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Uli Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werktags nachm. 4 Uhr. BezugSpr. monatl 2RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,8ll RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer Ii> Rps. Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Be- -- .. . stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wllchkublatt fup Wilsdruff u. UtNaeckLUd sonstiger Betriebsstörun. gen besteht kein Anspruch aus Lisserung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung etngesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ausltcgender Preisliste Nr. 6. — Ziffer-Gebühr: 20 Rpfg. — Vorgeschri«» bene Etscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen-Annahme bis vormittags Iv Uhr .. 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Ob Pimpf oder Hitterjunge oder -mädel, alle werden sie ihr Bestes geben und an ihre Ausgaben mit dem ihnen eigenen Schwung gehen, der viel dazu beigetragcn hat, das deutsche Volk für die olympische Idee zu begeistern. Das Deutsche Jugendfest fordert nicht Höchstleistung des ein zelnen, die Einzelleistung ist nur in den D i e n st der Kameradschaft gestellt, mit der der Junge oder das Mädel auf gemeinsamer Fahrt, im Lager und beim Heim abend verbringt. Die deutsche Jugend kämpft geschlossen, wie sie geschlossen spielt, singt und wandert. Sie ist die Jugend Deutschlands und nicht nur, wie etwa früher, einer Gruppe. Sie ist uns die gesunde Grundlage einer ge sunden, starken und wehrhaften deutschen Zukunft. Das Deutsche Jugendfest gibt uns Anlaß, in dir Ver gangenheit zu schauen. Wie stand es denn da um die körperliche Ertüchtigung? Reichsjugendwett kämpfe hatten wir schon im Zwischenreich, aber was waren sie, wer kämpfte, und welchen Erfolg hatten diese Sportkämpfe? Es war wohl im Sommer 1922 zum erstenmal, daß überall in Deutschland die Reichsjugendwettkämpfe aus geschrieben waren. Die Schule sollte beweisen, daß sie ihre Schüler auch in den Leibesübungen zur Leistung erzogen hatte. Was die ersten Reichsjugendwettkämpfe zeigten, war, an heutigen Leistungen gemessen, recht kümmerlich. Man wollte Ergebnisse sehen, wo keine Vorbereitungen waren. Gewiß, es gab auch damals unter den deutschen Gchülern manchen tüchtigen Sportler, aber das waren in den Schulen im allgemeinen Ausnahmen. Wer Lust hatte, an den Reichsjugendweltkämpfen teilzunehmen, machte mit, die andern standen, halb teilnehmend, halb gelangweilt, als Zaungäste herum. Dennoch war es der Anfang, der uns allmählich weiterbrachte. Was den Reichsjugendwettkämpfen fehlte, war die Erkenntnis der B r e i t e n a r b e i t, die längst hätte einsetzen müssen, die aber erst zu spm durchgeführt wurde. Gleichzeitig mit der Einsicht in diese Notwendig keit setzte ja auch die Verbesserung in der Ausbildung der Turn- und Sportlehrer ein. Hatte früher für einen Oberlehrer das Patent eines Reserveoffiziers als Turnlehrerausweis genügt, so ver langte man zn Beginn der zwanziger Jahre schon eine — allerdings nebengeordnete — zweisemestrige Ausbildung, die dann 1924 bereits in eine viersemestrige erweitert wurde. Hatte früher — den einzelnen traf nicht die Schuld, sondern das System — mancher bereits ziemlich ältliche Lehrer aus dem Schulhof bei seiner Turnklasse gestanden und beim Schlagballspiel „mehr Spielleidenschaft" ver langt, so stellte man nun schon den jungen Sportstudenten zu Lehrproben vor eine Klasse, nachdem man von ihm selbst tätige Erfahrung in allen Sportarten