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Schwere Ltnwetier iu Litauen Ueber Nordlitauen sind schwere Unwetter niedergegan- gen, die mit Gewitter und Hagelschlägen verbunden wären. Aus Schaulen wird gemeldet, daß von Wirbelstürmen gegen 300 Gebäude umgelegt worden sind. Die Ernte von über 30 Dörfern ist vollständig vernichtet. Zahlreiches Vieh ist dem Unwetter zum Opfer gefallen. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Der Kreischef von Schaulen hat die Regierung um sofortige Hilfsmaßnahmen für die geschädigte Landwirtschaft er sucht. Amer Vorstoß gegen die daitendentschen Freilassungen und neue Verhaftungen im Rigarer Deutschtum. Wie aus Riga verlautet, sind jetzt auch die letzten der Mitte März verhafteten jungen Baltendeutschen sreigc- lassen worden, denen Betätigung in staatsfeindlichem Sinne in geheimen Organisationen zur Last gelegt wurde. Während die lettischen Behörden die obenerwähnten Frei lassungen angeordnet hatten, hat die politische Polizei Lettlands zu gleicher Zeil neue Verhaftungen im Kreise junger Baltendeutscher in Riga durch geführt. In den letzten Tagen wurden, ohne daß bisher eine Begründung Lekanntgeworden ist, nach Haussuchun gen Architekt Otto Kraus, Kaufmann Kurt Lanken- feld und Woldemar Radetzki verhaftet. Alle drei Ver hafteten wurden in das Haftlokal der politischen Polizei gebracht. Richt hupen - fahrt lieber vorsichtiger! Wieder Zunahme der Zahl der Opfer des Straßenverkehrs. Als Opfer des Straßenverkehrs in der vorigen Woche find wieder 152 Tote und 4459 Verletzte gegenüber 149 Toten und 4434 Verletzten in der Woche davor zu be klagen. Der Reichsverkehrsminister weist diesmal auf den ur sächlichen Zusammenhang hin, der zwischen Straßen lärm und Straßen Unfällen besteht. „Der Stra ßenlärm" — so stellt er fest — „macht harthörig und ner vös. Er muß mit allen zulässigen Mitteln (Nachprüfung der Fahrzeuge, Entziehung des Führerscheins usw.) aufs schärfste bekämpft werden. Knatternde und klappernde Motorräder, heruntergewirtschaftete, geräuschvoll fahrende Lastkraftwagen sind im Straßenverkehr unzulässig. In manchen Städten wird auch immer noch viel zu viel gehupt. Nicht hupen — fahrt lieber vorsichtig!" Einkreisung der ausstündischen Araber. Große militärische Aktion in Palästina. — Funk und Flugzeug als Hilfsmittel. England scheint jetzt zu einem ernsten Schlag gegen dl« aufständischen Araber ansholen zu wollen. Nach Blättermeldungen aus London sind fünf schottische Ba taillone zusammengezogen worden, um die Araber, die sich auf den Hügeln im Innern des Landes verborgen haben, einzukreisen. Das in Betracht kommende Gebiet soll eine Ausdehnung von 75 Quadratmeilcn haben. Funkstationen und Flugzeuge sollen das Zusammen arbeiten der Truppen sicherstellen. Man hofft auf diese Weise, die Dörfer und Höhlen von den Aufständischen zu säubern und damit dem Ausstand das Rückgrat zu brechen. 4000 Bann stießen ins Leere. Die bisher größte militärische Aktion, die von eng lischer Seite gegen die arabischen Freischaren unternom men wurde, ist allerdings völlig ergebnislos verlaufen. 4000 Mann wurden unter Beteiligung von motorisierter Kavallerie, Panzerwagen, Tanks und Flugzeugen gegen «ine arabische Frcischar in Stärke von 150 Mann ein gesetzt. Diese Freischärler sind nirgends angetroffen wor den, so daß der militärische Erfolg gleich Null ist. Die Aufständischen scheinen rechtzeitig in ihre Dörfer zurück gekehrt und als „friedliche" Bauern untergetaucht zu sein. Wovon man spricht. Die Sommerfrische wurde zur Heimat. — Keine wettenden Sportberichterstatter. Straßenbenutzer sind Volksgenossen. Ein lateinisches Sprichwort besagt, daß Abwechslung des Menschen Herz entzücke. Der Reiz der Mannigfaltig keit schenkt dem Menschen eine Fülle von Erlebnissen und erspart ihm das „ewige Einerlei", das sehr viele ab schreckt. Die Landschaftsbilder Deutschlands sind von so vielseitiger und