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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt — Nr. 1VV — Mittwoch, den 29. April 1938 Lagesspruch. Wenn der Ruf eines Menschen erst einmal fcWehl, ist er immer besser oder schlechter, als er es verdient. Vin et. „Die lebende Front." Wcltkriegsausstellung der NSKOV. im Reichstag. In der Wandelhalle des Reichstags gebäudes eröffnete Neichskriegsopferführer Ober lindober die NSKOV.-Ausstellung „Die lebende Front". Zu dem feierlichen Akt waren auch die zur Zeit i« Berlin weilenden finnischen Frontkämpfer erschienen. Reichskriegsopferführcr Oberlindober führte unter anderem aus, die Schau solle in Erinnerung brin gen, welche Schrecken der Frontsoldat des Weltkrieges 414 Jahre lang zu bestehen hatte. Deshalb bringe die Schau, die im Laufe der Zeit in ganz Deutschland gezeigt werden solle, einen Teilabschnitt der Front im lebenden Modell. Hier könne sich jeder ein Bild davon machen, was ein Tag im Schützengraben, ein Tag Trom melfeuer bedeutet habe. Dann werde er auch bereit sein, dem deutschen Manne, der an der Front zu Schaden ge kommen ist, und der deutschen Frau, die das höchste Opfer, ihren Ernährer, für das Vaterland hingegeben hat, still und ehrfürchtig den Dank im Herzen zu zollen, den sie ehrlich verdient haben. Ägyptens König gestorben. König Fuad 1. ist am Dienstag um 13.48 Uhr in seinem Schloß Konbüeh vor den Toren Kairos gestorben. Nachdem sein bedrohtes Leben am Morgen noch einmal anfgcflackcrt war, hatte die Herz schwäche von Stunde zu Stunde zugenom- men und dem König schließlich die Er lösung von seinem qualvollen Leiden gebracht. Die un geheure Lebcnscner gie, die in dem Ver schiedenen gesteckt hat, hatte seinen sünf ausländischen Ärzten, die sich bis zuletzt um ihn be- Wagenborg-Archiv, müht haben, man ches medizinische Rätsel ausgegeben. Er hatte schon tage lang kein Mvn mehr zu sich nehmen können, und schon viele Stunden hatte er völlig bewußtlos dagclcgen. Sein Herz war durch künstliche Sauerstosszufuhr immer wieder neu belebt worden, bis cs in der Mittagsstunde zu schlagen aufhörte. Der verstorbene König stand im 68. Lebensjahr. Vor Monatsfrist hatte der am 26. März 1868 geborene Mon arch noch seinen Geburtstag feiern können. In Italien hatAchmed Fuad Pascha seine militärische Ausbil dung erhalten. Dann trat er in türkische Dienste nnd wurde in Wien als Militärattache verwendet. Nach seiner Rückkehr nach Ägypten widmete er sich der Bewirtschaftung seiner großen Güter, wurde aber auch von dem Khediven Abbas Hilmi, seinem Onkel, der 1914 von den Engländern abgesetzt wurde, mit wichtigen diplomatischen Aufträgen betraut. Besonders bemühte sich Achmed Fuad um das höhere BKdrmgswefen, und die Gründung der Uni- vers-ität Kairo geht auf seine Initiative zurück. 1917 bestieg er als e r st e r Su l t an A g h p t e n s den Thron. llm die EkWN der MllSstWdUdr. Eine Tagung der Reichsarbeitskammer in Berlin. ' In Gegenwart des Reichsorganisationsleiters Dr. Ley sand im Berliner Rathaus die dritte Tagung der Reichsarbeitskammer stakt, auf deren Tagung allein das Thema „Erhöhung des Lebens st an- d a r d s" stand. Nach den Ausführungen des Leiters des Amtes Soziale Selbstverantwortnng, Dr. Hupfauer, kann die Frage des gerechten Lohnes nur gelöst werden im Sinne und aus dem Gedankengut der nationalsozialisti schen Weltanschauung heraus. Die gesamte Leistung