verlangt hatte, die man in den Schulen trieb. Das war schon ein gewal tiger Fortschritt. Und wie wurde in den Schulen der Sport ausgeübt! Mi/langer Hose vielleicht, mit Kragen und hohen Stiefeln. Das gibt es heute nicht mehr aus dem Sportplatz. Der sogenannte Sport auf dem Schulhof und in den Straßen ist verschwunden. Staat und Gemeinden haben Sport anlagen geschaffen. Aus den Schülern, die möglichst lässig irgendein Ballspiel spielten, ist allmählich in jeder Schule eine frische Gefolgschaft des Sportlehrers geworden, die unter seiner Leitung zu kämpfen versteht. Vor allem aber ist der Gei st der heutigen Jugend günstigste Voraussetzung für solche Sportarbeit. Wie der tüchtige jüngere Sportlehrer alle seine Schüler heranholt, auch einzeln, mit mancher Mühe, aber immer mit eigener Begeisterung, die als bestes Vorbild auch das beste Erziehungsmittel ist, so leistet die HI. im Sport Breitenarbeit, erfaßt weit über die Schülerschaft hinaus alle Jungarbeiter und Lehrlinge. Da wird keiner ausge lassen, da kommt es nicht auf Spitzenleistungen an, sondern darauf, daß eine ganze Mannschaft besteht, aber nicht wie bei jenen Reichsjugendwettkämpfen, sondern so, daß sich die Schwächeren nach den Stärkeren richten, daß sie im Sinn und zum Besten der Mannschaft ihre Leistung steigern. So wurde gerade durch die HI. die Grundlage für das heutige Deutsche Jugendfest geschaffen, das wir 1933 zum erstenmal begingen. Wie sehr es sich von den alten Reichsjugendwettkämpfen unterscheidet, zeigt sich in der Teilnahme aller gesunden Schüler. Jeder gehört zu einer Mannschaft, jeder hat sein Bestes zu geben. Keiner steht abseits und beneidet den sportlichen Kame raden um sein Können. Damit ist das Deutsche Jugendfest nun wirklich Be weis für die sportliche Leistungsfähigkeit der deutschen Jugend. Deutschland hat eine Jugend, die geschlossen und als Ganzes ihren Mann steht. So aber ist eine gute Ge samtleistung weitaus mehr wert als tausend einzelne Gipfelleistungen. SiWMW Ser britischen AOWlitik Eden begründet den Verzicht auf die Sanktionen. Am Donnerstag stand London ganz im Zeichen der großen Sanktionsaussprachc im Unterhaus. Die Regierung hatte die öffentliche Meinung gebührend auf die Schwen kung vorbereitet, und so waren die Sanktionsfreunde recht zeitig ins Hintertreffen gedrängt worden. Nur die Presse der Arbeiterpartei hat ihren alten Standpunkt, die Sanktionen gegen Italien beizube halten, nicht aufgegeben. Aber die Blätter der Libe ralen haben bereits festgestellt, daß die Sanktionen auf gegeben werden mutzten, da sie niemals voll durchgeführt worden seien. Aehnlich äußerte sich der dem Auswärtigen Amt nahestehende „Daily Telegraph", der sich an die Adresse Frankreichs wendet. Paris sei verantwortlich für den Fehlschlag der Sanktionspolitik. Die Sanktionen hätten jedoch eine „historische" Bedeutung gehabt, indem sie bewiesen hätten, daß sie ein untaug liches Mittel seien, und man einen neuen Weg für die Erhaltung des Friedens suchen müsse. Einen großen Raum nehmen ferner die Betrachtungen ein, welche Folgen die Aufhebung der Sanktionen in nächster Zukunft haben werde. Allgemein wird als sicher angenommen, daß jetzt eine Verständigung zwischen England und Italien erfolgen werde. „Daily Telegraph" will wissen, daß Mussolini eine entgegenkommendere Haltung ein nehme als ursprünglich erwartet. Er werde nicht auf der formalen Zurückziehung des Völkerbundsbeschlusses, der Italien zum Angreifer stempelte, bestehen und ebensowenig auf der Anerkennung der Annexion