbittlichen Notwendig keiten dieses Daseins. Kurze Nachrichien. Berlin. Der Reichs- und Preußische Minister des Innern Dr. Frick hat dem Befreier des Ruhrgebiets, Generalleutnant v. Walter, zu seinem 75. Ge burtstag telegraphisch seine herzlichen Glückwünsche aus- gesprochen. Budapest. Der ungarische Ministerpräsident Gömbös ersuchte den Reichsverweser, ihn von der Leitung des Portefeuilles für die Landesverteidigung zu entheben. Der Reichsverweser gab dem Ersuchen statt und ernannte den Feldmarschalleutnant Somkuthy zum Kriegsminister. Malta. Der Gouverneur von Malta, der eng lischen Seefestung im westlichen Mittelmeer, hat eine neue Verfassung verkündet, die Malta zur Kronkolonie erhebt und die alte Verfassung von 1921 aufhebt. Die Selbst regierung der Insel ist damit ausgehoben und die italie nische Sprache wird nunmehr aus dem maltesischen Ge richts- und Schulwesen völlig entfernt. Flensburg. In Glücksburg ist der ehemalige Gene ralstabschef der Kronprinzenarmee wäh rend der Kämpfe bei Verdun, General der Infanterie Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, im Alter von 75 Jahren gestorben. Rom. Der König der Bulgaren, Boris III., stattete dem italienischen Regierungschef Mussolini einen privaten Besuch im Palazzo Venezia ab. WeSeMüi ^>rnkekir-!rkcnr!5c»U7r oukcu Et.»o orKäa EnckEko/w (45. Fortsetzung.) „Ich bin froh, Markus, daß nun endlich alles klar ist. Es war unklug, dir die Wahrheit zu verschweigen. Fos sil hat recht gehabt, ich hätte dir's nicht verheimlichen dürfen. Aber es kam alles fo übereilt. Ich dachte, du würdest ihn ins Krankenhaus bringen lassen. Da warst du mit ihm schon auf dem Wege hierher. Er hat mir leid getan. Und es ist gar nichts zwischen uns vorgefallen, dessen ich mich zu schämen brauchte. Du kannst jedes Wort wissen, was zwischen uns gesprochen wurde. Und ich kann die Hände zu jedem Schwur erheben, den du verlangst. Der Herrgott selbst wird Zeuge für mich sein. Du brauchst nicht zu fürchten, daß ich einen falschen Eid leiste." Hohmann stand jetzt abgewandt an dem großen, in die Ecke gemauerten Kamin und hielt die Finger gegen die Wärme, die ihm entgegenströmte. Hinter sich hörte er Ruths Stimme. „Ich werde noch heute an Fossil schreiben, daß du von allem weißt. Ihr könnt euch dann brieflich miteinander aussprechen. Schließlich hättest du auch nicht anders gehandelt, wenn du gewußt haben würdest, wer sich hinter den: Namen Thornwals versteckt hält." Er trat noch etwas näher an den Kamin heran. Die Wärme, die ihm entgegenströmte, war ihm fast un angenehm. Aber er brauchte dann Ruth das Gesicht nicht zuzuwenden. Ihr Sprechen tat ihm weh. Seine Schläfen hämmerten. Zugleich verspürte er eine unsagbare Mü digkeit. Ach, und nun sprach sie schon wieder: „Ich begreife ja, daß du entrüstet bist, weil du dich sozusagen hinter- gangen fühlst, da ich dir verschwieg, wer Thornwals Mar, aber ich fagte dir. ja schon, es. war alles, so übereilt," I „Woher wußtest du denn überhaupt, noch ehe er ins Haus kam, daß es sich um deinen Freund handelt?" Freund! dachte sie und schluckte die Beschämung über dieses Wort hinunter. „Er trug einen Bries in der Tafche, der an mich adressiert war." „So — und wer hat dir diesen Brief überbracht?" Der Forstmeister, wollte Ruth sagen und nannte Franz Hornacher. Für den war es weniger gefährlich. Das gab dann nicht wieder Kombinationen, die zu keinem Ende führten. Eine Lüge gebiert die andere. Ruth