des deutschen Menschen muß zur Erhaltung der Lebenskraft und des Lebensraumes des Polkes dienen. Dem einzelnen Menschen mnß als Lohn ein Anteil werden an dem Gesamtleben des Volkes, an allen Mühen und Segnungen. Eine Erhöhung des Lebensstandards liegt darin, den Wachslumswillen des Voltes dadurch anzurcgen, daß man ihm artgemäße Wege weist. Beispiele dafür sind die Schaffung der Reichsautobahnen, die immer neue Puls schläge der Arbeit nach sich ziehen, die Schule des Reichs- arbeitsdieustes, die die seelischen und körperlichen Kräfte der jungen Menschen wachsen läßt, Erhaltung der Arbeitskraft durch Urlaub, Erholung und Feicrabend- gcstaltnng, wirtschaftliche Lenkung des Verbrauchs, Weckung und Erweiterung aller Aufbaukrüfte überhaupt. Zn der gleichen Frage sprachen dann je ein Be tri e b s f ü h r e r nnd ein B e t r i e b s w a l t e r. Dr. Wotschke, Betriebsführer der Bayerischen Stickstoff werke AG., Piesteritz, konnte von vertrauensvoller Zu sammenarbeit zwischen Betriebsführung und Gefolgschaft berichten. Für einen Nationalsozialisten, erklärte er, sei es das größte Glück, Menschen im Betriebe betreuen zu dürfen. Parteigenosse König, Betriebswalter des Eisen- uud Stahlwerks Hoesch, Köln-Rcuessen, AG., Dortmund, führte ans seinen Erfahrungen und seinem Wirken in diesem großen Werk viele Beispiele an. Er befürwortete den Übergang vom Wochen- und Tagelohn des Arbeiters zur monatlichen Entlohnung. Zum Schluß drückte Neichsorganisationsleiter Dr. Ley seine Freude über die zahlreichen Anregungen dieser Tagung aus. Der deutsche Arbeiter wisse echte Betriebsführer vrm unechten sehr gut zu unterscheiden. In der nationalsozialistischen Gemeinschaft werde von jedem eine Höchstleistung verlangt. Aber jeder könne sich in dieser Gemeinschaft nach seinen Fähigkeiten entfalten. Alan müsse den Menschen in seinem Beruf stark machen durch gute Berufsausbildung, müsse ihn gesund erhalten, einen vernünftigen Leistungslohn aufbauen, den Menschen in seiner Freizeit kräftigen für neue Arbeit, ihn an den Kulturgütern teilnehmen lassen nnd ihn für Notzeiten sichcrstellen. Dr. Ley teilte u. a. mit, daß für ein groß- zügiges Siedl ungs werk die Pläne bereits fertig seien, und daß sie in wenigen Jahren in Angriff genom men würden. Der Marsch der 2? Kolonnen. Der Aufmarsch des schaffenden Berlin am 1. Mai. In der Reichshauptstadt sind die letzten Vorbereitun gen im Gange, um den Aufmarsch, der diesmal am Nationalfeiertag des deutschen Volkes einen gewaltigen Umfang annehmen wird, würdig und reibungslos zu ge stalten. Die SS., SA. und das RSKK. werden mit 4 8 0 0 0 Al a n n den A b s p c r r d i e n st wahrnehmcn und die Schutzpolizei wird ihre Kräfte bis zum letzten Mann einsetzen, denn hinter der Aufmarschfrovt muß bei dem Marsch der 27 Kolonnen, von denen jede in Zwölferreihe marschiert, also fast eine ganze Straßen breite einnehmen wird, größte Ordnung und Disziplin herrschen. Nm den Nufmarschbezirk zur Feststraße, die vom Deutschen Opernhaus durch den Tiergarten bis zum Lust garten reicht, ist ein Fahrzeugsperrkreis errichtet. Ein Fußgängersperrkreis wird lediglich nm den Lustgarten gezogen, nm diesen Platz für den Aufmarsch der von der Deutschen Arbeitsfront gestellten Ehrenabordnungen frei zn halten. An die an den Lustgarten anschließende Fest strecke bis zum Deutschen Opernhaus können alle Volks genossen zu Fuß ungehindert herankommen. Am 