eigenartiger Schönheit, daß sie den Sommerfrischler immer wieder mit diesem Reiz des Neuen, Mannigfaltigen, Wechselvollen bestricken. Er götzte man sich vielleicht in einem Jahr am herrlichen Bade- und Strandleben an den Küsten deutscher Meere, so umfing einen im anderen Jahre vielleicht der Zauber deutscher Waldeinsamkeit, im nächsten Jahre genoß man die wilde Pracht der deutschen Gebirgswelt und flüchtete später in die Romantik verträumter stiller Städtchen und Burgen. Die Menschen tun recht daran, ihr Vaterland aus diese Weise immer aufs neue zu erleben, um den äußeren Reichtum des Geschauten und Genossenen in eine innere Kraftquelle zu verwandeln, die mit jeder neu ent deckten Schönheit der heimatlichen Natur das Glücksgefühl steigert, das Vaterland bereisen oder durchwandern zu können. Nicht weniger recht haben aber auch diejenigen, die im Gewohnten, Vertrauten, Alltäglichen den Reiz des Mannigfaltigen suchen und in oer liebgewordenen Um gebung Entdeckersreude genießen, die auch im scheinbar „ewigen Einerlei" einen Jungquell finden, um seelisch und körperlich gestärkt mit verdoppelter Lebensfreude aus der Sommerfrische zur Stätte ihrer Arbeit und Pflichterfül lung zurückkehren. Ein 95 Jahre alter Stettiner Apotheker ist, wie wir lasen, seit 77 Jahren ständiger Kurgast eines bekannten pommerschen Ostseebades. Seit 77 Jahren weilt er Sommer für Sommer am gleichen Ort. Aus dem „Sommerfrischler" wurde der Heimatgenosse. Es ist in diesem Falle kein „ewiges Einerlei", sondern ein Schöpfen aus einem unversiegbaren Lebensquell, wenn man die ganze Schönheit des Vaterlandes an einem Punkte ver einigt findet. Die Fülle des innerlich Geschauten und Empfundenen schließt den Reiz des Wechsels ein, der des Menschen Herz entzückt . . . Kleinigkeiten können oft ein bezeichnendes Merkmal für die Veränderung der Verhältnisse und der Anschau ungen der Menschen sein. Den Schriftleitern und Bericht erstattern deutscher Zeitungen, die in ihren Blättern über Pferdesport oder Pferderennen schreiben, ist das Wetten am Totalisator verboten worden. Eine Kleinigkeit, ja vielleicht noch mehr oder noch weniger als das — eine Selbstverständlichkeit, aber sie ist außerordentlich bezeich nend dafür, wie die Grundsätze einer sauberen und an ständigen Berufsauffassung auf allen Gebieten des öffent- lichen Lebens bei uns folgerichtig durchgeführt werden Gerade bei solchen Erscheinüna^n. die sich leicht der öffent ¬ lichen Aufmerksamkeit entziehen, tritt der sittliche Ernst hervor, mit dem der Gesetzgeber die Fragen des Berufs anstandes regelt. Niemand kann zween Herren dienen. Ein Sportkritiker, der sich an Rennwetten beteiligt, hat gewissermaßen zwei Seelen in seiner Brust. Es braucht nicht in jedem Falle angenommen zu werden, daß dis Teilnahme an den Rennwetten sein sportliches Urteil be einflußt, aber die Möglichkeit einer derartigen Beein flussung ist nicht von der Hand zu weisen, und das ge nügt. Jede Art von Berichterstattung erfordert ein be sonderes Maß von öffentlichem Vertrauen, auch der Schatten eines Verdachtes muß da das Ansehen des Be rufsstandes schmälern und das notwendige Vertrauens verhältnis zwischen dem Schreiber und dem Leser unter graben. Sauberkeit, Vertrauen, Treue und Glauben können im großen nur gewährleistet werden, wenn man sie mit größter Strenge und unerbittlicher Folgerichtig- leit im kleinen zur Geltuna brinat. In einer Gerichtsverhandlung über einen Auto» zusammenstoß soll einmal ein Kraftfahrer, um einen über-i zeugenden Beweis für die Schuld des überfahrenen Fuß-' gängers zu erbringen, mit Nachdruck erklärt haben: „Ich fahre schon fünfzehn Jahre Auto", worauf der schlag fertige Fußgänger ihm erwiderte: „Und ich gehe schon 45 Jahre zu Fuß". Bei den Verkehrsunfällen, deren starke Zunahme in der letzten Zeit dem Verkehrsminister begründeten Anlaß zur wiederholten Warnung gegeben hat, muß man leider immer wieder die Erfahrung