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Tagesspruch Reines Herz und froher Mut Stehn zu allen Kleidern gut. Ein zeitgemäßes Thema: Von winierttchen Lumiagen. Schnee und Kälte im Juni gab's schon öfter. — Das Jahr 1401 hatte von März bis September Regen und Hagel. — Am 24. Juni 1569 erfroren Pferde im Sommer. — Den ' Kälterekord hält der Sommer 1733. Man kann nicht gerade sagen, daß uns diesmal der „wonnige" Mai in besonderem Maße verwöhnt hat. So setzten wir denn unsere Hoffnung auf den Juni, der uns doch mit seinem 22. Tage den astronomischen Sommer beginn bringen soll. Möge dieser Tag nicht nur ein Kalenderdatum darstellen! Vorerst sieht's noch nicht gerade allzu hoffnungsvoll aus. Unfreundlich und kühl verlief bisher der Monat. Nun hat ja zwar auch der Juni seine regelmäßigen kalten Tage mit starker Regenneigung. So um den 10. Juni herum Pflegt diese Junikälte zu beginnen, um dann etwa ihre acht Tage anzuhalten. Darauf also sind wir gefaßt, wenn nur wirklich der Sommeranfang sich an schließt. Hioüsposten jedoch können uns das Gruseln lehren. Wenn wir z. B. hören, daß in Schlesien etwa 2 Grad Wärme herrschen und die Kurgäste in Pelzen laufen, daß in den Kammlagen die Temperaturen sogar unter dem Gefrierpunkt sanken und die Niederschläge so gar in Schnee übergingen und auf der Schneekoppe das dortige Observatorium fünf Zentimeter Schnee an zeigt, dann will uns scheinen, wir seien im November. Auch in den bayerischen Bergen hat sich der Monat Juni mit Neuschnee eingeführt: Garmisch meldete von diesem unerwünschten „Artikel" auf den Bergen 10 «bis 20 Zentimeter Höhe, während auf der Zugspitze sogar 20 bis 30 Zentimeter liegen. Das alles erinnert an die Schäden vor acht Jahren: Damals, im Jahre 1928, wurde aus schlesischen Gebieten gemeldet, daß die kälteste Junitemperatur seit 130 Jahren ausgezeichnet wurde. Höchst unerwünscht, daß das laufende Jahr diesem Beispiel folgte. Lehrreich, wenn auch wenig trostreich, wird ein kleiner Rückblick in die Vergangenheit sein. Er wird uns zeigen, daß gerade der Monat Juni schon öfter zu wenig er^ freulichem Wetter neigte. Was müssen wir da hören: den Jahren 1311, 1313, 13,14, 1315 wird gleichmäßig nach gesagt, daß ihre Sommer ungewöhnlich kalt und regne risch gewesen seien, im Jahre 1401 gab es von März bis in den September fortwährend Regen, Ueberschwemmun- gcn, Gewitter und Hagel, und im Jahre 1453 brachten die Sommermonate solche Kälte, daß man in Preußen am 24. Juni Eis beobachtete. Im Jahre 1569 gab es wieder einen sehr kalten Sommer, so daß im Juni bei spielsweise an der Ostseeküste mehrere Pferde erfroren sein sollen. Nach den Berliner Beobachtungen, die bis 1719 zurückgehen, brachte das Jahr 1733 den kältesten Juni mit 12 Grad Kälte. Das S o mm erwetter ist übrigens stark abhängig von dem europäischen Sommermonsun. Sein erster Einsatz erfolgt vor dem 15., der letzte um den 27. Juni herum. Hat sich nun das Azoren!) och als besonders stark erwiesen, dann kann mit freundlichem Sommerwetter gerechnet werden. Stellt sich der Monsun bis Ende Juni jedoch normal ein (kühl oder mäßig warm, westlich bis nordwestliche Winde), dann ist mit einer Besserung des Wetters in den Sommermonaten kaum zu rechnen. Die Hoffnung wollen wir aber trotz allem nicht auf geben. Erst Ende Juni pflegt sich der eigentliche