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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint wcrltagS nachm 4 Uhr. Bezugspr. monatl 2RM. srei HauS, bei Postbesicllung UM RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer 10 Rpf. Alle Poftanstalicn, Postbolen. unsere Austräger u. Geschäftsstelle nehmen zu leder Zeit Be- ,, ,, . stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt fUL Wilsdruff U. 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Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 1. April 1936 Der wacklige Krane. Die Hintergründe der jüngsten französischen Währungs unruhen. Seit zwei Jahren wiederholt sich in immer geringer werdenden Abständen in Frankreich dasselbe Bild: Franckrise. Fluchtartig verlassen mit einem Schlage in- und ausländische Kapitalien das Land. Die Sparer ziehen ihre Spargroschen, die ohnehin in Frank reich stärker als in irgendeinem Land der Welt in Spar strümpfen und Schrankschubladen „gehortet" werden, von ihren Banken zurück und Hamstern die Noten. Der Franc wird unsicher. Das alte Verteidigungsmittel des An ziehens der Diskontschraube wird angewandt, und unter Einsatz riesiger Mittel wird versucht, den Franc wieder auf seinen alten Wert zu bringen. Dieses tragische Geschehen spielt sich auch in diesen Tagen wieder in Frankreich ab. Schwersten Herzens mußte die französische Regierung sich am Wochenende dazu ver stehen, den Diskontsatz von 3,5 auf 5 v. H. zu erhöhen. Sie tat es nur ungern, weil die Verteuerung des Kredits, wie sie durch Diskonterhöhungen bedingt wird, alles andere als eine gute Propaganda für die kommenden Wahlen am 26. April und 3. Mai ist. Aber sie hatte keinen anderen Ausweg zur Verfügung, um die Fluchtgelder zurückzuhalten, obgleich sie selbst vielleicht ebenso wie die führenden Wirtschaftler des Landes allzu genau weiß, daß dieses letzte Verteidigungsmittel gegen Währungskrisen, wenn es auch im Augenblick einen ge wissen Erfolg schafft, auflange Sicht keine Besserung per Verhältnisse herbeiführen kann. Zur Beschwichtigung der aufgeregten Stimmung des Landes berief Finanzminister R 6 gnier zu Beginn der Woche die Presse zu sich und gab bei dieser Gelegenheit eine scharfe Erklärung gegen die an der Börse umlaufen den Tendenzgerüchte ab, denen gerade die Presse mit Ent schiedenheit entgegentretcn müsse, um einem Sturm der kleinen Sparer auf den Franc entgegenzuarbeiten. Rsgnier wandte sich gegen den angeblich von dritter Seite sorgfältig vorbereiteten Feldzug gegen den französischen Franc, der mit falschen Nachrichten und ungerecht fertigten Angriffen gegen die Währung geführt werde und der durch die krankhafte Nervosität der öffentlichen Meinung keine geschlossene Abwehrfront findet. Alles, was man von einer bevorstehenden Abwertung des franzö sischen Franc, von einem für Karfreitag beabsichtigten Goldausfuhrverbot, von einer Zinssenkung der Rentenpapiere erzähle, sei glatte Erfindung. Der Finanz minister betonte mit Nachdruck, daß er nach wie vor ein erbitterter Gegner der Abwertung sei, und forderte die französischen Bürger auf, sich nicht von den Flaumachern beeinflussen zu lassen, gegen die die Regierung schon die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen wisse. Trotz dieser Beteuerungen von höchster Stelle besteht die Atmosphäre des Mißtrauens in Frankreich fort. Die Versicherung der Regierung, die Wirtschaftserholung würde in allerkürzester Zeit mit Riesenschritten einsetzen, wird in Marktkreisen bestenfalls nur belächelt. Phrasen ziehen nicht mehr. Patriotische Appelle zünden nicht mehr. Die Tatsachen, die Zahlen sprechen zu deutlich gegen die Zukunftsgaukeleien, mit denen man im Augenblick der Krise die Masse zu gewinnen versucht. Tatsache bleibt, daß die französische Staatsschuld sich in vier Jahren um 75 Milliarden Francs erhöht hat, daß sie heute insgesamt 85 Milliarden beträgt, daß der französische Markt für Staatsanleihen kaum noch aufnahmefähig ist, ob gleich sie mit verlockend hohen Zinssätzen ausgestattet werden; daß die Devisenreserven um 11 Millionen Mark gesunken, daß der Goldbestand sich um über 275 Millionen Francs verringert hat; daß die Zahl der Konkurse im Monatsdurchschnitt 1935 bereits 1248 gegen 1147 im Jahre 1933 beträgt; daß die Staats einnahmen 1935 auf 2,79 Milliarden Francs gegen 3,9 Milliarden 1932 gesunken sind, daß