Volltext Seite (XML)
Wilsdruffer Tagebla« 2. Blatt Nr. 157 — Mittwoch, den 8. Juli 1936 1000 Städter gingen in den Wald 1000 Städter gingen Sonntag in den Wald, Teils im „Besten", teils den Rucksack aufgeschnallt. 700 taten es zur Muskelkräft'gung, 100 mangels andrer Feiertagsbeschäft'gung. 50 sahn den Wald vor lauter Küssen nicht. 40 suchten Reime für ein Waldgedicht. 34 holten unchbare Schwämme. 30 schnitten ihren Namen in die Stämme. 28 rissen alle Blumen aus (Freilich brachte keiner seinen Strauß nach Haus). 13 gingen dem Gesang der Vogel lauschen. 4 erfreuten sich am grünen Wipfelrauschen. Und der Rest?— Der wolltee einmal ganz allein Mit sich selber und mit seinen Träumen sein. Joachim Lange. Danzig steht hinter seinem Genats- prasidenten. Jubelnder Empfang für Greiser. — Hetzblätter der Opposition beschlagnahmt. Der jubelnde Empfang, der dem Danziger Senats-- Präsidenten Greiser bei seiner Rückkehr aus Genf zuterk geworden ist, wird ihm der beste Beweis dafür sein, daß) die Danziger Bevölkerung sich hinter ihren Senatspräsi-^ denten stellt, der in offenen und deutlichen Worten ins Genf zum Ausdruckgebracht hat,was ganzs Danzig fühlt. Auf Anordnung des Danziger Polizeipräsidenten sind die Dienstagausgabe der sozialdemokratischen „Danzi ger Volks stimme" und des Zentrumsorgans „D a n- ziger Volkszeitung" beschlagnahmt worden. Die Hetze dieser beiden Blätter war in zunehmendem Müße dazu angetan, fortgesetzte Unruhe zu erzeugen und die Danziger Regierung auch außenpolitisch in peinliche Lagen zu versetzen. Vor allen Dingen dürfen die Be ziehungen Danzigs zum Reich nicht durch die. unaus gesetzte Hetze dieser Organe gegen das Dritte Reich und feinen Führer belastet werden. In der Danziger Bevölke rung besteht der dringende Wunsch, daß den beiden Hetz blättern das Handwerk endgültig gelegt wird. Schwere Unwetter in aller Mett Schwere Ltnweiier im Schwarzwald. Bäche wurden zu reißenden Strömen. — Eisenbahngleise verschüttet. Eine bleierne Schwüle, die seit Tagen über dem Breisgau und dem südlichen Schwarzwald lag, hat schwere Gewitter im Höllental, das von Freiburg (Br.) nach Donaueschingen führt, ausgelöst. Zwei Gewitter ent luden sich nach voranfgegangenem heftigen Sturm durch Hagelschlag und wolkenbruchartigen Regen. In den von Hinterzarten talabwärts liegenden Gemeinden, be kannten SchwarzwaldkurorJen, drangen die Wassermassen in die Häuser und Keller^ein, vernichteten die Fluren und störten die Licht- und Fernsprechleitnngen. Bei Post- ha l d e trat der Breitenauhach, der sonst nur geringe Wassermcngen mit sich führt, aus seinem Bett und raste in einer Breite von etwa 40 Meter mit Donnern und Krachen den Bergabhang hinunter. Dabei grub er sich etwa I 14 Meter tief in das Erdreich ein. Viele hundert Kubikmeter-Erdmassen wurden mitgeschwemmt und gegen die Höllentalbahnlinie vorgetragen. Vom Berg her strömten die Wasscrmassen auf die Gleise herunter, die unterspült und auf einer Länge von etwa 120 Meter verschüttet wurden. Von den benachbarten Orten wurde sofort die Feuer wehr alarmiert und von Freiburg der Reichsarbeitsdienst, der sofort 80 Mann an die Unfallstelle sandte, welche die ganze Nacht hindurch mit den Eisenbahnern sich an den Aufräumnugsarbeiten beteiligten. Der Bahnverkehr zwischen Hirschsprung und Hinterzarten war zeitweise unterbrochen und wurde durch