sah sich von einem Netz umspannt. Den ganzen Tag über hatte ihr Kopf wie in einem Ring gelegen, der bis zum Wahnsinnig werden -rückte. Nun spürte sie ihn überhaupt nicht mehr. Nur eine dumpfe Leere war noch da. Aber diese Leere war gräßlich. Sie machte so jämmerlich elend und ver hinderte jedes Denken. Sie wußte nicht, was sie ihrem Manne noch beichten sollte. Es gab nichts mehr zu ge stehen. „Willst du nicht doch eine Kleinigkeit zu dir nehmen, Markus? Ich kann dir auch, während du ißt, Rede und Antwort stehen, wenn du noch etwas zu fragen hast." Er machte keinen Schritt auf sie zu. „Du mußt mir Zeit lassen, darüber hinwegzukommen." „Natürlich." Ein abwesendes Lächeln spielte um ihren Mund. „Soll ich verreisen? Oder willst du Urlaub nehmen?" „Ich kann jetzt nicht weg. Wir sprechen noch darüber." „Ja." Sie hielt ihn nicht, als er an ihr vorüber stumm nach der Tür schritt und, ohne sich umzusehen, die Klinke ins Schloß drückte. Sie saß ganz still, die Hände im Schoß und horchte auf das laute Ticken der Uhr und das knisternde Sprühen der Funken im Kamin. Die Ruhe war tröstlich. Sie brauchte nicht mehr zu reden, auch nicht mehr zu denken. „Ich kann nicht weg," hatte er gesagt. „Geh du," hatte es wohl heißen sollen. Wer sollte auch sonst gehen als sie? Es ist so kalt. Wenn es nicht so kalt wäre, ängstigte sie sich. Sie hatte noch nie so gefroren, wie diesen Winter. Wohin sollte sie denn nur gehen? Zur Mama? Nein! Sie war die Stieftochter! Er der Sohn. Die Baronin wurde, mußte sich zu seinen Mmften entscheiden. Und sie mar ja auch schuldig geworden an Markus. Viel leicht, daß er aber doch in der Ruhe der Nacht sich Io weit durchrang, einzuseben, daß ihr Unrecht nicht so groß war, wie es für den ersten Augenblick scheinen mochte. Trotz der Wärme des Raumes lief ein Frösteln über ihren Körper. Es trat alles zusammen. Sie litt seelisch und körperlich. Draußen gingen Schritte vorüber und blieben vor der Tür stehen. Sie hörte es genau. Dann tappten sie weiter den Gang hinab, die Treppe hinauf. Ruth sah nach der Uhr. Es war kurz vor zwölf. Es hatte keinen Sinn, noch wach zu bleiben. Vielleicht fand er doch noch ein versöhnendes Wort. Ruth löschte den großen Lüster und die Stehlampe und verließ das Zimmer. Der Gang lag matt erleuchtet. Hier brannte das Licht die ganze Nacht, damit Hohmann sich gleich zurechtkaud wenn er gerufen wurde. Dis alte Haushälterin stand auf dem obersten Absatz die Treppe und sah ihr fragend entgegen. „Soll ich noch Tee oder sonst etwas auf das Zimmer stellen, Frau Doktor?" „Nein, danke, Bärbel. Mein Mann hat keinen Hunger mehr." Da ging die Alte. Aber sie ging ganz langsam, als habe sie etwas auf dem Herzen, dem sie keine Worte zu leihen vermochte. — * * * Das Schlafzimmer war völlig dunkel. Rath wollte die Deckenbeleuchtung nicht einschalten und tastete im Vorwärtsgehen nach der Nachttischlampe. Als die Birne aufflammte, sah sie, daß das Bett ihres Mannes leer war. Im ersten Schrecken schlugen ihr die Zähne aufein ander, dann beherrschte sie sich, ging noch einmal den Gang zurück und trat in das große Fremdenzimmer. Dort lag er, vom milchigen Schein der Ampel überflutet, was ihn noch verfallener aussehen machte. „Soll das heißen, daß es keine Gemeinschaft mehr zwi- scheu uns gibt, Markus?" Er drehte erst den Kopf zur Seite, etze er Antwort gab. „Nein. Aber ich kann nicht schlafen yeute. Was soll ich La deine Ruhe stören." (Forts, folgt.).