schließlich die Zahl der Arbeitslosen in Frankreich um ein Drittel g e st i e g e n i st. All das sind letzten Endes die Gründe, die hinter der jetzigen Franckrise stehen. Nicht eine währungstechnische Bedrohung des Franc, wenn auch die Staatsschuld, wie wir sahen, eine stattliche Höhe aufweist. Immer noch ver fügt Frankreich über einen Goldschatz von rund 60 Mil- liarden; immer noch weist es damit eine über 70prozentige Deckung auf und überschreitet damit beträchtlich den gesetz lich vorgeschriebenen Dcckungsbestand. Auch die außen politischen Ereignisse sind nicht der Anlaß, wie man es so gerne dem französischen Polke weismachen möchte, wenn man ihm klarzumachen versucht, daß der Friede Europas von dritter Seite bedroht werde. Einzig und allein die Sorge um die innerpolitische Entwicklung, der Frankreich zutreibt, die Furcht vor einem Wahlsieg der Linken, von der man annimmt, daß sie schließlich doch zu einer Abwertung des französischen Franc schreiten werde, sind die Ursachen für die neuen französischen Währungsunruhen. Die Vertrauenskrise ist es, die Frankreich durchrüttelt. Di- offene Kritik, die Ablehnung der Regierungsmaßnahmen durch das Volk, das fehlende Vertrauen des Volkes zur Staatsführung, das ist es, Ribbentrop bei Außenminister Eden Wmeilhmg der deMe» Mmn io Lsidm. Neue Vorschläge für die Befriedung Europas und Entgegnung auf das Doku ment der Loearnomächte. Botschafter von Ribbentrop ist im Flugzeug wieder nach London gereist. Er hat dem englischen Außen minister Eden die deutsche Erklärung überreicht, die der Führer angelündigt hatte. Am 24. März hatte der Führer als vorläufige Ant wort auf das Dokument der Locarnomächte, das für Deutschland unannehmbare Forderungen enthielt, nach der Berichterstattung Ribbentrops in Berlin einen Zwischenbescheid erteilt. In diesem Zwischenbescheid wurden noch einmal die Gründe angeführt, die den Führer veranlaßt hatten, den Einmarsch deutscher Trup pen in die ehemals entmilitarisierte Zone durchzuführen. Dabei wurde hervorgehoben, daß nur auf der Grundlage der völligen Souveränität und Gleichberechtigung Deutschlands ein Friedens- angebot gemacht werden könne, welches das Vertrauen der anderen Mächte finden könne. Jede gegen die deutsche Ehre und Gleichberechtigung gerichtete Forderung des Londoner Dokuments wurde abgelehnt. Gleichzeitig wurde an- gekündigt, daß ein konstruktiver und grundlegender Plan sür den europäischen Frieden im Anschluß an das An gebot des Führers vom 7. März dieses Jahres am 31. März in London übergeben werden würde. Auf Grund der Beratungen, die in den letzten Tagen stattgefunden haben, ist dieser Vorschlag fertiggestellt worden. Die deutsche Denkschrift hat ihre besondere Bedeutung durch das Ergebnis der Wahl bekommen, die ein deutig bewiesen hat, daß hinter den Vorschlägen, welche der Botschafter von Ribbentrop nunmehr in London überreicht hat, die ganze deutsche Nation steht. Von den weiteren diplomatischen Verhandlungen der Locarnomächte hängt es nunmehr ab, wie und wann die Verhandlungen mit Deutschland fortgesetzt werden. Der Völkerbundsrat hat sich mit dem Londoner Dokument der Locarnomächte noch nicht befaßt. Außerdem hat die italie nische Regierung ihre Zustimmung noch nicht gegeben. Zudem besteht in England selbst eine heftige Gegnerschaft gegen die Locarnovorschläge, die der deutschen Ehre und der Gleichberechtigungsforderung nicht Rech nung tragen. Sitzung des Reichskabineits. Annahme des Reichshaushnltcs — der Dank des Führers Das Reichskabinett beschäftigte sich in seiner Sitzung am Dienstag mit dem Reichshaushalt für 1936. Vorbe haltlich einiger noch nicht definitiv feststehender Positionen Wurden die Vorschläge des Neichsfinanzministers, wie sie sich auf Grund der Verhandlungen mit den einzelnen Res sorts ergeben haben, angenommen; gleichzeitig wurde der Nachtragshaushalt für 1935 genehmigt. Im Anschluß an diese Beratung gab der Führer und Reichskanzler eine kurze Darstellung der außenpoli tischen Lage und gedachte ferner mit Worten tiefst- gefiihltcn Dankes des überwältigenden Be kenntnisses des deutschen Volkes zur politischen Füh rung in Staat und Partei. Der Führer und Reichskanzler würdigte hierbei die einzigartige organisatorische Leistung des Parteiapparatcs und die unübertreffliche Arbeit der Neichswahllampslcitung. Die nächste Kabinettssitzung findet