Kraftwagen ersetzt. und im Rheinland. Die zahlreichen Gewitter, die am Dienstag nachmittag über ganz Westdeutschland niedergingen, und die vor allem in den Ausläufern des Bergischen Landes bedeutenden Schaden in Feld und Flur anrichteten, haben in Opladen ein Todesopfer gefordert. Eine 34 Jahre alte Frau wurde, als sie auf das Feld gehen wollte, in der Nähe einer Starkstromleitung vom Blitz getroffen und getötet. Auf den Landstraßen und auch in der Stadt Opladen wurden starke Bäume entwurzelt und zahlreiche Licht leitungen zerstört. Felder und Wiesen stehen streckenweise unter Wasser. Starke Verheerungen richtete das Unwetter auch auf der Reichsautobahn an. Zwischen Opladen und Langenfeld sind an vielen Stellen die Böschungen abge- rutscht. Zahlreiche Arbeiterkolonnen sind mit Aufräu- munasarbeiten beschäftigt. Weimar—Bcrliu in zehn Tagen! Einen Reiserekord in umgekehrtem Sinn wird jetzt eine kleine Gesell schaft aufstellen, die sich von Weimar aus mit dem historischen Rciie- wagen Goethes nach Berlin begibt. Zehn Tage brauchen sie für diese Fahrt, und man kann nur hoffen, daß der Wagen selbst die Reise gut übersieht, soll er dock nachher in der Ausstellung „Deutsch land" während der nächsten Wochen gezeigt werden. (Scherl Bilderdienst.) Das untere Kähsersberger Tal im Elsaß wurde von einer schweren Unwetterkatastrophe völlig über schwemmt. Schutt-und Trümmerhaufen, Sand und Steins geröll türmten sich in den Straßen. In Urbeis wurde eiw 34 Jahre alter Schlosser von dem Wasser mitgerissen. Wolkenbruch vernichtete die Ernte. Ein schweres Unwetter suchte den westdeutsche« GrenzkreisGeilenkirchen-Heinsberg heim Ein von wolkenbruchartigem Regen begleitetes Gewitter entlud sich über dem westlichen Grenzkreis, das in kürzester Zeit den größten Teil der diesjährige» Ernte und der Feldfrüchte vernichtete. I» zahlreichen Dörfern und Städten stauten sich die Wasser« massen und überfluteten die Straßen, so daß der ganz« Verkehr lahmgelegi war. Kleine Bäche und Flüsse träte» im Nu über die User und überschwemmten die angrenzen« den Wiesen. An vielen Stellen wurden Bäume entwurzelt und vom Blitz gefällt. Vogesen: Bahndamm unterspült. Das schwere Unwetter, das im Höllental bei Frei burg schweren Schaden anrichtete, entlud sich vorher über den Vogesen. Die Orte Urbeis und Lapontroye wur den meterhoch überflutet. In letzterem Ort steht das Bahngebäude ein Meter tief im Schlamm. Der Bahn damm wurde unterspült, so daß die Gleise in der Luft hängen. Von der Feuerwehr ertrank bei den Rettungsarbeiten ein 34 Jahre alter Feuerwehrmann, Vater von vier Kindern. Stockholm: Autos -is über die Achse im Wasser Innerhalb von knapp 20 Minuten ging in einem Wolkenbruch ungefähr ein Zehntel der durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmenge über Stockholm nieder. In wenigen Augenblicken waren die Straßen der Stadt völlig überschwemmt. Die Automobile standen buchstäb lich bis über die Mitte der Räder im Wasser, und in die Keller ergossen sich unaufhörliche Wasserströme. Estland: 40 Wohnhäuser zerstört. Auch aus Südestland werden große Verwüstun gen gemeldet, die durch die schweren Unwetter der letzten Tage verursacht worden sind. In der Nähe der Stadt Werro sind 40 Wohnhäuser zerstört worden. Weiter hat der Wirbelsturm unzählige Bäume entwurzelt und Telephonmasten umgestürzt. Auck in Lettland tobte