Charakter des Sommers endgültig auszuprägen, und diese freundliche Hoffnung soll uns stark machen und uns vor der Sorge bewahren, daß der Juni des Jahres 1936 etwa noch den Kälterekord des Juni von 1733 drückt. MastrWle AW des Miers im Ani. Überschwemmungen in der Bayerischen Ostmark — Verheerungen aus Feldern 7 Grad Kälte aus der Zugspitze. Dieser Sommer ist ein milder Winter — so hat sich der schlagfertige Berliner mit diesem allen Wetter- und Anstandsregeln hohnsprechenden Juni abgesunden. Leider ist damit die unangenehme Zeiterscheinung nicht abgetan, denn die Folgen des winterlichen Juni sind zu ernst, als daß man mit einem Witzwort darüber hinwegginge. Im Bayerischen Wald hat es eine Woche lang ununterbrochen geschneit. Seit Pfingsten sind 1,80 Meter Schnee gefallen. Der Neuschnee reicht bis in die Täler. Auf der Zug spitze wurden in der Nacht zum Mittwoch 7 Grad Kälte gemessen. Das Vieh mußte von den Weiden wieder heimgctrieben werden. Die Folge der Schnee schmelze sind U e b e r s ch w c m m u n g e n, die z. B. in der Bayerischen Ostmark schwere Schäden verur sacht haben. Gauleiter Wächtler besichtigte das Ueber- schwemmungsgebiet bei Straubing. Er kam von Regens burg, wo die Ueberflutung des Regen Wiesen, Kartoffel äcker und Getreidefelder unter Wasser gesetzt hatte. Der Gauleiter mußte von Straubing nach Kößnach mit seinem Kraftwagen durch völlig überflutete Wege fahren. Als dasWasserbiszurSitzhöheindasAuto eindrang, mußte der Gauleiter mit einem Boot auf vie trockene Straße gebracht werden, während die Feuer wehr den Wagen aus dem Wasser zog. Der Gauleiter ließ sich nun mit einem Kahn in das völlig vom Hochwasser eingeschlossene Dorf Pittrich übersetzen, um sich persön lich von der Not der dortigen Bewohner zu überzeugen, die den Verkehr von Haus zu Haus nur durch Kähne aufrechterhalten. Im Straubinger Ueberschwemmungs- gebiet ist die Heuernte so gut wie vernichtet. Es wurden rund 21 000 Tagwerke Land, Wiesen und Felder überschwemmt. Gauleiter Wächtler jagte den Bewohnern im Ueberschwemmungsgebiet tatkräftige Hilfe zu und besprach in Kößnach mit den zuständigen Stellen sofort die notwendigen Hilfs- und Vorbeugungs maßnahmen. Auch in Franken sind an vielen Orten Kartoffeln und Gemüse erfroren. Im Chiemgau hat der Reif dem Getreide schwer geschadet. Auch das Vieh, das tage lang im Schnee auf den Almen ohne Futter war, hat sehr gelitten. Auf dem Lcchfeld sind 2 5 0 Schafe infolge der Nässe und Kälte erfroren. In München ging am Mittwochvormittag an der Isar eine vierte Hochwasserwelle durch. Der Pegelstand betrug zu dieser Zeit 303 Zentimeter. Gefährliche Ausmaße hat am Mittwoch das Hoch wasser der unteren Donau im Deggendorfer Bezirk angenommen. Dort ist der bedrohliche Stand von 370 Zentimeter Pegel eingetreten, und es ist möglicherweise sogar mit einer Er höhung zu rechnen. Zwischen Müllham und Blonding liegen ungeschützte, gefährdete Ortschaften, für deren Sicherheit der Arbeitsdienst eingesetzt wurde. Es wurden provisorische Schutzdämme errichtet, um mög lichst ein Ueberfluten der Dämme durch das Hochwasser zu vermeiden. Dringende Sitte um Silfe. Nachdem Gauleiter Wächtler bereits in der ganzen bayerischen Ostmark eine großzügige Hilfsaktion für die Hochwassergeschädigten eingeleitet hat, die auch schon beachtliche Erfolge aufweisen