1. Alai nehmen alle Volksgenossen Berlins an dem Aufmarsch teil. Betagte und Kranke hören die Worte des Führers am Lautsprecher. Nachum die Engländer im Jahre 1922 Ägypten als souveränen Staat unter militärischer Oberaussicht Eng lands anerkannten, nahm Fuad den Königstitel an. Diese U n a b h ä n g i g k e i t s e r k l ä r u n g Ä g y p t e n s v o n 1 9 2 2 ist das größte Verdienst, das sich der König um sein Land erwarb, indem er sich um einen Ausgleich der wider strebenden Interessen Ägyptens gegenüber dem Britischen Weltreich bemühte. — In Erinnerung dürfte noch der Deutschlandbesuch sein, den der König auf seiner Europa reise im Jahre 1929 vornahm. Deutschland würdigt mit fühlend die Trauer des ägyptischen Volkes über den Tod seines Staatsoberhauptes. Das Beileid des Führers. Nach Bekanntwerden des Ablebens Seiner Majestät König Fnads I. von Ägypten hat der Führer und Reichskanzler dem jungen König von Ägypten fol gendes Beileidstelegramm gesandt: „Die Nachricht vom Ableben Euerer Majestät Er lauchten Herrn Vater, Seiner Majestät des Königs Fuad I. von Ägypten, hat mich aufrichtig betrübt. Zugleich im Namen des deutschen Volkes bitte ich Euere Majestät an läßlich des schweren Verlustes, den das Königliche Haus und das ägyptische Volk erlitten haben, meine herz liche Anteilnahme entgegenzunehmen. Adolf Hitler, Deutscher Reichskanzler." Außerdem stattete im persönlichen Auftrag des Führers und Reichskanzlers der Staats sekretär und Chef der Präsidialkanzlei, Dr. Meißner, dem Berliner König!. Ägyptischen Gesandten, Nachat Pascha, einen Beileidsbesuch ab. Als Zeichen der Trauer um den verstorbenen Herrscher haben die Präsi ¬ dialkanzlei, die Reichskanzlei, das Auswärtige Amt und der Reichstag ihre Dienstflaggen für zwei Tage auf Halbmast gesetzt. Kronprinz Faruk von Aegypten. (Wagenborg-Archiv —AH (41. Fortsetzung.) „Der gnädige Herr scheinen nicht wohl zn sein," meinte der alte Graukopf. „Als ich ihn weckte, ist er nur sehr schwer munter geworden. Und dann sagte er: „Ich hin so müde, laß mich noch schlafen." „Wann war das?" erkundigte sich Margarete be unruhigt. „Bor einer Stunde, Fräulein Lange. Und eben war sch wieder bei ihm. Er ist zwar wach, aber er scheint Mich nicht zu verstehen. Ich glaube, er ist krank." Nkargarete eilte mit dem Diener besorgt in das Schlafzimmer Rapps. Ihre Besorgnis war begründet. Sie fand Rapp blaß und teilnahmslos im Bett liegen. Als sie sich nach seinem Befinden erkundigte, schien er sie kaum zu erkennen. Seine Augen waren matt und fast ohne Leben. Da lief Margarete ans Telephon, verlangte im Er holungsheim Dr. Poeck und teilte ihm ihre Beobach tungen mit. Der Arzt hatte das Eintreten dieses Zustandes er wartet. Er kam sofort herüber und untersuchte den Kranken, der alles teilnahmslos mit sich geschehen ließ. Mit keinem Wort störte Margarete die Untersuchung, so angstvoll ihr Herz auch schlug. Als Dr. Poeck fertig war, winkte er ihr, zu folgen. Im Vorzimmer sagte der Arzt sehr ernst: „Es geht aufs Ganze, Schwester. Wir haben eben bei einem Todeskandidaten gestanden." „Allmächtiger Gott! Doktor ... das kann doch nicht KE ' Poeck zuckte die Achseln. „Es ist die beginnende Ago nie. Wenn wir nicht schleunigst etwas dagegen.unter nehmen, Schwester, wird Herr von Napp binnen vier undzwanzig Stunden schmerzlos hinübergeschlummert sein. Bestellen Sie mir bitte sofort den Wagen!" „Gern, Herr