das Unwetter. Durch schwere Unwetter ist in den Landkreiser Mitau und Bauske die Ernte stellenweise zu 80 v. H vernichtet worden, während teilweise mit dem vollständv gen Verlust der Obst- und Gemüseernte gerechnet werde, mutz. Unzählige entwurzelte Bäume und aus dem Bode, gerissene Fernsprech- und Telegraphenpsosten sind noc< nicht weggeräumt. Mehrfach wurde Vieh durch Blitzschlag getötet. Auch über Polen gingen schwere Gewitter mit Hagelschlägen nieder. Dabei wurden erhebliche Schäden an der Ernte angerichtet und zahlreiche Menschen getötet. So wurden bei Thorn allein fünf Personen, im Krcisr Ilonim sogar acht Personen vom Blitz erschlagen. Hitzewelle in den amerikanischen Getreidestaaten. Seit Tagen herrscht in den Getreidestaalen des Mittelwestens von USA. ungewöhnliche Hitze. Das ganze Gebiet vom Felsengebirge bis nach Westkentucky zeigt durchweg Höchsttemperaturen von weit über 30 Grad Celsius. Tausende von Menschen deren in den Kirchen der von der Hitzewelle heimgesuchten Bezirke nm Regen. Etwa 3000 mittellose Farmer aus Wyoming, Norddakota und Montana wurden bei den Arbeiten des Bundesamts für öffentliche Arbeiten beschäftigt. Weitere 50 000 Arbeitslose will man zum Bau von Wasserdämmen und Landstraßen hcranziehen. In Wyoming und Mon tana stehen Tausende von Menschen im Kamps gegen riesige Waldbrände, durch die bereits großer Schaden an- gerichtet worden ist. bEött-LlMMcEk Ecn lM/c ls. Fortsetzung.) Manhattle brach zusammen. Es war zu Ende. Hartfield zwinkerte schelmisch mit den Augen. „Und Her Inhaber jenes Kontos an der Toulouser Bank — sind Sie, lieber Manhattle!" Shuffling begriff das alles noch nicht recht. Er war völlig wirr im Kopf. Erst allmählich begann er die ganze Hinterlist des Lösen Spieles zu durchschauen, das sein Teilhaber mit ihm getrieben hatte. Hartfield legte die Hand auf Shufflings Schulter. „Wir habmr alle Unterlagen und Beweismittel für Manhattles Schuld in unserem Besitz. Wir werden Ihnen die Papiere aushändigen, wenn Sie das Wieder aufnahmeverfahren beantragen wollen." M>ch Shuffling wollte davon nichts wissen. „Ich Möchte nichts mehr mit den Gerichten zu tun haben. Wozu auch? Die Jahre im Gefängnis lassen sich nicht mehr aus der Welt schaffen und — alles andere ist ohne Bedeutung." Nun erhob sich Harry Hartfield und nahm eine kleine Holzkassette vom Fensterbrett. „Geben Sie Ihre Schuld zu?" fragte er den Gefangenen. Manhattle, schon halb ohnmächtig von den immer heftiger schmerzenden Fesseln, keuchte ein dumpfes Ja". " „Sie danken Mister Shuffling das seltene Glück, glimpflich davonzukommen. Aus diesem Grund werden Sie gern bereit sein, den von Ihrem Mitarbeiter ein gezahlten Geschäftsanteil zurückzuerstatten. Wenn Sie ferner versprechen wollen, über die Geschehnisse dieser Nacht vollkommenes Stillschweigen zu bewahren, steht Ihrer Entlassung nichts mehr im Wege." In Manhattles Herz meldete sich ein letzter Rest von Trotz. „Ich verspreche gar nichts! Die Polizei wird Ihren Schlupfwinkel zu finden wissen!" „Wir geben Ihnen sogar einen wertvollen Tip für Scotland Mrd!" schmunzelte Hartfield, öffnete die Kassette und entnahm ihr eine Schablone aus dünnem Kupferblech. Dann gab er dem Chauffeur, der die ganze Zeit schein bar unbeteiligt in einer Ecke gesessen hatte, einen Wink. Der Mann stand auf und trat heran. Dabei griff er in die