kann, richtet die Gauleitung bayerische Ostmark nun auch an alle übrigen deutschen Volksgenossen die dringende Bitte, sich an diesem Hilfswerk durch Geldspenden zu be teiligen, um zu verhindern, daß zahlreiche Bauernhöfe in schwere wirtschaftliche Not geraten. Zwei schwere Unfälle in Italien. Sechs Tote bei einer Zugentgleisung. — Artillerietraktor bei Parade umgestürzt. Wie aus Rom gemeldet wird, ist ein von Nola kom mender Personenzug, der größtenteils mit Arbeitern besetzt war, bei Bufola kurz vor der Ankunft in Neapel entgleist. Drei Wagen stürzten um. Die Zahl der Opfer ist groß. Es wurden sofort sechs Tote und vierzig Verletzte aus den Trümmern des Zuges geborgen. * Bei dem Verfassungsfest in Pola ereignete sich das zweite schwere Unglück. Nach Beendigung des Truppen aufmarsches fuhr ein Ar t i ll e r i e t r a kt o r, der einem Kind, das die Straße überquerte, ausweichen wollte, gegen einen anderen Traktor an. Durch den heftigen An prall stürzte der zweite Traktor in die Menschenmenge, die am Straßenrand der Parade beiwohnte. Sechs Personen wurden getötet und 20 verletzt. Die Folge des Juni« Wetters. L Regengüsse und Schnee schmelze haben in der bayerischen Ostmark eine Ueberschwemmungskata- strophe herbeigeführt, durch die große Werte vernichtet wurden. Die Flüsse sind zum Teil über die Ufer getreten und haben weite Gebiete über schwemmt. — Unser Bild zeigt Hochwasser vor der Stadt Cham am Fluß Regen. (Scherl.) vor, HbMV V. ^kksbsl'l'ScytZLcyutrr 6. m. d. bsflin 5W 68 s28 Sie schüttelte den Kopf und berichtete nüchtern und fast sachlich, auf welche Weise sich Dr. Diendorf das Bild an geeignet und wie sie es wieder an sich gebracht, ehe er sich hatte erkundigen können, um wessen Fotografie es sich handelte. „Und wird Herr Wilderling dicht halten?" fragte er. Sie nickte. „Für ihn stehe ich ein, er hat vollkommen begriffen, daß er mit der Namensnennung eine Kata strophe heraufbeschwören könnte." „Und warum haben Sie das für mich getan?" fragte er wieder sehr kurz. Sie sah ihn ernst an. „Ich bin mit Gretel seit unseren Schuljahren befreundet und Ihre beiden Großchens waren stets gütig gegen mich. Ich weiß, wie sehr alle drei an Ihnen hangen und möchte nicht, daß die alten Damen und Gretel Ihretwegen Sorgen und Kummer haben sollen. Der aber bliebe nicht aus, wenn Dr. Diendorf Ihren Namen wüßte. Er ist geladen mit Haß- und Rachegedanken, er ist wie toll vor Wut. Das mindeste, was bei einem Zusammentreffen heraus käme, wäre ein Skandal, der nicht nur Ihren Verwandten und Ihnen, sondern auch der Toten schaden würde." Hans Syden fragte in der kurzen Art von vorhin: „Was raten Sie mir zu tun?" Bettina antwortete ohne Besinnen: „Ich rate Ihnen, so rasch wie möglich die Gegend zu verlassen. Am besten noch heute. Wenn Sie eine Begegnung mit Dr. Diendorf vermeiden können, dürfte die Gefahr einer solchen für immer beseitigt sein. Der Mann wird allmählich ruhiger werden, und nach Jahren geht er, falls er Sie wirklich noch einmal trifft, sicher still an Ihnen vorbei, ohne sich noch für Ihren Namen zu interessieren." Hans Syden fand, Bettina Hochwald sprach sehr ver nünftig zu ihm, und klug wäre es, wenn er ihrem Rat folgen würde. Er sah sie dankbar an. „Ein lieber Mensch sind Sie, Bettina, ich bin froh, daß Sie mich gewarnt haben. Ich kneife nicht