Abessiniens. Dafür werde Italien nicht nur an den Locarno-und Dar danellenkonferenzen teilnehmen, sondern auch ein Abkommen zur Wahrung der britischen ^.nd französischen Interessen in Abessinien und den angekünoigten Mittel- mecrpakt abschließen. Ebenso werde er aktiv an der Völkerbundsreform Mitarbeiten. Am Mittwochabend wurden die Wandelgänge des Unterhauses von rund 20« weiblichen Mitgliedern der Liberalen Partei buchstäblich gestürmt. Sie legten den Oppositionsabgeordneten dringend nahe, sich für die Auf rechterhaltung nnd notfalls Verstärkung der Sanktionen einzusetzen. 24 Mitglieder der sogenannten Völkerbunds gruppe faßten eine Entschließung, in der die Fortsetzung oder Verstärkung der Sanktionen gefordert wird, bis Italien einer für den Völkerbund annehmbaren Regelung des Abessinienstreitfalles zustimmen würde. Oer Negus während der Dölkervundstagung ^n Genf. Nach einer Mitteilung der abessinischen Gesandtschaft wird sich der Negus während der Völkerbundstagung Ende Juni in Genf aufhalten; er wird jedoch derBer- sammlung nicht persönlich b e i w o h y,e n. Der Negus ist mit seinen beiden Söhnen und seiner Tochter sowie mit dem abessinischen Gesandten nach Schott land g e r e i st, wo er sich zur Erholung in einem Schloß in der Nähe von Glasgow aufhalten wird. * Eden begründet den Verzicht aus die ^anMonen. Verstärkte englische Verteidigungsmatz nahmen im Mittelmeer — Völkerbunds reform frühestens im Herbst. Vor dem dichtbesetztcn englischen Unterhaus, in dessen Diplomatenloge man auch das ganze Diplomatische Korps einschließlich des italienischen Botschafters Grandi sitzen sah, hielt Außenminister Eden seine mit Spannung er wartete Rede über die Aufhebung der Sanktionen. Als er an das Rednerpult trat, wurde ihm aus den Reihen der Opposition ironisch zngerufen: „Bleiben Sie standhaft!" Eden unterstrich in seiner Rede die Tatsache, daß England an der Kollcktivaktion vollen Anteil genommen habe. In seiner Rede erklärte Eden weiter, die britische Regierung werde jeden Beschluß loyal durchführen, der auf der kommenden Völkerbundsversammlung in Genf gefaßt werde. Die Regierung beabsichtige, auch diesmal die Führung zu übernehmen. Wenn sich die Frage er hebe, was der Völkerbund tun solle, so müsse man in erster Linie zugeben, daß der Zweck, zu dem man die Sanktionen auferlegt habe, nicht erreicht worden sei. Nach reiflicher Erwägung sei er zu der Ansicht gekommen, daß die Fortsetzung der Sühnemaßnahmen, um damit einen Druck auf Italien auszuüben, keinerlei Nutzen habe. Der Feldzug der Italiener in Abessinien habe Er folg gehLbt. Daraus ergebe sich eine Lage, die nur durch eine militärische Aktion von außerhalb rückgängig ge macht werden könnte. Er stelle die Frage, ob es irgend- ein Land gebe, das bereit sei, diese militärische Aktion zu ergreifen, oder ob auch nur ein Teil der öffentlichen Meinung Großbritanniens bereit sei, dies zu tun. Wenn der Völkerbund die Absicht habe, in Abessinien einen Völkerbundsfrieden zu erzwingen, dann müsse der Völker bund zu einer Handlung schreiten, die unvermeidlich zum Krieg im Mittelmeer führe. Niemand könne aber Voraus sagen, ob ein solcher Krieg auf das Mittelmeer be schränkt bleiben würde. Man könne nicht annehmen, daß der Völkerbund eine solche Entwicklung wolle. Von den Bänken der Opposition tönten Eden Rufe entgegen: „Welche Schande! Treten Sie zurück!" Schwach klang der Beifall, der ihm von einem geringen Teil der Regierungsanhänger zuteil wurde. Obwohl sich die Mitz- fallenskundgebung der