Hosentasche, holte einen Browning hervor und entsicherte ihn. „Ich nehme an, daß Sie so 'n Dings da kennen! Nehmen Sie sich sehr in acht, das Luder ist geladen." Hartfield wandte sich an den Gefangenen. „Ich werde Ihnen jetzt die Fesseln abnehmen, Mister Manhattle! Ich rate Ihnen aber, keinen Widerstand zu versuchen. Der junge Mann hier wird Sie bei der geringsten ver dächtigen Bewegung niederknallen." Manhattle nickte müde mit dem Kopf. Als seine Hände frei waren, rieb er sich anfatmend die Gelenke. Er dachte gar nicht daran, etwas Feindseliges zu unter nehmen. „Nun ziehen Sie mal rasch Ihre Jacke aus!" befahl Hartfield. „Haben Sie keine Sorge! Wenn Sie artig sind, geschieht Ihnen nichts Schlimmes!" Ter Gefangene gehorchte ängstlich. „So — und nun krempeln Sie Ihren rechten Hemd ärmel hoch!" Manhattle machte ein unentschlossenes und verstörtes Gesicht. Da packte Hartfield selber zu. Nun entkorkte er ein Fläschchen aus braunem Glas und tauchte einen Pinsel in die darin befindliche Flüssigkeit. „Sie werden für ein paar Sekunden die Zähne zu- sammcnbeißcn müssen," sagte er mit zärtlicher Besorg nis. „Die Wirkung dieser stark ätzenden Säure ist nicht sehr angenehm." Er legte die Schablone an Manhattles Oberarm und bestrich sie mehrere Male mit dem Pinsel. Als Hartfield die Schablone von der Haut wegnahm, zeigten sich stark gerötete Stellen von der Art einer Brandwunde, die sich rasch vergrößerten. Schließlich war der ganze Oberarm eine einzige brennrote Fläche. Nun nahm Hartfield einen kleinen stumpfen Metallstift, tauchte ihn in eine breiartige Masse und führte ihn mit ziemlichem Druck über die Wnndstcllcn. Manhattle schrie winselnd auf. Aber schon hatte Hart field nach einer weißen Salbe gegriffen und sie mit Hilfe eines Wattebausches in die Haut gerieben. Die Salbe schien eine lindernde Wirkung auszuüben, denn aus des Gefangenen Gesicht verschwand allmählich de? Ausdruck heftigen Schmerzes. „Die Schmerzen werden in einer Viertelstunde voll ständig vergangen sein," erklärte Hartfield gutmütig. „Es ist nur ein kleines Andenken an diese gemeinsam verlebte Stunde. — Sie können sich jetzt wieder an ziehen!" Während Manhattle unter Hartfields Beihilfe sein Aenßeres wieder in Ordnung brachte, ließ sich neuer, dings der Lautsprecher vernehmen: „Sie haben drei Tage Zeit, Mister Manhattle, sich Ihre Entschlüsse zu überlegen. Wenn bis zum Sonn, abend dieser Woche Ihr früherer Teilhaber sein Ver mögen nicht bis auf den letzten Pfennig zurückerhalten hat, wird dem Staatsanwalt das Beweismaterial gegen Sie vorgelegt werden. Das gleiche geschieht, sobald es Ihnen einfallen sollte, die Erlebnisse der heutigen Nacht irgend jemand zu erzählen. Ich vermute, daß Sie wissen, wer hier zu Innen spricht!" „Sie sind — der Mann im Havelock!" murmelte Man hattle, während ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Sein Kopf sank nach vorn. „Ich werde tun, was Sie verlangen." Hartfield hatte ein Glas Branntwein gebracht und reichte es dem Erschöpften, der den Inhalt gierig leer trank. „Kann ich — nach Hause — gehen?" lallte Man, hattle. Hartfield nickte. „Wenn es Ihnen recht ist, werden wir Sie ein Stück begleiten." Die kleine Gesellschaft verließ die Baracke und begab sich zur Straße hinüber, wo immer noch das Auto stand, darin man Shuffling vor zwei Stunden herausgebracht hatte. (Fortsetzung folat.)