nach den Oster- feiertagcn statt. Amie eiMe Menden gegen die GenerHM- / Das englische Kabinett ist nicht einig. — Locarno" vkssUkHWHkU / Konferenz noch vor Ostern? krafttreten militärischer Maßnahmen erforderlich mache, vorliege oder nicht. Wie die „Time s" feststellt, wurde bei den Londoner Ministerbesprechungen besonders der Besorgnis Ausdruck gegeben, daß die Generalsta-s- besprechungen England zu weitgehend binden könnten und daß dementsprechend Vorkehrungen getroffen werden müßten. Nach „Daily Mail" In englischen R c g i e ru n g s k r c i s e n ist der Widerwille gegen die von Frankreich gewünschten General- stabsbcsprcchungcn, wie aus London gemeldet wird, im ständigen Wachsen. Die letzte Ministcrbcrntung in London über die in Aussicht genommenen Gcneralstabsbesprcchun- gcn mußten ergebnislos abgebrochen werden, da sich, wie besonders „Daily Hcrald" und „Daily Mail" berichten, l e b h a f t e Meinungsverschiedenheiten unter den Kabinetts Mitgliedern ergaben. Innenminister Simon mit seinen nationalliberalen Kollegen und vor allem der langjährige Kriegsminister und jetzige Lordkanzler Hailsham sprachen sich ent schieden gegen die Abhaltung dieser Besprechungen aus, so daß Ministerpräsident Baldwin den Beschluß faßte, zunächst die deutsche Antwort abzuwarten und die An gelegenheit in der nächsten Vollsitzung des Kabinetts weiterzuberaten. Von diesem Beschluß wurde der franzö sische Botschafter Corbin, der den englischen Außen minister Eden im Foreign Office, dem englischen Aus wärtigen Amt, aufsuchte, in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, daß im Hinblick auf die öffcntttste Meinung Groß britanniens die Gcncralstabsbcsp.echungcn eine scharf umrissenc Abgrenzung ersahren müßten, und daß England sich selbst das Recht Vorbehalten würde, zu bestimmen, ob jeweils ein Angriffsakt, der das Jn- woran Frankreich heute krankt. Der französischo Bürger glaubt nicht mehr, vertraut nicht mehr seinen Führern, seinen Ministern. Eisiges Mißtrauen umgibt sie. Oder ist es etwa ein Vertrauensbeweis, wenn die öffentliche Meinung erklärt, der Finanzminister habe die Finanzie rung von Rüstungsausgaben nur als Vorwand benutzt, um mit der Mehrsumme an kurzfristigen Schatz anweisungen dringende Staatsbedürfnisse zu decken? Oder ist es vertrauenerweckend, wenn man in den letzten Wochen Zeuge davon werden mußte, wie das goldreiche Frankreich vergeblich in Amsterdam, in Stockholm um An leihen bitten muß, nachdem es im Februar erst einen 40-Millionen-Pfund-Kredit von England erhalten hatte? Frankreich hat schon allen Grund, an die Bereinigung im eigenen Hause zu gehen. seien die meisten Minister der Ansicht, daß die mili tärischen Besprechungen den Erfolg der deutsch englischen Verhandlungen in Frage stellen würden. Vernon Bartlett geht im „News Chroniclc" sogar so weit, zu behaupten, es sei zweifelhaft, ob die britische Regierung über die Idee dieser Besprechungen „sehr viel mehr begeistert sei als die Berliner Regierung". Der Grund dürfte darin liegen, daß — wie die meisten eng lischen Zeitungen berichten — die Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen Hunderte von Briefen empfangen hätten, die gegen diese Generalstabsbesprechungen Protest einlegen. Aus diesem Grunde, so meint „Daily Mail", habe ein Teil der Minister sich dafür eingesetzt, die Besprechungen bis nach den französischen Wahlen und damit vielleicht für immer (!) zu verschieben, während Eden sich weiterhin als gebunden betrachtet habe, diese Besprechungen so bald wie möglich beginnen zu lassen. In der ganzen englischen Presse herrschte im übrigen größte Spannung und Rätselraten hinsichtlich der erwarteten deutschen Antwort. Pans schmollt mit England. In französischen politischen Kreisen ist man den Meldungen aus Paris zufolge der Auf fassung, daß die englische Regierung eine Zusammenkunft der Locarnomächte möglichst hinauszuschieben versucht, und daß es ihr am liebsten wäre, wenn sie erst nach den französischen Wahlen stattfände. England wünscht jetzt nach französischer Auffassung Zeit zu gewinnen, um unter dessen die Aussprache mit Deutschland weiterführen zu können, damit es bei der nächsten Aussprache der Locarno- Vertreter schon auf einer feststehenden Grundlage ver handeln kann. Wie die französische Zeitung „Oeuvre" erfahren haben will, soll der französische Botschafter in London