machen, daß der eine nur zu gern die Schuld auf den anderen schiebt. Der „eine" und der „andere" sind in diesem Falle Kraftfahrer, Radfahrer und Fußgänger. Jeder von ihnen glaubt, im Recht zu sein und nach dem angeführten Bei spiel der streitenden Parteien vor Gericht dem anderen vorwcrfen zu können, er habe von der richtigen Stratzen- benutzung keine Ahnung. Der Reichsverkehrsminister macht mit Recht keine Unterscheidung zwischen Fußgänger» Kraftfahrer und Radfahrer. Vorsicht, Disziplin, Kenntnis der Verkehrsordnung: jeder von ihnen hat sie nötig, auf jeder Seite werden sie leider nc-ch immer vermißt. Auch die Rücksicht ist ein Ding, von dem niemand zum anderen sagen darf: „Hannemann, geh du voran, du hast die längsten Stiebel an." Die lange Reihe der Toten und Verletzten, die schweren wirtschaftlichen Schäden, die durch die steigenden Unfallzahlen verursacht werden, sie sind eine ernste Mahnung, daß auf dem Gebiete der Verkehrs regelung die Straßenbenutzer von dem Bewußtsein durch drungen sein müssen, Glieder einer Volksgemeinschaft zu sein, deren oberstes Lebensgesetz lautet: Gemeinnutz geht vor Eigennutz! Kurze Nachrichien. München. Oberbürgermeister Fiehler teilte bei der Eröffnung einer Gedächtnisausstellung für Franz von Lenbach mit, daß die Stadt München beschlossen habe, an- läßlich des 100. Geburtstages Lenbachs einen Ehrenpreis, bestehend aus 2000 Mark und einer Lenbach-Medaille aus Silber, zu stiften. Dieser Preis soll alljährlich an einen Münchener Künstler für das beste Porträt verliehen werden. Berlin. Die Gesamtzahl der Rundfunk teilnehmer im Deutschen Reich betrug am 1. Juli 1936 7 430 319 gegenüber 7 517 240 am 1. Juni. Im Laufe des Monats Juni ist mithin eine Abnahme von 86 921 Teilnehmern (— 1,16 v, H.) eingetreten. Frankreichs Olympia-Kredit bewilligt. Der Finanzausschuß der französischen Kammer hat die von der Regierung geforderten Kredite in Höbe von 1 Million Francs kür die Teilnahme Frank reichs an den Olympischen Spielen in Berlin trotz deK Widerstandes der Kommunisten bewilligt. Der Jntransigcant beschäftigt sich heute in einem längeren Artikel mit den großartigen Vorbereitungen zu den Spielen, die in Berlin getroffen werden. „Die Be müh u n g e n, die Deutschland unternommen hat, um di« Welt in Erstaunen zu setzen, sind gigantisch. Man mutz anerkennen, daß man in Berlin alles großzügig an sieht und weiter großzügig verfährt. Jeden Tag veröffent lichen die Zeitungen neue Statistiken, wo die erstaunlich sten Zahlen aufeinandersolgen." l/nri immer' er^t I-Syknsm - cksmi IN Le §onne / . v c r k r s r < e i r ! 1 l i l EM (10. Fortsetzung.) Shuffling stieg als erster ein, ihm folgte Manhattle, Hartfield machte den Schluß, während der Chauffeur vorne seinen Platz einnahm. Dann setzte sich der Wagen jn Bewegung. Als die City erreicht war, hielt das Auto an einer Straßenecke. „Wir wollen Sie nun nicht länger be lästigen," lächelte Hartfield. „Sie können aussteigen, Mister Manhattle! Wenn Sie eine Taxe nehmen, sind Sie in zehn Minuten zu Hause." George Manhattle leistete der Aufforderung bereit willig Folge. Er stieg aus, murmelte irgend etwas und machte, daß er davonkam. „Und was ist nun mit Ihnen, Mister Shuffling? Ich vermute, daß Sie sich bis jetzt noch nicht den Kopf dar über zerbrochen haben, wo Sie Len Rest der Nacht ver bringen wollen." „Ehrlich gesagt, nein," entgegnete Shuffling mit einem schwachen Lächeln. „Ich habe mich noch nicht dar an gewöhnt, daß ich nun selbst wieder für meine An gelegenheiten sorgen muß." „Nun, da darf ich Sie wohl zu mir einladen! Ein Hotel aufzusuchen, lohnt kaum mehr — und ich habe Platz genug.,:Wenn Sie wollen " „Sehr gern, Mister Hartfield! Haben Sie vielen Dank!" HartfieldWob das Schiebefenster zurück, das ihn vom Chauffeur trennte. „Hallo, Vill, wir fahren nach Haufe!" 