Doktor! Was beabsichtigen Sie zu tun?" „Ich will rasch den Mann herbeischaffen, der einen Teil seines überschüssigen Blutes opfern soll, nm den Kranken zu retten. Ich habe den Mann schon vor zwei Wochen ausgewühlt. Und Sie, Schwester, lassen bitte Herrn von Rapp in die Klinik von Geheimrat Senius schaffen. Benachrichtigen Sie seinen Assistenten Dr. Spilke, daß eine Blutübertragung vorgenommen wer den muß." „Es wird alles nach Ihren Anordnungen geschehen, Herr Doktor." Margarete befahl Richter durch das Haustelephon, den Wagen vorzufahren. Dann begleitete sie Poeck hin unter. Während der Arzt den Wagenschlag öffnete, rief er dem Chauffeur zu: „Zum Ncedereikontor!" -!- » * Auch Sonn- und Feiertags war stets ein Angestellter des Reedereikontors Georg von Rapps anwesend, denn es gab selbst an solchen Tagen manchmal Anordnungen zu treffen oder dringende Arbeiten zu erledigen. Diesmal hatte ein junger Buchhalter Dienst. Es be- hagte ihm an diesem Pfingstfeiertag allerdings gar nicht. Er hatte überdies tüchtig zu tun, denn sämtliche Schiffs- papiere für Kapitän Luersen mußten fertiggemacht werden. Wie alle Tage gegen zehn Uhr erschien auch heute der junge Steuermann Jochen Pillau, um sich zu meldeu. „Also heute bleibe ich den ganzen Tag daheim," er- klärte Pillau. „Ich habe nämlich Besuch. Meine Braut und meine Mutter sind gekommen. Da machen wir's uns daheim gemütlich." „Sagen Sie mal, Pillau, was hat den« dieses tägliche Melden und in steter Bereitschaft sein zu bedeuten? Sie gehen nicht auf Fahrt, bekommen aber trotzdem Ihr Geld. Ich verstehe das alles nicht." „Das ist so 'ne besondere Sache, Herr Buchhalter." meinte der Steuermann, ein frischer Junge etwa Eno« der Zwanzig. „Da ist doch der Herr von Rapp krank." „Das weiß ich! Aber was hat das mit Ihnen zu tun?" „Da könnte der Fall eintreten, so hat der Herr Dr. Poeck zu mir gesagt, daß eine Blutübertragung statt- sinden mühte. Und wenn das nötig wird, dann käm's sehr rasch und ich müßt' mich immer zur Verfügung halten. Ja, so ist es." „Ach so, jetzt verstehe ich! Na, kräftig genug sind Sie ja." „Och ja, der Doktor meint, ich hielt's schon aus, ohne Schaden zu leiden. Und . . . nnd bezahlt wird's auch anständig. Dann könnt' ich die Marie heiraten!" „Aber, lieber Pillau, wie Prokurist Schuhl mir gestern erzählte, befindet sich Herr von Napp doch auf dem Wege der Besserung?" Der Steuermann nickte bekümmert. „Tscha ... dann ist es eben nichts mit dem Geld! Wär' dem Herrn von Rapp ja zu wüuscheu, daß alles glatt ging, doch den Tausender hätt' ich auch gern mitgenommen. Na, mal sehen!" Pillau grüßte und verließ das Kontor. Als er aus dem Hause trat, stieß er auf einen Herrn, der eben aus einem Auto gestiegen war. Der Herr, ein hochgemachseuer Mann mit schwarzem Spitzbart, hielt ihn an und fragte ihn erregt: „Sind Sie der Steuermann Pillau?" „Der bün ich!" „Kommen Sie schnell mit mir! Herr von Rapp braucht Sie dringend." Jochen Pillau erschrak und war zugleich erfreut. Ohne viel Worte zu machen, kletterte er in das Auto. Die Fahrt wollte kein Ende nehmen. Pillau wußte, daß Herr von Rapp außerhalb der Stadt in einer Villa wohnte, aber daß es so weit war, hatte er sich doch nicht vorgestellt. Endlich hielt das Auto in einem Pillau fremden Stadtteil vor einer abseits stehenden Villa. „So, wir sind am Ziel," bedeutete Pillaus Begleiter, und sprang aus dem Wagen. (Forts, folgt.)