gern, und wenn ich damals nicht zu Dr. Diendors gegangen bin und ihm offen gesagt habe, er solle Wally Walb freigeben, geschah es, weil ich fürchtete, Wally dabei doch noch zu verlieren. Ich würde mich jetzt der Verantwortung aber nicht ent ziehen, wenn nicht ein Skandal drohte. Keinem Menschen wäre damit geholfen." Bettina schüttelte den Kopf und wiederholte: „Keinem Menschen wäre damit geholfen." Sie blickte in das lichtjunge Grün der Buche, unter der die Bank stand und meinte: „Ein Zusammenstoß muß, wie ich schon einmal bemerkte, besonders um der Toten willen, vermieden werden, damit nicht ihr Name noch irgendwie laut wird und in ein Geklatsch oder einen Skan dal mit hineinklingt. Grabesruh soll man nicht stören." Sie erhob sich und legte ein flaches Päckchen auf die Bank. „Hier ist der Bilderrahmen, sagen Sie Gretel, Sie wären im Städtchen gewesen und hätten den Rahmen gleich abgeholt." Er war auch aufgestanden und nickte. „Das werde ich sagen — natürlich, es ist bester." Er sprach gleich weiter. „Ich will heute noch wegfahren. Eine Ausrede für die Meinen wird mir einfallen. Haben Sie vielen Dank, Bettina, und, bitte, wenn ich Ihrem Rat folge, halten Sie mich nicht für feige." Sie lachte kurz auf. „Was kann Ihnen daran liegen!" Sie faßte nach der Lenkstange il^es Rades und schob es ein Stückchen weiter. Jetzt rührte sich H.rns Syden und war mit raschem Schritt bei ihr. „Geben Sie mir, bitte, die Hand, Bettina," Sie legte ihre Rechte in die seine und fühlte einen starken warmen Druck. „Nochmals Dank, Bettina, und auf Wiedersehen." Sie antwortete nicht und löste ihre Hand, schwang sich auf das Rad. Er lief neben dem Rad her. „Vergeben Sie mir das von letzthin, Sie wissen schon, was ich meine. Es war nicht hübsch von mir, Ihnen be wußt wehe zu tun." Ihre hellbraunen Augen schienen schwarz, als sie wieder vom Rad sprang und mit leichtem Beben in der Stimme sagte: „Sie rieten mir letzthin, ich solle weder zuviel Mit leid, noch zu viel Liebe für Sie haben, Sie würden mir für keins von beiden Dank wissen. Heute möchte ich Ihnen darauf eine Antwort geben. Ich glaube, sie ist nötig. Deshalb hören Sie, Hans: Ich liebe Sie weder, noch empfinde ich Mitleid für Sie, und es gibt keinen Grund für Sie, sich bei mir zu entschuldigen für Dinge, die Sie gesagt haben, und die mir völlig gleichgültig sind. Kein« Irrtümer, bitte, Graf Syden, keine für mich peinlichen Irr tümer. Ich empfinde weder Liebe noch Mitleid für Sie und ich tue auch nichts für Sie. Wie ich vorhin schon be merkte, kam ich heute nur, um Gretel und die lieben alten Damen vor Sorge und Kummer zu bewahren." Sie schwang sich aufs Rad und überhörte, daß er ihren Namen rief. Sie fuhr schnell und schneller, kein Ruf von ihm sollte sie mehr erreichen. Sie dachte nur: Jetzt war voraussichtlich alles gut. Hans Syden würde ja die Gegend verlasten und Dr. Diendorf konnte ihm nicht mehr begegnen. Sie dachte weiter, jetzt war auch sonst alles in Ordnung, denn in ihrem törichten Herzen hatte sie gründ lich aufgeräumt. Sonderbar nur, daß sich plötzlich heißes Naß unter ihren Wimpern hervordrängte. Sie fuhr sich fast heftig mit dem Taschentuch über Augen und Gesicht und wäre dabei fast vom Rade gefallen, weil sie für den Bruchteil einer Sekunde vergessen hatte, daß sie auf ihrem Fahrrad saß. (Fortsetzung folgt.)