4. Unter einer Haustür der Regent Street vergnügten Ich zwei kleine Jungen mit Murmelspiel. Sie stießen die bunten Kugeln mit dem gekrümmten Zeigefinger in eine kleine Mulde, und wenn einer einen gelungenen Schutz getan hatte, dann freute er sich wie ein Schnee könig. In ihrem Eifer merkten sie nicht, daß ein junger Mann hinter ihnen stand und ihr Spiel mit sach kundigen Blicken verfolgte. „Hallo, Jungs, laßt mich auch mal mitspielen!" rief er plötzlich, stellte seinen kleinen gelben Handkoffer in die Ecke und holte drei Murmeln ans der Hosentasche. Die Knirpse betrachteten den Zudringlichen zunächst mit unverhohlenem Mißtrauen. Als sie ihm aber seine drei Murmeln abgewonnen hatten, boten sie ihm ihre Freundschaft an. Allmählich kam der junge Mann jedoch in Form und nach einer Viertelstunde hatte er einen hübschen Vor rat gewonnen. Die Knirpse wollten schon brummig werden, da stand er auf und gab seinen Gewinn redlich wieder zurück. „Wollt ihr noch mehr Murmeln haben?" lachte er. Natürlich wollten sie. Da geschah etwas, das die beiden Knirpse ihr Leben lang nicht mehr vergaßen: Der junge Mann langte nicht etwa in die Tasche, sondern griff mit zwei Fingern an seine Nase, vollführte ein Geräusch, als ob er sich schneuzte und — schwupps! — hatte er aus seinen Nasen löchern eine schöne Murmel heruntergeholt. Er wieder holte das Kunststück noch ein paarmal — jedesmal mit dem gleichen Erfolg. Die Knirpse rissen Mund und Augen auf. „Du bist ja ein feiner Hund!" schrien sie — und das war der Ausdruck ihrer höchsten Anerkennung. „Vielleicht komme ich morgen wieder!" versprach der junge Mann, nahm seinen Koffer und vertrollte sich. Der spaßige junge Mann verfolgte seinen Weg durch die Regent Street und brachte ein kleines Baby in einem Kinderwagen zu Lachkrämpfen, indem er tolle Grimassen schnitt und mit den Ohren wackelte. Jawohl, er konnte mit den Ohren wackeln. Aber als Lie Mutter Les Kin des sich erstaunt umdrehte, trug er eine so harmlose Miene zur Schau, daß sie sich noch lange den Kopf zer brach, was wohl mit ihrem Liebling geschehen sein mochte. Der junge Mann verschwand unter dem breiten Por tal von Scotland Aard. Der Kontrollbeamte wollte ihn zurückhalten, doch der Unbekannte begann so herz erfrischend und bezwingend zu lächeln, daß der Beamte davon angesteckt wurde und ihn schmunzelnd passieren ließ. Jedoch im Vorzimmer des Polizeipräsidenten machte sein Lächeln nicht den geringsten Eindruck. „Sie sind originell!" sagte der Sekretär, der die Anmeldungen entgegenzunehmen pflegte. „Es ist sehr nett von Ihnen, daß Sie Mister Macferald besuchen wollen, aber ohne vorherige Anmeldung geht das nicht. Wo käme Ler Präsident La hin, wenn er jeden Nächstbesten empfangen wollte? Den Anlaß Ihres Besuches werden Sie mir doch sagen können!" Der junge Mann schlenkerte seinen Handkoffer, dieses lächerliche, zitronengelbe Ding, hin und her. „Ich soll doch euren Dingsda, Len Mann im Havelock, fangen." Der Sekretär starrte den Sprechenden fassungslos an. „Ah, jetzt begreife ich! Sie sind Mister Friend aus Neu york? Wie hätte ich ahnen können " „Schon gut, mein Junge!" lachte Joe Friend und öff nete die Tür zu Mister Macferalds Privatbüro. Der Präsident saß an seinem riesigen Diplomaten schreibtisch und unterhielt sich mit Inspektor Grant, der sein Notizbuch aufgeschlagen hatte und darin blätterte. „Ich habe die Prozeßakten durchgesehen!" sagte Grant. „Es handelt sich um einen gewissen Eduard Shuffling. Der Mann wurde zu dreieinhalb Jahren verurteilt." Macferald hob den Kopf. „Richtig, ich erinnere mich. Er nHw Manhattles Prokurist und Teilhaber. Man hattle erzählte mir damals, wie raffiniert ihn dieser Kerl betrogen habe. Und Sie glauben, daß ein Zu sammenhang ?" „Eduard Shuffling ist gestern nachmittag aus dem Ge fängnis entlassen worden." „Interessant! — Das ist überzeugend. Man wird den Mam: sofort unter Beobachtung stellen. Möglicher weise besteht eine Verbindung zwischen ihm und dem . Mann im Havelock." (Fortsetzung folgt.)