Opposition noch nicht gelegt hatte, setzte Eden seine Rede mit der Darlegung der Gründe fort, die die Regierung Baldwin von der Nutzlosigkeit der Fortführung der Sanktionen überzeugt hätten. Die britische Regierung sei nicht bereit, eine mili tärische Aktion zu ergreifen. Eine Fortsetzung der Sanktionen würde aber nur zn einem Zusammenbruch der Sanktionsfront führen, so daß sich der Völkerbund in Kürze in einer noch abträg licheren Lage als jetzt befinden würde. Die Zusicherungen auf Beistand im Fallx eines Angriffs im Mittelmeer, die Großbritannien gemätz Artikel 16 Abs. 3 gegeben habe, würden während der Dauer der unsicheren Periode auf- rechterhalten werden, die notwendigerweise auf die Auf hebung der Sanktionen folgen würde. Wenn die weitere Aufrechterhaltung der Sanktionen, keinem weiteren nützlichen Zweck mehr diene, bestünde di5 Gefahr, daß die wohlgeordnete Reihe der Sanktionsländer in Unordnung gebracht würde. (Gelächter der Opposition.) Der Völkerbund solle zugebsn, daß die Sanktionen ihren Zweck nicht erreicht hätten, und dieser Tatsache ins Auge sehen. Das seien die Gründe, die zu der Entscheidung der Regierung geführt hätte. Angesichts der Erfahrungen der letzten Monate habe die Regierung beschlossen, im Mittelmeer ständig eine Vertcidigungsposition aufrechtzuerhalten, die stärker sei als die vor Beginn des Streites. (Starker Beifall auf den Regierungsbänken.) Die Regierung trete selbstverständlich nach wie vor Mr den Bestand des Völkerbundes ein. (Gelächter der Oppo sition.) Darauf sei die ganze englische Politik abgestellt. (Beifall auf den Bänken der Regierungsanhänger, ironi sches Lachen bei der Opposition.) Nur müsse alles getan werden, um ihm durch eine Neuordnung für die Zukunft eine bessere Erfolgschance zu geben. Diese Reform dürfte aber erst aus der Septembertagung des Völkerbundes zur Sprache gebracht werden, auf der nächsten Tagung würden die anderen Staaten kaum bereit sein, diese Frage schon zu behandeln. Eine Neuordnung der Welt auf der Basis des Frie dens sei immer noch möglich, wenn die Welt es nur wolle. (Neues Gelächter bei der Opposition.) Die englische Re gierung werde sich bemüht zeigen, dem Völkerbund nach dem letzten Schlag wieder zu seiner vollen Autorität z« verhelfen. Eden wandte sich hierauf Deutschland zu und sagte: Ich wünsche mich nunmehr einer anderen und nicht weniger wichtigen Seite dec internationalen Lage zuzu wenden, der wir gegenüberstehen. Ich wünsche mich mit den Verhandlungen zu beschäftigen, die die Regierung ver sucht hat, ständig in Gang zu bringen, seitdem Deutsch- land das Rheinland im März wiederbesetzt hat. Die Mitarbeit Deutschlands ist für den Frieden Europas nicht zu entbehren, nnd wir wünschen nichts Besseres, als mit Deutschland zu diesem Zwecke zusammenzuarbetten. Das ist der Zweck, der dem Vertrag von Locarno zugrunde lag, den Sir Austen Chamberlain verhandelt hat. Es war der Zweck, an den aufeinanderfolgende britische Regierungen gedacht haben, als sie die Reparattonsregelung-verhandelten, die in dem gänzlichen Verschwinden der Reparationen in Lau sanne gipfelte. Er hat eine hervorragende Rolle bei den Verhandlungen der Abrüstungskonferenz gespielt. Nach dem Zusammenbruch dieser Konferenz im Frühjahr 1934 hat die Regierung dieses Landes mit ihren Anstrengungen nicht nachgelassen. Man braucht nur das Blaubuch zu lesen, um den Kurs dieser Verhandlungen festzustellen. Ich wünsche nur auf einen Punkt hinzuweisen: Im Februar-letzten Jahres hat die. gemeinsame, britisch-fran«